T 1634/12 () of 17.7.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T163412.20150717
Datum der Entscheidung: 17 Juli 2015
Aktenzeichen: T 1634/12
Anmeldenummer: 03783970.1
IPC-Klasse: B60H 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: KLIMAGEHÄUSE
Name des Anmelders: MAHLE Behr GmbH & Co. KG
Mahle Behr France Rouffach S.A.S
Name des Einsprechenden: VALEO SYSTEMES THERMIQUES S.A.S.
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 114(2)
European Patent Convention Art 113(1)
Schlagwörter: Neuheit (JA)
Erfinderische Tätigkeit (JA)
Verfahrensfehler der Einspruchsabteilung (NEIN)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0198/88
T 0536/88
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1526976 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 18. Mai 2012.

II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, wie von der Einspruchsabteilung in geänderter Fassung aufrechterhalten, patentfähig ist im Hinblick auf folgende Dokumente:

WO 96/29211 (DI),

FR 2 761 011 (DIII),

JP 2000- 168335 (DVII).

Das folgende Dokument hat die Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassen:

EP 1070611 A1 (DVIII).

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt und die Beschwerde­gebühr bezahlt.

IV. Am 17. Juli 2015 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerde­führerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerde­gegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Der Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung gemäß der Zwischenentscheidung aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt:

"Klimagehäuse mit einer Verdampfungseinrichtung (5), einer Heizungseinrichtung (7), einer Luftsteuerungseinrichtung (9), einem Innenraum (3), in dem Luftströmungspfade (15,17) ausgebildet sind, und mit einem den Innenraum (3) umgebenden Gehäuse (1), wobei ein erster Luftströmungspfad (15) und ein zweiter Luftströmungspfad (17) ausgebildet sind, und wobei die Luftsteuerungseinrichtung (9) mindestens zwei Mischklappen (11,13) aufweist, von denen eine erste (11) einem ersten Luftströmungspfad (15) und eine zweite (13) dem zweiten Luftströmungspfad (17) zugeordnet ist, und wobei die Mischklappen (11,13) jeweils den zugeordneten Luftströmungspfad (15,17) in einer ersten Funktionsstellung vollständig freigeben und in einer zweiten Funktionsstellung gänzlich verschließen, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Heizungseinrichtung (7) in der ersten Funktionsstellung der Mischklappen (11,13) von den Mischklappen flächig abgedeckt wird, so dass die Luft an der Heizungseinrichtung (7) vollständig vorbeigeführt wird, und dass

- die Mischklappen (11,13) jeweils eine erste und eine zweite Teilmischklappe (65,67) umfassen, die über einen Verbindungsbereich (83) beweglich miteinander verbunden sind, wobei

- im Bereich der zweiten Teilmischklappe (67) eine Klappendichtung (85) vorgesehen ist, die zumindest in der ersten Funktionsstellung der Mischklappen (11,13) flächig gegen die Unterseite der zweiten Teilmischklappe (67) gedrückt wird und die sich soweit über den Verbindungsbereich (83) hinaus erstreckt, dass in der ersten Funktionsstellung die erste Teilmischklappe (65) bereichsweise auch an der Klappendichtung (85) anliegt."

VI. Die Argumente der Beschwerde­führerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:

Die Einspruchsabteilung hätte das Dokument DVIII in das Verfahren zulassen müssen. Gemäß der Entscheidung T538/88 sei ein Dokument, welches in der Patentschrift als nächster Stand der Technik genannt sei, automatisch im Verfahren. Insofern habe die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nicht korrekt ausgeübt. Des Weiteren habe sie das Kriterium der Relevanz nicht richtig angewendet, denn das Dokument DVIII sei relevanter als von der Einspruchs­abteilung festgestellt. DVIII zeige eine Klappendichtung, die sich über den Verbindungsbereich erstrecke und durch den Luftstrom angedrückt werde. Anspruch 1 lasse offen, wo sich die erste oder zweite Teilmischklappe befinde. Daher habe die Kammer nunmehr auch die erfinderische Tätigkeit ausgehend von DVIII zu prüfen.

Dieses Dokument offenbare schließlich alle Merkmale des strittigen Anspruchs 1, bis auf das Merkmal, dass zwei Luftführungskanäle und mithin zwei Mischklappen vorgesehen seien.

