T 1064/12 () of 16.9.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T106412.20150916
Datum der Entscheidung: 16 September 2015
Aktenzeichen: T 1064/12
Anmeldenummer: 06841185.9
IPC-Klasse: B22D 11/124
B22D 11/14
B22D 11/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUM STRANGGIESSEN
Name des Anmelders: SMS group GmbH
Name des Einsprechenden: Primetals Technologies Austria GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 937 429 (im Folgenden: Patent) betrifft die Sekundärkühlung in einem Stranggießverfahren.

II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurde ein Einspruch eingelegt. Der Einspruch war auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ, nämlich mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit, gestützt. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, den Einspruch aufgrund des Artikels 101 (2) EPÜ zurückzuweisen.

III. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin) mit ihrer Beschwerde.

IV. In der als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) teilte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung der Beschwerde mit.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 16. September 2015 statt.

VI. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der mit Schriftsatz vom 17. August 2015 als Hilfsanträge 1 bis 3 eingereichten Anspruchssätze.

VII. Ansprüche - Hauptantrag

Der unabhängige Verfahrensanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet folgendermaßen:

"1. Verfahren zum Stranggießen von Brammen-, Dünnbrammen-, Vorblock-, Vorprofil-, Rundprofil-, Rohrprofil- oder Knüppelsträngen (1) und dergleichen aus flüssigem Metall in einer Stranggießanlage (2), bei dem Metall aus einer Kokille (3) senkrecht nach unten austritt, wobei das Metallband (1) dann entlang einer senkrechten Strangführung (4) vertikal abwärts geführt und dabei gekühlt wird, wobei das Metallband (1) dann aus der vertikalen Richtung (V) in die horizontale Richtung (H) umgebogen wird und wobei im Endbereich der Umbiegung in die horizontale Richtung (H) oder nach der Umbiegung in die horizontale Richtung (H) eine mechanische Umformung (5) des Metallbandes (1) erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass in Förderrichtung (F) des Metallbandes (1) hinter der Kokille (3) und vor der mechanischen Umformung (5) des Metallbandes (1) in einem ersten Abschnitt (6) eine Kühlung des Metallbandes (1) mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erfolgt, wobei in Förderrichtung (F) nach der Kühlung in einem zweiten Abschnitt (7) durch Wärmeausgleich im Metallband (1) ohne oder mit reduzierter Kühlung der Oberfläche des Metallbandes (1) eine Erwärmung der Oberfläche des Metallbandes (1) auf eine Temperatur über Ac3 bzw. Ar3 erfolgt, wonach in einem dritten Abschnitt (8) die mechanische Umformung (5) erfolgt."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 betreffen besondere Ausführungsformen des im Anspruch 1 definierten Stranggießverfahrens.

Der unabhängige Vorrichtungsanspruch 7 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"7. Stranggießanlage (2) zum Stranggießen von Brammen-, Dünnbrammen-, Vorblock-, Vorprofil-, Rundprofil-, Rohrprofil- oder Knüppelsträngen (1) und dergleichen aus flüssigem Metall, mit einer Kokille (3), aus der das Metall senkrecht nach unten austritt, einer unterhalb der Kokille (3) angeordneten senkrechten Strangführung (4) und Mitteln (9) zum Umbiegen des Metallbandes (1) aus der vertikalen Richtung (V) in die horizontale Richtung (H), wobei im Endbereich der Umbiegung in die horizontale Richtung (H) oder nach der Umbiegung in die horizontale Richtung (H) mechanische Umformmittel (5) für das Metallband (1) angeordnet sind, zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die senkrechte Strangführung (4) eine Anzahl in Förderrichtung (F) des Metallbandes (1) beiderseitig des Metallbandes (1) angeordnete Rollen (10) aufweist, wobei im Bereich der Rollen (10) erste Kühlmittel (11) angeordnet sind, mit denen ein Kühlfluid auf die Oberfläche des Metallbandes (1) aufgebracht werden kann, wobei die Kühlmittel (11) in vertikale und/oder horizontale Richtung (V, H) verschieblich angeordnet sind und wobei zusätzliche zweite Kühlmittel (12) im Bereich der senkrechten Strangführung (4) ortsfest angeordnet sind."

Die abhängigen Ansprüche 8 bis 10 betreffen besondere Ausführungsformen der im Anspruch 7 definierten Stranggießanlage.

