T 1878/12 () of 14.7.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T187812.20150714
Datum der Entscheidung: 14 Juli 2015
Aktenzeichen: T 1878/12
Anmeldenummer: 06118986.6
IPC-Klasse: F16C 9/02
F16C 19/44
F16C 33/58
F16C 33/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Radiallagerung
Name des Anmelders: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Name des Einsprechenden: Herzog Intertec GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Zwischenentscheidung mit der das Europäische Patent Nr. 1 775 484 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, wurde am 12. Juni 2012 zur Post gegeben.

II. Die Beschwerdeführerin (Ein­sprechende) hat gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr am 20. August 2012 Beschwerde ein­gelegt. Die Beschwerdebegründung wurde am 22. Oktober 2012 eingereicht.

III. Am 14. Juli 2015 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung, die es durch die Entscheidung der Einspruchs­abteilung erhalten hat. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung einer der Hilfsanträge 1, 2 oder 3, alle eingereicht mit Schrift­satz vom 10. Juni 2015.

IV. Die folgenden Entgegenhaltungen sind für die vor­liegende Entscheidung relevant:

E3: FEV-Spectrum, "Technologie Highlights aus dem

FEV-Arbeitsspektrum", Ausgabe 23, April 2003

E4: "Reibungsleistungsreduktion - Konstruktive Maßnahmen zur Verbrauchs­einsparung", MTZ 7-8/2005 Jahrgang 66, Seiten 592-597

E7: JP 2005 016 644 A

E7-DE: deutsche Übersetzung der E7

E10: DE-A-198 35 145

E14: Brändlein, Eschmann, Hasbargen, Weingand, "Die Wälzlagerpraxis - Hand­buch für die Berechnung und Gestaltung von Lagerungen", zweiter unveränderter Nachdruck der korrigierten dritten Auflage von 1998, Seiten 1-21, 320, 321

E16: Jürgen Dohmen, "Untersuchungen zum reibungsoptimierten Triebwerk an Pkw-Verbrennungsmotoren", 2003, Seiten 1-3, 42-53, 98-105

V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Radiallagerung (1a) einer in einem Gehäuse gelagerten Welle (4a), welches Gehäuse (2a) und welche Welle (4a) um eine gemeinsame Längsachse (5) relativ zueinander rotieren, wobei die Radiallagerung (1a) einen Lagersitz (8a) umfasst, der sich über einen Umfang von 360° er­streckt, relativ zu einer den Lagersitz (8a) in einer Lastzone (12a) beaufschlagenden Radiallast (10a) im wesentlichen stillsteht und in Richtung der Längsachse (5) eine über dessen Umfang veränderliche Breite auf­weist derart, dass der Lagersitz (8a) ausgehend von der Lastzone (12a) außerhalb der Lastzone (12a) deutlich verjüngt ist, wobei die Welle (4a) als Unwuchtwelle (23) und der Lagersitz (8a) veränderlicher Breite an der Unwuchtwelle (23) ausgebildet sind, und wobei die Radiallast (10a) mit der Unwuchtwelle (23) umläuft, deren zur Längsachse (5) exzentrisch angeordneter Massen­schwer­punkt (29) aus einer oder mehreren Frei­nehmungen (30) am Außenumfang der Unwuchtwelle (23) resultiert, welche Freinehmungen (30), auf den Massen­schwerpunkt (29) der Unwuchtwelle (23) bezogen, teil­weise oder vollständig jenseits der Längsachse (5) der Unwuchtwelle (23) verlaufen und an den Lagersitz (8a) veränderlicher Breite unmittelbar angrenzen,

dadurch gekennzeichnet, dass

zur Radiallagerung (1a) der Unwuchtwelle (23) zumindest ein als Nadellager ohne Innenring und vorzugsweise als Nadelhülse (25) ausgebildetes Wälzlager (9) vorgesehen ist."

Die übrigen Anträge sind für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Radiallagerung nach Anspruch 1 unterscheide sich von der in E7 Offenbarten lediglich durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils. Hiervon ausgehend würden zwei Teilaufgaben gelöst. Durch den Einsatz einer Wälz­lagerung sollten die Reibungsverluste der Lagerung reduziert werden, während durch die Wahl eines Nadel­lagers ohne Innenring eine Lagerung mit möglichst geringem Baumaß bereitgestellt werde.

E16, E3 und E4 lehrten den Einsatz von Wälzlagern im Bereich der KFZ Motoren zur Senkung der Reibungs­verluste. Ferner zeige E10 in Figur 2 den Einsatz eines Nadel­lagers bei einer Ausgleichswelle. Folglich sei es für den Fachmann naheliegend, zur Lösung der ersten Teil­aufgabe Wälzlager einzusetzen.

