T 0607/13 () of 12.2.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T060713.20180212
Datum der Entscheidung: 12 Februar 2018
Aktenzeichen: T 0607/13
Anmeldenummer: 06009795.3
IPC-Klasse: H03K 17/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltungsanordnung mit Fehlererkennung zur Ansteuerung von Leistungshalbleiterschaltern
Name des Anmelders: SEMIKRON Elektronik GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Europäische Patentanmeldung Nr. 06 009 795.3 aufgrund mangelnder Offenbarung zurückgewiesen wurde.

II. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) beantragte zunächst, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der während der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 11. Oktober 2012 eingereichten Patentansprüche zu erteilen.

III. In einer auf den 18. Dezember 2017 datierten Mitteilung gemäß Regel 100 (2) EPÜ teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung darüber mit, dass sie den Gegenstand des Anspruchs 1 für ausführbar im Sinne des Artikels 83 EPÜ halte, jedoch noch Bedenken unter Artikel 123 (2) EPÜ, Artikel 84 EPÜ sowie unter Artikel 56 EPÜ bestünden. Die Mitteilung enthielt auch den Vorschlag, im Anspruch 1 den Ausdruck "ausschließlich" vor "zur Übertragung" zu streichen sowie "vorzugsweise" vor "monolithisch" zu streichen.

IV. Mit Schreiben vom 3. Januar 2018 reichte die Anmelderin geänderte Ansprüche 1 bis 7 ein, welche entsprechend dem Vorschlag der Kammer abgeändert wurden und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an die erste Instanz. Die Anmelderin erklärte, sie schließe sich den Ausführungen der Kammer vollumfänglich an.

V. Der unabhängige Anspruch 1 lautet:

"Schaltungsanordnung (100), monolithisch integriert, zur Ansteuerung von Leistungshalbleiterschaltern (50, 52) in Brückentopologie bestehend aus einem primärseitigen Teil (Primärseite, 20) und jeweils einem sekundärseitigen Teil (Sekundärseite, 30) für den TOP- (50) und den BOT- Schalter (52) der Brückenschaltung, wobei die Primärseite (20) mindestens eine Signalverarbeitung und mindestens einen zugeordneten Levelshifter (44), der zur Übertragung von Ansteuersignalen von der Primärseite (20) zur Sekundärseite (30) dient, zur potentialfreien Ansteuerung mindestens einer Sekundärseite (30) aufweist und diese Sekundärseite (30) mindestens eine Signalverarbeitung sowie mindestens eine Treiberstufe für den jeweiligen Schalter (50) aufweist, wobei zur Erkennung des Schaltzustandes mindestens eines Leistungshalbleiterschalters (50), auf der Primärseite (20) mindestens ein Schaltungsteil (46, 47, 48) zur Detektion und Auswertung eines Stromflusses (Iq) durch den zugeordneten Levelshifter (44) angeordnet ist."

Die Ansprüche 2 bis 4 sind von Anspruch 1 abhängig.

VI. Der unabhängige Verfahrensanspruch 5 betrifft ein Verfahren zur Erkennung des Schaltzustandes eines Leistungshalbleiterschalters in einer Schaltungsanordnung nach Anspruch 1.

Die Ansprüche 6 und 7 sind von Anspruch 5 abhängig.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Offenbarung (Artikel 83 EPÜ)

In der angefochtenen Entscheidung bemängelt die Prüfungsabteilung, dass die genaue Funktionsweise des Levelshifters auch unter Zuhilfenahme der Beschreibung sowie der Figuren unklar sei.

Nach Auffassung der Kammer ist die von der Prüfungsabteilung gezogene Schlussfolgerung, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht ausführbar, jedoch nicht zutreffend.

Einerseits stellt der Anspruch 1 in keiner Weise auf die Funktionsweise des Levelshifters ab. Dieser wird als bekanntes Bauteil vorausgesetzt, wie sich zweifelsfrei aus der Beschreibung, Seite 3, Zeilen 4 bis 6 ergibt, wonach "zur Übermittlung des Schaltzustandes des Halbleiterschalters von der Sekundärseite zur Primärseite ein bereits vorhandener Levelshifter verwendet wird". (Hervorhebung durch die Kammer)

Sogar unter der Annahme, dass die genaue Funktionsweise für die Ausführung der Erfindung unerlässlich sei, hält die Kammer den Einwand der Prüfungsabteilung unter Artikel 83 EPÜ für nicht gerechtfertigt.

