European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T230613.20180509 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Mai 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2306/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10708743.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | G09B 7/00 A63F 13/10 G06F 3/048 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | EINGABEVORRICHTUNG UND VERFAHREN ZUM BEREITSTELLEN EINES EINER SENSORFELDBELEGUNG ZUGEORDNETEN AUSGANGSSIGNALS | ||||||||
Name des Anmelders: | Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. |
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Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 10708743 gemäß Haupt- und Hilfsantrag wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen.
II. In einem die mündliche Verhandlung vor der Kammer vorbereitenden Bescheid teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Haupt- und des Hilfsantrags nicht neu sei.
III. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 9. Mai 2018 beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags beziehungsweise des Hilfsantrags 1, wie sie der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen, oder auf Basis der Hilfsanträge 2 und 3, die sie mit Schreiben vom 9. April 2018 eingereicht hatte.
IV. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: US 2004/0201576 A1
D6: GB 2450497 A
V. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (die Merkmalskennzeichnungen a) bis h) wurden von der Kammer hinzugefügt):
a) Eine als flächige Sensormatte (10) ausgebildete Eingabevorrichtung,
b) wobei die flächige Sensormatte (10) in eine Mehrzahl von Sensorfeldern (5-1, ..., 5-9) unterteilt ist, die durch Berührung aktivierbar sind,
c) wobei zumindest ein Teil der Sensorfelder (5-1, ... , 5-9) in einem Mehrfachbelegungsbetriebsmodus jeweils mehrere unterschiedliche Sensorfeldbelegungen aufweisen, und
d) wobei die unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen (M, N, O) eines Sensorfeldes (5-6) einer unterschiedlichen Anzahl von Berührungen dieses Sensorfeldes (5-6) zugeordnet sind, und
e) wobei die Eingabevorrichtung eine Aufbereitungseinrichtung (15) mit einer Interaktionseinrichtung (23) und einer Vergleichseinrichtung (17) aufweist,
f) wobei die Interaktionseinrichtung (23) ausgebildet ist, um Interaktionsvorgaben für die Bedienperson auszugeben, so dass durch die Bedienperson basierend auf den Interaktionsvorgaben durch Berührung eines Sensorfeldes (5-1, ... , 5-9) ein vorgegebenes zu erwartendes Ausgangssignal aktivierbar ist; und
g) wobei die Vergleichseinrichtung (17) ausgebildet ist, um ein durch eine Bedienperson aktiviertes Ausgangssignal mit einem aufgrund der Interaktionsvorgabe an die Bedienperson vorgegebenes zu erwartendes Ausgangssignal zu vergleichen, um eine Ausgangssignalbewertung zu erhalten, und
h) wobei die Vergleichseinrichtung mit der Interaktionseinrichtung gekoppelt ist.
VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch eine veränderte Position des Merkmals h) und dadurch, dass die Merkmale f) und g) durch die geänderten Merkmale f') und g') ersetzt wurden, sowie durch das zusätzliche Merkmal i). Der Wortlaut der Merkmale f'), g') und i) ist wie folgt (die Merkmalskennzeichnungen f'), g') und i) wurden von der Kammer hinzugefügt):
f') wobei die Interaktionseinrichtung (23) ausgebildet ist, um Interaktionsvorgaben für die Bedienperson auszugeben, so dass durch die Bedienperson basierend auf den Interaktionsvorgaben durch Berührung eines Sensorfeldes (5-1, ... , 5-9) ein vorgegebenes zu erwartendes Ausgangssignal in einer gesuchten Folge von Ausgangssignalen aktivierbar ist; und
g') wobei die Vergleichseinrichtung (17) ausgebildet ist, um ein durch eine Bedienperson aktuell aktiviertes Ausgangssignal mit dem vorgegebenen, in der gesuchten Folge von Ausgangssignalen zu erwartenden Ausgangssignal zu vergleichen,
i) wobei die Aufbereitungseinrichtung (15) ausgebildet ist, um eine Aktivierung eines nachfolgenden Ausgangssignals, das als nächstes in der gesuchten Folge von Ausgangssignalen erwartet wird, nur dann freizugeben, wenn der Schritt des Vergleichens eine Übereinstimmung des Ausgangssignals, das gegenwärtig von der Bedienperson aktiviert wird, mit dem vorgegebenen Ausgangssignal liefert, das in der gesuchten Folge von Ausgangssignalen erwartet wird.
