T 0988/13 (Drehsensor/AVAGO) of 7.6.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T098813.20190607
Datum der Entscheidung: 07 Juni 2019
Aktenzeichen: T 0988/13
Anmeldenummer: 03795827.9
IPC-Klasse: G01P3/481
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: POSITIONSDETEKTOR
Name des Anmelders: Avago Technologies International Sales
Pte. Limited
Name des Einsprechenden: ASM Automation Sensorik Messtechnik GmbH
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83 (2007)
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der gegen das europäische Patent 1 565 755 eingelegte Einspruch wurde auf die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und bzw. erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) und der mangelnden deutlichen und vollständigen Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ) gestützt.

II. Die Einspruchsabteilung widerrief das Patent aus dem Grund mangelnder deutlicher und vollständiger Offenbarung. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin Beschwerde ein.

III. In einer Mitteilung nahm die Kammer zur deutlichen und vollständigen Offenbarung der Erfindung vorläufig Stellung und wies auf die in der mündlichen Verhandlung zu erörternden Punkte hin.

IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 7. Juni 2019 auf Antrag der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) statt.

V. Im Laufe der mündlichen Verhandlung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin)einen geänderten Satz Ansprüche vor. Sie beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche (Hauptantrag), hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche in der erteilten Fassung (Hilfsantrag 1) oder weiter hilfsweise auf der Grundlage eines der beiden Hilfsanträge, welche mit Schreiben vom 28. November 2016 eingereicht worden waren (Hilfsanträge 2 und 3).

VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VII. Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags lautet:

Positionsdetektor für das Erfassen von rotatorischen Bewegungen mit mindestens einem Erregermagneten (EM), nur einem ferromagnetischen Element (FE) mit mindestens einer Induktionsspule (SP oder SP1) und mit mindestens einem zusätzlichen Sensorelement (SE) zur Ermittlung von Informationen über die Polarität und die Position des Erregermagneten (EM), wobei diese zum Zeitpunkt (Ts) der Auslösung des einen ferromagnetischen Elements (FE) als vollständige Informationen zur Bestimmung der Bewegungsrichtung des Erregermagneten (EM) zur Verfügung stehen.

VIII. Die Einspruchsabteilung hat ihre Entscheidung sinngemäß damit begründet, die Absätze 15, 20, 29 und 38 der Patentschrift veranlassten den Fachmann zu der Annahme, dass ein Speicher zur Bestimmung der Drehrichtung des Positionssensors zwingend verwendet werden muss. Die Erfindung wie beansprucht sei jedoch nicht durch einen solchen Speicher definiert und daher nicht ausführbar.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat weiterhin vorgetragen, die Funktionsweise des Positionssensors sei in der Patentschrift nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Fachmann müsse vielmehr dessen Funktionsweise erraten. Eine denkbare Funktionsweise des Positionsdetektors sei in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung erst nach ausführlichen zusätzlichen Erläuterungen der Patentinhaberin verständlich geworden. Die Patentschrift offenbare nicht, welches der Zeitpunkt der Auslösung sei und was die "vollständige Information" zur Bestimmung der Drehrichtung beinhalte. Weiterhin werde der Fachmann bei den Ausführungsbeispielen, welche eine Hall-Sonde als zusätzliches Sensorelement verwenden, im Unklaren gelassen, wo genau die Hall-Sonde relativ zu den weiteren Komponenten platziert und wie ihr Erfassungsbereich gewählt werden müsse.

Entscheidungsgründe

Zulässigkeit des Hauptantrags

1. Der Anspruch 1 des Hauptantrags wurde in dieser Fassung erstmals mit Schriftsatz vom 27. März 2019 eingereicht.

2. Der Wortlaut entspricht dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung, wobei dieser jedoch auf einen Detektor zum Erfassen von nur rotatorischen Bewegungen beschränkt wurde. Mit dem vorgelegten Anspruchssatz des Hauptantrags geht die Beschwerdeführerin auf Einwände in der Mitteilung der Kammer ein. Die Behandlung des Hauptantrags in der mündlichen Verhandlung hat keine Fragestellungen aufgeworfen, die nicht bereits aus dem schriftlichen Verfahren bekannt waren.

3. Daher hat die Kammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13(3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern beschossen, den Hauptantrag in das Verfahren zuzulassen.

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ

4. Die Beschwerdegegnerin rügt die mangelnde deutliche und vollständige Offenbarung der Erfindung für den Fachmann. Daher ist es notwendig, zunächst die Kenntnisse des zuständigen Fachmanns genauer zu betrachten.

