European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2015:T245012.20150715 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Juli 2015 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2450/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08017532.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16C 9/02 F16C 19/44 F16C 33/58 F16C 33/66 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Radiallagerung | ||||||||
Name des Anmelders: | Schaeffler Technologies AG & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Herzog Intertec GmbH Karl Wachtler |
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Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Erweiterung - Hauptantrag (ja) Klarheit - Hauptantrag und Hilfsantrag (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Zwischenentscheidung, in der das Europäische Patent Nr. 2 014 935 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, wurde am 8. Oktober 2012 zur Post gegeben.
II. Im Hinblick auf den ihr vorliegenden Hauptantrag hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass Anspruch 10 über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausging.
Sie fand, dass die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart sei, dass sie der Fachmann ausführen könne.
Ferner kam sie zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand der Ansprüche des Hilfsantrags I nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausging, klar und gegenüber
E7: JP 2005 016 644 A bzw.
E7-DE: deutsche Übersetzung der E7
neu sei und hiervon ausgehend auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) und die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) haben gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 3. Dezember 2012 bzw. am 29. November 2012 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin I wurde am 15. Februar 2013, die der Beschwerdeführerin II am 18. Februar 2013 eingereicht.
IV. Am 15. Juli 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin I beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß Hauptantrag vom 15. Februar 2012 oder hilfsweise in der Fassung des Hilfsantrags 1 vom 15. Februar 2012 , das heißt wie von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtet, oder in der Fassung einer der Hilfsanträge 2 oder 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 10. Juni 2015.
Die Beschwerdeführerin II beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 lautet:
"Radiallagerung (1a, 1b, 1c, 1d) eines Außenteils (3) gegenüber einem Innenteil (6), welches Außenteil (3) und welches Innenteil (6) um eine gemeinsame Längsachse (5) relativ zueinander rotieren, wobei die Radiallagerung (1a, 1b, 1c, 1d) einen im Außenteil (3) oder am Innenteil (6) ausgebildeten Lagersitz (8a, 8b, 8c, 8d) umfasst, der relativ zu einer den Lagersitz (8a, 8b, 8c, 8d) in einer Lastzone (12a, 12b, 12c, 12d) beaufschlagenden Radiallast (10a, 10b, 10c, 10d) im wesentlichen stillsteht und in Richtung der Längsachse (5) eine über dessen Umfang veränderliche Breite aufweist derart, dass der Lagersitz (8a, 8b, 8c, 8d) ausgehend von der Lastzone (12a, 12b, 12c, 12d) außerhalb der Lastzone (12a, 12b, 12c, 12d) deutlich verjüngt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Radiallagerung (1a, 1b, 1c, 1d) als Wälzlagerung ausgebildet ist und der Lagersitz (8a, 8b, 8c, 8d) außerhalb der Lastzone (12a, 12b, 12c, 12d) mit einer örtlichen Breite von Null am Umfang unterbrochen ist."
Anspruch 10 gemäß Hauptantrag lautet:
"Welle (4a) mit einem Lagersitz (8a) zur Radiallagerung (1a) der Welle (4a) in einem Gehäuse (2a), in dem die Welle (4a) relativ zum Gehäuse (2a) um eine gemeinsame Längsachse (5) rotiert,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Welle (4a) als Unwuchtwelle (23) ausgebildet ist, deren zur Längsachse (5) exzentrisch angeordneter Massenschwerpunkt (29) aus einer oder mehreren Freinehmungen (30) am Außenumfang der Unwuchtwelle (23) resultiert, welche Freinehmungen (30), auf den Massenschwerpunkt (29) der Unwuchtwelle (23) bezogen, teilweise oder vollständig jenseits der Längsachse (5) der Unwuchtwelle (23) verlaufen und an den Lagersitz (8a) unmittelbar angrenzen, wobei der Lagersitz (8a) relativ zu einer den Lagersitz (8a) in einer Lastzone (12a) beaufschlagenden und mit der Unwuchtwelle (23) umlaufenden Radiallast (10a) im wesentlichen stillsteht und in Richtung der Längsachse (5) eine über dessen Umfang veränderliche Breite aufweist derart, dass
der Lagersitz (8a) ausgehend von der Lastzone (12a) außerhalb der Lastzone (12a) mit einer örtlichen Breite von Null am Umfang unterbrochen ist (Merkmal A),
wobei die Radiallagerung (1a) als Wälzlagerung mit einem Nadellager ohne Innenring ausgebildet ist und wobei der Lagersitz (8a) die Innenlaufbahn des Nadellagers ist."
Anspruch 10 wie von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtet (Hilfsantrag 1) unterscheidet sich hiervon dadurch, dass Merkmal A nun folgendermaßen lautet (Änderungen unterstrichen):
"der Lagersitz (8a) ausgehend von der Lastzone (12a) deutlich verjüngt und außerhalb der Lastzone (12a) mit einer örtlichen Breite von Null am Umfang unterbrochen ist".
Die weiteren Hilfsanträge sind für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.
VI. Die Beschwerdeführerin II hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag - Zulässigkeit der Änderungen
Alle in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiele zeigten Wellen mit Lagersitzen, die außerhalb der Lastzone verjüngt sind, d.h. allmählich schmaler werden, jedoch keine Unterbrechung aufweisen.
Lagersitze mit einer Breite von Null seien nur in den Absätzen [0016] und [0021] der früheren Anmeldung (EP-A-1 775 484) beschrieben. Absatz [0016] gebe an, dass die Unterbrechung als ein Grenzfall der Verjüngung zu betrachten ist (Spalte 6, Zeilen 15 bis 19). Absatz [0021] beschreibe, dass die minimale Breite, des Lagersitzes, die in Figur 6 als Endbreite der Verjüngung zu sehen sei, so gewählt werden könne, dass der Lagersitz unterbrochen sei. Somit seien in der gesamten Offenbarung der Stammanmeldung außerhalb der Lastzone unterbrochenen Lagersitze ausschließlich im Zusammenhang mit einer deutlichen Verjüngung der Breite des Lagersitzes offenbart.
Folglich könne aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht unmittelbar und eindeutig ein Lagersitz entnommen werden, dessen Umfang zwar unterbrochen ist, der jedoch keine Verjüngung aufweist. Deswegen ginge der Gegenstand des Anspruchs 10 über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus.
b) Hauptantrag und Hilfsantrag 1 - Klarheit
Anspruch 1 genüge ferner nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ, weil versucht werde, die beanspruchte Welle über deren Radiallagerung zu definieren, die aber nicht Bestandteil der Welle sei.
c) Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
E7 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbare alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Der Gegenstand des kennzeichnenden Teils löse zwei getrennte Teilaufgaben, nämlich zum einen die Reibungsverluste zu reduzieren und zum anderen Gewicht einzusparen.
Es sei dem Fachmann bekannt, dass durch Wälzlager die Reibungsverluste in Radiallagerungen gesenkt werden. Folglich sei die Lösung der ersten Teilaufgabe naheliegend.
Ferner sei es dem Fachmann bewusst, dass für den Fall, in dem die um die Längsachse der Unwuchtwelle rotierenden Nadeln außerhalb der Lastzone lediglich einer in Richtung des Gehäuses wirkenden Fliehkraft unterliegen, möglich sei, die Breite des Lagersitzes bis zu einer Unterbrechung am Umfang zu reduzieren. Dies sei umso mehr der Fall, da bei Wälzlagern, anders als bei dem in E7 eingesetzten Gleitlager, kein kontinuierlicher Schmierfilm notwendig sei, um die Schmierung sicherzustellen. Somit sei auch die Lösung der zweiten Teilaufgabe naheliegend und der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entsprechendes treffe auch für Anspruch 10 zu.