Auch die Dokumente DIII und DVII offenbarten ein Klimagehäuse, welches einflutig angelegt sei, also mit einem einzigen Luftströmungspfad, es sei aber für den Fachmann naheliegend, aus dem jeweils offenbarten Klimagerät eines zu entwickeln, welches zwei Luftströmungspfade und zwei Mischklappen aufweise. Um mehrere klimatisch getrennte Zonen im Fahrzeug vorzusehen, müsse er lediglich die Mischklappen und deren Antrieb duplizieren. So könne z.B. bei dem in DVII, Figur 2 gezeigten Gehäuse die vorhandene Mischklappe so verändert werden, dass sie nur die Hälfte der Heizung überdecke. Dann sei eine weitere Mischklappe anzubringen, spiegel­symmetrisch zu der Symmetrieachse der Heizung, wobei die weitere Mischklappe dann den verbleibenden Teil des Heizelements bedecke. Die Anregung dazu bekäme der Fachmann aus dem Dokument DI, welches zwei Luftströmungspfade mit zwei Mischklappen offenbare. Die Heizung und der Verdampfer könnten bei derselben Größe verbleiben, denn die Leistung der Anlage würde sich durch diese Aufteilung in mehrere Zonen nicht verändern. Die Tatsache, dass die Luftführungskanäle unmittelbar hinter der Heizung um die Hälfte kleiner würden, stelle kein Problem dar. Sehe man hingegen eine Duplizierung senkrecht zu der in Figur 2 von DVII gezeigten Blattebene vor, wirke sich das Einfügen einer Trennwand nicht auf die Luftmengen oder die Geräuschentwicklung aus, da die Klimaanlage bereits für das Gesamtfahrzeug ausgelegt sei.

Ebenfalls stelle das Dokument DI die Patentfähigkeit des Streitpatents in Frage. Dieses Dokument offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 und sei daher neuheits­schädlich. Insbesondere sei eine Dichtung gemäß Merkmal e) implizit offenbart (Gliederung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß der Entscheidung der Einspruchs­abteilung, siehe dort Seite 3). Die Beschreibung führe aus (Seite 5), dass Eintritts- und Austrittsseite des Wärmetauschers völlig verschlossen werden könne. Dazu aber würde irgendeine Form einer Dichtung benötigt werden. Dies müsse ja keine aufgeschäumte Dichtung sein, sondern es könne sich auch um eine bestimmte Gestaltung der Kontaktkanten der Teilmischklappen handeln. Letztlich aber könne nur dann der Weg über die Heizung völlig verschlossen werden, wenn dieser hinreichend abgedichtet sei.

VII. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:

Das verspätet eingereichte Dokument DVIII dürfe nicht in das Verfahren zugelassen werden, da es offensichtlich nicht relevant sei. So offenbare dieses Dokument weder die Anordnung zweier Mischklappen noch sei das Merkmal e) mit der erfindungsgemäßen Ausgestaltung der Klappendichtung bekannt (Gliederung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung, siehe dort Seite 3).

Des Weiteren treffe DI den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich. Eine Klappendichtung sei in DI gar nicht offenbart, und selbst wenn davon ausgegangen werde, dass es irgendeine Form einer Abdichtung geben müsse, so sei die spezielle Gestaltung der Dichtung, wie in Merkmal e) definiert, nicht offenbart; nämlich, dass im Bereich der zweiten Teilmischklappe eine Klappendichtung vorgesehen sei, die zumindest in der ersten Funktionsstellung der Mischklappen flächig gegen die Unterseite der zweiten Teilmischklappe gedrückt werde und die sich soweit über den Verbindungsbereich hinaus erstrecke, dass in der ersten Funktionsstellung die erste Teilmischklappe bereichsweise auch an der Klappendichtung anliege.

Weiterhin werde bestritten, dass die Teilmischklappen über einen Verbindungsbereich miteinander beweglich verbunden seien. In DI seien zwei räumlich getrennte Mischklappen am Gehäuse befestigt; dies sei kein Verbindungsbereich im Sinne des Patents.

Des Weiteren sei es nicht nahegelegt, ausgehend von DIII oder DVII zum Gegenstand des strittigen Anspruchs zu gelangen. Insbesondere sei es nicht richtig, dass der Fachmann einfach die Anzahl der Mischklappen verdoppeln könne, um zu einem Klimagehäuse zu gelangen, welches zwei Klimazonen bediene. Ein Klimagehäuse wie in DIII oder DVII offenbart sei auskonstruiert und könne nicht nachträglich in einem derart entscheidenden Punkt verändert werden. Die Anzahl der Luftströmungspfade werde von Anfang an in der Konstruktion berücksichtigt. Vor allem könnten nicht bereits vorhandene Luft­strömungs­pfade in ihrer Größe halbiert werden, da sich sonst das gesamte Strömungskonzept des Klimagehäuses nicht mehr aufgehe: vor allem die Geräuschbelastung würde zunehmen, wenn die Luftströmungspfade verkleinert würden, und zwar überproportional. Ebenfalls müsste in dem Klimagehäuse gemäß DIII und DVII Platz für eine weitere Mischklappe und auch für einen weiteren Antrieb sein; dies sei nicht der Fall.

