European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T073013.20171117 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 November 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0730/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07017388.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 47/12 B29C 49/04 B29C 47/04 B29C 47/92 B29C 47/92 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen | ||||||||
Name des Anmelders: | Kautex Textron GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Plastic Omnium Advanced Innovation and Research | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Priorität - Identität der Erfindung Priorität - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 12 (nein) Priorität - Hilfsantrag 15 (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 12, 13 (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 15 (ja) Spät eingereichte Dokumente (zugelassen) Spät eingereichte Hilfsanträge - Hilfsanträge 1 bis 12, 13 und 15 (zugelassen) Spät eingereichte Hilfsanträge - Hilfsanträge 12a und 14 (nicht zugelassen) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat Beschwerde eingelegt gegen die am 23. Januar 2013 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in der festgestellt worden ist, dass das europäische Patent Nr. 1 897 672 B auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.
II. Der Einspruch war gegen das Streitpatent in vollem Umfang eingelegt worden und mit den Einspruchsgründen nach Artikel 100 a), b) und c) EPÜ 1973 (fehlende Neuheit und erfinderische Tätigkeit, mangelnde Ausführbarkeit sowie unzulässige Erweiterung) begründet worden.
III. Am 17. November 2017 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden.
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Hilfsanträge 1 bis 6, eingereicht mit dem Schreiben vom 7. Oktober 2013, oder auf der Grundlage der Hilfsanträge 7 bis 13, eingereicht mit dem Schreiben vom 27. Juni 2017, oder der Hilfsanträge 12a, 14 oder 15 eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
VI. Im Beschwerdeverfahren wird unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: DE 31 17 179 Al;
D7: DE 103 55 818 Al;
D12: JP 6-71644;
D16: DE 20 2006 013 751 U1;
D17: DE 10 2006 042 065 A1 (Prioritätsanmeldung zum Streitpatent);
D19: Auszug aus "Handbuch der Kunststoff-Extrusionstechnik", Band I "Grundlagen", hrsg. von F. Hensen et al., Carl Hanser Verlag München Wien, 1989, Seiten 455 und 456;
D21: Wikipedia-Auszug "Kunststofffolie";
D22: Auszug aus "Emissionen aus Kraftstoffsystemen von PKWs Gesetzgebung-Systemkomponenten-Entwicklungstrends", hrsg. von E. Steinmetz, Haus der Technik Fachbuch Band 15, expert verlag Renningen, 2002.
VII. Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen mit den Verfahrensschritten:
Herstellen eines schlauchförmigen Vorformlings durch Extrudieren eines extrudierbaren Kunststoffs;
Längsteilen des schlauchförmigen Vorformlings in zumindest zwei endlose schalenförmige Vorformlinge innerhalb eines Formwerkzeuges (5); und
Führen und Formen der schalenförmigen Vorformlinge zu bandförmigen Vorformlingen innerhalb des Formwerkzeuges (5) dadurch gekennzeichnet, dass das Formwerkzeug (5) mehrere Kanäle (26) aufweist, die jeweils eine ringsabschnittsförmige [sic] Eintrittsöffnung (27) und eine längliche Austrittsöffnung (28) haben, wobei die ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen (27) untereinander denselben Radius aufweisen und über den Umfang verteilt angeordnet und durch radial verlaufende Schneiden (49) voneinander getrennt sind, wobei die schalenförmigen Vorformlinge in den Kanälen (26) des Formwerkzeugs (5) zu bandförmigen Vorformlingen geführt und geformt werden, wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, wobei als weiterer Verfahrensschritt vor dem Formen vorgesehen ist:
Anpassen des Durchmessers des schlauchförmigen Kunststoffvorformlings mittels eines Adapterelements (4), das dem Formwerkzeug (5) vorgeschaltet ist."
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der Hauptantrag einen weiteren, auf das Formwerkzeug gerichteten unabhängigen Vorrichtungsanspruch enthält.
VIII. Im Vergleich zum Hauptantrag weist der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1, 3 und 5 folgende unterstrichenen Hinzufügungen auf:
"Herstellen eines mehrschichtigen schlauchförmigen Vorformlings durch Extrudieren eines extrudierbaren Kunststoffs mittels eines Extrusionskopfs;"
IX. Verglichen mit dem Hilfsantrag 1 ist der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2, 4 und 6 wie folgt ergänzt:
"wobei die schalenförmigen Vorformlinge in den Kanälen (26) des Formwerkzeugs (5) zu bandförmigen Vorformlingen geführt und geformt werden, wobei die Bogenlänge schalenförmigen Vorformlingen [sic] vor dem Formvorgang der Breite der Vorformlinge nach dem Formvorgang entspricht, wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen"
"Anpassen des Durchmessers des schlauchförmigen Kunststoffvorformlings an den Eintrittsdurchmesser des Formwerkzeugs mittels eines Adapterelements (4), das dem Formwerkzeug (5) vorgeschaltet ist."
X. Im Vergleich mit den Hilfsanträgen 1 bis 6 umfasst der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 7 bis 12 das folgende zusätzliche Merkmal:
"Verfahren zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen zur Weiterverarbeitung zu einem Kunststofftank für ein Kraftfahrzeug mit den Verfahrensschritten:"
XI. Verglichen mit dem Hilfsantrag 12 weist Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 12a folgende Streichung auf:
"... wobei die schalenförmigen Vorformlinge in den Kanälen (26) des Formwerkzeugs (5) zu bandförmigen Vorformlingen geführt und geformt werden[deleted: , wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen], wobei als weiterer Verfahrensschritt vor dem Formen vorgesehen ist:"
XII. Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 13 lautet wie folgt:
"Formwerkzeug zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen, umfassend mehrere Kanäle (26), die jeweils eine ringabschnittsförmige Eintrittsöffnung (27) und eine längliche Austrittsöffnung (28) haben, wobei die ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen (27) denselben Radius aufweisen und über den Umfang verteilt angeordnet und durch radial verlaufende Schneiden (49) voneinander getrennt sind , wobei ein Adapterelement (4) vorgesehen ist, dass [sic] eine Eintrittsöffnung aufweist, die mit der ringförmigen Austrittsöffnung eines vorgeschalteten Extrusionskopfs (3) übereinstimmt, und eine mit den ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen (27) des Formwerkzeugs (5) übereinstimmende Austrittsöffnung (28) aufweist."
