European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T221012.20161007 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 October 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2210/12 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05007505.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23Q 39/02 B23P 23/00 B29C 65/78 B23P 21/00 B26D 1/38 B29C 65/00 B29C 65/48 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum Stanzen und Schweissen oder Kleben von Werkstücken | ||||||||
Name des Anmelders: | MS Spaichingen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Sonotronic Nagel GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (nein) offenkundige Vorbenutzung (ja) Geheimhaltungsverpflichtung (nein) Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 7. August 2012 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 3 das europäische Patent Nr. 1 586 427 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.
II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
III. Am 7. Oktober 2016 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Hinsichtlich des Verlaufs der Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.
IV. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung, hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des mit Schriftsatz vom 17. Februar 2012 als Hilfsantrag 1 eingereichten Anspruchssatzes mit Ansprüchen 1 bis 8.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte Zurückweisung der Beschwerde.
V. Folgende Dokumente waren für die vorliegende Entscheidung relevant:
E1 Bestellung der Volkswagen AG vom 4. Dezember 2002;
MFP1 Rückseite der E1;
E2 Produktbeschreibung 100.535.0 VW Wolfsburg;
E3 Schreiben der Volkswagen AG vom 2. Juni 2003, Teilnehmerliste der Einweisung 26./27. Mai 2003;
E4 Lieferpapiere vom Mai 2003;
E5 Bedienung 100.535.0 VW Wolfsburg;
E8 Lieferschein 2031262 vom 3. Juni 2003;
E10 Auftragsbestätigung 2022110 vom 27. Januar 2003;
ERM Eidesstattliche Versicherung von Frau R. Müller
vom 13. März 2012.
VI. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, d.h. Anspruch 1 des erteilten Patents, hat folgenden Wortlaut:
"Vorrichtung zum Stanzen und Schweißen oder Kleben von Werkstücken (1), insbesondere Kunststoffteilen für Kraftfahrzeuge, enthaltend eine Stanzstation (3) mit wenigstens einem Stanzbügel (4), an dem eine Matrize (8) und ein Stanzstempel (7) vorgesehen sind, eine wenigstens ein Schweiß- oder Klebwerkzeug aufweisende Schweiß- oder Klebstation (11) und einen zwischen der Stanzstation (3) und der Schweiß- oder Klebstation (11) hin- und herfahrbaren Schiebetisch (21), an dem eine zur festen Auflage der Werkstücke (1) bestimmte Aufnahme (22) angebracht ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Stanzbügel (4) stationär angeordnet und die Aufnahme (22) an einer Halterung (24) befestigt ist, die quer zur Bewegungsrichtung (x) des Schiebetischs (21) anhebbar und absenkbar an diesem montiert ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags definiert zusätzlich zu Anspruch 1 des Hauptantrags, dass
"an der Aufnahme (22) Ausrichtelemente (25) vorgesehen sind, die mit Ausrichtelementen (27) zusammenwirken, die auf einer Grundplatte (19) befestigt sind, an der auch der Stanzbügel (4) befestigt ist."
VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag: offenkundige Vorbenutzung - Bestehen einer Geheimhaltungsverpflichtung
Es werde nicht bestritten, dass die Firma Sonotronic an die Firma VW eine Vorrichtung zum Stanzen und Schweißen von Werkstücken mit den Merkmalen des Anspruchs 1 geliefert habe, welche auf dem Werksgelände aufgestellt und vor dem Prioritätsdatum in Betrieb genommen worden sei. Jedoch sei dadurch die entsprechende Maschine nicht der Öffentlichkeit zugänglich geworden.
Gerade in der Automobilindustrie sei man nämlich generell extrem auf Geheimhaltung bedacht, selbst wenn dies nicht in einer speziellen Vereinbarung explizit festgelegt werde. So sei, wie auch vom Zeugen Lichtenberger in seiner Aussage vor der Einspruchsabteilung bestätigt (Protokoll der Beweisaufnahme, Seite 13, letzter Absatz und Seite 14, erster Absatz), das Werksgelände kein öffentlicher Bereich, sondern nur für berechtigte, zur Geheimhaltung verpflichtete Personen zugänglich. Die Aufstellung der Maschine auf einem geschlossenen Werksgelände führe nicht zu einer öffentlichen Zugänglichmachung, vgl. die Entscheidungen T 245/88 und T 901/95.