VIII. Entgegenhaltungen

In ihrer Beschwerdebegründung nahm die Beschwerdeführerin unter anderem auf folgende bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente Bezug:

D1: JPS63-112058

D1b: Englische Übersetzung der D1

D3: Wolf, M., "Scale Formation and Descaling in Continuous Casting and Hot Rolling", Keeping Current Series, Iron & Steelmaker (I&SM), Ausgaben Januar bis Dezember 2000

D4: AT323921 B

Die Beschwerdeführerin hat folgende Dokumente erstmalig mit ihrer Beschwerdebegründung eingeführt:

D4a: DE2435495 A1

D7: Ausdruck der Internet Datenbank "Database of Steel and Alloy (Marochnik)" für den austenitischen Edelstahl S50C, 13. Juni 2012

D8: Sengupta, J. et al., "The Use of Water Cooling during the Continuous Casting of Steel and Aluminum Alloys", Metallurgical and Materials Transactions A, Volume 36A, Januar 2005, Seiten 187 bis 204

D9: EP0343103 A1

D10: AT265550 B

IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Berücksichtigung der D4a und D7 bis D10 im Verfahren

Vorbringen der Beschwerdeführerin:

Die Einreichung der Dokumente D4a, D7, D8, D9 und D10 im Beschwerdeverfahren stelle eine angemessene Reaktion auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu Anspruch 1 dar. Die D4a gehöre zur selben Patentfamilie wie die D4 und nehme explizit auf die D10 Bezug. Die D7 ermögliche die Berechnung der Wärmeübergangszahl im Stranggießverfahren gemäß der D1. Die D8, D9 bzw. D10 seien für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 bzw. 7 hochrelevant.

Vorbringen der Beschwerdegegnerin:

Diese Dokumente seien als verspätet und somit verfahrensmissbräuchlich zurückzuweisen; auch seien sie prima facie nicht relevanter als der bereits im Einspruchsverfahren vorgelegte Stand der Technik.

b) Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit

Vorbringen der Beschwerdeführerin:

Die D1 offenbare in den Figuren 1 und 2 ein Verfahren zum Stranggießen von Knüppelsträngen, welches alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Merkmale aufweise. Im senkrechten Kühlabschnitt I der Sekundärkühlzone erfolge eine Intensivkühlung des Gießstrangs. Nach dieser Kühlung erfolge im Kühlabschnitt II eine Erwärmung der Strangoberfläche auf eine Temperatur über Ac3 (Figur 2), bevor die mechanische Umformung im Abschnitt A erfolge (Figur 1). Die Wärmeübergangszahl im Kühlabschnitt I könne anhand der Abkühlgeschwindigkeit (5 °C/s), der Abmessungen des Knüppelstrangs (150 x 150 mm), der in D7 genannten Werkstoffdaten für den verwendeten Stahl (S50C) ermittelt werden, unter der Annahme, dass der Knüppelstrang auf allen vier Strangseiten gleichmäßig abgekühlt werde. So ergebe sich eine Wärmeübergangszahl von ca. 1.270 W/(m²·K). Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem in der D1 offenbarten Stranggießverfahren also nur dadurch, dass die Intensivkühlung im Kühlabschnitt I mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erfolge.

Dieser Unterschied habe nur den Effekt, dass der Knüppelstrang stärker abgekühlt werde. Die objektive Aufgabe liege also darin, das Verfahren der D1 so zu verändern, dass der Knüppelstrang im Kühlabschnitt I stärker abgekühlt werde und eine geeignete Wärmeübergangszahl hierfür ausgewählt werde.

Es sei fachüblich, einen Metallstrang in der Sekundärkühlzone einer Stranggießanlage mit einer Wärmeübergangszahl von bis auf 3.000 W/(m²·K) abzukühlen, siehe die D8 (Seite 198, linke Spalte, Absatz 3) und die D9 (Spalte 2, Absätze 2 und 3). Zur Lösung der gestellten Aufgabe hätte der Fachmann deshalb in naheliegender Weise die Wärmeübergangszahl im Kühlabschnitt I auf 3.000 W/(m²·K) oder gar mehr eingestellt. Folglich beruhe der Anspruch 1 gegenüber der Kombination der D1 mit der D8, oder alternativ mit der D9, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Diesbezüglich sei anzumerken, dass in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht angegeben sei, dass eine Abkühlung mit einer Wärmeübergangszahl im beanspruchten Bereich zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) einen besonderen technischen Effekt gegenüber einer Abkühlung mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 2.500 und 20.000 W/(m²·K) ergebe. Der beanspruchte Bereich stelle demnach eine beliebige Auswahl aus dem Bereich zwischen 2.500 und 20.000 W/(m²·K) dar. Die fachübliche Wärmeübergangszahl von bis auf 3.000 W/(m²·K) nehme also die beanspruchte Wärmeübergangszahl von mehr als 3.000 W/(m²·K) vorweg.