XIII. Im Vergleich zum Hilfsantrag 13 ist der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 14 folgendermaßen ergänzt:
"... wobei eine Wanddickenregelvorrichtung (6) zur Regelung der Dicke zumindest eines der bandförmigen Vorformlinge vorgesehen ist, die mit dem Formwerkzeug (5) verbunden ist und zumindest einen an eine der länglichen Austrittsöffnungen (28) des Formwerkzeugs (5) anschließenden Kanal aufweist, der in einen länglichen Austrittsspalt (70) mündet, wobei die Wanddickenregelvorrichtung (6) zumindest ein Stellelement (77) aufweist, das den Austrittsspalt (70) seitlich begrenzt und quer zur Strömungsrichtung des Vorformlings verstellbar ist."
XIV. Verglichen mit dem Hilfsantrag 13 weist der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 folgende zusätzliche Merkmale auf:
"... wobei ein Innenteil (25) und ein Außenteil (24) vorgesehen sind, wobei die Kanäle (26) jeweils zwischen einer Außenfläche (30) des Innenteils (25) und einer gegenüberliegenden Innenfläche (29) des Außenteils (24) gebildet sind und wobei die Innenfläche (29) des Außenteils (24) und die Außenfläche (30) des Innenteils (25) derart gestaltet sind, dass die Fließwege der Kunststoffteilchen eines Querschnitts von der Eintrittsöffnung (27) bis zur Austrittsöffnung (28) etwa gleich lang sind."
XV. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Zulässigkeit der Dokumente D16, D17, D19 und D22
Das Dokument D16 stamme von der gleichen Anmelderin wie das Streitpatent. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin mit dem Inhalt dieser Druckschrift vertraut sei. Das Dokument D17 sei die Prioritätsanmeldung zum Streitpatent. Das Dokument D19 wiederum zeige ein Adapterelement und habe aufgrund der Entwicklung des Falles an Relevanz für das Beschwerdeverfahren gewonnen; es sei daher im Verfahren zu berücksichtigen. Das von der Beschwerdegegnerin vorgelegte Dokument D22 belege allgemeines Fachwissen, die Zulässigkeit dieses Dokuments werde nicht bestritten.
Zulässigkeit der Hilfsanträge
Die Zulässigkeit der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6 wurde in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten. Dies gilt auch für die Hilfsanträge 7 und 13. Die Beschwerdeführerin bemängelte jedoch, dass für die Hilfsanträge 8 bis 12 keine Begründung angegeben worden sei, welcher Einwand beheben werden solle, weshalb diese Hilfsanträge unzulässig seien. Hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge 12a, 14 und 15 sei festzustellen, dass Hilfsantrag 12a prima facie die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ verletze und schon aus diesem Grund unzulässig sei. Das späte Einreichen der Hilfsanträge 14 und 15 sei nicht gerechtfertigt, da die erfinderische Tätigkeit auch der der abhängigen Ansprüche von Anfang an angegriffen worden sei. Da die Beschwerdeführerin erst in der mündlichen Verhandlung mit neuen Verteidigungslinien konfrontiert werde, seien die Hilfsanträge 14 und 15 nicht zuzulassen.
Hauptantrag, Gültigkeit der Priorität von Anspruch 1
Das Merkmal von Anspruch 1, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, sei in der Prioritätsanmeldung D17 nicht offenbart. Auch eine implizite Offenbarung liege nicht vor, da die im Prioritätsdokument genannte Verwendung als Kunststofftank keine unmittelbaren und eindeutigen Rückschlüsse auf den nun beanspruchten konkreten Wanddickenwert von mindestens 1 mm zulasse. Ebenso wenig sei dies im Hinblick auf die im Dokument D21 allgemein genannte Foliendicke möglich. Das hinzugefügte Merkmal sei auch kein Verzicht im Sinne eines Disclaimers, der im Übrigen, weil für die erfinderische Tätigkeit von Bedeutung, unzulässig wäre. Da das Merkmal der Wanddicke von mindestens 1 mm im Prioritätsdokument D17 weder explizit noch implizit eindeutig offenbart sei, sei der Prioritätsanspruch von Anspruch 1 ungültig.
Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 6, erfinderische Tätigkeit
Aufgrund der ungültigen Priorität gehöre das Dokument D16 zum Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ 1973. Davon unterscheide sich der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 6 nur in dem Merkmal
"wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen".
Die zu lösende Aufgabe bestehe darin, eine Mindestdicke für die bandförmigen Vorformlinge zu definieren. Für einen Fachmann sei die vorgeschlagene Lösung einer Mindestwanddicke der Vorformlinge von mindestens 1 mm angesichts ihrer im Dokument D16 beschriebenen weiteren Verwendung für die Herstellung von Kunststofftanks naheliegend.
Hilfsanträge 7 bis 12, erfinderische Tätigkeit
Die Hilfsanträge 7 bis 12 enthielten im Anspruch 1 weiterhin die Einschränkung, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen müssten. Damit sei die Priorität von Anspruch 1 der Hilfsanträge 7 bis 12 ungültig und sein Gegenstand nicht erfinderisch in Bezug auf das Dokument D16.
Hilfsantrag 13, erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 13 sei ausgehend vom Dokument D1 nicht erfinderisch, da ein Adapterelement, wie es im Anspruch definiert sei, aus den Dokumenten D7 (Bezugszeichen 5), D12 (Bezugszeichen 19) oder D19 (Bild 59) für den gleichen Zweck bekannt sei. Weitere Aspekte, wie die Mehrschichtigkeit der Vorformlinge, die Aufweitung des Extrudats vor dem Auftrennen bzw. die Übereinstimmung zwischen der Bogenlänge der ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen des Formwerkzeugs und der Breite der hergestellten Vorformlinge, müssten bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt bleiben, da sie sich nicht im Anspruchswortlaut widerspiegelten.
Hilfsantrag 15, erfinderische Tätigkeit
Die Priorität von Anspruch 1 sei ungültig, weil in der Prioritätsanmeldung D17 (vgl. Ansprüche 20 und 21) der Extrusionskopf, das Formwerkzeug und das Adapterelement in einem bestimmten Zusammenhang offenbart seien, der im vorliegenden Anspruch 1 fehle, weshalb eine Verallgemeinerung vorliege. Die für die Verfahrensansprüche gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Gültigkeit der Priorität und der erfinderischen Tätigkeit würden für die beanspruchte Vorrichtung analog gelten.
Außerdem sei der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend vom Dokument D1 in Kombination mit dem Dokument D7 nicht erfinderisch. Das im Vergleich zum Hilfsantrag 13 hinzugefügte Merkmal der Fließweglängen stelle de facto keine weitere Einschränkung dar, weil es bei der Kombination der Dokument D1 und D7 zwingend verwirklicht werden müsse, um ebene, nicht verwundene Vorformlinge herzustellen. Wenn sich die Beschwerdegegnerin auf eine darüber hinausgehende erfinderische Qualität berufe, gehe das über die Offenbarung im Streitpatent hinaus. Zur Verwirklichung dieses Merkmals enthalte das Patent nämlich keine weiteren Informationen. Alternativ könne auch von einer bekannten Kombination von Formwerkzeug und Adapterelement nach den Dokumenten D7, D12 oder D19 ausgegangen werden. Die Aufgabe bestehe dann darin, flache, bandförmige Vorformlinge herzustellen. Um diese Aufgabe zu lösen würde sich der Fachmann dem Dokument D1 zuwenden, dessen Werkzeug zu ebenen, bandförmigem Vorformlingen führe. Im Lichte des angezogenen Standes der Technik sei der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 nicht erfinderisch.
XVI. Der Vortrag der Beschwerdegegnerin war im Wesentlichen wie folgt:
Zulässigkeit der Dokumente D16, D17, D19 und D22
Die Zulässigkeit der Dokumente D16 und D17 werde nicht bestritten, die Beschwerdegegnerin habe sich mit deren Inhalt vertraut gemacht. Die Dokumente D19 und D22 gehörten zum allgemeinen Fachwissen, ihre Zulässigkeit sei daher ebenfalls nicht zu beanstanden.
Zulässigkeit der Hilfsanträge
Alle Hilfsanträge seien ins Verfahren zuzulassen. Während die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6 eine Reaktion auf die angefochtene Entscheidung darstellten, sei das Einreichen der Hilfsanträge 7 bis 12 und 13 in Reaktion auf die späte Vorlage des Dokuments D16 erfolgt. Für diese Hilfsanträge gelte die entsprechende Begründung der Hilfsanträge 1 bis 6. Mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträgen 12a, 14 und 15 reagiere die Beschwerdegegnerin auf die Feststellungen der Kammer zur Priorität und zur erfinderischen Tätigkeit. Zudem seien diese Hilfsanträge konvergent und auf erteilte abhängige Ansprüche gestützt.
Hauptantrag, Gültigkeit der Priorität von Anspruch 1
Das Merkmal, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, sei zwar in der Prioritätsanmeldung nicht explizit genannt, dort jedoch implizit offenbart. Es sei bekannt und durch den Auszug aus Wikipedia (vgl. Dokument D21) auch belegt, dass Folien eine Dicke kleiner 1 mm hätten. Da derartige Produkte im Allgemeinen nicht als Vorformlinge bezeichnet würden, stelle das streitige Merkmal keine spezielle Auswahl dar. Zudem seien im Prioritätsdokument D17 als herzustellende Endprodukte mehrschichtige Kraftstoffbehälter genannt, die höheren Belastungen ausgesetzt seien (vgl. D17, Absätze [0008] und [0009]). Es sei dem Fachmann geläufig, dass diese üblicherweise eine Wanddicke von etwa 6 mm bis 8 mm hätten (vgl. D22, Seite 72, Bild 4). Insofern sei das Anspruchsmerkmal, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, implizit aber eindeutig im Prioritätsdokument offenbart. Alternativ könne das fragliche Merkmal auch als eine Auswahl aus einem großen, in der Prioritätsanmeldung zwar nicht explizit genannten, aber doch implizit offenbarten Wanddickenbereich angesehen werden, was einem Verzicht gleichkomme. Diese Auswahl sei nicht neu im Hinblick auf die Prioritätsanmeldung D17 (und folglich dort offenbart), da die in der Rechtsprechung etablierten Kriterien für die Neuheit einer Auswahlerfindung nicht erfüllt seien. Bei dieser Sachlage sei im Einklang mit der Entscheidung G 2/98 (vgl. Entscheidungsgründe 8.4) die Gültigkeit der Priorität anzuerkennen.
Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 6, erfinderische Tätigkeit
Da das Dokument D16 mit dem Prioritätsdokument D17 deckungsgleich sei, könne nicht einerseits der Prioritätsanspruch von Anspruch 1 ungültig sein und andererseits das Dokument D16 genau diesen Anspruchsgegenstand offenbaren. Dieses Argument gelte für den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 6.
Hilfsanträge 7 bis 12, erfinderische Tätigkeit
Die Hilfsanträge 7 bis 12 enthielten im Anspruch 1 jeweils die Ergänzung, dass die bandförmigen Kunststoffvorformlinge zur Weiterverarbeitung zu einem Kunststofftank vorgesehen seien. Diese in der Prioritätsanmeldung offenbarte Einschränkung bedeute, dass die Vorformlinge signifikant dicker sein müssten als 1 mm, weshalb das Merkmal, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, für die Definition des Schutzgegenstandes keine Rolle mehr spiele, die Gültigkeit der Priorität anzuerkennen sei und das Dokument D16 für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Acht bleiben müsse.
Hilfsantrag 13, erfinderische Tätigkeit
Aus dem Wortlaut von Anspruch 1 gehe hervor, dass das Adapterelement als separates Bauteil ein Teil der beanspruchten Vorrichtung sei. Im Dokument D1 würde die Breite der mehrschichtigen Vorformlinge nach dem Auftrennen vergrößert, was zu Problemen an deren Rändern führe. Anspruchsgemäß werde dies dadurch verhindert, dass die Aufweitung des Schlauchs im Adapterelement noch vor dem Auftrennen erfolge. Ausgehend vom Dokument D1 könnten die Dokumente D7, D12 und D19 dem Fachmann keinerlei Veranlassung bieten, zu dieser Lösung zu gelangen: Im Dokument D7 sei das Element 5 ein Teil des Extrusionskopfes und in eine Wanddickensteuerung integriert. Dokument D12 betreffe die Herstellung geschlossener schlauchförmiger Vorformlinge mit Hilfe eines Speicherkopfes, während das Dokument D19 zwar zum allgemeinen Fachwissen gehöre, aber die Herstellung eines mehrschichtigen Schlauchs mit einem Wendelverteiler zeige.