VII. Die Beschwerdeführerin I hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag - Zulässigkeit der Änderungen
Eine Patentanmeldung stelle ihr eigenes Lexikon dar. Im vorliegenden Fall definiere Absatz [0016], dass unter einer Verjüngung des Lagersitzes auch ein Lagersitz mit einer Breite von x zu verstehen sei, also ein Lagersitz, der von seiner maximalen Breite unmittelbar auf eine Breite von Null übergehe.
Zudem offenbare Absatz [0021] zwei voneinander unabhängige Varianten. In den Zeilen 27 bis 33 werde die Variante beschrieben, bei der der sich außerhalb der Lastzone befindliche Teil des Lagersitzes allmählich verjüngt. In den Zeilen 44 bis 52 hingegen werde der nicht in den Figuren dargestellte Fall beschrieben, in dem die Nadeln außerhalb der Lastzone lediglich der in Richtung des Gehäuses wirkenden Fliehkraft unterliegen. In diesem Fall sei der Lagersitz ohne eine allmähliche Reduzierung seiner Breite unterbrochen, was dem in Anspruch 10 beanspruchten Gegenstand entspräche.
Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 10 in der ursprünglich eingereichten Anmeldung sehr wohl offenbart.
b) Hauptantrag und Hilfsantrag 1 - Klarheit
Das letzte Merkmal des Anspruchs 10 spezifiziere zwar die Art der Radiallagerung, die nicht Teil des beanspruchten Gegenstands ist. Dieses Merkmal gebe aber implizit an, dass der Lagersitz dafür geeignet sein muss ein Nadellager ohne Innenring aufzunehmen, also z. Bsp. entsprechend geschliffen und gehärtet sein muss. Folglich erfülle der Anspruch die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
c) Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
Von der Radiallagerung gemäß E7 ausgehend werde von Anspruch 1 die Aufgabe gelöst, das Gewicht der Lagerung unter Beibehaltung der Schmierung zu reduzieren.
Da Gleitlager und Wälzlager nicht ohne weiteres untereinander austauschbar seien, würde der Fachmann das in E7 gezeigte Gleitlager nicht durch ein Wälzlager ersetzen. Ferner würde der Fachmann vom Gleitlager der E7 ausgehend alles unterlassen, was das Abbrechen des Gleitfilms hervorrufen würde. Er würde somit die Unterbrechung des Lagersitzes überhaupt nicht in Erwägung ziehen. Schließlich seien im gesamten Stand der Technik keine Wälzlagerungen jeglicher Art offenbart, deren Lagersitze an ihrem Umfang unterbrochen sind, so dass die Merkmale des kennzeichnenden Teils nicht naheliegend seien und der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Entsprechendes treffe auch für Anspruch 10 zu.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Zulässigkeit der Änderungen
2.1 Die Erfordernisse des Artikels 100 c) EPÜ sind erfüllt wenn sich die gesamte Offenbarung des erteilten Patents unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableiten lässt (siehe G 1/05 und Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, siebte Auflage, II.F. 1.3.1).
2.2 Im vorliegenden Fall verlangt Merkmal A des Anspruchs 10 gemäß Hauptantrag, dass
"der Lagersitz (8a) ausgehend von der Lastzone (12a) außerhalb der Lastzone (12a) mit einer örtlichen Breite von Null am Umfang unterbrochen ist"
Es ist unstreitig, dass keines der in den Figuren dargestellten Ausführungsbeispiele eine Welle mit einem am Umfang unterbrochenen Lagersitz offenbart.
Die Beschwerdeführerin I vertritt die Meinung, dass die Beschreibung ihr eigenes Wörterbuch darstelle. Deswegen sei der Begriff Verjüngung im Sinne der Beschreibung, wie in Absatz [0016] definiert, auszulegen. Somit sei als Verjüngung auch ein abrupter Übergang von der maximalen Lagerbreite auf eine örtliche Breite von Null, also eine Unterbrechung zu verstehen. Ferner offenbare auch Absatz [0021] Wellen, deren Lagersitze am Umfang unterbrochen sind, ohne dass eine vorausgegangene Verjüngung gegeben ist.