Ferner gehe aus der D3 hervor, dass die Abkühlung in der Sekundärkühlzone einer Stranggießanlage zwangsläufig eine Entzunderung bewirke, wobei eine stärkere Abkühlung eine höhere Entzunderungsrate bewirke. In der Figur 13b der D3 ("Part V", Seite 79) seien Wärmeübergangszahlen für die Abkühlung und gleichzeitige Entzunderung des Gießstrangs in der Sekundärkühlzone offenbart, die zwischen 3.000 und 8.000 W/(m²·K) liegen. Um die Knüppelstränge stärker abzukühlen und eine erhöhte Entzunderungswirkung zu erreichen, hätte der Fachmann diese Lehre berücksichtigt und die Wärmeübergangszahl im Kühlabschnitt I der D1 auf einen hohen Wert zwischen 3.000 und 8.000 W/(m²·K) eingestellt. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch gegenüber der Kombination der D1 mit der D3 nicht erfinderisch.

Vorbringen der Beschwerdegegnerin:

In der Figur 1 der D1 sei die Sekundärkühlzone in fünf aufeinander folgende Kühlabschnitte I bis V unterteilt, wobei der Gießstrang in den Kühlabschnitten I, III und V jeweils bis auf eine Temperatur unter Ar1 abgekühlt und in den Kühlabschnitten II und IV auf eine Temperatur über Ac3 wiedererwärmt werde. Damit unterscheide sich das anspruchsgemäße Verfahren vom Stranggießverfahren der D1 nicht nur durch die Intensivkühlung mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) sondern durch die drei aufeinander folgenden Abschnitte, wie sie im Kennzeichen des Anspruchs 1 definiert werden.

Dank der beanspruchten Intensivkühlung im senkrechten Kühlabschnitt der Sekundärkühlzone mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) könne ein qualitativ hochwertiger Metallstrang produziert werden, welcher die gewünschte feine Gefügestruktur und Gefügezusammensetzung aufweise, wobei die Verzunderung der Strangoberfläche minimal gehalten werde (Absatz 17 der Patentschrift). Diese Intensivkühlung bewirke auch, dass die Strangoberfläche von Oxidschichten gesäubert, was eine gleichmäßige Abkühlung des Metallbandes fordere (Absatz 19), und die Gefahr von Ausscheidungen an den Korngrenzen bzw. "Hot Shortness" vermindert werde, so dass das Gefüge weniger rissanfällig sei (Absätze 20 und 21). Die Obergrenze für die Wärmeübergangszahl gewährleiste zudem, dass die Gefahr der Rissbildung an der Strangoberfläche vermindert werde, insbesondere bei einem hohen Kupfergehalt (Absatz 23).

Ausgehend von der D1 liege die objektiv zu lösende Aufgabe also darin, das dort offenbarte Verfahren so zu verändern, dass eine Strangoberfläche mit verbesserten Oberflächeneigenschaften erzielt werden könne.

Die beanspruchte Lösung sei durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt. Die D8 und D9 führen allenfalls zu einer Wärmeübergangszahl von maximal 3.000 W/(m²·K). Die Figur 13b der D3 offenbare keine Wärmeübergangszahlen über 3.000 W/(m²·K) für den senkrechten Kühlabschnitt der Sekundärkühlzone sondern Wärmeübergangszahlen, die in einer Laborstudie bei der Kühlung von Stahlproben mit verschiedenem Nickelgehalt ermittelt worden seien. Es sei nicht ersichtlich, dass die Laborbedingungen denjenigen der Sekundärkühlung in einer typischen Stranggießanlage mit einer Gießgeschwindigkeit von maximal 5 m/min entsprechen. Die in der Figur 13b dargestellten Wärmeübergangszahlen zwischen 3.000 und 8.000 W/(m²·K) seien für eine Temperatur der Probenoberfläche zwischen ca 800 und ca 1.000 K ermittelt worden; in einer üblichen Stranggießanlage sei die typische Oberflächentemperatur hinter der Kokille, d.h. im senkrechten Kühlabschnitt der Sekundärkühlung, jedoch wesentlich höher, nämlich zwischen 800 und 1.200 °C bzw. 1.100 und 1.500 K. Für diese typischen Oberflächentemperaturen hinter der Kokille seien in der Laborstudie Wärmeübergangszahlen stets kleiner als 3.000 W/(m²·K) ermittelt worden. Somit könnte die D3 allenfalls zu einer Wärmeübergangszahl von maximal 3.000 W/(m²·K) führen, so wie die D8 und D9.

c) Anspruch 7 - Neuheit

Vorbringen der Beschwerdeführerin:

Der Gegenstand des Anspruchs 7 sei gegenüber der in der D4 bzw. D4a offenbarten Stranggießanlage nicht neu.

Diese bekannte Stranggießanlage sei eindeutig zur Durchführung des Verfahrens nach dem Anspruch 1 geeignet, insbesondere weil die Spritzdüsen 10 im senkrechten Kühlabschnitt 6 so verwendet werden könnten, dass dort eine Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erreicht werde.

Das letzte Merkmal des Anspruchs 7, dass "zusätzliche zweite Kühlmittel im Bereich der senkrechten Strangführung ortsfest angeordnet sind", dürfe dahingehend interpretiert werden, dass diese Kühlmittel lediglich für eine ortsfeste Anordnung geeignet sein müssen (siehe Absatz 32 der Patentschrift). Die Spritzdüsen 10 im Kühlabschnitt 6 seien implizit für eine ortsfeste Anordnung geeignet, da ihr Antrieb ausgeschaltet werden könnte. Demnach stellen diese Spritzdüsen "zusätzliche zweite Kühlmittel" im Sinne des Anspruchs 7 dar.

Vorbringen der Beschwerdegegnerin:

Der D4 bzw. D4a könne nicht entnommen werden, dass die dort offenbarte Stranggießanlage "zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6" geeignet sei. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass im Kühlabschnitt 6 der Sekundärkühlzone eine Intensivkühlung mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erfolgen könne. Bei der erfindungsgemäßen Stranggießanlage werde diese Intensivkühlung insbesondere durch Einstellung des horizontalen und/oder vertikalen Abstands zwischen den ersten Kühlmitteln und der Strangoberfläche gewährleistet (siehe Absätze 30 bis 32 und 36 der Patentschrift).

In der D4 bzw. D4a sei ebenfalls nicht offenbart, dass im Bereich der senkrechten Strangführung zusätzliche Kühlmittel ortsfest angeordnet sind, wie es das letzte Merkmal des Anspruchs 7 verlangt. Die Spritzdüsen 10 der D4 bzw. D4a seien stets horizontal verschiebbar, insbesondere oszillierend bewegbar, um eine gleichmäßige Kühlung bei unterschiedlichen Strangbreiten zu erzielen.

d) Anspruch 7 - Erfinderische Tätigkeit

Vorbringen der Beschwerdeführerin:

Sollte die Kammer zu dem Schluss kommen, dass die Stranggießanlage der D4 bzw. D4a keine zusätzlichen, ortsfest angeordneten Kühlmittel im Bereich der senkrechten Strangführung offenbare, wäre der Gegenstand des Anspruchs 7 nicht erfinderisch. Ausgehend von der D4 bzw. D4a hätte dieses Merkmal keinen technischen Effekt und die objektive Aufgabe bestünde nur darin, eine alternative Anordnung der Kühlmittel bereitzustellen. Aus der D10, welche auf Seite 1 der D4a genannt ist, gehe jedoch hervor, dass eine ortsfeste Anordnung der Kühlmittel im Bereich der senkrechten Strangführung vorbekannt sei.

Vorbringen der Beschwerdegegnerin:

Die Unterschiede zwischen dem beanspruchten Gegenstand und der Stranggießanlage der D4 bzw. D4a begründen das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit, aus den in Bezug auf Anspruch 1 genannten Gründen.

Entscheidungsgründe

1. Berücksichtigung der D4a und D7 bis D10 im Verfahren

1.1 Es liegt im Ermessen der Kammer, die erstmals zusammen mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Dokumente D4a und D7 bis D10 im Verfahren zu berücksichtigen (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 12 (4) VOBK).

1.2 Die Einreichung dieser Dokumente stellt eine gerechtfertigte Reaktion auf die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen, dass die von der Beschwerdeführerin aus der D1 berechnete Wärmeübergangszahl von 3.496 W/(m²·K) fehlerhaft ist, dass weder die D2 noch die D3 eine Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) für die Sekundärkühlzone anregen und dass der D4 kein Hinweis auf Kühlmittel zu entnehmen ist, die im Bereich der senkrechten Strangführung ortsfest angeordnet sind. Die D7 ermöglicht die Berechnung der Wärmeübergangszahl im senkrechten Kühlabschnitt I der Sekundärkühlzone gemäß der D1. Die D8 und D9 erwähnen jeweils eine Wärmeübergangszahl von 3.000 W/(m²·K) für die Sekundärkühlzone. Die D4a unterscheidet sich von der D4 nur dadurch, dass sie die D10 explizit nennt, welche ortsfest angeordnete Kühlmittel im Bereich der senkrechten Strangführung beschreibt. Auch war der Inhalt dieser Dokumente prima facie für die Frage der erfinderischen Tätigkeit hochrelevant.