Hilfsantrag 15, erfinderische Tätigkeit
Die Merkmalskombination von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 gehe nicht über den Offenbarungsgehalt der Prioritätsanmeldung D17 hinaus. Das hinzugefügte Merkmal sei dahingehend zu verstehen, dass in Umfangsrichtung betrachtet die Strömungsfäden durch das Werkzeug etwa gleich lang seien. Der Anspruchsgegenstand sei unabhängig vom gewählten Ausgangspunkt erfinderisch, da der entgegengehaltene Stand der Technik keinerlei Hinweis zur Ausgestaltung der Fließkanäle, insbesondere hinsichtlich der Fließweglängen, enthalte. Auch die Ausführbarkeit der beanspruchten Lösung sei gegeben.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Dokumente D16, D17, D19 und D22
1.1 Die Beschwerdeführerin hat die Dokumente D16, D17 und D19 erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens mit den Schriftsätzen vom 27. Januar 2017 bzw. 4. Juni 2013 eingereicht. Zudem hat die Beschwerdegegnerin mit der Eingabe vom 27. Juni 2017 das Dokument D22 vorgebracht. Diese Dokumente können nach Artikel 13 VOBK nur dann im Verfahren Berücksichtigung finden, wenn sie von der Kammer in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens zugelassen werden.
1.2 In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass das Dokument D16 eine Gebrauchsmusteranmeldung der Beschwerdegegnerin ist, die inhalts- und zeitgleich mit dem Dokument D17, der Prioritätsanmeldung zum Streitpatent, angemeldet worden ist. Die Beschwerdeführerin hat die Druckschrift D16 erst spät im Beschwerdeverfahren vorgelegt und in diesem Zusammenhang erstmals geltend gemacht, dass der Prioritätsanspruch der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Ansprüche ungültig sei, da die prioritätsbegründende Anmeldung D17 nicht das Merkmal der Vorformlingsdicke von mindestens 1 mm offenbare.
Zur Frage der Zulässigkeit des Dokuments D16 und des damit in Zusammenhang stehenden Einwands der mangelnden Gültigkeit des Prioritätsanspruchs ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegnerin weder über die Existenz noch über den Inhalt ihrer eigenen Gebrauchsmusteranmeldung überrascht sein kann. Folglich ist das fragliche Vorbringen zwar neu im Verfahren, in der Substanz der Beschwerdegegnerin jedoch auch nach eigenem Bekunden vertraut. Insofern stehen weder die Komplexität des Vorbringens noch die Fairness des Verfahrens oder die Verfahrensökonomie der Zulassung des Dokuments D16 und des darauf beruhenden Vorbringens nach Artikel 13 (1) und (3) VOBK entgegen.
1.3 Die Fachbuchauszüge D19 und D22 sind als Belege für die Kenntnisse des auf dem Gebiet des Streitpatents tätigen Fachmannes anzusehen. Somit können diese Dokumente trotz ihrer späten Vorlage nach Artikel 13 (1) VOBK nicht unberücksichtigt bleiben.
1.4 Aus den genannten Gründen werden die Dokumente D16, D17, D19 und D22 nach Artikel 13 (1) VOBK ins Beschwerdeverfahren zugelassen.
2. Hauptantrag, Gültigkeit der Priorität von Anspruch 1
2.1 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Merkmal
"wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen"
nicht explizit in der prioritätsbegründenden Anmeldung D17 offenbart ist. Die Beschwerdegegnerin verweist jedoch im Wesentlichen darauf, dass dieses Merkmal dort implizit offenbart sei, dass es de facto nur einen Verzicht bedeute und dass der Anspruchsgegenstand im Vergleich zum Prioritätsdokument nicht als Auswahlerfindung angesehen werde könne, weshalb es sich immer noch um dieselbe Erfindung im Sinne des Artikels 87 (1) EPÜ 1973 handle.
2.2 Nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer (vgl. G 2/98, ABl. EPA 2001, 413) gilt, dass das in Artikel 87 (1) EPÜ 1973 für die Inanspruchnahme einer Priorität genannte Erfordernis "derselben Erfindung" bedeutet, dass die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Artikel 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann.
2.3 Vorliegend ist dies jedoch nicht der Fall. In der Prioritätsanmeldung ist hinsichtlich der Dicke der bandförmigen Vorformlinge das Folgende offenbart (vgl. Absatz [0009] der Offenlegungsschrift D17):
"Vorzugsweise ist als weiterer Verfahrensschritt nach dem Formen vorgesehen: Variieren der Dicke zumindest eines der bandförmigen Vorformlinge über dessen Länge mittels einer Wanddickenregelvorrichtung. Die Dickenregelung des bandförmigen Vorformlings hat den Vorteil, daß je nach Bedarf für das herzustellende Endprodukt Wandbereiche größerer Dicke, die beispielsweise einer höheren Belastung ausgesetzt sind, und Wandbereiche geringerer Dicke, die keine besonderen Anforderungen an die Festigkeit erfüllen müssen, realisiert werden können. Insgesamt kann das Endprodukt somit so leicht wie möglich gestaltet werden, ohne Einbußen auf der Festigkeitsseite hinnehmen zu müssen. Es ist vorgesehen, daß das Variieren der Dicke durch Verschieben eines Stellelements quer zur Strömungsrichtung des Vorformlings bewerkstelligt wird. Dabei können ein oder mehrere Stellelemente über die Länge des Austrittsgalts vorgesehen sein, so daß auch punktuell Bereiche größerer Wanddicke erzeugt werden können."
Ein Hinweis auf einen konkreten Wert für die Wanddicke, wie er im unabhängigen Anspruch 1 definiert ist, geht aus dem zitierten Absatz nicht hervor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Verweis darauf, dass Folien laut dem Wikipedia-Auszug D21 generell eine Dicke kleiner 1 mm hätten, eine implizite, aber eindeutige Offenbarung für die Dicke von anspruchsgemäßen Vorformlingen von mindestens 1 mm im Prioritätsdokument begründen kann. Im Übrigen steht die Passage im Streitpatent in Spalte 3, Zeilen 20 bis 23 (" [...] haben eine größere Dicke als Folien, insbesondere größer als 1 mm", Unterstreichung durch die Kammer) mit diesem Argument in Widerspruch.
Ebenso wenig ist der beanspruchte konkrete Wanddickenwert aus der Darstellung einer möglichen Weiterverarbeitung der Vorformlinge zu einem Kunststofftank für ein Fahrzeug in Absatz [0008] der Offenlegungsschrift D17 unmittelbar und eindeutig abzuleiten:
"Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, daß die hergestellten bandförmigen Vorformlinge eine homogene und gleichmäßige Schichtverteilung aufweisen. Dies ist für die Weiterverarbeitung zu einem Endprodukt, beispielsweise einem Kunststofftank für ein Kraftfahrzeug besonders wichtig. Durch die Formgebung innerhalb des Formwerkzeugs ist der Vorformling noch im schmelzeheißen Zustand, so daß ein günstiges Verformungs- und Fließverhalten gewährleistet ist, was letzten Endes zu gleichmäßigen Werkstoffeigenschaften über der Breite der Vorformlinge führt. [...]"