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat den folgenden Wortlaut (die Merkmalskennzeichnungen a) bis r1) wurden von der Kammer hinzugefügt):
Verfahren zum Bereitstellen eines einer Sensorfeldbelegung zugeordneten Ausgangssignals,
a) einer als flächige Sensormatte ausgebildeter Eingabevorrichtung,
b) wobei die flächige Sensormatte in eine Mehrzahl von Sensorfeldern unterteilt ist, die durch Berührung aktivierbar sind,
c) wobei die Sensorfelder in einem Mehrfachbelegungsbetriebsmodus jeweils mehrere unterschiedliche Sensorfeldbelegungen aufweisen, und
d) wobei die unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen eines Sensorfelds einer unterschiedlichen Anzahl von Berührungen zugeordnet sind,
mit folgenden Schritten:
j) Ermitteln (100) der aktivierten Sensorfeldbelegung eines Sensorfeldes durch Auswerten der Anzahl der Berührungen dieses Sensorfeldes, in dem der Anzahl der Berührungen die Sensorfeldbelegung zugeordnet wird; und
k) Bereitstellen (102) des Ausgangssignals, das die ermittelte Sensorfeldbelegung angibt. [sic]
wobei der Schritt des Ermitteln (100) der aktivierten Sensorfeldbelegung eines Sensorfeldes die folgenden Schritte aufweist:
l) Rücksetzen (31) einer Variable (Lb), eines Positionszählers (P) und eines Tastenanschlagszählers (C) auf einen jeweiligen Initialisierungswert der Variable (Lb), des Positionszählers (P) und des Tastenanschlagszählers (C),
m) wobei die Variable (Lb) Informationen über eine zuletzt gedrücktes Sensorfeld enthält, wobei der Positionszähler (P) zur Bestimmung einer aktuellen Position in einer gesuchten Folge von Ausgangssignalen dient, und wobei mit dem Tastenanschlagszähler (C) gezählt wird, wie oft ein Sensorfeld aktiviert wurde;
n) Warten auf die Aktivierung eines Sensorfeldes (E) durch eine Bedienperson;
o) Ermitteln (32) einer Sensorfeldbelegung (B) mit Hilfe der Aktivierung des Sensorfeldes (E) durch die Bedienperson und des Tastenanschlagzählers (C); und
p) Vergleichen (34) des Ausgangsignals der ermittelten Sensorfeldbelegung (B) mit einem vorgegebenen zu erwartenden Ausgangssignal in der gesuchten Folge von Ausgangssignalen;
wobei das Verfahren ferner folgende Schritte aufweist:
q) falls beim Schritt des Vergleichens (34) eine Übereinstimmung des Ausgangssignals der ermittelten Sensorfeldbelegung (B) mit dem zu erwartenden Ausgangssignal gegeben ist:
q1) Erhöhung (35) des Wertes des Positionszählers (P), und
q2) Vergleichen (36) ob der Wert des Positionszählers (P) der Länge der Folge der Ausgangssignale entspricht;
q21) wobei die gesuchte Folge von Ausgangssignalen gefunden ist, falls der Positionszähler P der letzten Position in der Folge der Ausgangssignale entspricht, oder
q22) Rücksetzen (37,38) des Tastenanschlagszähler (C) und der Variable (Lb) auf einen jeweiligen Initialisierungswert des Tastenanschlagszählers (C) und der Variable (Lb), falls der Positionszählers [sic] (P) nicht der letzten Position in der Folge der Ausgangssignale entspricht, und erneutes Warten auf die Aktivierung eines Sensorfeldes durch eine Bedienperson; oder
r) falls beim Schritt des Vergleichens (34) keine Übereinstimmung des Ausgangssignals der ermittelten Sensorfeldbelegung (B) mit dem zu erwartenden Ausgangssignal gegeben ist:
r1) Ausführen einer Aktion (39) die einer Bedienperson anzeigt, dass keine Übereinstimmung des Ausgangssignals der ermittelten Sensorfeldbelegung (B) mit dem zu erwartenden Ausgangssignal gegeben ist.