1.3 Die Kammer entschied deshalb, diese Dokumente im Verfahren zu berücksichtigen.

2. Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit

2.1 Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das in den Figuren 1 und 2 der D1 dargestellte Stranggießverfahren den nächstliegenden Stand der Technik darstellt und dass die im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale dort ihrem Wortlaut nach verwirklicht sind (siehe das flüssige Metall 2, die Kokille 1, die Sekundärkühlzone B und die mechanische Umformung A). Die Kammer teilt diese Auffassung.

2.2 Die D1 hat zum Ziel, ein Stranggießverfahren bereitzustellen, welches Oberflächenrisse und ein grobes Korn im durcherstarrten Knüppelstrang verhindert (in D1b siehe Abschnitt "Problems to be solved by the invention" auf Seiten 2 und 3). Hierzu schlägt die D1 vor, dass in der Sekundärkühlzone eine wiederholte Umwandlung zwischen Austenit und Ferrit durchgeführt wird, um ein mikroskopisch homogenes Material durch Kornfeinung während der Erstarrung und Abkühlung des Knüppelstrangs zu erreichen (Seite 3, Absatz 3; Seite 7, Absatz 2). In der Figur 1 ist die Sekundärkühlzone in fünf aufeinander folgende Kühlabschnitte I bis V unterteilt, wobei der Knüppelstrang in den Kühlabschnitten I, III und V mittels intensiver Spritzwasserkühlung bis auf eine Temperatur unter Ac1 abgekühlt und in den Kühlabschnitten II und IV mittels reduzierter Spritzwasserkühlung auf eine Temperatur über Ac3 erwärmt wird (Seite 5, Absatz 2 und Figur 2).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Demnach stellen der Kühlabschnitt I und der darauf folgende Kühlabschnitt II der Sekundärkühlzone B einen "ersten Abschnitt" und einen "zweiten Abschnitt" dar, wie sie im Kennzeichen des Anspruchs 1 definiert sind.

2.3 In der D1 ist kein Wert für die Wärmeübergangszahl im Kühlabschnitt I angegeben. Aus dem dort beschriebenen Ausführungsbeispiel mit einem Knüppelstrang aus Stahl der Sorte S50C (Seite 5, Absatz 2) lässt sich unter Verwendung der in D7 genannten Dichte und Wärmekapazität für diese Stahlsorte eine Wärmeübergangszahl von höchstens 1.270 W/(m²·K) ermitteln.

2.4 Folglich teilt die Kammer die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich von dem Stranggießverfahren der D1 nur dadurch unterscheidet, dass im Kühlabschnitt I eine Kühlung des Strangs "mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erfolgt".

2.5 Dank diesem Unterscheidungsmerkmal wird die Verzunderung und zugleich die Rissanfälligkeit der Oberfläche des durcherstarrten Strangs vermindert (Absätze 17 und 19 bis 23 der Patentschrift).

2.6 Ausgehend von der D1 besteht die von dem Unterscheidungsmerkmal objektiv zu lösende Aufgabe demnach in der Verbesserung der Oberflächeneigen-schaften des durcherstarrten Strangs.

2.7 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die zu lösende Aufgabe einfach darin bestehe, eine höhere Wärmeübergangszahl für den Kühlabschnitt I der D1 auszuwählen. Diese Formulierung der Aufgabe enthält jedoch bereits einen Teil der beanspruchten Lösung und lässt ihre technische Wirkung außer Acht.

2.8 Ein mit der unter Punkt 2.6 genannten Aufgabe befasster Fachmann gelangt, unter Berücksichtigung des entgegengehaltenen Stands der Technik und seiner allgemeinen Fachkenntnisse, nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung.

2.9 In der D1 selbst ist weder offenbart noch angeregt, eine derart intensive Abkühlung im Kühlabschnitt I durchzuführen. Vielmehr erfährt der Fachmann in der D1, dass die Oberflächeneigenschaften des Strangs durch wiederholte Umwandlung zwischen Austenit und Ferrit verbessert werden (Seite 7, Absatz 1 und Figur 3). Demnach würde er in naheliegender Weise die Anzahl der Umwandlungen erhöhen. So gelangt er aber nicht zur beanspruchten Lösung.