In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdegegnerin auf das Dokument D22. Auf der dortigen Seite 72 (vgl. Bild 4) ist der Aufbau eines Kraftfahrzeugkraftstofftanks gezeigt, der aus sechs zwischen 0,1 und 5 mm dicken Kunststoffschichten aufgebaut ist und eine Gesamtdicke von 5,5 bis 8,5 mm aufweist. Damit ist auch dem generellen Hinweis auf eine mögliche Weiterverarbeitung der Vorformlinge zu einem Kunststofftank für ein Fahrzeug keine eindeutige Offenbarung der konkret beanspruchten Vorformlingsdicke von mindestens 1 mm zu entnehmen.
2.4 Des Weiteren kann die Kammer dem Argument, dass die Priorität deshalb anzuerkennen sei, weil es sich beim Anspruchsgegenstand zwar um eine Auswahl handle, die aber nach den Kriterien für Auswahlerfindungen nicht neu sei, nicht folgen. Der Beschwerdegegnerin ist darin zuzustimmen, dass die Entscheidung G 2/98 (supra, vgl. Entscheidungsgründe 8.4) explizit darauf hinweist, dass bei der Beurteilung, ob sich ein Patentanspruch im Fall einer Auswahl einzelner Teilbereiche aus größeren Zahlenbereichen in der europäischen Nachanmeldung im Sinne des Artikels 87 (1) EPÜ 1973 auf dieselbe Erfindung wie die Prioritätsanmeldung bezieht, die Kriterien für Neuheit von Auswahlerfindungen gegenüber dem Stand der Technik zu berücksichtigen sind. Wie oben dargelegt, enthält die Prioritätsanmeldung aber keine Offenbarung eines Wertebereichs für die Vorformlingsdicke. Folglich kann es sich bei dem im Vergleich zur Prioritätsanmeldung hinzugefügten Merkmal, dass die Dicke des Vorformlings mindestens 1 mm beträgt, im Sinne des Absatzes 8.4 der Entscheidungsgründe von G 2/98 (supra) nicht um eine Auswahl aus einem in der Prioritätsanmeldung offenbarten größeren Zahlenbereich handeln. Dass der Fachmann (mangels diesbezüglicher Informationen) bei der Umsetzung der dort beschriebenen Erfindung sehr große und sehr kleine Wanddicken als technisch unsinnig ausschließen würde, kann nicht mit einer konkreten Offenbarung eines breiten Zahlenbereichs gleichgesetzt werden, aus dem in der Nachanmeldung ein einzelner Teilbereich ausgewählt wird. Damit sind im vorliegenden Fall die grundlegenden Voraussetzungen für die Beurteilung des Vorliegens einer Auswahlerfindung nicht gegeben, weshalb auch der diesbezügliche Hinweis in der Entscheidung G 2/98 (supra) nicht zum Tragen kommt. Insofern kann das Argument der Beschwerdegegnerin, dass die Kriterien für Auswahlerfindungen nicht erfüllt seien, die Gültigkeit des Prioritätsanspruchs nicht stützen.
2.5 Der Vollständigkeit halber wird ergänzt, dass das im Vergleich zur Prioritätsanmeldung hinzugefügte Merkmal seinem Wortlaut nach eine positiv formulierte Einschränkung des Anspruchsgegenstands und damit kein Disclaimer im Sinne der Entscheidung G 1/03 (ABl. EPA 2004, 413, Entscheidungsgründe 2) ist, der im Übrigen für die erfinderische Tätigkeit relevant wäre. Damit können mögliche weitere, auf die Zulässigkeit von Disclaimern abstellende Argumente der Beschwerdegegnerin hinsichtlich der Gültigkeit der Priorität ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.
2.6 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen und gestützt auf die Entscheidung G 2/98 (supra) kommt die Kammer zum Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht dieselbe Erfindung im Sinne des Artikel 87 (1) EPÜ 1973 betrifft wie die frühere Anmeldung. Folglich ist der Prioritätsanspruch des Patentanspruchs 1 nicht anzuerkennen, ihm kommt der Zeitrang des Anmeldetages zu.
3. Hauptantrag, erfinderische Tätigkeit
3.1 Das Dokument D16 trägt ein Veröffentlichungsdatum zwischen dem Prioritäts- und dem Anmeldetag des Streitpatents. Aufgrund der fehlenden Gültigkeit des Prioritätsanspruchs ist dieses Dokument bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag als Stand der Technik nach Artikel 54 (2) EPÜ 1973 zu berücksichtigen.
3.2 Das Dokument D16 ist mit der Prioritätsanmeldung D17 inhaltsgleich. Von diesen unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag durch das Merkmal
"wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen",
das nicht unmittelbar und eindeutig in dem hinsichtlich des Anmeldetags des Streitpatents vorveröffentlichten Dokument D16 offenbart ist.
3.3 Die zu lösende Aufgabe ist darin zu sehen, dass eine Mindestdicke für die bandförmigen Vorformlinge definiert werden soll.
Nach Auffassung der Kammer bedarf es für einen Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit, unter Berücksichtigung des beabsichtigten Einsatzzwecks, vorliegend insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Weiterverarbeitung der Vorformlinge zu einem Kunststofftank (vgl. D16, Absatz [0021]), eine geeignete Mindestwanddicke der nach Anspruch 1 herzustellenden Vorformlinge zu definieren, zumal in Bezug auf den gewählten Wert von mindestens 1 mm weder ein Vorurteil in der Fachwelt noch eine überraschende Wirkung ersichtlich sind. Insofern stellt der Gegenstand von Anspruch 1 eine fachübliche Maßnahme dar, der keine erfinderische Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 zuzusprechen ist.
4. Hilfsanträge 1 bis 6, Zulässigkeit und erfinderische Tätigkeit
4.1 Zulässigkeit
Mit der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung hat die Beschwerdegegnerin die Hilfsanträge 1 bis 6 eingereicht. Bei der Anwendung der Vorschriften für das Zulassen späten Vorbringens nach Artikel 12 (4) VOBK ist bezüglich der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 6 zu berücksichtigen, dass im erstinstanzlichen Verfahren keine erkennbare Veranlassung für das Vorlegen dieser Hilfsanträge bestanden hat. Vielmehr rechtfertigt die Beschwerdegegnerin diese als Reaktion auf geändertes Vorbringen durch die Beschwerdeführerin. Die Zulässigkeit der Hilfsanträge 1 bis 6 wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Vor diesem Hintergrund sind diese Hilfsanträge nach Artikel 12 (4) VOBK im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.
