European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T169613.20180208 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Februar 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1696/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06023099.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61L 15/26 A61L 15/60 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Mehrschichtige, absorbierende Wundauflage mit einer hydrophilen Wundkontaktschicht | ||||||||
Name des Anmelders: | Paul Hartmann AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Covestro Deutschland AG | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag, Hilfsanträge 1 bis 5: Erfinderische Tätigkeit (nein) - naheliegende Alternative | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Beschwerdeführerinnen I (Patentinhaberin) und II (Einsprechende) richten sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher das europäische Patent Nr. 1 923 077 in geändertem Umfang auf der Grundlage des damaligen Hilfsantrages 2 aufrecht erhalten wurde.
II. Im Einspruchsverfahren war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang u.a. wegen mangelnder Ausführbarkeit im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ, sowie fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 100 a) EPÜ angegriffen worden.
III. In der angefochtenen Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung u.a. auf die Druckschriften
(6) EP 0 528 091 A1 und
(7) WO 02/45761 A1.
Insbesondere stellte sie fest, dass der Gegenstand des damaligen Hauptantrages ausführbar im Sinne des Artikels 83 EPÜ sei. Jedoch sei der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 und 5 bis 10 nicht neu. Der Gegenstand der Ansprüche gemäß des damaligen Hilfsantrages 1 beruhe ausgehend von Druckschrift (7) in Kombination mit u.a. der Druckschrift (6) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand der Ansprüche gemäß des damaligen Hilfsantrages 2 erfülle jedoch alle Erfordernisse des EPÜ.
IV. Im Beschwerdeverfahren reichte die Beschwerdeführerin I einen neuen Hauptantrag, sowie die Hilfsanträge 2 bis 9 ein.
a) Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 des neuen Hauptantrages, der dem Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrag 1 entsprach, lautet wie folgt:
"1. Mehrschichtige Wundauflage (10, 20, 30, 40, 50, 60) umfassend eine Trägerschicht (13, 23, 33, 43, 53, 63), eine absorbierende Schicht (12, 22, 32, 42, 52, 62) und eine hydrophile Wundkontaktschicht (11, 21, 31, 41, 51, 61), wobei die Wundkontaktschicht mit der absorbierenden Schicht verbunden ist und ein hydrophiles Polyurethan-Elastomer umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Elastomer ein klebendes Polyurethan-Elastomer oder ein Polyurethan-Elastomer-Haftklebstoff ist, welches erhältlich ist durch eine Polymerisation von wenigstens einer aliphatischen und/oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente mit einer Polyetherpolyol-Komponente und dass das Polyurethan-Elastomer 50 bis 200 Gew.-% an Salzlösung bezogen auf sein Eigengewicht absorbieren kann."
b) Der Wortlaut des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrages basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wobei lediglich am Ende des Anspruchs die Formulierung wobei das Polyurethan-Elastomer "50 bis 200 Gew.-% an Salzlösung bezogen auf sein Eigengewicht absorbieren kann" in "[...] absorbiert" geändert wurde.
c) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des damaligen Hilfsantrages 2. Er basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wobei als zusätzliche technische Merkmale eingeführt wurden, dass "das Polyurethan-Elastomer weniger als 4 Gew.-% Wasser enthält und [...] die Wundkontaktschicht eine Dicke von weniger als 1000 µm aufweist".
d) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2, wobei die Formulierung, dass das Polyurethan-Elastomer "50 bis 200 Gew.-% an Salzlösung bezogen auf sein Eigengewicht absorbieren kann" in "[...] absorbiert" geändert wurde.
e) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 basiert auf dem dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2, wobei "die Wundkontaktschicht eine Dicke von 10 bis 500 µm aufweist".
f) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 basiert auf dem dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4, wobei die Formulierung, dass das Polyurethan-Elastomer "50 bis 200 Gew.-% an Salzlösung bezogen auf sein Eigengewicht absorbieren kann" in "[...] absorbiert" geändert wurde.
g) Die Hilfsanträge 6 bis 9 wurden, entsprechend des Schriftsatzes der Beschwerdeführerin I vom 9. Januar 2018, nicht weiterverfolgt.