2.10 Die D8 untersucht den Einfluss der Temperatur der Strangoberfläche auf die Wärmeübergangszahl in der Sekundärkühlzone von Stranggießanlagen (Zusammenfassung). Auf Seite 198 der D8 wird auf frühere Studien verwiesen, wonach "typische" Werte für die Wärmeübergangszahl zwischen 2.000 und 3.000 W/(m²·K) für eine Temperatur von ca. 500 bis 700 °C gemessen wurden (linke Spalte, Absatz 2, Punkt 1)). Sollte der Fachmann diese Textstelle der D8 heranziehen, würde sie ihn nicht dazu führen, im Kühlabschnitt I der D1 eine Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) einzustellen.

2.11 Die D9 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Kühlen eines Gegenstandes durch Aufsprühen eines Luft-Wasser-Gemisches in Form eines Nebels auf die Oberfläche des Gegenstandes mittels wenigstens einer Düse (siehe u.a. Anspruch 1). Um die Kühlwirkung unter gleichzeitiger Verminderung der Gasdurchflussmenge zu verbessern, schlägt die D9 vor, dass ein Wasserstrahl durch die Düsenöffnung zu einem Sprühnebel mit Tröpfchengröße < 100 µm verdüst und nach seinem Austritt aus der Düse zur Beschleunigung und Richtungslenkung der Tröpfchen mit Luftstrahlen in einem Winkel zwischen 0 und 90° zur Düsenachse beaufschlagt wird. Die D9 lehrt zwar, dass dieses Verfahren sich besonders zum Kühlen heißer Oberflächen mit vollständiger Verdampfung des Kühlmittels eignet, "wobei die Kühlintensitäten bevorzugt zwischen 500 und 3.000 W/(m²·K) liegen" (Spalte 2, Zeile 19 und Anspruch 9). Für den mit der unter Punkt 2.6 genannten Aufgabe befassten Fachmann besteht jedoch keine Veranlassung, die D9 heranzuziehen, denn sie beschäftigt sich nicht mit den Oberflächeneigen-schaften des durcherstarrten Strangs, und selbst wenn er dies täte, würde er nicht zu einem Wert für die Wärmeübergangszahl im beanspruchten Bereich gelangen.

2.12 Die D3 dokumentiert das allgemeine Fachwissen bezüglich der Entzunderung der Strangoberfläche in der Sekundärkühlzone von Stranggießanlagen. Dort wird unter anderem erwähnt, dass die Abkühlung in der Sekundärkühlzone eine Entzunderung bewirkt (Seite 61, Spalte 1, Absatz 1; Seite 78, Spalte 1, Absatz 2), wobei eine Verbesserung der Entzunderung mittels einer Verstärkung des Besprühens und der Abkühlung (Seite 69, Spalte 2, Absatz 2; Seite 78) bzw. mittels häufiger Wechsel der Oberflächentemperatur des Gießstrangs und des resultierenden Alternierens der Ausdehnung und Kontraktion der Zunderschicht (Seite 78, Spalte 2, Absatz 1) erzielt werden kann. Diese Information hätte den Fachmann allenfalls dazu angeregt, die Stärke der Abkühlung in einem oder mehreren der Kühlabschnitte I, III und V der Stranggießanlage gemäß der D1 und/oder die Anzahl der Umwandlungen zwischen Austenit und Ferrit zu erhöhen, um die Entzunderung zu verbessern. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erhöht der Fachmann auf diese Weise nicht zwangsläufig die Wärmeübergangszahl im Kühlabschnitt I von maximal 1270 W/(m²·K) auf mehr als 3.000 W/(m²·K) und zugleich weniger als 10000 W/(m²·K).

2.13 Die Figuren 13a und 13b der D3 ("Part V", Seite 79) zeigen die Ergebnisse einer Laborstudie zur Untersuchung des Einflusses der Zunderschicht auf den Wärmeübergang (Seite 79, Spalte 1, Absatz 2). In dieser Laborstudie wurde die verzunderte Oberfläche von Stahlproben mit verschiedenem Nickelgehalt mit Spritzwasser gekühlt. Die Figur 13a zeigt die Entwicklung der Oberflächentemperatur mit der Kühlzeit; die Figur 13b zeigt die Entwicklung der Wärmeübergangszahl mit der Oberflächentemperatur. Die Stahlproben wurden offenbar zunächst auf ca. 1.500 K aufgeheizt, anschließend 20 Sekunden lang verzundert und abschließend in 40 Sekunden von ca. 1.400 K auf ca. 0 K abgekühlt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin erfolgte in der Laborstudie mithin keine Abkühlung eines Gießstrangs in der Sekundärkühlzone einer Stranggießanlage, sondern eine einfache Spritzwasserkühlung von Stahlproben, um den Einfluss der Zunderschicht auf den Wärmeübergang zu untersuchen, nicht jedoch umgekehrt. Deshalb hätte der Fachmann keine Veranlassung, die in der Figur 13b dargestellten Wärmeübergangszahlen zur Lösung der gestellten Aufgabe heranzuziehen.