Es stimmt zwar, dass eine Patentschrift oder -anmeldung ihr eigenes Wörterbuch darstellt, jedoch muss ihre technische Offenbarung als Ganzes betrachtet werden. Die einzelnen Abschnitte eines Dokumentes dürfen nicht losgelöst von den anderen Teilen, sondern müssen in deren Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Im vorliegenden Fall besagt zwar Absatz [0016] am Ende (Zeilen 15 bis 19), dass "im Falle der Wälzlagerung unter einer Verjüngung des Lagersitzes 8a auch ein Lagersitz 8a mit einer örtlichen Breite von Null entsprechend einer Unterbrechung des Lagersitzes 8a an dessen Umfang zu verstehen ist". Jedoch ist diese Aussage im Gesamtzusammenhang des Absatzes zu lesen. Dieser beschreibt die in Figur 1 dargestellte Ausführungsform, die unstreitig eine deutliche Verjüngung des Lagersitzes aufweist (siehe Zeile 8). Folglich kann die von der Beschwerdeführerin I genannte Textstelle nur dahingehend interpretiert werden, dass eine Verjüngung des Lagersitzes im Extremfall in einer kompletten Unterbrechung am Umfang enden kann, nicht aber dass eine Unterbrechung auch ohne vorangehende Verjüngung vorgesehen ist.
2.3 Auch Absatz [0021] muss in seinem Gesamtzusammenhang gelesen werden. Er beschreibt die Lagerung einer Unwuchtwelle, wie sie in Figur 6 dargestellt ist. In den Zeilen 27 bis 33 wird darauf eingegangen, dass der Lagersitz der Nadelhülsen eine sich insoweit verändernde Breite aufweist, dass er außerhalb der mit Punktlast beaufschlagten Lastzone deutlich verjüngt ist; und zwar in der Weise, dass "die Breite jeder Nadelhülse 25 dabei so bemessen ist, dass sie einer maximalen Breite 26 des zugehörigen Lagersitzes 8a im Bereich von dessen Lastzone 12a entspricht, während eine minimale Breite 27 des Lagersitzes 8a außerhalb der Lastzone 12a deutlich kleiner als die Länge der Nadeln 28 der Nadelhülse 25 ausgebildet ist" (siehe Zeilen 33 bis 39). Weiter wird darauf eingegangen, dass an den temporär überstehenden Nadeln die Schmierbedingungen erheblich verbessert werden können. Schließlich wird in der von der Beschwerdeführerin I genannten Textpassage beschrieben, dass für den Fall, dass außerhalb der Lastzone ausschließlich die Fliehkraft auf die Nadeln wirkt, die "minimale Breite 27 des Lagersitzes 8a in einer nicht dargestellten Ausführungsform auch so gewählt werden könne, dass sich der Lagersitz 8a nicht vollständig über einen Umfang von 360° erstreckt, sondern außerhalb der Lastzone 12a unterbrochen ist". Hierbei handelt es sich um den Extremfall, bei dem die Belastung in einem Bereich so klein ist, dass dort vollständig auf die Unterstützung des Lagersitzes verzichtet werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Extremfall auf die Verjüngung, d.h. darauf, dass der Lagersitz allmählich schmaler und jünger wird, verzichtet werden kann. Somit ist in der gesamten früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht unmittelbar und eindeutig eine Welle mit einem Lagersitz offenbart, der an seinem Umfang unterbrochen ist, ohne dass vor der Unterbrechung eine Verjüngung vorliegt, wie von Anspruch 10 verlangt.
Folglich genügt Anspruch 10 nicht den Erfordernissen des Artikels 76 (1) EPÜ.