Die Figuren 1 und 3 sind für den Fachmann eindeutig als schematische Blockschaltbilder zu erkennen, in welchen hauptsächlich die Signalpfade dargestellt sind. In der Beschreibung des Levelshifters ab Seite 4, Zeile 22 sind die Anschlüsse des in Figur 2 dargestellten Levelshifters wie folgt definiert:

Vs Versorgungsspannung der Sekundärseite

Vp Versorgungsspannung der Primärseite

Sin Eingangssignal des Levelshifters

Aus dem Blockschaltbild der Figur 1 oder 3 ergibt sich für den fachkundigen Leser unzweifelhaft, dass der Levelshifter auch ein Ausgangssignal an den Treiber (30) für den Halbleiterschalter (50) ausgibt, da andererseits eine Ansteuerung des Halbleiterschalters nicht möglich wäre. Somit kann der Fachmann den Anschluss Vo des Levelshifters der Figuren 2, 5 bzw. 6 als Ausgang des Levelshifters identifizieren. Die Tatsache, dass in den Figuren 1 und 3 die Versorgungsspannungen der Primär- und Sekundärseite nicht gezeigt sind, stellt hierbei keinen Widerspruch dar.

Artikel 83 EPÜ dient nicht dazu etwaige Unklarheiten in der Anmeldung zu verhindern, sondern sicherzustellen, dass die beanspruchte Erfindung durch einen Fachmann ausgeführt werden kann. Hierbei ist der Fachmann auch in der Lage eindeutig unterschiedliche Darstellungsarten ein und desselben technischen Sachverhalts, wie hier in einem schematischen Blockschaltbild einerseits und einem Schaltplan andererseits, hinsichtlich des entsprechend unterschiedlichen Offenbarungsgehalts zu unterscheiden und entsprechend zu interpretieren. Der Fachmann vergisst auch nicht von einem Absatz zum nächsten, dass bestimmte Merkmale vorhanden sein sollen, obwohl sie nicht in jeder Figur gezeigt sind, wie hier die Versorgungsspannungen der Primär- und Sekundärseite. Vielmehr berücksichtigt der Fachmann gemäß Artikel 83 EPÜ die gesamte Offenbarung der Anmeldung.

Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ausführbar im Sinne des Artikels 83 EPÜ ist.

Die bezüglich Artikel 84 EPÜ und Artikel 123 (2) EPÜ durchgeführten Änderungen am Wortlaut des Anspruchs 1 entsprechen jenen von der Kammer in ihrer Mitteilung vom 18. Dezember 2017 vorgeschlagenen Änderungen. Daher hat die Kammer keinerlei Bedenken mehr hinsichtlich Artikel 84 EPÜ und Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Patentierbarkeit (Artikel 56 EPÜ)

Die Prüfungsabteilung hatte während der vor ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung bereits die Patentierbarkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 festgestellt. Die Kammer sieht keinen Grund von dieser Einschätzung der Prüfungsabteilung abzuweichen.

Im Hinblick auf die im Prüfungsverfahren genannten Dokumente D1 (US 2003/0112040 A1) und D2 (EP 0 664 595 A2) scheint auch der Kammer der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 zu beruhen. Weder aus D1 noch aus D2 ist bekannt oder nahegelegt, den Stromverlauf im Levelshifter zu detektieren und dahingehend auszuwerten, dass auf den Schaltzustand des entsprechenden Leistungsschalters geschlossen werden kann.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Dasselbe gilt auch für den unabhängigen Verfahrensanspruch 5, da dieser ein Verfahren zur Erkennung des Schaltzustandes eines Leistungshalbleiterschalters in einer Schaltungsanordnung nach Anspruch 1 zum Gegenstand hat und somit ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die Ansprüche 2 bis 4 sowie 6 und 7 sind von Anspruch 1 bzw. von Anspruch 5 abhängig.

Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass die Ansprüche 1 bis 7 gewährbar sind.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird and die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen ein Patent auf der Grundlage der mit Schreiben vom 3. Januar 2018 eingereichen Patentansprüche 1 bis 7 mit gegebenenfalls angepasster Beschreibung und angepassten Zeichnungen zu erteilen.

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