2.14 Sollte der Fachmann dennoch die Figuren 13a und 13b heranziehen, würde er feststellen, dass die Oberflächentemperatur zu Beginn des simulierten Abkühlvorgangs in etwa der Oberflächentemperatur eines Gießstrangs hinter der Kokille entspricht, welche typischerweise 800 bis 1200 °C, d.h. ca. 1.100 bis 1.500 K beträgt. Für diese typischen Oberflächentemperaturen wurden in der Laborstudie Wärmeübergangszahlen zwischen 1.000 und 3.000 W/(m²·K) ermittelt (Figur 13b). Diese Werte entsprechen den typischen Wärmeübergangszahlen in der Sekundärkühlzone einer Stranggießanlage, wie sie in der D8 dokumentiert sind, und führen den Fachmann erneut weg von der beanspruchten Lösung.

2.15 In der Laborstudie wurden zwar höhere Wärmeübergangszahlen zwischen 3.000 und 8.000 W/(m²·K) ermittelt, jedoch nur für relativ niedrige Oberflächentemperaturen zwischen 800 und 1.000 K (zwischen ca. 500 und ca. 700 °C) und dies nach einer Abkühlzeit von 20 Sekunden, d.h. nach der Hälfte des gesamten Abkühlvorgangs. Der Fachmann erhält daraus keine Anregung, zur Lösung der gestellten Aufgabe derartig hohe Wärmeübergangszahlen ausgerechnet im ersten Kühlabschnitt I der Sekundärkühlung B der D1 zu verwenden.

2.16 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen des Patents hervorgehe, dass der beanspruchte Bereich für die Wärmeübergangszahl eine willkürliche Auswahl aus dem breiteren Bereich zwischen 2.500 und 20.000 W/(m²·K) sei. Demnach stelle der beanspruchte Bereich kein Merkmal dar, welches gegenüber einer Abwandlung des Stranggießverfahrens der D1 mit einer typischen Wärmeübergangszahl von maximal 3.000 W/(m²·K) im Kühlabschnitt I das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit begründen könne. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen. Es liegt kein Nachweis vor, dass diese Erkenntnis aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ gehört. Sollte der Fachmann, aus welchem Grund auch immer, im Kühlabschnitt I der D1 die Wärmeübergangszahl auf maximal 3.000 W/(m²·K) einstellen, würde dort keine verstärkte Kühlung mit einer Wärmeübergangszahl im beanspruchten Bereich erfolgen. Das Kriterium, wonach ein ausgewählter Bereich kein willkürlicher Ausschnitt des Standes der Technik sein darf, wurde für die Beurteilung der Neuheit von Auswahlerfindungen entwickelt, nicht aber für die Beurteilung der Frage, ob ein dem Fachmann nahegelegter Gegenstand unter den Wortlaut des Anspruchs fällt oder nicht.

2.17 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass ausgehend von der D1 der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

2.18 Die Ansprüche 2 bis 6 genügen aus den vorgenannten Gründen ebenfalls den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ im Hinblick auf die D1.

3. Anspruch 7 - Neuheit

3.1 Die Figur 1 der D4 bzw. D4a zeigt eine Stranggießanlage zum Stranggießen von Brammensträngen verschiedener Breite, mit einer Kokille 1, aus der ein Metallstrang 2 ausgezogen wird, und mit einer Sekundärkühlzone, die aus drei Kühlabschnitten 6, 7 und 8 besteht. Die Kühlabschnitte sind aus Kühlwasserzufuhrrohren 9, 11, 12 und Spritzdüsen 10 gebildet. Damit sind alle im Oberbegriff des Anspruchs 7 aufgeführten physischen Merkmale ihrem Wortlaut nach verwirklicht.

3.2 In allen drei Kühlabschnitten sind die Spritzdüsen 10 zusammen mit den zugehörigen Kühlwasserzufuhrrohren quer zur Strangoberfläche horizontal verschiebbar und oszillierend bewegbar (Figur 2), so dass nach Veränderung der Strangbreite eine gleichmäßige Kühlung des Strangs gewährleistet wird (in der D4 siehe Seite 2, Zeilen 25 bis 29 und Seite 3, Zeilen 6 bis 9). Diese horizontal verschiebbaren Spritzdüsen 10 des Kühlabschnitts 6 nehmen die im Kennzeichen des Anspruchs 7 definierten ersten Kühlmittel vorweg.