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 durch die folgenden zusätzlichen Merkmale (die Merkmalskennzeichnungen s) bis v) wurden von der Kammer hinzugefügt):
wobei der Schritt des Ermitteln (32) einer Sensorfeldbelegung (B) mit Hilfe der Aktivierung des Sensorfeldes durch die Bedienperson und des Tastenanschlagzählers (C) folgende Schritte aufweist:
s) Vergleichen (40), ob das durch die Bedienperson aktivierte Sensorfeld (E) und die Variable (Lb) übereinstimmen; und
t) falls das durch die Bedienperson aktivierte Sensorfeld (E) und die Variable (Lb) übereinstimmen:
t1) Erhöhen (41) des Tastenanschlagzählers (C);
t2) Überprüfen (42), ob die Anzahl der mehreren unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen (Te) des aktivierten Sensorfeldes größer ist als der Tastenanschlagszähler (C); und
t21) falls die Anzahl der mehreren unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen (Te) des aktivierten Sensorfeldes (E) größer ist als der Tastenanschlagszähler (C):
Ermitteln (43) der Sensorfeldbelegung (B) aus einem Zeichenspeicherfeld (Ca) mit Hilfe des Tastenanschlagzählers (C) und dem aktivierten Sensorfeld (E);
oder
t22) falls die Anzahl der mehreren unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen (Te) des aktivierten Sensorfeldes (E) kleiner ist als der Tastenanschlagszähler:
Zurücksetzen (44) des Tastenanschlagzählers (C) auf den Initialisierungswert des Tastenanschlagzählers (C); und
Ermitteln (43) der Sensorfeldbelegung (B) aus einem Zeichenspeicherfeld (Ca) mit Hilfe des Tastenanschlagzählers (C) und dem aktivierten Sensorfeld (E); oder
u) falls das durch die Bedienperson aktivierte Sensorfeld (E) und die Variable (Lb) nicht übereinstimmen :
u1) Zurücksetzen (44) des Tastenanschlagzählers (C) auf den Initialisierungswert des Tastenanschlagzählers (C); und
v) Ermitteln (43) der Sensorfeldbelegung (B) aus einem Zeichenspeicherfeld (Ca) mit Hilfe des Tastenanschlagzählers (C) und dem aktivierten Sensorfeld (E).
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin in Bezug auf den Hauptantrag lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Das Dokument D6 offenbare keine Vergleichseinrichtung. Damit ermögliche die Eingabevorrichtung der D6 auch nicht dieselbe funktionale Interaktion wie die Anmeldung, insbesondere, da keine Bewertung der Ausgangssignale erzeugt würde.
X. Die Argumente der Beschwerdeführerin in Bezug auf den Hilfsantrag 1 lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Ausgehend von D6 löse die Anmeldung die technische Aufgabe, eine neue Funktionalität für die Eingabevorrichtung zu schaffen, was wiederum neue Interaktionsmöglichkeiten für die Bedienperson ergäbe.
Dabei sei die zu lösende Aufgabe ausgehend von der D6 eben nicht, ein Lernspiel zu schaffen. Vielmehr ließen sich die durch die Erfindung geschaffenen neuen Interaktionsmöglichkeiten bei Lernspielen nur besonders vorteilhaft einsetzen.
Beansprucht werde darüber hinaus die technische Umsetzung der neuen Interaktionsmöglichkeiten, die eine Alternative zum Stand der Technik biete. Dies sei gerade bei einer Tanzmatte besonders vorteilhaft.
XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin in Bezug auf die Hilfsanträge 2 und 3 lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Beim Eintritt in die regionale Phase seien aus Kostengründen abhängige Verfahrensansprüche gestrichen worden. In den seitdem eingereichten Anspruchssätzen seien jedoch immer auch Verfahrensansprüche enthalten gewesen. Die in die Hilfsanträge 2 und 3 aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen aufgenommenen Verfahrensmerkmale konkretisierten dabei die Aufbereitungseinrichtung. Sie seien zwar auch bereits in der Verhandlung vor der Prüfungsabteilung diskutiert worden, es sei jedoch erst durch den Ladungsbescheid der Kammer klar geworden, wie relevant diese Merkmale eigentlich seien. Daher seien sie mit der Antwort auf diesen Ladungsbescheid eingereicht worden.