5. Der Fachmann ist ein erfahrener Entwickler von Magnetfeld-Drehsensoren mit einer Hochschulausbildung in Physik oder Ingenieurswissenschaften. Ihm ist, wie im Absatz 2 der Patentschrift dargelegt, aufgrund seiner Tätigkeit als Entwickler der Umgang mit ferromagnetischen Elementen, beispielsweise einem Wieganddraht, zum Aufbau von Positions- oder Drehsensoren geläufig.

6. Er kennt die Funktionsweise eines ferromagnetischen Elements und es ist ihm insbesondere bekannt, dass das ferromagnetische Element einen zu einer einzigen ferromagnetischen Domäne ausgerichteten Bereich aufweist, dessen Polarität beim Anlegen eines äußeren Magnetfelds mit einer bestimmten Richtung und ausreichender Stärke durch einen Erregermagneten schlagartig umklappt und dabei in einer geeignet vorgesehenen Induktionsspule einen elektrischen Spannungsimpuls erzeugt. Dem Fachmann ist auch bekannt, dass die Dauer des Spannungsimpulses allein durch dieses Umklappen der Domäne bestimmt ist und im wesentlichen unabhängig von der Drehgeschwindigkeit des Erregermagneten ist.

7. Weiterhin ist dem Fachmann aufgrund seiner Ausbildung der Aufbau und die Funktionsweise einer Hall-Sonde bekannt. Er ist damit vertraut, an der stromdurchflossenen Hall-Sonde eine elektrische Spannung abzugreifen und weiß, dass die Polarität dieser Spannung gemäß der "Drei-Finger-Regel" die Polarität des die Hall-Sonde durchflutenden Magnetfeldes anzeigt und dass ein Spannungswert von Null anzeigt, dass die Hall-Sonde nicht von einem magnetischen Feld durchflutet wird. Weiterhin ist der Fachmann damit vertraut, die aufgrund der Drehung eines Erregermagneten erzeugten Signale auszuwerten und mit der Drehung des Magneten in Verbindung zu setzen.

8. Gemäß dem Anspruch 1 ist lediglich festgelegt, dass der Positionssensor "nur ein" (d.h. ein einziges) ferromagnetisches Element, mindestens eine (d.h. eine oder mehrere) Induktionsspule(n), mindestens einen Erregermagneten sowie ein zusätzliches Sensorelement umfasst. Weiterhin ist im Anspruch 1 nur die Funktion der Induktionsspule und des Sensorelements festgelegt, nämlich "zur Ermittlung von Informationen über die Position und Polarität des Erregermagneten", sowie die zu erzielende Wirkung, wonach die ermittelten Informationen zum Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements als vollständige Information zur Bestimmung der Bewegungsrichtung des Erregermagneten zur Verfügung stehen.

9. Auch wenn der Wortlaut des Anspruchs 1 sehr allgemein gehalten ist, wird dadurch ein Positionsdetektor derart definiert, dass mit nur einem ferromagnetischen Element, einer Induktionsspule und einem zusätzlichen Sensorelement Informationen über die Position eines sich bewegenden Erregermagneten erhalten werden können. Diese zum Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements durch die Induktionsspule und das zusätzliche Sensorelement bereitgestellten Informationen sind vollständig ausreichend zur Bestimmung der Bewegungsrichtung des Erregermagneten. Der Anspruch betrifft folglich nicht einen Positionsdetektor, bei dem zur Ermittlung der Bewegungsrichtung des Erregermagneten Sensorinformationen erforderlich sind, welche bereits zu einem früheren Auslösezeitpunkt bereitgestellt worden sind.

10. Dieser Positionsdetektor ist, wie nachfolgend dargelegt, deutlich und vollständig offenbart. Das Patent offenbart in den Figuren 1 bis 5, 7 und 8 mehrere Ausführungsbeispiele.

11. Fig. 1

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Bei dem Positionssensor gemäß Fig. 1 löst bei Drehung R2 gegen den Uhrzeigersinn der Nordpol des Erregermagneten beim Überstreichen des Flussleitelements FL1 ein Umklappen des ferromagnetischen Element FE und infolgedessen einen Spannungsimpuls in jeder Spule SP1, SP2 aus. Im weiteren Verlauf der Drehbewegung löst der zunächst das Flussleitelement FL2 passierende Südpol kein Umklappen aus, da die magnetische Erregung im ferromagnetischen Element gleichgerichtet bleibt. Im weiteren Verlauf der Drehbewegung löst der dann das Flussleitelement FL1 überstreichende Südpol ein Umklappen des ferromagnetischen Elements und damit einen weiteren Spannungsimpuls aus; dieser hat eine zum vorherigen Spannungsimpuls umgekehrte Polarität. Im weiteren Verlauf der Drehbewegung werden Spannungsimpulse abwechselnder Polarität nur beim Überstreichen des Flussleitelements FL1 durch Nord- bzw. Südpol ausgelöst. Der in der Spule SP2 erzeugte Spannungsimpuls folgt bei Drehung gegen den Uhrzeigersinn dem in der Spule Sp1 erzeugten Spannungsimpuls entsprechend der - endlichen - Ausbreitungsgeschwindigkeit des Umklappens des ferromagnetischen Elements nach.