4.2 Priorität und erfinderische Tätigkeit
Da die obigen, in Zusammenhang mit dem Hauptantrag getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Gültigkeit der Priorität, des Unterscheidungsmerkmals und des Naheliegens der beanspruchten Lösung ebenso für den Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 zutreffen, beruht auch der Gegenstand dieser Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ 1973. Den Hilfsanträgen 1 bis 6 kann somit nicht stattgegeben werden.
5. Hilfsanträge 7 bis 12, Zulässigkeit und erfinderische Tätigkeit
5.1 Zulässigkeit
Die Vorlage der Hilfsanträge 7 bis 12 ist mit Schreiben vom 27. Juni 2017 in Reaktion auf neue Einwände bezüglich der Gültigkeit der Priorität und der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf das Dokument D16 erfolgt. Zu dem von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwand, dass die Hilfsanträge 8 bis 12 im Gegensatz zum Hilfsantrag 7 nicht substantiiert seien, stellt die Kammer fest, dass die Hilfsanträge 7 bis 12 den nicht als unzulässig beanstandeten Hilfsanträgen 1 bis 6 entsprechen, wobei Anspruch 1 jeweils dahingehend ergänzt ist, dass die bandförmigen Kunststoffvorformlinge zur Weiterverarbeitung zu einem Kunststofftank geeignet sind. Die für diese Änderung im Kontext von Hilfsantrag 7 angegebene Begründung gilt notwendigerweise analog auch für die Hilfsanträge 8 bis 12. Die übrigen Änderungen der Ansprüche entsprechen denen der Hilfsanträge 1 bis 6; diese sind im Rahmen der Zulässigkeitsdiskussion nicht beanstandet worden. Unter diesen Umständen kommt die Kammer zum Schluss, dass die Hilfsanträge 7 bis 12 als in zeitlicher und sachlicher Hinsicht angemessene Reaktion auf ein geändertes Vorbringen der Beschwerdeführerin zu werten sind, ohne dass Fragen aufgeworfen werden, die der Beschwerdeführerin oder der Kammer nicht zuzumuten wären. Die Hilfsanträge 7 bis 12 sind daher nach Artikel 13 (1) und (3) VOBK ins Verfahren zuzulassen.
5.2 Priorität und erfinderische Tätigkeit
Wie oben dargelegt enthält Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 7 bis 12 im Vergleich zu den Hilfsanträgen 1 bis 6 den folgenden unterstrichenen Zusatz:
"Verfahren zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen zur Weiterverarbeitung zu einem Kunststofftank für ein Kraftfahrzeug mit den Verfahrensschritten:"
Dem Argument der Beschwerdegegnerin, dass der hinzugefügte Wortlaut eine strukturelle Einschränkung der Dicke der hergestellten Vorformlinge auf deutlich mehr als 1 mm bedeute, kann die Kammer nicht zustimmen. Die Ergänzung, dass die bandförmigen Kunststoffvorformlinge zur Weiterverarbeitung zu einem Kunststofftank für ein Kraftfahrzeug vorgesehen oder zumindest geeignet sind, lässt keinen unmittelbaren und eindeutigen Rückschluss auf die Dicke der Vorformlinge zu. Auch wenn mehrschichtige Kunststoffkraftstoffbehälter nach dem Dokument D22 typischerweise eine Wandstärke von 5,5 mm bis 8,5 mm aufweisen, so kann daraus nicht zwingend auf die Dicke der nach Anspruch 1 hergestellten und zur (nicht spezifizierten) Weiterverarbeitung zu einem (ebenfalls nicht näher definierten) Kunststofftank für ein Kraftfahrzeug vorgesehenen oder zumindest geeigneten bandförmigen Vorformlinge geschlossen werden. Insbesondere ist nicht unmittelbar abzuleiten, dass die Dicke dieser Vorformlinge signifikant größer ist als 1 mm, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen. Aus diesem Grund bleibt das Merkmal "wobei die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen" für die Definition des Gegenstand von Anspruch 1 von Bedeutung. Daraus folgt wiederum, dass der Prioritätsanspruch von Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 7 bis 12 aus den gleichen Gründen ungültig ist, wie oben für den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 6 dargelegt. Die weiteren in diesem Zusammenhang gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich des Unterscheidungsmerkmals und des Naheliegens der beanspruchten Lösung treffen für den Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 7 bis 12 ebenso zu. Somit beruht auch der Gegenstand dieser Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.
6. Hilfsantrag 12a, Zulässigkeit
Im Vergleich zum Hilfsantrag 12 ist im Hilfsantrag 12a das Merkmal, dass die bandförmigen Vorformlinge eine Dicke von mindestens 1 mm aufweisen, gestrichen worden. Da dieses Merkmal für die Definition des Schutzbereichs des erteilten Patents von Relevanz ist, erweitert diese Änderung den Schutzbereich des Streitpatents und verletzt prima facie die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ. Bei dieser Sachlage wird der Hilfsantrag 12a aus Gründen der Verfahrensökonomie nach Artikel 13 (1) VOBK nicht ins Verfahren zugelassen.
7. Hilfsantrag 13, Zulässigkeit und erfinderische Tätigkeit
7.1 Zulässigkeit
Hilfsantrag 13 ist mit Schreiben vom 27. Juni 2017 als Reaktion auf neue Einwände bezüglich der Gültigkeit der Priorität und der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf das Dokument D16 eingereicht worden. Seine Zulässigkeit wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Da er dem unabhängigen Vorrichtungsanspruch in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung entspricht, ist er kein substantiell neues Vorbringen. Unter diesen Umständen wird Hilfsantrag 13 von der Kammer nach Artikel 13 (1) und (3) VOBK ins Verfahren zugelassen.
7.2 Erfinderische Tätigkeit
7.2.1 Auslegung von Anspruch 1
Der Gegenstand von Anspruch 1 ist im Wesentlichen gerichtet auf ein Formwerkzeug, "wobei ein Adapterelement vorgesehen ist". Zur Frage, ob dieses Adapterelement ein Teil des beanspruchten Formwerkzeugs ist oder nicht verweist die Kammer auf den Wortlaut des streitigen Anspruchs:
"Formwerkzeug zur Herstellung von bandförmigen Kunststoffvorformlingen, umfassend mehrere Kanäle [...], wobei ein Adapterelement vorgesehen ist, dass [sic] eine Eintrittsöffnung aufweist, die mit der ringförmigen Austrittsöffnung eines vorgeschalteten Extrusionskopfs übereinstimmt, und eine mit den ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen des Formwerkzeugs übereinstimmende Austrittsöffnung aufweist."