Entscheidungsgründe
1. Dokumente D1 und D6
Die angefochtene Entscheidung begründet die fehlende erfinderische Tätigkeit nicht nur ausgehend von Dokument D1 (Punkte 9.1 bis 9.3), sondern geht auch auf das Dokument D6 als nächstliegenden Stand der Technik ein (Punkt 9.6).
Die Beschwerdeführerin betrachtete das Dokument D6 durchgehend als der Anmeldung näher kommend.
Das Dokument D6 betrifft wie die Anmeldung eine Sensormatte, die gegebenenfalls mit den Füßen bedient werden kann (D6: Zusammenfassung; Anmeldung: Seite 8, Zeilen 4 bis 9), während die einzigen in D1 ausdrücklich genannten Eingabegeräte Tastaturen und berührungsempfindliche Bildschirme (Touch Screens) sind (siehe zum Beispiel Absatz 2)
In Anbetracht der Anmeldung in ihrer Gesamtheit sieht die Kammer daher keinen Grund, der Einschätzung der Beschwerdeführerin in Bezug auf den nächstliegenden Stand der Technik zu widersprechen.
2. Dokument D6
Das Dokument D6 betrifft eine Sensormatte/Tanzmatte, die als Eingabevorrichtung für ein Mobiltelefon/einen Computer verwendet wird (siehe Zusammenfassung). Der Computer wird in der Bezugszeichenliste als personal computer oder laptop bezeichnet. Er muss daher als ein Standardcomputer angesehen werden.
Dabei weist ein Teil der Sensorfelder der Sensormatte mehrere unterschiedliche Sensorfeldbelegungen auf, die einer unterschiedlichen Anzahl von Berührungen dieses Sensorfeldes zugeordnet sind (siehe Figur).
3. Hauptantrag
3.1 Neuheit
Im Wortlaut des Anspruchs 1 offenbart D6
a) Eine als flächige Sensormatte (1) ausgebildete Eingabevorrichtung (siehe Abbildung und erster Absatz),
b) wobei die flächige Sensormatte in eine Mehrzahl von Sensorfeldern (switches) unterteilt ist, die durch Berührung aktivierbar sind (siehe Zusammenfassung, operated by a users foot/feet),
c) wobei zumindest ein Teil der Sensorfelder (diejenigen, die den Ziffern 2 bis 9 zugeordnet sind) in einem Mehrfachbelegungsbetriebsmodus jeweils mehrere unterschiedliche Sensorfeldbelegungen aufweisen (zusätzlich können Buchstaben eingegeben werden), und
d) wobei die unterschiedlichen Sensorfeldbelegungen eines Sensorfeldes einer unterschiedlichen Anzahl von Berührungen dieses Sensorfeldes zugeordnet sind (dies ist beim Layout einer Mobiltelefontastatur, so wie sie in der Abbildung von D6 gezeigt wird, unvermeidbar), und
e) wobei die Eingabevorrichtung eine Aufbereitungseinrichtung mit einer Interaktionseinrichtung und einer Vergleichseinrichtung aufweist (D6 offenbart beispielsweise in der Zusammenfassung die Verbindung der Sensormatte mit einem Mobiltelefon oder Computer; jedes dieser zwei Geräte kann als Aufbereitungseinrichtung mit einer Interaktions- und einer Vergleichseinrichtung aufgefasst werden. Dies ist auch in der Anmeldung selber so vorgesehen, siehe Seite 22, Zeilen 15 bis 18 und Seite 10, Zeilen 33 bis 35),
f) wobei die Interaktionseinrichtung ausgebildet ist, um Interaktionsvorgaben für die Bedienperson auszugeben, so dass durch die Bedienperson basierend auf den Interaktionsvorgaben durch Berührung eines Sensorfeldes ein vorgegebenes zu erwartendes Ausgangssignal aktivierbar ist (dies entspricht den bei Mobiltelefonen und Computern grundsätzlich vorhandenen Eingabemasken); und
g) wobei die Vergleichseinrichtung ausgebildet ist, um ein durch eine Bedienperson aktiviertes Ausgangssignal mit einem aufgrund der Interaktionsvorgabe an die Bedienperson vorgegebenes zu erwartendes Ausgangssignal zu vergleichen, um eine Ausgangssignalbewertung zu erhalten (bei jedem Mobiltelefon wird eine eingegebene PIN zwingend überprüft; ebenso werden bei Computern eingegebene Passwörter auch immer überprüft), und
h) wobei die Vergleichseinrichtung mit der Interaktionseinrichtung gekoppelt ist (beide sind Teile sowohl eines Mobiltelefons als auch eines Computers; ohne Koppelung wäre eine Überprüfung der eingegebenen PIN/des eingegebenen Passwortes auch nicht möglich).