Ferner sei es dem Fachmann aus der Wälzlagerpraxis bekannt, wie z. Bsp. in E14, Seite 15, erster Absatz gezeigt, dass Nadellager ohne Innenring eine besonders geringe Bauhöhe aufweisen. Da sich der verjüngte Teil des Lagersitzes in demjenigen Bereich befinde, wo eine sehr geringe Last anfällt, könnten die Nadeln durch die geringere Anlagefläche des Lagersitzes nicht be­einträch­tigt werden. Somit sei es bei der Wahl der Art des Wälz­lagers auch naheliegend, ein Nadellager ohne Innenring aus­zu­wählen, um die gestellte zweite Teil­aufgabe zu lösen.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des An­spruchs 1 unterscheide sich von der Radiallagerung nach E7 in der Tat lediglich durch den kennzeichnenden Teil. Es stimme zwar, dass es bekannt sei Nadellager bei Ausgleichswellen einzu­setzen, wie in der E10 gezeigt. Jedoch sei es für den Fachmann abwegig die Nadeln eines Nadellagers ohne Innenring unmittelbar auf einen Lager­sitz rollen zu lassen, der schmaler ist, als die Nadeln lang sind, weil dabei nicht vorhersehbare Belastungen der Nadeln entstehen würden.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 E7 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbart ebenfalls unstreitig den gesamten Oberbegriff des Anspruchs 1.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der in E7 offenbarten Radiallagerung dadurch, dass zur Radiallagerung der Unwuchtwelle zumindest ein als Nadellager ohne Innenring ausgebildetes Wälzlager vorgesehen ist.

2.2 Die Beschwerdeführerin vertritt die Meinung, dass dieses Merkmal zur Lösung zweier unter­schiedlicher Teilaufgaben diene. Zum einen, durch die Auswahl eines Wälzlagers die Reibungs­verluste zu reduzieren und zum anderen, durch die spezifische Auswahl eines Nadel­lagers ohne Innenring das in der E7 gezeigte geringe Baumaß beizubehalten. Da es dem Fach­mann bekannt sei, dass Wälzlager geringere Reibungs­verluste aufweisen als Gleitlager, sei ihr Einsatz nahe­liegend, zumal dies im Gebiet der KFZ-Technik bekannt sei (siehe E16, E3, E4). Ferner sei dem Fachmann z. Bsp. aus E14, Seite 15 bekannt, dass Nadellager eine geringe Bauhöhe aufweisen und sie sich deswegen für Konstruk­tionen eignen, bei denen der Einbauraum in radialer Richtung begrenzt ist. Folglich könne auch der Einsatz von Nadellager ohne Innenring keine erfinde­rische Tätigkeit begründen.

2.3 Von der Radiallagerung gemäß E7 ausgehend kann die zu lösende Aufgabe in der Tat darin gesehen werden, eine Lagerung bereitzustellen, die niedrige Reibungsverluste aufweist und ein geringes Baumaß hat. Es ist dem Fach­mann zwar bekannt, dass Wälzlager geringere Reibungs­verluste aufweisen, als Gleit­lager und es stimmt, dass der Einsatz von Nadellagern bei Ausgleichswellen z. Bsp. aus der E10 bekannt ist. Das dort gezeigte Nadel­lager ist auf einem rotations­symmetrischen Lager­sitz an­gebracht und es ist nicht ersichtlich, ob es einen Innenring aufweist oder nicht. Folglich kann die Über­tragung der Lehre der E10 auf die Lagerung gemäß E7 nicht un­mittel­bar zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.

Es stimmt ferner, dass dem Fachmann grundsätzlich Nadel­lager ohne Innenring bekannt sind, wie sie in der E14 in der Figur 30 auf Seite 14 dargestellt sind. Die Nadeln dieses Lagers sind jedoch dafür konzipiert, auf einem Lagersitz zu rollen, der über seinem gesamten Umfang die gleiche Breite hat, welche der Länge der Nadeln ent­spricht.

Es stellt sich somit die Frage, ob es für den Fachmann naheliegend ist, ein Nadellager ohne Innenring in eine Radiallagerung einzusetzen, in der der Lagersitz über seinem Umfang nicht gleichmäßig breit ist, sondern sich in einem Bereich derart verjüngt, dass die Anlage­fläche schmäler ist als die Länge der Nadeln. Es stimmt zwar, dass sich der Bereich in dem der Lagersitz deutlich verjüngt ist, außerhalb der Belastungszone des Lagers befindet. Jedoch bleiben auch dort Belastungen er­halten, die bei überstehenden Nadeln zu einer für den Fachmann nicht im Rahmen routinemäßiger Auslegungs­verfahren vorhersehbaren Belastung führen und die ihn davon ab­halten würden, eine solche Lösung für die gestellte Aufgabe vorzusehen.

Da das Vorsehen eines Nadellagers ohne Innenring somit nicht naheliegend ist, beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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