Daher seien beide Dokumente DIII und DVII, da sie beide von einem einflutigen Klimagerät ausgingen, kein geeigneter Ausgangspunkt für eine Evaluation der erfinderischen Tätigkeit: diese jedenfalls könnten die erfinderische Tätigkeit der im Anspruch 1 definierten Erfindung nicht in Frage stellen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Dokument DI, vgl. Artikel 54 (1) EPÜ.

2.1 Insbesondere offenbart das Dokument DI keine Dichtung im Sinne des Merkmals e) (Gliederung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung, siehe dort Seite 3), nämlich, dass im Bereich der zweiten Teilmischklappe eine Klappendichtung vorgesehen ist, die zumindest in der ersten Funktionsstellung der Mischklappen flächig gegen die Unterseite der zweiten Teilmischklappe gedrückt wird und die sich soweit über den Verbindungsbereich hinaus erstreckt, dass in der ersten Funktionsstellung die erste Teilmischklappe bereichsweise auch an der Klappendichtung anliegt.

2.2 Dem Argument der Beschwerdeführerin - da die Vorrichtung gemäß DI ein komplettes Verschließen der Heizung ermögliche, müsse es auch Dichtungen geben, diese seien also implizit offenbart - kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Für die Belange der Neuheit muss gemäß der gängigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ein Merkmal eindeutig und unzweifelhaft aus einem Stand der Technik zu entnehmen sein, damit es als in diesem offenbart angesehen werden kann.

Das Dokument D1 offenbart überhaupt keine Dichtungen, der Aspekt der Dichtung bzw. der Abdichtung wird nicht behandelt oder erwähnt. Von daher kann nicht ausgegangen werden, dass überhaupt eine Dichtung vorhanden ist, und selbst wenn eine Dichtung vorhanden sein sollte, ist nicht entnehmbar, wo diese angebracht ist und wie diese verläuft. So kann vor allem nicht die besondere Gestaltung der Dichtung gemäß dem Merkmal e) der DI entnommen werden.

3. Die im Anspruch 1 definierte Erfindung ist nicht durch den Stand der Technik nahegelegt, Artikel 56 EPÜ.

3.1 Die Dokumente DVII und DIII offenbaren jeweils ein Klimagehäuse, wobei die Luftsteuereinrichtung eine einzige Mischklappe für einen einzigen Luftströmungs­pfad aufweist, vgl. erster Teil des Merkmals b) (Gliederung der Merkmale des Anspruchs 1 gemäß der Entscheidung der Einspruchsabteilung, dort Seite 3).

Damit unterscheidet sich der Gegenstand des strittigen Anspruchs 1 von den Klimagehäusen gemäß DIII und DVII dadurch, dass die erfindungsgemäße Luftsteuer­einrichtung mindestens zwei Mischklappen aufweist, von denen eine erste einem ersten Luftströmungspfad und eine zweite einem zweiten Luftströmungspfad zugeordnet ist.

Dieser Unterschied wird von den Parteien nicht in Frage gestellt.

Mit diesem Merkmal wird die objektive Aufgabe gelöst, im Innenraum eines Fahrzeugs mehrere getrennt klimatisier­bare Zonen zu ermöglichen.

Auch dieser Punkt ist unstrittig und deckt sich mit der in der Patentschrift beschriebenen Aufgabenstellung, vgl. Paragraph [0003].

3.2 Die Kammer folgt nicht der Auffassung der Beschwerdeführerin, nämlich dass - ausgehend von einem Klimagehäuse für einen einzigen Luftströmungspfad - es ohne erfinderisch tätig zu werden möglich sei, einen weiteren Luftströmungspfad vorzusehen, um zu dem erfindungsgemäßen Klimagehäuse mit mehreren Luftströmungs­pfaden zu gelangen. Eine solche Veränderung würde der Fachmann an dem Klimagehäuse gemäß DIII oder DVII aus den folgenden Gründen nicht vornehmen:

3.2.1 Ein vorhandenes Klimagehäuses stellt - ausgehend von vorab definierten Randbedingungen wie Heiz-/Kühlleistung, Anzahl der Zonen, Druckverhältnisse in den Luftströmungspfaden, etc. - eine in sich geschlossene Konstruktion dar, die nicht ohne weiteres in einem dieser Punkte geändert werden kann, ohne dass andere Vorgaben ebenfalls - ggf. zum Nachteil - verändert werden.