Das Dokument D6 offenbart daher alle Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags. Dessen Gegenstand ist daher nicht neu nach Artikel 54 EPÜ.
3.2 Argumente der Anmelderin (vergleiche IX.)
In Bezug auf das Argument der Beschwerdeführerin, dass D6 keine Bewertung der Ausgangssignale offenbare, ist die Kammer der Ansicht, dass die Überprüfung einer PIN oder eines Passwortes zwangsweise nicht nur einen Vergleich einer aktivierten mit einer vorgegebenen erwarteten Eingabe erfordert, sondern auch eine Bewertung der aktivierten Eingabe auf Basis des Vergleichsergebnisses. Diese Bewertung besteht schlicht in der Aussage, ob die PIN/das Passwort richtig oder falsch ist.
Dabei ist der Kammer der Ansicht, dass die Notwendigkeit der Eingabe und Überprüfung einer PIN bei Mobiltelefonen zum Prioritätstag der Anmeldung nicht nur dem Fachmann, sondern auch dem Laien allgemein bekannt war.
In Bezug auf Computer weist die Kammer darauf hin, dass die zum relevanten Zeitpunkt auf Standardcomputern üblicherweise verwendeten Betriebssysteme Linux (weit vor dem Jahr 2000 verfügbar), Mac OS X (Markteinführung 2001) und Windows XP (Markteinführung 2001) zu diesem Zeitpunkt alle eine Benutzerverwaltung vorsahen. Eine Benutzerverwaltung erfordert zwingend die Überprüfung von Passwörtern.
Daher muss eine Vergleichseinrichtung im Sinne des Anspruchs 1 des Hauptantrags, welche insbesondere eine Bewertung des Ausgangssignals erzeugt, zum Prioritätszeitpunkt der Anmeldung (24. Februar 2009) als ein implizites Merkmal sowohl von Mobiltelefonen als auch von Standardcomputern, welche ja beide in D6 genannt werden, angesehen werden.
4. Hilfsantrag 1
4.1 Neuheit
Die geänderten Merkmale f') und g') sowie das zusätzliche Merkmal i) des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 definieren im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags einen zeichenweise erfolgenden Vergleich einer eingegebenen Folge von Zeichen mit einer erwarteten/vorgegebenen Folge von Zeichen, da ein nächstes Zeichen erst dann eingegeben werden kann, wenn das vorangehende Zeichen richtig eingegeben wurde (siehe auch Seite 5, dritter und vierter Absatz des Schreibens vom 9. April 2018).
Im Gegensatz dazu werden bei der Überprüfung einer PIN oder eines Passwortes, welche der Fachmann implizit dem Dokument D6 entnehmen würde, zunächst alle Zeichen eingegeben und erst dann überprüft, ob die Folge aller eingegebenen Zeichen mit der erwarteten Folge von Zeichen übereinstimmt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 ist daher in Bezug auf D6 neu nach Artikel 54 EPÜ.
4.2 Erfinderische Tätigkeit
Das Ziel der vorliegenden Anmeldung besteht darin, Lernspiele, Bewegungsspiele oder ähnliches zu ermöglichen (Seite 1, Zeilen 11 bis 15), bei denen mit der Eingabevorrichtung in Form einer Sensormatte eine Folge von Zeichen/Signalen einzugeben ist, die mit einer vorgegebenen Folge von Zeichen/Signalen verglichen wird (siehe Seite 17, Zeile 12 bis Seite 18, Zeile 19; Seite 20, Zeile 34 bis Seite 21, Zeile 4).