3.3 Es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob diese Stranggießanlage der D4 bzw. D4a

- die im Anspruch 7 angegebene Zweckbestimmung "zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6" erfüllt, und

- zusätzliche ortsfest angeordnete Kühlmittel aufweist, wie sie im letzten Merkmal des Anspruchs 7 verlangt werden.

Die Kammer schließt sich der Auffassung der Beschwerdegegnerin aus folgenden Gründen an:

3.3.1 Zweckbestimmung

Die im Oberbegriff des Anspruchs 7 enthaltene Zweckangabe "zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6" definiert die Zweckbestimmung der Stranggießanlage und beschränkt die Stranggießanlage dahingehend, dass sie nicht nur die physischen Merkmale des Anspruchs 7 erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass sie für den angegebenen Zweck verwendbar ist.

Es kann der D4 bzw. D4a nicht entnommen werden, dass die dort offenbarte Stranggießanlage sich zur Durchführung des Verfahrens nach dem Anspruch 1 eignet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist insbesondere nicht ersichtlich, dass diese Stranggießanlage ohne bauliche Änderung so verwendet werden kann, dass im senkrechten Kühlabschnitt 6 "eine Kühlung des Metallbandes mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) erfolgt" und dass nach dieser Kühlung und vor der mechanischen Umformung "durch Wärmeausgleich im Metallband ohne oder mit reduzierter Kühlung der Oberfläche des Metallbandes eine Erwärmung der Oberfläche des Metallbandes auf eine Temperatur über Ac3 bzw. Ar3 erfolgt", wie im Kennzeichen des Anspruchs 1 vorgeschrieben ist. Die Durchführung dieser Verfahrensschritte setzt eine besondere Ausbildung, Anzahl und Anordnung der Spritzdüsen voraus, die in der D4 bzw. D4a nicht offenbart sind. Der Umstand, dass die dort dargestellten Spritzdüsen 10 quer zur Strangoberfläche horizontal verschiebbar und oszillierend bewegbar sind, bedeutet noch nicht, dass sich mit ihnen die erforderliche Kühlleistung erbringen lassen könnte.

3.3.2 Ortsfest angeordnete Kühlmittel

Das letzte Merkmal des Anspruchs 7 vermittelt einem fachkundigen Leser die klare technische Lehre, dass die zusätzlichen zweiten Kühlmittel der Stranggießanlage "ortsfest", d.h. nicht beweglich, angeordnet sein müssen. Es besteht also keine Veranlassung, die Beschreibung der Patentschrift zur Auslegung dieses Merkmals heranzuziehen.

Dieses Merkmal ist in der D4 bzw. D4a nicht offenbart. Die Spritzdüsen 10 der D4/D4a sind in allen drei Kühlabschnitten 6, 7 und 8 quer zur Strangoberfläche horizontal verschiebbar (siehe Seite 4, Absatz 1 und Anspruch 1).

3.4 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 7 neu gegenüber der D4 bzw. D4a.

4. Anspruch 7 - Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die vorgenannten Unterscheidungsmerkmale zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 7 und der Stranggießanlage der D4 bzw. D4a ermöglichen eine Kornfeinung, eine geringe Verzunderung und eine geringe Rissanfälligkeit an der Oberfläche des durcherstarrten Strangs (siehe Absätze 17 und 19 bis 23 der Patentschrift).

4.2 Ausgehend von der D4 bzw. D4a besteht die objektiv gelöste Aufgabe also darin, die Oberflächeneigenschaften des Strangs zu verbessern.

4.3 Ein mit dieser Aufgabe konfrontierter Fachmann, selbst unter Berücksichtigung der D10, D1, D8, D9 und D3 und seiner Fachkenntnisse, gelangt nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung. Wie bereits unter Punkte 2.9 bis 2.16 ausgeführt, hätte er insbesondere keine Veranlassung, die Spritzdüsen 10 im ersten Kühlabschnitt 6 der D4 bzw. D4a derart zu verändern, dass sie für eine Kühlung mit einer Wärmeübergangszahl zwischen 3.000 und 10.000 W/(m²·K) geeignet wären.

4.4 Folglich kommt die Kammer zu dem Schluss, dass ausgehend von der D4 bzw. D4a der Gegenstand des Anspruchs 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

5. Die Ansprüche 8 bis 10 genügen aus den vorgenannten Gründen ebenfalls den Erfordernissen der Artikel 54 und 56 EPÜ im Hinblick auf die D4 und D4a.

6. Die Kammer stimmt also mit der Einspruchsabteilung überein, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Einspruchsgründe mangelnder Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung des Hauptantrages nicht entgegenstehen.

7. Auf die Hilfsanträge 1 bis 3 der Beschwerdegegnerin braucht daher nicht eingegangen zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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