So ist es eben aus Sicht der Kammer nicht ohne einen entscheidenden Konstruktionsaufwand möglich, in dem in DVII, Figur 2 gezeigten Gehäuse die vorhandene Mischklappe so zu verändern, dass sie nur die Hälfte der Heizung überdeckt, und eine weitere Mischklappe spiegel­symmetrisch zu der Symmetrieachse der Heizung anzubringen, wobei diese weitere Mischklappe den verbleibenden Teil des Heizelements bedeckt: in diesem Fall läge der Drehpunkt für die weitere Mischklappe bereits außerhalb des Gehäuses, vgl. Drehpunkt 36 für die vorhandene Mischklappe in Figur 3.

Auch bleibt bei diesem Argument sowohl unberück­sichtigt, dass nach dem Heizelement die Luftströmungs­pfade getrennt weiterzuführen sind, als auch, dass zwei Luftströmungs­pfade für die Kaltluft zu führen wären: In dem von der Beschwerdeführerin als naheliegend bezeichneten Fall müssten im Bereich 14 zwei Warm­luft­strömungspfade vorgesehen sein; spiegelsymmetrisch zum Bereich mit dem Bezugszeichen 16 wäre eine zweite Mischkammer einzubauen. Die in den Figuren der DVII offenbarten Platzverhältnisse lassen aber eine solche Änderung mit naheliegenden konstruktiven Maßnahmen nicht zu.

3.2.2 Die Bauraumrestriktionen bei einem Klimagehäuse, welches typischerweise im Vorderwagen unterzubringen ist, sind erheblich, vgl. Patentschrift, Paragraphen [0002] und [0003]. So müssten zur Ausbildung eines zweiflutigen Klimagehäuses zunächst die Mischklappen umkonstruiert werden, um sie entweder in der Breite oder in der Länge zu reduzieren; weiterhin müsste auch ein weiterer Antrieb für die zweite Mischklappe im Gehäuse untergebracht werden können. Die Vielzahl der zu beachtenden konstruktiven Randbedingungen lassen auch eine einfache Aufteilung eines Luftführungs­bereiches durch eine einfache Trennwand - wie es die Beschwerdeführerin vorträgt - in zwei Bereiche nicht zu, da sich der Strömungsquerschnitt dann auf die Hälfte reduziert. Der Strömungs­querschnitt wirkt sich aber entscheidend auf die Druckverhältnisse im Strömungs­kanal und damit auf die Geräusch­entwicklung aus und steht mit dem Luftvolumen­strom in einem nichtlinearen Zusammenhang. Eine Halbierung des Strömungsquerschnitts würde dazu führen, dass die Strömungsgeschwindigkeit der Luft in den beiden Strömungskanälen bei gleichem Gesamtluftstrom des zweiflutigen Klimagehäuses wie bei dem einflutigen Klimagehäuse erheblich ansteigen müsste, was zu einer Erhöhung der Geräuschbelastung führen würde.

Ein Fachmann würde daher es nicht in Betracht ziehen, einfach eine Trennwand in einen Luftströmungspfad einzuziehen.

3.2.3 Aus demselben Grund folgt die Kammer auch dem Argument der Beschwerdeführerin nicht, alternativ können auch zwei der in den Figuren 2 und 3 (vgl. DVII) gezeigten Vorrichtungen nebeneinander angeordnet werden, bei einem einzigen Heizkörper und einem einzigen Verdampfer. Die oben beschriebenen Auswirkungen würden in gleicher Weise gelten.

3.2.4 Auch ausgehend von DIII würde der Fachmann nicht auf naheliegende Weise zu einem Klimagehäuse gelangen, welches zwei Luftströmungspfade aufweist; die Gründe dafür sind dieselben wie bereits ausgehend von DVII dargelegt. Auch hier müssten in einem räumlich begrenzten Layout die doppelte Anzahl an Luftführungen vorgesehen werden und es müsste, wie oben ausgeführt, ein weiterer Klappenmechanismus eingebaut und angetrieben werden.

4. Die Einspruchsabteilung hat durch die Nichtzulassung des Dokuments DVIII keinen wesentlichen Verfahrensfehler begangen, Artikel 113 (1) EPÜ.