12. Bei einer Drehbewegung R1 im Urzeigersinn werden in analoger Weise Spannungsimpulse nur dann erzeugt, wenn Nord- und Südpol abwechselnd das Flussleitelement FL2 überstreichen. In diesem Fall eilt der in der Spule SP2 erzeugte Spannungsimpuls dem Spannungsimpuls der Spule SP1 zeitlich entsprechend voraus.

13. Durch die zeitliche Abfolge der Spannungsimpulse ist die Bewegungsrichtung vollständig bestimmt. Die Polarität des auslösenden Magnetpols ist durch die Polarität der Spannungsimpulse zusammen mit deren zeitlicher Abfolge vollständig bestimmt. Damit liegt zum Zeitpunkt der Auslösung des ferromagnetischen Elements die Information, aus der die Bewegungsrichtung bestimmt werden kann, vollständig vor. Ein Speicher zur Speicherung einer früheren Position ist zur Bestimmung der Bewegungsrichtung nicht erforderlich.

14. Die Kammer bemerkt in diesem Zusammenhang, dass das ferromagnetische Element für sich genommen bereits einen Speicher darstellt, welcher durch einen Auslöseimpuls in einen bestimmten Speicherzustand versetzt wird und solange in diesem Zustand bleibt, bis die Bedingung für ein erneutes Auslösen des ferromagnetischen Elements erfüllt sind. Das ferromagnetische Element ist jedoch kein Speicher im Sinne des im Absatz 34 der Patentschrift genannten nichtflüchtigen Speichers 36.

15. Fig 2 und 3

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Im Beispiel gemäß Fig. 2 wird das ferromagnetische Element in derselben Weise ausgelöst. Im Unterschied zu der Auführungsform gemäß Fig. 1 wird jedoch nur ein einzelner Spannungsimpuls an der Spule SP erzeugt. Zusätzlich wird in von der Hall-Sonde eine von Null verschiedene Spannung 24 nur dann angezeigt, wenn zum Zeitpunkt der Auslösung der auslösende Magnetpol das rechte Flussleitelement überstreicht, also bei Drehung im Uhrzeigersinn. Bei Drehung gegen den Uhrzeigersinn ist die zum Zeitpunkt des Auslösens von der Hall-Sonde angezeigte Spannung gleich Null. Somit zeigt eine zum Zeitpunkt des Auslösens von Null verschiedene Spannung an der Hall-Sonde eine Drehbewegung R1, eine Spannung mit dem Wert Null eine Drehbewegung R2 an. Ein zusätzlicher Speicher ist zur Bestimmung der Bewegungsrichtung nicht erforderlich.

16. Das Ausführungsbeispiel gemäß der Fig. 3 ist funktionsgleich zu dem der Fig. 2, lediglich die Auflösung einer Bestimmung des Drehwinkels ist aufgrund der Verwendung von zwei sich drehenden Erregermagneten erhöht.

17. Fig 4 und 5

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 4 wird das ferromagnetische Element und damit ein Spannungsimpuls in der Spule SP bereits ausgelöst, bevor der Magnetpol das Ende des ferromagnetischen Elements überstreicht. Bei einer Drehbewegung R1 im Uhrzeigersinn wird der Spannungsimpuls daher etwa in der in Fig. 4 dargestellten Position des Erregermagneten ausgelöst. In dieser Position wird die Hall-Sonde nicht von einem Magnetfeld des Erregermagneten erfasst. Bei einer entgegengesetzten Drehbewegung R2 wird der Spannungsimpuls ausgelöst, wenn sich der auslösende Magnetpol rechts von der Leitachse und damit im Bereich der Hall-Sonde befindet, so dass die Hall-Sonde zum Auslösezeitpunkt eine Spannung anzeigt. Aus der gemeinsamen Betrachtung der Polarität des Spannungsimpuls mit dem Wert der von der Hall-Sonde ausgegebenen Spannung (Null oder von Null verschieden) zum Zeitpunkt des Auslösens des Spannungsimpulses ist die Polarität des auslösenden Magnetpols sowie die Drehrichtung vollständig bestimmt.