Insbesondere gestützt auf die gewählte Formulierung "Formwerkzeug [...] wobei ein Adapterelement vorgesehen ist" ist die Kammer der Auffassung, dass eine Auslegungen, nach der das Adapterelement ein Teil des beanspruchten Gegenstands ist, zutreffend ist.
Zur weiteren Frage, ob das Formwerkzeug und das Adapterelement anspruchsgemäß tatsächlich separate Teile sein müssen oder nur verschiedene Bereiche des gleichen Teils, kommt die Kammer zum Schluss, dass die Bezeichnung als "Element" für einen fachmännischen Leser im vorliegenden Kontext impliziert, dass der Adapter als ein separates Bauteil konzipiert ist und nicht nur einen Teilbereich eines größeren Bauteils benennt.
Aus den genannten Gründen beruht die folgende Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 auf dem Verständnis, dass das Adapterelement ein einschränkendes Merkmal der beanspruchten Vorrichtung ist und dass es ein separates Bauteil dieser Vorrichtung bezeichnet.
7.2.2 Nächstkommender Stand der Technik und Unterscheidungsmerkmal
Die Parteien gehen vom Dokument D1 als nächstkommendem Stand der Technik aus. Es zeigt in den Figuren 4 bis 6 ein Formwerkzeug mit zwei Kanälen 52b und 54b, die jeweils eine ringabschnittsförmige Eintrittsöffnung und eine längliche Austrittsöffnung aufweisen (vgl. auch D1, Seite 12 unten bis Seite 13 oben), um den extrudierten und an der Trennkante 52d geteilten rotationssymmetrischen Kunststoffschlauch noch im Extrusionswerkzeug in zwei Längsbahnen umzuformen. Damit nimmt das Dokument D1 das Anspruchsmerkmal vorweg, dass das Formwerkzeug mehrere Kanäle umfasst, die jeweils eine ringabschnittsförmige Eintrittsöffnung und eine längliche Austrittsöffnung haben. Da das Dokument D1 aber kein separates Adapterelement im Sinne des Streitpatents beschreibt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Offenbarung des Dokuments D1 in folgendem Merkmal:
"wobei ein Adapterelement vorgesehen ist, dass [sic] eine Eintrittsöffnung aufweist, die mit der ringförmigen Austrittsöffnung eines vorgeschalteten Extrusionskopfs übereinstimmt, und eine mit den ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen des Formwerkzeugs übereinstimmende Austrittsöffnung aufweist"
Zu dem weiteren, von der Beschwerdegegnerin behaupteten, die Mehrschichtigkeit der mit dem beanspruchten Formwerkzeug hergestellten Vorformlinge betreffenden Unterschied ist festzustellen, dass dies kein Merkmal des streitigen Anspruchs ist. Ebenso wenig erfordert der Wortlaut des Anspruchs die Aufweitung des Extrudats vor dem Auftrennen oder eine Übereinstimmung zwischen der Bogenlänge der ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen des Formwerkzeugs und der Breite der hergestellten Vorformlinge.
7.2.3 Technische Wirkung und Aufgabenstellung
Die technische Wirkung des einzigen Unterscheidungsmerkmals beschreibt das Streitpatent wie folgt (vgl. Absatz [0017]):
"Das Adapterelement dient dazu, den aus dem Extrusionskopf austretenden schlauchförmigen Vorformling auf den Eintrittsdurchmesser des Formwerkzeugs zu bringen, der erforderlich ist, um eine gewünschte Endbreite der bandförmigen Vorformlinge zu erreichen. Vorzugsweise entspricht die Bogenlänge des schalenförmigen Vorformlings vor dem Formvorgang etwa der Breite des bandförmigen Vorformlings nach dem Formvorgang."
Die objektive technische Aufgabe ist daher darin zu sehen, die Flexibilität der Vorrichtung zu erhöhen, um den Extrusionskopf auf einfache Weise mit unterschiedlichen Formwerkzeugen mit jeweils unterschiedlichem Eingangsdurchmesser kombinieren zu können.
7.2.4 Naheliegen der Lösung
Für die Frage des Naheliegens der vorgeschlagenen Lösung in Form eines separat ausgebildeten Adapters verweist die Beschwerdeführerin auf die Dokumente D7, D12 und D19, die separate, den Extrusionswerkzeugen vorgeschaltete Adapterelemente zeigen.
Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin dahingehend, dass in den Extrusionsvorrichtungen nach den Dokumenten D7 (vgl. Bezugszeichen 5 in Figur 1), D12 (vgl. Bezugszeichen 19 in den Figuren 1 und 2) oder das Handbuch D19 (Bild 59) jeweils separat austauschbare Elemente vorgesehen sind, die den Durchmesser des aus dem Extrusionskopf austretenden schlauchförmigen Vorformlings auf den Eintrittsdurchmesser des Formwerkzeugs bringen. So wird im Dokument D7 im Absatz [0011] beschrieben, dass das als Zwischenring bezeichnete Element den Vorteil mit sich bringt, den Fließkanal an verschiedene Düsenmundstücke anzupassen. Auch das das allgemeine Fachwissen auf dem Gebiet der Extrusion darstellende Handbuch D19 zeigt in Bild 59 eine derartige Anordnung. An dieser grundsätzlichen und übereinstimmenden Lehre ändert nichts, dass die Dokumente D7, D12 und D19 die jeweiligen Adapterelemente in Zusammenhang mit verschieden ausgestalteten Formwerkzeugen zeigen (im Dokument D7 als Teil des Extrusionskopfes, in D12 in Kombination mit einem Speicherkopf, in D19 in Zusammenhang mit einem Wendelverteiler für einen mehrschichtigen Schlauch).
Angesichts dieser Offenbarung in den Dokumenten D7, D12 oder D19 liegt es für einen Extrusionsfachmann nahe, auch in einer Anordnung, wie sie im Dokument D1 schematisch gezeigt ist, zwischen Extrusionskopf und Formwerkzeug ein separates Adapterelement vorzusehen und so durch einen einfachen Austausch die Anpassung des Durchmessers des aus dem Extrusionskopf austretenden schlauchförmigen Vorformlings an unterschiedliche Eintrittsdurchmesser des Formwerkzeugs zu ermöglichen. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten, auf die Ränder von mehrschichtigen bandförmigen Vorformlingen abzielenden Vorteile können bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit hingegen nicht berücksichtigt werden, weil sich entsprechende strukturelle Vorrichtungsmerkmale, insbesondere die Aufweitung des Extrudats vor dem Auftrennen bzw. eine Übereinstimmung zwischen der Bogenlänge der ringabschnittsförmigen Eintrittsöffnungen des Formwerkzeugs und der Breite der hergestellten Vorformlinge, nicht im Wortlaut des Anspruchs niederschlagen.