Ebenfalls hat sie ihr Ermessen, welches zur Nichtzulassung des Dokuments DVIII in das Verfahren führte, korrekt ausgeübt, Artikel 114(2) EPÜ.

4.1 In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerde­kammer trug die Beschwerdeführerin vor, dass das Dokument DVIII im Verfahren vor der Einspruchsabteilung nicht verspätet vorgelegt worden sei, da es gemäß T 536/88 das Dokument des nächsten Stands der Technik und somit automatisch im Einspruchsverfahren sei.

Dazu stellt die Kammer folgendes fest:

4.1.1 Der Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 wurde im Prüfungsverfahren gegenüber dem im Recherche­bericht als hochrelevant bezeichneten Dokument (,,X") DE19919132 abgegrenzt, siehe Schreiben der Patentinhaberin vom 10. Juni 2008. Das Dokument DE 19919132 offenbart ein zweiflutiges Klimagehäuse. Damit wurde seinerzeit dem allgemeinen Fachwissen, nämlich dass ein einflutiges Klimagerät kein geeigneter Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung in Richtung des Erfindungs­gegen­standes darstellt, bereits Rechnung getragen.

4.1.2 Das in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannte Dokument DVIII bildet ganz offensichtlich und prima facie nicht den Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 ab, da DVIII ein einflutiges Klimagerät offenbart.

4.1.3 Auch die in Paragraph [0003] der Patentschrift formulierte Aufgabe richtet sich ebenfalls an ein Klimagerät für verschiedene Zonen (,,Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Klimagerät zu schaffen, das bei kleiner Bauform die Möglichkeit bietet, unterschiedliche Bereiche des Fahrzeuginnenraums mit Luftströmen verschiedener Temperatur zu versorgen"), so dass DVIII auch keine Grundlage zur Formulierung der Aufgabe darstellen konnte, vgl. auch T 198/88.

4.2 Von daher ist die in der T 536/88 beschriebene Situation nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Kammer kommt damit zu dem Schluss, dass sich Dokument DVIII nicht automatisch im Einspruchsverfahren befand.

Weder die Patentinhaberin noch die Einspruchsabteilung hat seinerzeit davon ausgehen müssen, dass das in der Patentschrift genannte Dokument DVIII Grundlage eines Angriffs gegen das Streitpatent bilden könnte. Daher stellt eine Argumentationslinie, die auf dem Dokument DVIII basiert und nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebracht wurde, somit ein neues Vorbringen dar, dessen Zulassung in das Verfahren in das Ermessen der Einspruchs­abteilung gestellt war, vgl. Artikel 114(2) EPÜ.

4.3 Nach gängiger Rechtsprechung ist es bei einer angefochtenen Ermessensentscheidung der ersten Instanz nicht Aufgabe der Beschwerdekammer, die Sachlage nochmals wie ein erstinstanzliches Organ zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie das Ermessen in derselben Weise ausgeübt hätte. Ein erstinstanzliches Organ, das nach dem EPÜ unter bestimmten Umständen Ermessens­entscheidungen zu treffen hat, muss bei der Ausübung dieses Ermessens einen gewissen Freiraum haben, in den die Beschwerdekammern nicht eingreifen. In derartigen Fällen sollte sich eine Beschwerde­kammer nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt und damit den ihr eingeräumten Ermessens­spielraum überschritten hat (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage, III.K.5).

4.4 Die Kammer kann keine Anhaltspunkte erkennen, dass das Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt worden ist. Dies hat die Beschwerdeführerin auch nicht vorgetragen.

Die Einspruchsabteilung hat als Kriterium für ihre Ermessensentscheidung die Relevanz des Dokuments DVIII herangezogen, mit dem bereits im Verfahren befindlichen Stand der Technik verglichen und ist zu der Auffassung gelangt, dass DVIII weniger relevant sei als andere Dokumente aus dem genannten Stand der Technik. Daraufhin wurde das Dokument DVIII nicht in das Verfahren zugelassen.

Dieses Vorgehen entspricht der Amtspraxis in den Verfahren am EPA und ist nicht zu beanstanden, vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage, IV.C.1.2.

Der Einwand der Beschwerdeführerin, das Kriterium der Relevanz sei nicht richtig angewendet worden, weil DVIII relevanter sei als von der Einspruchsabteilung festgestellt, zielt darauf ab, die Kammer nochmals mit der Prüfung der Relevanz zu befassen. Dies ist allerdings, wie bereits ausgeführt, nicht die Aufgabe der Beschwerdekammern bei der Überprüfung einer erstinstanzlichen Ermessensentscheidung.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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