V. Die Beschwerdeführerin I brachte in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit vor, dass der Gegenstand der Ansprüche aller Anträge ausgehend von Druckschrift (7) auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Aufgabe habe darin bestanden, eine verbesserte Wundauflage bereitzustellen, die für die Behandlung von mittel bis stark sezernierenden Wunden geeignet ist, die in der Reinigungsphase oder der Granulationsphase der Wundheilung eingesetzt werden kann, keine wundverklebenden Eigenschaften aufweist und die Mazeration der Haut verhindert (Beschwerdebegründung vom 28. Oktober 2013, Seite 2, 3. Absatz; Patentschrift Paragraph [0009]). Zur Lösung dieser Aufgabe habe es jedoch aus dem Stand der Technik nicht nahegelegen, ein Polyurethan-Elastomer oder einen Polyurethan-Haftklebstoff auf der Grundlage einer aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente auszuwählen. Auch eine Verringerung der Dicke der Wundkontaktschicht auf Werte unter 1000µm oder 500µm habe im Stand der Technik nicht nahegelegen.
VI. Die Beschwerdeführerin II rügte die Hilfsanträge 1 und 3 bis 9 als verspätet. Gegen die Ansprüche einzelner Anträge brachte sie u.a. Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ, Artikel 84 EPÜ, Artikel 54 EPÜ und Artikel 83 EPÜ vor.
In Bezug auf alle Anträge der Beschwerdeführerin I rügte sie, dass ausgehend von Druckschrift (7) als nächstliegendem Stand der Technik dem jeweils beanspruchten Gegenstand keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liege, da als Aufgabe lediglich die Bereitstellung einer alternativen Wundauflage gesehen werden könne.
VII. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2018 teilte die Beschwerdeführerin I mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 nicht teilnehmen werde.
VIII. Die Beschwerdeführerin I beantragte schriftlich die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufrecht zu erhalten, entweder auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hauptantrag, oder hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 5, der Hauptantrag wie eingereicht mit der Beschwerdeschrift vom 16. August 2013, Hilfsantrag 1 wie eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 28. Oktober 2013 und die Hilfsanträge 2 bis 5 wie eingereicht mit Schriftsatz vom 6. März 2014.
Die Beschwerdeführerin II beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patentes EP 1 923 077.
IX. In Abwesenheit der Beschwerdeführerin I wurde in der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2018 vor der Kammer die Entscheidung der Kammer verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerden sind zulässig.
2. Im Beschwerdeverfahren hatte die Beschwerdeführerin I einen Hauptantrag und zu unterschiedlichen Zeitpunkten während des Verfahrens mehrere Hilfsanträge eingereicht, von denen nur die Hilfsanträge 1 bis 5 aufrecht erhalten wurden.
3. Gegenüber diesen Anträgen der Beschwerdeführerin I brachte die Beschwerdeführerin II unter anderem Einwände in Bezug auf die Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ), gegen die Klarheit der Anspruchsformulierungen (Artikel 84 EPÜ), gegen eine unzureichende Offenbarung der Erfindung (Artikel 83 EPÜ) und gegen die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes (Artikel 54 EPÜ) vor.
Ungeachtet dessen, ob die jeweils angegriffenen Ansprüche die Erfordernisse des EPÜ erfüllen oder nicht, hat die Beschwerdeführerin II gegenüber allen Anträgen gerügt, dass der Gegenstand der jeweiligen Ansprüche 1 ausgehend von Druckschrift (7) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Da die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit allen Fällen zu einem negativen Ergebnis führt (siehe Paragraph 5. infra), erachtet die Kammer eine Entscheidung über die anderen Einwände der Beschwerdeführerin II als überflüssig.
Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 5
4. Der Wortlaut des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 5 basiert im Wesentlichen auf dem Wortlaut von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und enthält für die Hilfsanträge 1 bis 3 als weitere Einschränkungen in Bezug auf die Wundkontaktschicht, dass "das Polyurethan-Elastomer weniger als 4 Gew.-% Wasser enthält und [...] die Wundkontaktschicht eine Dicke von weniger als 1000 µm aufweist". In den Hilfsanträgen 4 und 5 ist lediglich die Dicke der Wundkontaktschicht auf "10 bis 500µm" geändert (siehe Paragraph IV b) bis f), supra).
Da der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 der am stärksten eingeschränkte Gegenstand ist, der von allen höherrangigen Anträgen in seiner Gesamtheit mitumfasst ist, wird im Folgenden nur die Argumentation in Bezug auf den Anspruch 1 des Hilfsantrages 5 vorgebracht.
5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5.1 Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 betrifft eine mehrschichtige Wundauflage zur Behandlung von mäßig bis stark sezernierenden Wunden. Eine derartige Wundauflage ist bereits in Druckschrift (7) beschrieben, welche in der angefochtenen Entscheidung als nächstliegender Stand der Technik bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit herangezogen worden war. In Übereinstimmung mit beiden Parteien und der Einspruchsabteilung geht die Kammer bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ebenfalls von dieser Durchschrift als nächstliegendem Stand der Technik aus.
5.2 Druckschrift (7) offenbart mehrschichtige Wundauflagen auf Basis von Polyurethan-Materialien, umfassend eine hydrophile Schaumschicht aus einem ersten Polyurethan und eine Hydrogelschicht aus einem zweiten Polyurethan, welche zusammen laminiert sind (Seite 2, Zeilen 20 bis 23; Anspruch 1). Als Isocyanat-Komponente verwendet Druckschrift (7) allgemein ein Isocyanat-gekapptes Ethylenoxy-Propylenoxy-Präpolymer (Seite 4, Zeilen 20 bis 21). In Beispiel 1 wird zur Herstellung des Polyurethans die Verbindung "HYPOL PreMA G60", eine aromatische Isocyanat-Komponente verwendet. Zusätzlich kann die Wundauflage eine für Flüssigkeit undurchlässige Trägerschicht umfassen, die entweder auf der Hydrogelschicht, oder auf der absorbierenden Polyurethanschaumschicht angeordnet ist (Seite 4, Zeile 31 bis Seite 5, Zeile 13). Sowohl die Hydrogelschicht, als auch die Schaumschicht können als Wundkontaktschicht dienen (Seite 4, letzter Absatz und Seite 5 zweiter Absatz). In einer bevorzugten Ausführungsform kann die Hydrogelschicht eine Dicke von 1 bis 10 mm, d.h. 1000 bis 10000µm aufweisen, eine Menge von 1 bis 10 g/g, d.h. 100 bis 1000 Gew.-% Salzlösung absorbieren und vor dem Aufbringen auf eine Wunde eine Menge von 1 bis 30 % Wasser enthalten (Seite 2, Zeilen 18 bis 19, Zeile 25 und Zeilen 31 bis 32). Folglich offenbart Druckschrift (7) alle technischen Merkmale des Anspruchs 1 mit Ausnahme der aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente und der spezifischen Dicke der Wundkontaktschicht von 10 bis 500µm.
5.3 Ausgehend von diesem Stand der Technik formulierte die Beschwerdeführerin I als technische Aufgabe die Bereitstellung einer verbesserten Wundauflage, die für die Behandlung von sezernierenden Wunden geeignet ist, die in der Reinigungsphase oder der Granulationsphase der Wundheilung eingesetzt werden kann, keine wundverklebenden Eigenschaften aufweist und eine Mazeration der Haut verhindert (Streitpatent, Paragraph [0009], sowie Beschwerdebegründung vom 28. Oktober 2013, Seite 2, 3. Absatz).
5.4 Als Lösung dieser technischen Aufgabe bietet das Streitpatent die Wundauflage gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrages 5 an, wobei die Wundkontaktschicht durch eine Dicke von 10 bis 500µm gekennzeichnet ist und das Polyurethan-Elastomer der Wundauflageschicht durch Reaktion einer Polyetherpolyol-Komponente mit einer aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente erhältlich ist.
5.5 Die Wundkontaktschicht der Wundauflage in Druckschrift (7), die dort als Hydrogelschicht bezeichnet ist, wird indessen durch Reaktion mit einer aromatischen Isocyanat-Komponente erhalten. Eine Verbesserung der Wundauflage gegenüber derjenigen aus Druckschrift (7) muss folglich auf die Verwendung einer aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente anstelle einer aromatischen Isocyanat-Komponente und auf eine Wundkontaktschicht mit einer Dicke von 10 bis 500µm zurückzuführen sein. Da jedoch kein Vergleich zwischen einer streitpatentgemäßen Wundauflage mit einer Wundauflage gemäß Druckschrift (7) vorgenommen wurde, existiert auch kein Beleg dafür, dass die behauptete Verbesserung tatsächlich eintritt. Da es auch nicht plausibel erscheint, dass nur durch Ersatz einer aromatischen Isocyanat-Komponente durch eine aliphatische oder cycloaliphatische Isocyanat-Komponente, sowie durch eine Reduzierung der Dicke von 1000µm auf 10 bis 500 µm die behaupteten Verbesserungen eintreten, ist die in Paragraph 5.3 supra gestellte technische Aufgabe nicht gelöst.
5.6 Folglich ist die objektive technische Aufgabe so umzuformulieren, dass sie lediglich in der Bereitstellung einer alternativen Wundauflage besteht.
5.7 Es bleibt somit zu untersuchen, ob die Lösung, nämlich die Verwendung einer aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente anstelle einer aromatischen Isocyanat-Komponente, sowie die Auswahl einer Dicke von 10 bis 500µm für die Wundkontaktschicht im Stand der Technik nahegelegen hat.
5.8 Hinsichtlich der Dicke der Wundkontaktschicht ist festzustellen, dass die Druckschrift (7) zunächst alle möglichen Dicken der Wundkontaktschicht umfasst. Lediglich in einer bevorzugten Ausführungsform beträgt die Dicke zwischen 1mm und 10mm (siehe Paragraph 5.2 supra). Der Fachmann wäre angesichts einer bevorzugten Dicke von 1mm, d.h. 1000µm, zumindest nicht davon abgehalten, für alternative Wundkontaktschichten eine geringere Dicke, beispielsweise im Bereich von 10 bis 500µm einzusetzen. Daher muss der Fachmann nicht erfinderisch tätig werden, wenn er für eine alternative Wundauflage eine Dicke von 10 bis 500µm für die Wundkontaktschicht auswählt.
5.9 In Bezug auf die Auswahl einer aliphatischen oder cycloaliphatischen Isocyanat-Komponente verwies die Beschwerdeführerin II u.a. auf die Druckschrift (6). Dort wird eine mehrschichtige Wundauflage beschrieben, die als Wundkontaktschicht eine Hydrogelschicht auf Basis eines Polyurethan-Elastomers verwendet. Zur Herstellung dieses Hydrogels wird Isophorondiisocyanat als cycloaliphatische Isocyanat-Komponente eingesetzt, welches auch in den Beispielen des Streitpatentes eingesetzt wird (siehe Druckschrift (6), Anspruch 8).
Daher war es für den Fachmann naheliegend, ausgehend von Druckschrift (7) für eine alternative Wundauflage die in Druckschrift (7) verwendete aromatische Isocyanat-Komponente gegen eine cycloaliphatische Isocyanat-Komponente aus Druckschrift (6) zu ersetzen. Dabei wäre der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrages gelangt.
5.9.1 Die Beschwerdeführerin I hatte schriftlich vorgetragen, dass es für den Fachmann im Stand der Technik keinen Hinweis gegeben habe, in Druckschrift (6) nach einer Lösung seiner technischen Aufgabe zu suchen. Daher habe er, entsprechend des "could-would" Ansatzes keine Veranlassung gehabt, spezifisch und zielgerichtet eine aliphatische oder cycloaliphatische Isocyanat-Komponente zur Herstellung des Polyurethan-Elastomers auszuwählen.
Indessen ist festzustellen, dass der Fachmann, sofern die Aufgabenstellung lediglich in der Bereitstellung einer Alternative besteht, keinen speziellen Hinweis im Stand der Technik benötigt. Er würde vielmehr auf alle in dem jeweiligen technischen Gebiet bekannten Alternativen zurückgreifen. Daher kann dieses Argument der Beschwerdeführerin I nicht durchgreifen.
5.9.2 Die Beschwerdeführerin I argumentierte weiter, dass der Fachmann Druckschrift (6) nicht zur Lösung der technischen Aufgabe herangezogen hätte, da in der Beschreibung des Standes der Technik auch die Druckschrift US-A-5160328 zitiert worden sei, welche auf dem gleichen Prioritätsdokument basiere, wie auch die Druckschrift (6) und eine nur geringfügig unterschiedliche Zusammensetzung des Hydrogels lehrt. Da die Lehre der Druckschrift US-A-5160328 in Druckschrift (7) offenbar als verbesserungswürdig angesehen wurde, hätte der Fachmann zur Bereitstellung einer Alternative die Druckschrift (6) nicht herangezogen, da dies mit einem technischen Rückschritt verbunden gewesen wäre.
Indessen ist festzustellen, dass die Druckschrift (7) nicht die Druckschrift (6), sondern eine andere Druckschrift als Stand der Technik zitiert. Druckschrift (6) stellt eine eigenständige und, wie von der Beschwerdeführerin I eingeräumt, andere technische Lehre dar, so dass das Argument der Beschwerdeführerin schon aus diesem Grund nicht überzeugen kann.
6. Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
Da der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 von allen vorrangigen Anträgen mitumfasst ist, gelten für den dort beanspruchten Gegenstand die selben Argumente und Schlussfolgerungen. Folglich beruht auch der Gegenstand der Ansprüche 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent Nr. 1 923 077 wird widerrufen.