3. Hauptantrag und Hilfsantrag 1 - Klarheit
Anspruch 10 betrifft eine Welle. Das letzte Merkmal des Anspruchs spezifiziert, dass "die Radiallagerung (1a) als Wälzlagerung mit einem Nadellager ohne Innenring ausgebildet ist und der Lagersitz (8a) die Innenlaufbahn des Nadellagers ist". Die Beschwerdeführerin II vertritt die Meinung, dass damit versucht werde, die beanspruchte Welle durch Merkmale eines Gegenstands zu definieren, der nicht Teil des beanspruchten Objekts ist.
Dieses Merkmal ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass die Radiallagerung selbst als Bestandteil der beanspruchten Welle anzu sehen ist, noch dass versucht wird, den Gegenstand des Anspruchs anhand eines nicht beanspruchten Gegenstands zu definieren. Es handelt sich hierbei lediglich um die Angabe, dass der Lagersitz derart zu gestalten ist, dass er dafür geeignet ist ein Nadellager ohne Innenring aufzunehmen. Für den Fachmann ist dies ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der Lagersitz entsprechend geschliffen und gehärtet sein muss. Folglich liegt im vorliegenden Fall kein Fremdbezug vor und Anspruch 1 genügt den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.
4. Hilfsantrag 1 - Erfinderische Tätigkeit
4.1 Die Radiallagerung gemäß E7 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart ebenfalls unstreitig den gesamten Oberbegriff des Anspruchs 1.
Somit unterscheidet sich der Anspruchsgegenstand von E7 durch die Merkmale wonach:
"die Radiallagerung als Wälzlagerung ausgebildet ist und der Lagersitz außerhalb der Lastzone mit einer örtlichen Breite von Null am Umfang unterbrochen ist".
Hiervon ausgehend wird die Aufgabe gelöst eine Radiallagerung geringen Gewichts und mit niedrigen Reibungsverlusten bereitzustellen.
Es stimmt zwar, dass dem Fachmann bekannt ist, dass Wälzlager niedrigere Reibungsverluste haben als das in E7 eingesetzte Gleitlager. Ebenso weiß er, dass E7 selbst schon den Einsatz eines sich verjüngenden Lagersitzes vorschlägt, um das Gewicht der Radiallagerung zu reduzieren.
Dennoch kann, anderes als von der Beschwerdeführerin II vorgetragen, die Unterbrechung am Umfang des Lagersitzes nicht als eine naheliegende Weiterentwicklung betrachtet werden.
Die in E7 eingesetzte Gleitlagerung sieht nämlich zwingend einen kontinuierlichen Schmierfilm vor, um die Gleiteigenschaften der Lagerung zu sichern. Deswegen würde der Fachmann von einem Gleitlager ausgehend keine Weiterentwicklungen in Betracht ziehen, die das Abbrechen des Gleitfilms hervorrufen könnte. Die vom kennzeichnenden Teil vorgesehene Unterbrechung des Lagersitzes würde jedoch zwangsläufig zu einer solchen unerwünschten Unterbrechung führen.
Aber auch bei Verwendung eines Nadellagers würde der Fachmann eine solche Unterbrechung vermeiden. Da die Nadeln auch im nicht belasteten Bereich des Radiallagers über den Lagersitz rollen, werden durch seine Unterbrechung Belastungen hervorgerufen, deren Auswirkung auf die Lebensdauer und auf die Geräuschentwicklung des Lagers nicht ohne weiteres vorherzusehen sind.
Somit lehrt der im Verfahren befindliche Stand der Technik nicht die Unterbrechung des Lagersitzes oder legt diese nahe.
Folglich ist es für den Fachmann nicht naheliegend, zur Gewichtsersparnis den Lagersitz am Umfang zu unterbrechen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.2 Eine entsprechende Argumentation trifft auch für die in Anspruch 10 beanspruchte Welle mit Lagersitz zu, so dass auch der Gegenstand dieses Anspruchs auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
2. Das Patent wird in der von der Einspruchsabteilung bestätigten Fassung aufrechterhalten.