18. Der Positionsdetektor gemäß Fig. 5 funktioniert ähnlich wie der gemäß Fig. 4, wobei jedoch die Hall-Sonde zu jedem Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements eine von Null verschiedene Spannung anzeigt. Die Bewegungsrichtung ist durch die gemeinsame Betrachtung der Polarität dieser Spannung und der Polarität des an der Spule erzeugten Spannungsimpulses zum Zeitpunkt des Auslösens vollständig bestimmt.

19. Fig 7 und 8

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Beispiele gemäß den Figuren 7 und 8 geben dem Fachmann Hinweise, dass das ferromagnetische Element nicht notwendigerweise in der Drehebene des Erregermagneten liegen muss und dass daher auch andere Lagen der Rotationsachse in Bezug auf das ferromagnetische Element möglich sind. Der Fachmann wird Dank seines Fachwissens und den Erkenntnissen aus den übrigen Ausführungsbeispielen darüber, wie die Hall-Sonde in Bezug auf den Erregermagneten und das ferromagnetische Element anzuordnen ist, auch in den Beispielen der Figuren 7 und 8 geeignete Positionen für die Hall-Sonde finden. Der Erfolg, dass Polarität und Bewegungsrichtung des auslösenden Magnetpols zum Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements durch die an den Klemmen 22 und 24 vorhandenen Signale vollständig bestimmt sind, ist daher auch bei diesen Ausführungsbeispielen zu erwarten.

20. Dem Fachmann werden durch diese Ausführungsbeispiele hinreichend Hinweise gegeben, wie das ferromagnetische Element sowie das zusätzliche Sensorelement im Verhältnis zu dem Erregermagneten anzuordnen sind, damit aus den zum Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements verfügbaren Signalen der Induktionsspule und des zusätzlichen Sensorelements die Bewegungsrichtung des Erregermagneten vollständig und eindeutig bestimmt ist. Daher steht es der Ausführbarkeit der Erfindung angesichts der in den genannten Figuren gezeigten unterschiedlichen Varianten nicht entgegen, dass der beanspruchte Positionssensor lediglich durch seine Komponenten, d.h. das ferromagnetische Element, den mindestens einen Erregermagneten, die Induktionsspule und das zusätzliche Sensorelement sowie die zu erzielende Wirkung, d.h. dass zum Zeitpunkt der Auslösung des ferromagnetischen Elements vollständige Informationen zur Bestimmung der Bewegungsrichtung vorliegen müssen, festgelegt ist. Durch diese Wirkung sind die möglichen Konstellationen, wie die Komponenten zum Zeitpunkt der Auslösung des ferromagnetischen Elements zueinander angeordnet sein müssen, damit in den Signalen der Induktionsspule und und des zusätzlichen Sensorelements diese Information abgebildet ist, hinreichend beschränkt, ohne dass ein Offenbarungsmangel aufgrund der allgemeinen Formulierung des Anspruchs 1 vorliegt.

21. Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung ist die beanspruchte Erfindung auch ausführbar, ohne dass zusätzlich zu den genannten Komponenten ein nichtflüchtiger Speicher im Anspruch spezifiziert werden muss. Die in der angegriffenen Entscheidung angegebene Begründung, die Absätze 15, 20, 29 und 38 der Patentschrift veranlassten den Fachmann zu der Annahme, dass ein Speicher zur Bestimmung der Drehrichtung verwendet werden muss, hält einer Überprüfung durch die Kammer nicht stand.

22. Der Wortlaut des Patents, wonach zu der vollständigen Information, die zur Bestimmung der Bewegungsrichtung notwendig ist, auch die abgespeicherte Position und Polarität des Erregermagneten (Absatz 20) bzw. die (nicht weiter spezifizierten) Daten im (nicht weiter spezifizierten) nichtflüchtigen Speicher (Absatz 29) gehört, suggeriert zunächst das Vorhandensein eines Speichers in dem Positionsdetektor. Jedoch lehrt der zweite Satz im Absatz 37 der Patentschrift eine Bestimmung der Position und Polarität des Erregermagneten ohne die Zuhilfenahme eines Speichers. Dort heißt es:

Bei der erfindungsgemäßen Anordnung des Impulsdrahtes in der einfachsten Variante, wo beide Enden des Impulsdrahtes messtechnisch gleichwertig sind, sind sowohl die Information über die Position als auch über die Polarität des auslösenden Erregermagneten in den erzeugten Spannungsimpulsen enthalten.