Wie die Beschwerdeführerin vorbrachte (vergleiche X.), wird durch die Mehrfachbelegung von Sensorfeldern die technische Aufgabe gelöst, eine größere Anzahl von Funktionen bei einer gleichbleibenden Anzahl von Sensorfeldern ansprechen zu können, wodurch eine Vervielfachung der Eingabemöglichkeiten erreicht wird und damit zusätzliche Interaktionsmöglichkeiten geschaffen werden.
Dabei gibt die Anmeldung auch ausdrücklich an, dass diese technische Aufgabe gelöst werden soll (Seite 3, Zeilen 4 bis 8 und Seite 8, Zeilen 27 bis 32).
Die Mehrfachbelegung von Sensorfeldern einer Tanzmatte/Sensormatte ist jedoch bereits aus D6 bekannt (siehe Punkt 3.1 oben) und kann entsprechend auch nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen.
Ausgehend von D6 unterscheidet sich Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wie oben dargelegt nur durch den in den Merkmalen f'), g') und i) zum Ausdruck kommenden zeichenweisen Vergleich.
Dabei kann der Anmeldung weder ausdrücklich noch implizit eine technische Aufgabe entnommen werden, die durch diese spezielle Art des Vergleichs der eingegebenen Zeichen gelöst werden soll. Stattdessen wird in Zusammenhang mit dem zeichenweisen Vergleich (Seite 22, Zeile 33 bis Seite 23, Zeile 17) vorgeschlagen, eine falsche Eingabe entweder wiederholen zu lassen, oder als Fehler in einer Ausgangssignalbewertungsliste zu führen (Seite 23, Zeilen 17 bis 30). Der zeichenweise Vergleich der eingegebenen Zeichen wird in der Anmeldung also im Zusammenhang mit Aspekten vorgestellt, die den Bereich der pädagogischen Überlegungen/Spielregeln betreffen.
Daher ist die Kammer der Ansicht, dass der zeichenweise Vergleich für sich genommen lediglich pädagogische Überlegungen/Spielregeln in Bezug auf die Durchführung der Überprüfung und Bewertung der eingegebenen Zeichen widerspiegelt.
Auch wenn die Anmeldung in ihrer Gesamtheit also die Lösung einer technischen Aufgabe betrifft, beziehen sich die Merkmale, durch die sich der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 von D6 unterscheidet, nur auf die Umsetzung einer nicht-technischen Idee.
Die beanspruchte technische Umsetzung des zeichenweisen Vergleichs der eingegebenen Zeichen/Signale stellt zwar in der Tat eine technische Alternative zu dem in D6 implizit offenbarten folgenweisen Vergleich der eingegebenen Zeichen/Signale dar.
Die Implementierung dieser Alternative wäre für den Fachmann jedoch naheliegend, sobald er die entsprechende nicht-technische Vorgabe auf der Basis von pädagogischen Überlegungen oder Spielregeln erhalten hat.
Die Kammer kann dabei auch nicht erkennen, inwiefern ein zeichenweises Vergleichen speziell bei mittels einer Tanzmatte eingegebenen Zeichen/Signalen aus technischer Sicht besonders vorteilhaft wäre. Im Prinzip könnte ein zeichenweiser Vergleich in Verbindung mit jeder Art von Eingabevorrichtung durchgeführt werden.
Der Fachmann würde daher, ausgehend von der D6, durch die routinemäßige Umsetzung einer nicht-technischen Vorgabe ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 gelangen.
Die Kammer kommt daher in Bezug auf den Hilfsantrag 1 zu demselben Schluss wie die Prüfungsabteilung.
5. Hilfsanträge 2 und 3
5.1 Zulassung
Die Anspruchssätze beider Hilfsanträge 2 und 3 sind auf Verfahren zum Bereitstellen eines einer Sensorfeldbelegung zugeordneten Ausgangssignals gerichtet. Dabei entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 den ursprünglichen Ansprüchen 15, 18, 19 und 20. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 enthält zusätzlich noch die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 21.
Beide Hilfsanträge 2 und 3 wurden nicht mit der Beschwerdebegründung, sondern erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht.
Nach Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens einer Beschwerdeführerin nach Einreichung der Beschwerdebegründung zuzulassen.