Der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 13 beruht aus den genannten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit in Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.
8. Hilfsantrag 14, Zulässigkeit
Der Vorrichtungsanspruch des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags 14 ist um die Merkmale der Wanddickenregelung nach dem ursprünglichen Anspruch 18 ergänzt. Obwohl Gegenstand eines erteilten abhängigen Anspruchs, hat dieser Aspekt im bisherigen Verfahren eine untergeordnete Rolle gespielt und war insbesondere nicht als mögliche Rückzugsposition der Beschwerdegegnerin vorhersehbar. Somit sind die Beschwerdeführerin und die Kammer zum spätestmöglichen Zeitpunkt im Verfahren mit einer unerwarteten und bisher nicht diskutierten Verteidigungslinie konfrontiert. Unter diesen Umständen steht nicht nur die Fairness des Verfahrens der Zulassung des Hilfsantrags 14 entgegen, sondern auch die Bestimmungen des Artikels 13 (3) VOBK, da dieser Hilfsantrag bei der gegebenen Sachlage eine Zurückverweisung an die erste Instanz notwendig machen könnte. Der Hilfsantrag 14 wird daher nach Artikel 13 (1) und (3) VOBK nicht ins Verfahren zugelassen.
9. Hilfsantrag 15, Zulässigkeit und erfinderische Tätigkeit
9.1 Zulässigkeit
Im Vergleich mit dem Hilfsantrag 13 ist der geänderte Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 mit den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 10 und 12 eingeschränkt. Damit entspricht der einzige unabhängige Anspruch des Hilfsantrags 15 inhaltlich dem unabhängigen Vorrichtungsanspruch der (nicht als unzulässig beanstandeten) Hilfsanträge 3 und 4, die bereits zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sind. Insofern beinhaltet der Hilfsantrag 15 kein substantiell neues Vorbringen. Es ist folglich ins Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) und (3) VOBK).
9.2 Erfinderische Tätigkeit
9.2.1 Der Vorrichtungsanspruch 1 betrifft eine Kombination von Formwerkzeug und Adapterelement. Zur Gültigkeit der Priorität wird auf die Ansprüche 20 und 21 der prioritätsbegründenden Anmeldung D17 verwiesen, die eine Kombination von Extrusionskopf, Formwerkzeug und Adapterelement definieren. Da im streitigen Anspruch 1 neben dem Formwerkzeug und dem Adapterelement auch ein dem Adapterelement vorgeschalteter Extrusionskopf definiert ist, kommt die Kammer zum Schluss, dass die nun beanspruchte Merkmalskombination in dieser Hinsicht nicht über den Inhalt der Prioritätsanmeldung D17 hinausgeht. Folglich betrifft der Gegenstand von Anspruch 1 dieselbe Erfindung im Sinne des Artikel 87 (1) EPÜ 1973 wie die frühere Anmeldung. Da die Priorität des unabhängigen Vorrichtungsanspruchs 1 gültig ist, ist das Dokument D16 aufgrund seines späteren Veröffentlichungsdatums bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
9.2.2 Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 stellt im Wesentlichen darauf ab, dass die Fließkanäle im Formwerkzeug derart gestaltet sind, dass die Fließwege der Kunststoffteilchen eines Querschnitts von der Eintrittsöffnung bis zur Austrittsöffnung etwa gleich lang sind. Die Beschwerdeführerin sieht dieses Merkmal bei einer im Kontext von Hilfsantrag 13 als naheliegend angesehenen Kombination der Dokumente D1 und D7 als zwingend verwirklicht an, da die nach dem Dokument D1 hergestellten bandförmigen Vorformlinge verwindungsfrei seien. Die Kammer merkt zunächst an, dass dieses Vorbringen voraussetzt, dass der Anspruchsgegenstand ausführbar ist. Zudem ist festzustellen, dass die Beschreibung des Dokuments D1 die hergestellten Bahnen zwar in Folge des rechteckigen Düsenquerschnitts allgemein als "eben" bezeichnet (vgl. D1, Seite 8, zweiter Absatz), jedoch keine Aussage zur Verwindungsfreiheit der Folienbahn enthält. Auch wenn diese in Figur 4 als vollständig frei von Verwindungen gezeichnet sind, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Figur um eine schematische Zeichnung handelt, die keine unmittelbaren Rückschlüsse auf das tatsächliche Aussehen der Folie zulässt. Zudem werden nach der Figur 4 des Dokuments D1 aus der hergestellten Folienbahn in einem unmittelbar nachfolgenden Verfahrensschritt Tiefziehteile geformt und ausgestanzt (vgl. D1, ab Seite 13 unten), was voraussetzt, dass die Folie unter Spannung steht und schon aus diesem Grund frei von Verwindungen ist. Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass das Dokument D1 als Ganzes keine eindeutige Offenbarung einer im spannungslosen Zustand verwindungsfreien Folienbahn zeigt und damit auch keine zwingende Schlussfolgerung hinsichtlich der konkreten Fließweggestaltung im Formwerkzeug zulässt. Auch die weiteren in diesem Zusammenhang genannten Dokumente D7, D12 und D19 enthalten hierzu keine substantiellen Aussagen. Daraus folgt, dass unabhängig davon, ob für den Aufgabe-Lösungsansatz vom Dokument D1 ausgegangen wird oder von einem der Dokumente D7, D12 oder D19, die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Entgegenhaltungen ihrem Offenbarungsgehalt nach nicht ausreichen, um zu belegen, dass die technische Lehre, dass die Fließwege der Kunststoffteilchen eines Querschnitts von der Eintrittsöffnung bis zur Austrittsöffnung etwa gleich lang sein sollen, im Kontext des anspruchsgemäßen, mit einem Adapter ausgestatteten Formwerkzeugs tatsächlich vor dem Prioritätstag zum Stand der Technik gezählt hat.
Da die angezogenen Druckschriften nicht geeignet sind, den Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 15 nahezulegen, ist die erfinderische Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973 anzuerkennen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen, mit der Anordnung, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 14 vorgelegt während der mündlichen Verhandlung als Hilfsantrag 15 und eine noch anzupassende Beschreibung.