Außerdem sei die Bestellung auf Basis der allgemeinen Einkaufsbedingungen von VW erfolgt, welche den Lieferanten verpflichteten, die Bestellung und alle damit zusammenhängenden kaufmännischen und technischen Einzelheiten als Geschäftsgeheimnis zu behandeln, siehe MFP1, Ziffer 10. Eine Stellungnahme der Firma VW bezüglich des Nichtbestehens einer zumindest impliziten Geheimhaltungsverpflichtung sei von der Beschwerdegegnerin nicht vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin, die selbst nicht Teil der Geschäftsbeziehung sei, könne dagegen lediglich Indizien, wie die angeführten allgemeinen Einkaufsbedingungen von VW, darlegen. Der Zeuge Lichtenberger (Protokoll der Beweisaufnahme, Seite 8, erster Absatz) bestätige jedoch ebenfalls die Verpflichtung zur Geheimhaltung bezüglich des Bauteils der Firma VW. Es habe daher zumindest eine implizite, den in der Automobilindustrie tätigen Mitarbeitern stets präsente, Geheimhaltungsverpflichtung bestanden.
Außerdem handele es sich nicht um einen normalen Kauf / Verkauf einer Standardmaschine, sondern um eine nach den Spezifikationen von VW auf den individuellen Stoßfänger angepasste Maschine. Für eine solche gemeinsam entwickelte Maschine sei ebenfalls eine implizite Geheimhaltungsverpflichtung anzunehmen.
Da die von der Firma Sonotronic an VW gelieferte Maschine nicht als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht angesehen werden könne, stelle sie keinen Stand der Technik im Sinne des Artikels 54(2) EPÜ dar. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit neu.
Hilfsantrag - Ursprüngliche Offenbarung
Eine Aufnahme mit Ausrichtelementen, die mit auf einer Grundplatte zu befestigenden weiteren Ausrichtelementen zusammenwirken, sei in Anspruch 5 wie ursprünglich eingereicht offenbart. Der Fachmann erkenne hierbei, dass die Ausrichtelemente nicht an den im ursprünglichen Anspruch 5 erwähnten Beinen der Aufnahme vorgesehen sein müssten, sondern dass es ausschließlich auf die Indizierung des Tisches relativ zur Grundplatte ankomme. Dies ergebe sich insbesondere aus Paragraph [0030] der Anmeldung, in dem die Beine gar nicht erwähnt seien.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag sei somit auch ohne Beschränkung der Position der Ausrichtelemente auf das untere Ende der Beine als ursprünglich offenbart anzusehen.
VIII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag: offenkundige Vorbenutzung - Kein Bestehen einer Geheimhaltungsverpflichtung
Es handele sich bei dem Geschäft zwischen Sonotronic und VW um einen normalen Verkauf. Die Maschine werde, wie vom Zeugen Lichtenberger (Protokoll der Beweisaufnahme, Seite 7, fünfter Absatz) bestätigt, als eine Art Baukastensystem gebaut, das lediglich in Details auf das zu fertigende Teil anzupassen sei. Die auftraggebende Firma, in diesem Falle VW, habe lediglich ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der spezifischen Form ihres Bauteils, nicht jedoch an der Geheimhaltung von Details der Maschine als solcher. Im Gegenteil wäre es für VW sogar von Vorteil, wenn ein Konkurrent der Firma Sonotronic im Sinne einer "second source" ebenfalls in der Lage wäre, eine solche Maschine zu bauen.
Im Übrigen könne VW lediglich die Weitergabe von Informationen über das eigene Bauteil verbieten, habe jedoch kein Verfügungsrecht über Entwicklungen des Zulieferers. Zudem hätten die allgemeinen Einkaufsbedingungen auf dem Formular MFP1, wenn sie überhaupt Vertragsbestandteil geworden wären, bezüglich der dortigen Geheimhaltungsklausel 10 ohnehin VW als Einkäuferin gerade nicht gebunden, so dass mit dem durchgeführten Verkauf die technischen Details öffentlich geworden wären.
Hinzu komme, dass die Bedingungen auf dem Formular MFP1 nur dann Gültigkeit erlangten, wenn sie auf dem entsprechenden Bestellannahmeformular bestätigt worden seien. Dies habe die Firma Sonotronic jedoch nicht getan, sondern den Auftrag auf ihrem eigenen Formular, zu ihren eigenen Bedingungen akzeptiert.
Diesbezüglich hätten alle Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass mit der Lieferung der Maschine an VW keinerlei Geheimhaltungsverpflichtung, sei sie implizit oder explizit, verbunden gewesen sei. Eine solche sei auch nicht im Interesse der Firma Sonotronic gewesen, die die Maschine in ähnlicher Form auch anderen Automobilbauern verkaufen wollte. Sonotronic sei somit darauf angewiesen gewesen, die Maschine bekannt zu machen, was das Eingehen einer Geheimhaltungsverpflichtung unplausibel mache.
Weiterhin sei die Maschine auf dem VW Werksgelände für Monteure der Konkurrenz und Besucher jederzeit sichtbar gewesen, so dass sie auch als diesem Personenkreis zugänglich gemacht anzusehen sei.
Die Maschine sei sowohl durch den normalen Verkauf an VW, als auch durch das Aufstellen in der Werkshalle der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und somit Stand der Technik. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nicht neu.