23. Weiterhin ist ein nichtflüchtiger Speicher in keinem der Ausführungsbeispiele vorhanden (siehe oben, Punkte 11 bis 19), sondern lediglich im Zusammenhang mit der in Fig. 6 dargestellten Auswerteelektronik beschrieben. Hierzu wird im Absatz 34 der Patentschrift ausgeführt:

Den Positionsdetektoren gemäß Fig. 1 bis 5 sowie 7 und 8 ist jeweils eine insgesamt mit der Bezugsziffer 30 bezeichnete, in Fig. 6 als Blockschaltbild dargestellte, Auswerteelektronik zugeordnet, deren Eingangsklemmen 32 bzw. 33 mit den Sensorspulen SP1 und SP2 bzw. mit SP und mit der Hall-Sonde HS verbunden sind. Den Eingangsklemmen ist jeweils eine Erkennungslogik 34 und 35 nachgeschaltet. [...] Die Signale aus den Erkennungslogiken 34 und 35 werden in einem Zähler 38 ausgewertet, dem ein nichtflüchtiger Speicher 36 zugeordnet ist. Dabei wird unter Einbeziehung der in den eingespeicherten Daten enthaltenen Vorgeschichte und der von den Erkennungslogiken 34 und 35 gelieferten Informationen über die aktuelle Position und Polarität des Erregermagneten ein neuer Zählerstand gewonnen, der dann in den nichtflüchtigen Speicher, der im allgemeinen ein FRAM darstellt, übertragen wird.

24. Der nichtflüchtige Speicher 38 speichert somit einen Zählerstand, der als Aktualisierung eines früheren Zählerstandes mit der Information über die aktuelle Position und Polarität des Erregermagneten gewonnen wird. Die in diesem Speicher enthaltene Information ist also lediglich die kumulierte Fortschreibung der durch die Signale der Induktionsspule und des zusätzlichen Sensorelements bereitgestellten Informationen, die, wie oben dargelegt, bereits vollständig die Position, Polarität und Bewegungsrichtung des auslösenden Pols des Erregermagneten beschreiben. Der nichtflüchtige Speicher zeichnet also die Bewegung lediglich über die Zeit auf.

25. Folglich ist der Speicher 38 kein zur Ausführung der Erfindung notwendiges Mittel.

26. Weiterhin sind die weiteren von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Einwände fehlender deutlicher Offenbarung nicht stichhaltig:

a) Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist ein Offenbarungsmangel nicht bereits dadurch gegeben, dass zum Verständnis der Erfindung ein gewisser Aufwand unter Rückgriff auf das Fachwissen des Fachmanns notwendig ist und sich die Lehre des in Frage stehenden Patents nicht bereits beim einfachen und einmaligen Durchlesen der Patentschrift in einfacher Weise dem Leser erschließt. Im vorliegenden Fall erschließt sich diese Lehre deutlich, indem der Fachmann den Bewegungsablauf des Erregermagneten in den jeweiligen Ausführungsbeisielen nachvollzieht und die von der Erregerspule und dem zusätzlichen Sensorelement abgegebenen Signale aufgrund seines Fachwissens mit der Bewegung des Erregermagneten in Beziehung setzt. Dieser Aufwand ist dem Fachmann ohne weiteres zuzumuten.

b) Des weiteren kann der Fachmann aus den Ausführungsbeispielen der Figuren 2 bis 5 unter Zuhilfenahme seines Fachwissens ohne weiteres bestimmen, wie die Hallsonde in Bezug auf die weiteren Elemente anzuordnen ist, damit sie bei Drehung des Erregermagneten in einer Richtung von dessen Magnetfeld zum Zeitpunkt des Auslösens des ferromagnetischen Elements durchflutet wird, jedoch nicht bei Drehung in der entgegengesetzten Richtung. Des weiteren ist der Zeitpunkt der Auslösung hinreichend genau als in der Zeitspanne zwischen dem Beginn und dem Ende des Umklappens aller Bereiche entlang dem ferromagnetischen Element liegend festgelegt.

27. Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass sowohl die im Anspruch 1 beanspruchte Erfindung als auch die durch die abhängigen Ansprüche festgelegen Ausführungsformen der Erfindung mit einer Hall-Sonde für den Fachmann deutlich und vollständig offenbart sind.

28. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

Zurückverweisung

29. Die angefochtene Entscheidung hat sich nur mit dem auf Artikel 100 b) EPÜ gestützten Einspruchsgrund befasst. Über den geltend gemachten weiteren Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ muss noch entschieden werden. Daher verweist die Kammer die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurück.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.

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