T 0187/13 () of 23.11.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T018713.20171123
Datum der Entscheidung: 23 November 2017
Aktenzeichen: T 0187/13
Anmeldenummer: 08734444.6
IPC-Klasse: H05B 6/40
H05B 6/02
C21D 1/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Induktor zum Induktionshärten von metallischen, stabförmigen Zahnstangen
Name des Anmelders: EFD Induction GmbH
Name des Einsprechenden: ELDEC Schwenk Induction GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 84
Schlagwörter: Änderungen - Hauptantrag
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Zulässige Änderung der Anspruchskategorie (nein)
Änderungen - Hilfsantrag
Änderungen - zulässig (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/88
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts betreffend die Aufrechterhaltung des europäischen Patents EP 2 135 485 in geänderter Fassung.

II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent auf der Grundlage der der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Ansprüche aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Ansprüche ihres mit der Beschwerdeerwiderung vom 4. Dezember 2013 eingereichten Hilfsantrags aufrecht zu erhalten.

IV. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre Bedenken darüber mit, dass der Gegenstand des Hauptantrags voraussichtlich gegen Artikel 123(3) verstoße und dass der Hilfsantrag aufgrund mangelnder Klarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ sowie eines Verstoßes gegen Artikel 123 (2) EPÜ voraussichtlich nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen sei.

V. Mit Telefax vom 20. November 2017 teilte die Patentinhaberin mit, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

VI. Mit Telefax vom 21. November 2017 teilte die Einsprechende mit, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht teilnehmen werde.

VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 23. November 2017 in Abwesenheit beider Parteien statt.

VIII. Der erteilte Anspruch 1 des Patents lautet:

"Induktor zum Induktionshärten von metallischen, stabförmigen Zahnstangen (1), wobei die Mantelfläche der Zahnstange (1) im Bereich der Zähne im wesentlichen eben und die restliche Mantelfläche der Zahnstange (1) im Querschnitt profiliert ist und wobei der Induktor durch wenigstens ein, im wesentlichen stabförmiges sowie parallel zur Längsachse der Zahnstange (1) sich erstreckendes Induktorelement (2) gebildet ist, welches sich über die gesamte Länge der zu härtenden Zahnstange (1) längs der Mantelfläche mit den Zähnen erstreckt und diesen vorgegebenen Oberflächenbereich der Zahnstange (1) härtet, dadurch gekennzeichnet,

daß sowohl die Zahnstange (1) als auch der Induktor während des Härtevorganges stationär angeordnet sind."

Die Ansprüche 2 bis 7 sind von Anspruch 1 abhängig.

IX. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Verfahren zum Induktionshärten von metallischen, stabförmigen Zahnstangen (1), wobei die Mantelfläche der Zahnstange (1) im Bereich der Zähne im wesentlichen eben und die restliche Mantelfläche der Zahnstange (1) im Querschnitt profiliert ist und wobei zum Induktionshärten ein Induktor verwendet wird, welcher durch wenigstens ein, im wesentlichen stabförmiges sowie parallel zur Längsachse der Zahnstange (1) sich erstreckendes Induktorelement (2) gebildet ist, welches sich während des Härtevorganges über die gesamte Länge der zu härtenden Zahnstange (1) längs der Mantelfläche mit den Zähnen erstreckt und diesen vorgegebenen Oberflächenbereich der Zahnstange (1) härtet,

dadurch gekennzeichnet,

daß sowohl die Zahnstange (1) als auch der Induktor während des Härtevorganges stationär angeordnet werden." (Hervorhebung durch die Kammer)

X. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

"Induktor-Zahnstangen-Anordnung zum Induktionshärten von metallischen, stabförmigen Zahnstangen (1), wobei die Mantelfläche der Zahnstange (1) im Bereich der Zähne im wesentlichen eben ist und die restliche Mantelfläche der Zahnstange (1) im Querschnitt profiliert ist und wobei der Induktor durch wenigstens ein erstes, im wesentlichen stabförmiges sowie parallel zur Längsachse der Zahnstange (1) sich erstreckendes Induktorelement (2), welches sich über die gesamte Länge der zu härtenden Zahnstange (1) längs der Mantelfläche mit den Zähnen erstreckt und diesen vorgegebenen Oberflächenbereich der Zahnstange (1) härtet, und durch wenigstens ein weiteres, zweites, im wesentlichen stabförmiges sowie parallel zur Langsachse der Zahnstange (1) sich erstreckendes Induktorelement (2), welches sich längs der restlichen Mantelfläche der Zahnstange (1) erstreckt und diesen vorgegebenen Oberflächenbereich der Zahnstange (1) härtet, gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet,

daß sowohl die Zahnstange (1) als auch wenigstens das erste und wenigstens das zweite Induktorelement (2) während des Härtevorganges stationär angeordnet sind." (Hervorhebung durch die Kammer)

XI. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Einsprechenden lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Gegenstand des Hauptantrags verstoße gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Der Gegenstand des Patents in der erteilten Fassung sei auf einen Induktor zum Induktionshärten einer Zahnstange gerichtet, wohingegen der Gegenstand des Hauptantrags ein Herstellungsverfahren zum Induktionshärten einer Zahnstange sei, welche als unmittelbares Verfahrensprodukt gemäß Artikel 64(2) EPÜ mitgeschützt sei. Durch das Verfahren werde das Gefüge der Zahnstange dauerhaft verändert, so dass nach Ausführung des Verfahrens eine andere Zahnstange als davor vorliege. Die in der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/88 aufgestellten Grundsätze zur zulässigen Änderung der Anspruchskategorie griffen daher nicht.

XII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Gegenstand des Hauptantrags verstoße nicht gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Das gemäß Hauptantrag beanspruchte Verfahren betreffe lediglich die Verwendung eines Induktors zur Erzielung einer Wirkung an einem bereits vorhandenen Produkt, nämlich an der Zahnstange. Daher griffen die in der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/88 aufgestellten Grundsätze und es liege keine Schutzbereichserweiterung vor.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Artikel 123 (3) EPÜ

Entgegen der Argumentation der Patentinhaberin und der Auffassung der Einspruchsabteilung verstößt der Hauptantrag gegen Artikel 123 (3) EPÜ.

Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern umfasst der Schutzbereich eines Erzeugnisanspruchs sämtliche Verfahren zu seiner Herstellung (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, II.E.2.6.3).

Im vorliegenden Fall betrifft der erteilte Gegenstand einen Induktor zum Induktionshärten. Die Zahnstangen sind im erteilten Gegenstand lediglich in Form einer Zweckangabe enthalten und fallen daher nicht unter dessen Schutzbereich. Der erteilte Gegenstand umfasst daher lediglich den Induktor, sämtliche Verfahren zur Herstellung des Induktors sowie sämtliche Verwendungen des Induktors zum Erzielen einer Wirkung, im vorliegenden Fall z.B. die Verwendung des Induktors zum Induktionshärten, nicht jedoch die Zahnstange.

Der Gegenstand des nunmehr vorliegenden Hauptantrags betrifft ein Verfahren zum Induktionshärten einer Zahnstange.

Ein Verwendungsanspruch liegt nicht vor, weil nach der grammatikalischen Struktur des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht die Verwendung eines Induktors in einem Induktionshärtungsverfahren beansprucht wird, sondern ein Verfahren zum Induktionshärten, in dem ein Induktor verwendet wird. Auch die übrige Beschreibung gibt keine Veranlassung zu einem abweichenden Verständnis des Anspruchs. Die in der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/88 aufgestellten Grundsätze zur Änderung eines Erzeugnisanspruchs (hier: Induktor) in einen Anspruch zur Verwendung dieses Erzeugnisses greifen folglich schon deshalb nicht.

In dem vorliegenden Verfahrensanspruch ist das Ergebnis des Verfahrens eine gehärtete Zahnstange, welche vor dem Härten nicht vorlag. Das Härten stellt dabei nicht lediglich eine Wirkung dar, sondern eine dauerhafte Veränderung des Gefüges der Zahnstange. Somit stellt das Härten einen wesentlichen Schritt bei der Herstellung der Zahnstange dar.

Die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse sind gemäß Artikel 64 (2) EPÜ ebenfalls geschützt. Insofern wäre nach dem gültigen Hauptantrag die gehärtete Zahnstange selbst als unmittelbares Erzeugnis des Verfahrens zum Induktionshärten geschützt. Diese war jedoch vom Schutzbereich des erteilten Gegenstands nicht mit umfasst, welcher lediglich absoluten Schutz für einen Induktor einschließlich der Verfahren zu dessen Herstellung und Verwendung, nicht jedoch für eine Zahnstange gewährte.

Daher verstößt der Hauptantrag gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Somit ist der Hauptantrag nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag - Artikel 123 (2) und 84 EPÜ

Die Frage der Zulässigkeit des Hilfsantrags kann dahinstehen, da der Hilfsantrag jedenfalls nicht gewährbar ist.

Der Hilfsantrag ist auf eine "Induktor-Zahnstangen-Anordnung" zum Induktionshärten von metallischen, stabförmigen Zahnstangen gerichtet.

Der Gegenstand des Hilfsantrags betrifft also eine Anordnung aus einem Induktor und einer Zahnstange zum Induktionshärten von (weiteren) Zahnstangen. Welche der Zahnstangen jeweils gemeint ist, geht aus den weiteren Formulierungen im Anspruch indes nicht hervor. Daher ist der Gegenstand des Hilfsantrags weder klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ noch ursprünglich offenbart im Sinne des Artikels 123 (2) EPÜ.

Der Hilfsantrag ist daher ebenfalls nicht gewährbar.

4. Da kein gewährbarer Antrag der Patentinhaberin vorliegt, ist das Patent zu widerrufen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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