Hilfsantrag - Fehlende ursprüngliche Offenbarung
Sowohl Anspruch 5 als auch Paragraph [0023] der veröffentlichten Anmeldung offenbarten die mit den Ausrichtelementen der Grundplatte zusammenwirkenden Ausrichtelemente nur im Zusammenhang mit an der Aufnahme vorgesehenen Beinen, an deren Ende diese Ausrichtelemente vorgesehen seien. Paragraph [0030] beziehe sich ebenfalls auf eine solche in den Figuren 2 und 3 gezeigte Anordnung und biete somit keine Basis für eine Verallgemeinerung.
Der in Anspruch 1 des Hilfsantrags definierte Gegenstand stelle somit eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar und erfülle damit nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Neuheit
1.1 Die Parteien stimmen dahingehend überein, dass vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents eine Vorrichtung zum Stanzen und Schweißen von Werkstücken gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags von der Firma Sonotronic an die Firma VW verkauft und an sie geliefert wurde. Auch für die Kammer gibt es keinen Grund, von der diesbezüglich gleichlautenden Einschätzung der Einspruchsabteilung abzuweichen (vergleiche Punkte II.2.2 und II.3 der Einspruchsentscheidung).
1.2 Streitig ist allein, ob bezüglich der offenkundigen Vorbenutzung eine Geheimhaltungsverpflichtung bestanden hat, und ob der vorbenutzte Gegenstand somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde oder nicht.
Gemäß der ständigen Rechtsprechung ist der Verkauf einer Vorrichtung - sofern keine besonderen Umstände vorliegen - ausreichend, um diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
1.2.1 Im vorliegenden Fall wurde von der Firma VW am 4. Dezember 2002 eine Stanz- und Schweißvorrichtung bestellt (Anlage E1). Dieser Auftrag wurde von der Firma Sonotronic mit Schreiben vom 27. Januar 2003 bestätigt (Anlage E10). Die Vorrichtung wurde Mitte Mai 2003 an die Firma Volkswagen geliefert (Anlage E4), am 26./27. Mai 2003 fand eine Einweisung in die Bedienung der Vorrichtung statt (Anlage E3).
Durch den Aufbau der Vorrichtung in den Räumlichkeiten von VW, sowie durch die nachfolgende Einweisung wurden die Merkmale der Vorrichtung der Firma VW zugänglich gemacht. Es ist somit zu prüfen, ob die Firma VW zu diesem Zeitpunkt als Mitglied der Öffentlichkeit anzusehen war.
a) Die Ableitung einer Geheimhaltungsverpflichtung aus den Einkaufsbedingungen der Firma VW (Anlage MFP1, Ziffer 10) kann nach Ansicht der Kammer schon deshalb nicht überzeugen, weil die Firma Sonotronic die Bestellung auf ihrem eigenen Formular (Anlage E10), und somit zu ihren eigenen Bedingungen bestätigt hat (vergleiche auch die Zeugenaussage von Herrn Lichtenberger, Seite 8, dritter Absatz). Unabhängig davon, käme es hierauf auch gar nicht an. Denn die in Ziffer 10 formulierten Bedingungen würden eher die Firma Sonotronic dahingehend binden, keine spezifischen Details des Bauteils von VW an Dritte weiterzugeben, als dass sie eine Verpflichtung der Firma VW zur Geheimhaltung der Details der Maschine der Firma Sonotronic darstellten.
Dies steht durchaus in Einklang mit der Aussage von Herrn Lichtenberger, wonach keine Informationen bezüglich des Bauteils an andere Firmen hätten weitergegeben werden dürfen, die Maschine selbst von einer Geheimhaltung jedoch nicht betroffen gewesen sei.
Das vom Zeugen ebenfalls angesprochene Interesse der Firma Sonotronic, die Maschine auch anderen Automobilherstellern bekannt zu machen, um möglicherweise weitere Kunden zu gewinnen, ist zudem plausibel und in Übereinstimmung mit den bezeugten Aussagen.
b) Es ist zwar richtig, dass die Maschine an das spezifische Bauteil von VW adaptiert wurde, z.B. hinsichtlich des für den spezifischen Stoßfänger notwendigen Hubs. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine routinemäßige Anpassung, nicht aber um eine gemeinsame Entwicklung der beiden Firmen. Eine Geheimhaltungsverpflichtung lässt sich zur Überzeugung der Kammer daraus nicht ableiten.