Bei der Ausübung dieses Ermessens ist insbesondere die Verfahrensökonomie zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist dabei in Bezug auf die Zulassung geänderter Anträge ein wichtiges zu berücksichtigendes Kriterium ihre eindeutige Gewährbarkeit (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.4.4.1 und IV.E.4.4.2).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Merkmalen der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 und 3, die inhaltlich über die Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 hinausgehen, lediglich um nicht-technische Spielregeln, die in Form von Programmierschritten definiert sind. Diese sind daher bereits auf den ersten Blick nicht geeignet, den hinsichtlich Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 in Bezug auf Artikel 56 EPÜ gemachten Einwand auszuräumen.
Nach Artikel 12(4) VOBK hat die Kammer darüber hinaus die Befugnis, Anträge, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, nicht zuzulassen. Im vorliegenden Fall geht aus der Niederschrift der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung (Seite 7, Absatz 3 ff.) und der angefochtenen Entscheidung (Punkte 14.1 und 14.2) hervor, dass ein auf den ursprünglichen Ansprüchen 18, 19 und 20 beruhender möglicher weiterer Hilfsantrag während der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung diskutiert wurde. Dennoch verzichtete die Anmelderin darauf, einen entsprechenden Antrag tatsächlich einzureichen.
Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass die Anmelderin den entsprechenden Gegenstand nicht verfolgen wollte. Dies stimmt damit überein, dass die ursprünglichen Ansprüche 19, 20 und 21 mit dem Eintritt in die regionale Phase von der Anmelderin gestrichen worden waren.
Es wäre mit der gebotenen Verfahrensökonomie nicht vereinbar, wenn in einem letztinstanzlichen Beschwerdeverfahren Gegenstände behandelt würden, die während des gesamten erstinstanzlichen Prüfungsverfahrens nicht beansprucht wurden und darüber hinaus auf den ersten Blick keine Aussicht auf Erfolg haben.
Aus diesen Gründen entschied die Kammer, die Hilfsanträge 2 und 3 nicht zuzulassen.
5.2 Argumente der Anmelderin (vergleiche XI.)
Selbstverständlich können beim Eintritt in die regionale Phase ursprünglich eingereichte und recherchierte Ansprüche aus subjektiven wirtschaftlichen Gründen gestrichen werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gestrichenen Ansprüche dann zumindest anfänglich objektiv kein Gegenstand des europäischen Prüfungsverfahrens sind. Jeder Anmelderin obliegt daher eine entsprechende Sorgfalt bei der Auswahl eventuell zu streichender Ansprüche.
Die Kammer erkennt an, dass in dem mit Eintritt in die europäische Phase eingereichten Antrag Verfahrensansprüche enthalten waren. Diese Verfahrensansprüche wiesen jedoch einen wesentlich geringeren Detailgrad als die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 und 3 auf. Auch die Vergleichseinrichtung der Aufbereitungseinrichtung war in dem genannten Antrag nicht so detailliert definiert, wie dies nun in den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 2 und 3 der Fall ist. Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Eintritts in die europäische Phase kein Interesse an solch detaillierten und damit eingeschränkten Ansprüchen hatte.
Darüber hinaus wurden die gestrichenen Ansprüche auch während des gesamten Prüfungsverfahrens nicht wieder eingeführt. In diesem Zusammenhang weist gerade die Tatsache, dass die Merkmale der gestrichenen Ansprüche in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung auf Wunsch der Beschwerdeführerin (Niederschrift, Seite 7, Absatz 3) hypothetisch diskutiert wurden, darauf hin, dass der Beschwerdeführerin die mögliche Relevanz dieser Merkmale bereits zum Zeitpunkt dieser Verhandlung durchaus bewusst war. Die Beschwerdeführerin stellte jedoch keinen förmlichen Antrag in Bezug auf diesen Gegenstand, obwohl sie sich darüber im Klaren sein musste, dass dieser Gegenstand ohne förmlichen Antrag nicht Teil des erstinstanzlichen Verfahrens sein würde.
Die Anmelderin hätte also entsprechende Anträge nicht nur mit der Beschwerdebegründung, sondern auch bereits im Prüfungsverfahren spätestens während der mündlichen Verhandlung vorbringen können und sollen.
6. Da keiner der vorgebrachten Anträge die Bedingungen des EPÜ erfüllt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.