Dies ist auch in Übereinstimmung mit den weiteren sich im Verfahren befindenden Beweismitteln:
c) Unstreitig enthalten weder die Auftragsbestätigung der Firma Sonotronic (E10), die Produktbeschreibung (E2), die Bedienungsanleitung der Maschine (E5), noch die von den eingewiesenen VW-Mitarbeitern unterzeichnete Teilnehmerliste der Einweisung (E3) einen auf eine Geheimhaltungsverpflichtung hinweisenden Text.
d) Weiterhin hat Frau Renate Müller in ihrer eidesstattlichen Versicherung (ERM) erklärt, dass die am 3. Juni 2003 mit dem Lieferschein mit der Nummer 2031262 (E8) an die Firma Volkswagen AG erfolgte Übersendung der Dokumentation ohne jedwede Verpflichtung zur Geheimhaltung erfolgte.
Auch der Zeuge Lichtenberger hat bestätigt (Protokoll der Beweisaufnahme, Seite 8, erster Absatz, letzte drei Sätze), dass zwar keine Information bezüglich des VW-Bauteils an andere Firmen weitergegeben werden dürfe, dass jedoch diese Vereinbarung die Maschine selbst nicht betreffe.
Die Angaben der Zeugen und die vorliegende schriftliche Dokumentation fügen sich somit stimmig zu dem Bild eines normalen Verkaufs ohne implizite oder explizite Geheimhaltungsvereinbarung zusammen.
1.2.2 Die Beschwerdeführerin vertrat dagegen die Meinung, dass die Aufstellung einer Maschine auf einem geschlossenen Werksgelände nicht zu einer öffentlichen Zugänglichmachung führe (vgl. T 245/88, T 901/95 in denen die Werften, wo die Vorbenutzung stattgefunden haben sollte, nicht als Öffentlichkeit betrachtet wurden).
Im vorliegenden Fall wurde jedoch die offenkundige Vorbenutzung sowohl durch diverse Bestellungs-, Dokumentations- und Einweisungsdokumente, als auch durch mehrere Zeugenaussagen belegt, die sämtlich keinerlei Anhalt für eine Geheimhaltungsverpflichtung bieten, bzw. diese explizit verneinen. Solche Nachweise fehlten in den vorgenannten Fällen, so dass diese nicht mit dem vorliegenden vergleichbar sind. Die vorliegende Sache ist vielmehr mit der T 2273/11 vergleichbar, in der der Verkauf an einen nicht einer Geheimhaltung unterworfenen Dritten als offenkundige Vorbenutzung anerkannt wurde.
Da die Firma VW bereits selbst einen Teil der Öffentlichkeit darstellt, ist unerheblich, ob weitere Dritte Zugang zum Werksgelände hatten oder nicht.
1.2.3 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass die durch die Dokumente E1, E2, E3, E4, E5, E8, E10, sowie durch die Zeugenaussagen der Herren Lichtenberger und Kraft belegte offenkundige Vorbenutzung Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ darstellt.
1.3 Wie von beiden Parteien übereinstimmend anerkannt, werden sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 durch diese Vorbenutzung vorweggenommen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit nicht neu.
2. Hilfsantrag - Ursprüngliche Offenbarung
Anspruch 5 wie ursprünglich eingereicht definiert, "dass die Aufnahme mit Beinen versehen ist und an unteren Enden der Beine Ausrichtelemente vorgesehen sind, die mit auf einer Grundplatte zu befestigenden Ausrichtelementen zusammenwirken". Die Positionierung der Ausrichtelemente an den unteren Enden der Beine ist so auch in den Paragraphen [0023] und [0030] beschrieben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Paragraph [0030] explizit auf die in den Figuren 2 und 3 gezeigten Ausrichtelemente (25) Bezug genommen wird, welche sich gerade am Ende der in den Abbildungen gezeigten Beine (22b) befinden. Eine abstrahierte Offenbarung der Ausrichtelemente ohne Positionierung an den Beinen der Aufnahme findet sich in der ursprünglichen Anmeldung nicht.
Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass der Fachmann unmittelbar und eindeutig erkennte, dass es ausschließlich auf die Indizierung des Tisches relativ zur Grundplatte ankomme und das Merkmal der Positionierung der Ausrichtelemente an den Beinen daher ohne Erweiterung der technischen Lehre weggelassen werden könne.
Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. Aufgabe der Ausrichterelemente ist es, die für den Stanz- bzw. Schweißvorgang vorgegebene Sollposition lagegenau und mit einer hohen Wiederholbarkeit festzulegen, zu zentrieren und zu sichern (Paragraph [0030], Zeilen 26-29). Dafür ist die Positionierung der Ausrichtelemente am Ende der Beine von funktioneller Bedeutung, da die Beine nicht nur die Ausrichtelemente tragen, sondern die Aufnahme insbesondere während des Stanzvorgangs mechanisch an der Grundplatte abstützen und sichern. Dass eine solche Festlegung und Sicherung der Position auch ohne die in der Anmeldung durchgehend offenbarten Beine möglich sein soll, muss als neue technische Information angesehen werden, die der ursprünglichen Offenbarung nicht zu entnehmen ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden: