T 0841/12 () of 16.10.2014

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2014:T084112.20141016
Datum der Entscheidung: 16 October 2014
Aktenzeichen: T 0841/12
Anmeldenummer: 01962439.4
IPC-Klasse: E21B 19/20
E21B 19/24
E21B 7/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VORRICHTUNG ZUM ZUSAMMENBAUEN, INSBESONDERE VERLÄNGERN, EINES ROHRES BZW. GESTÄNGES
Name des Anmelders: "ALWAG" Tunnelausbau Gesellschaft m.b.H.
Name des Einsprechenden: Kolk Maschinenbau GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Februar 2012, mit der das Patent Nr. EP-B- 1 311 740 widerrufen wurde.

Insbesondere stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 wie erteilt (und auch wie geändert laut Hilfsantrag) sowie die Vorrichtung gemäß dem Anspruch 4 wie erteilt (und auch wie geändert laut Hilfsantrag) neuheitsschädlich von EP-A- 0 379 187 (D1) bereits bekannt gewesen seien.

II. Die Beschwerde wurde von der Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) am 4. April 2012 per Telefax eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde am 3. April entrichtet und die Beschwerdebegründung am 13. Juni 2012 eingereicht.

III. Mit der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung vom 10. März 2014 hat die Kammer ihre vorläufige Meinung dargestellt.

IV. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin), die mit ihrer Beschwerdeerwiderung vorgetragen hatte, dass der Erfindungsgegenstand des Patents wie erteilt von

EP-A- 0 379 187 (D1) neuheitsschädlich vorweggenommen sei bzw. dass die Vorrichtung gemäss Hilfsantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe, da sie in naheliegender Weise aus der Zusammenschau von D1 und DE-A- 41 13 422 (D3) herleitbar sei, hat per Telefax vom 29. September 2014 ihren Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 311 740 zurückgenommen.

Die Patentinhaberin hat per Telefax vom 1. Oktober 2014 geänderte Unterlagen (Anspruchssatz und Beschreibung) vorgelegt.

Darauf hin hat die Kammer den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2014 aufgehoben und das Verfahren schriftlich vorgesetzt.

V. Antragslage

Nach Rücknahme des Einspruchs ist die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin die einzig am Beschwerdeverfahren beteiligte Partei.

Sie beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage:

- der Ansprüche 1 bis 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014, per Telefax am 1. Oktober 2014 eingegangen und am 15. Oktober bestätigt;

- der Seiten 1 bis 12 der Beschreibung, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014, per Telefax am 1. Oktober 2014 eingegangen und am 15. Oktober bestätigt; und

- der Figuren 1 bis 3 der Patentschrift.

VI. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 ist wie folgt:

"Vorrichtung zum Zusammenbauen, insbesondere Verlängern, eines Rohrs bzw. Gestänges (4), insbesondere eines Bohrgestänges, und eines das Rohr bzw. Gestänge (4) umgebenden Hüllrohrs (5), wobei an einer Halterung (1), beispielsweise Lafette, für die Antriebs- bzw. Einbringeinrichtung (11) des Rohrs bzw. Gestänges (4) eine insbesondere schwenkbare Hebe- und Positioniereinrichtung (2) zur Aufnahme eines weiteren Gestänge- und Hüllrohrelements (4, 5) vorgesehen ist, wobei für ein Verschrauben von aneinander anschließenden Gestängeelementen (4) die Antriebs- bzw. Einbringvorrichtung (11), welche an dem das bestehende Gestänge verlängernden Gestängeelement (4) angreift, vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass für ein Verschrauben von aneinander anschließenden Hüllrohrelementen (5) eine gesonderte Drehvorrichtung (10) für eine kontinuierliche Drehbewegung vorgesehen ist, dass die gesonderte Drehvorrichtung (10) an einer an der Halterung (1), beispielsweise Lafette, gesondert festlegbaren Abstütz- bzw. Supportvorrichtung (8) festlegbar ist und mit einem Hüllrohrelement (5) in Eingriff bringbar ist und dass an der Support- bzw. Abstützvorrichtung (8) zusätzlich eine Zentrier- und Klemmvorrichtung (9) für ein Ergreifen des zu verlängernden Gestänges bzw. Hüllrohrs (4, 5) vorgesehen ist."

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:

Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1, welcher auf der Kombination der erteilten Ansprüche 4, 8 und 9 beruhe, unterscheide sich gegenüber dem in D1 offenbarten Stand der Technik zumindest durch die von den erteilten Ansprüchen 8 und 9 aufgenommenen Merkmale, nämlich dadurch:

- dass die gesonderte Drehvorrichtung (10) an einer an der Halterung (1), beispielsweise Lafette, gesondert festlegbaren Abstütz- bzw. Supportvorrichtung (8) festlegbar ist und mit einem Hüllrohrelement (5) in Eingriff bringbar ist

- und dass an der Support- bzw. Abstützvorrichtung (8) zusätzlich eine Zentrier- und Klemmvorrichtung (9) für ein Ergreifen des zu verlängernden Gestänges bzw. Hüllrohrs (4, 5) vorgesehen ist.

Der Fachmann könne auch in DE-A- 41 13 422 keine Anregung finden, um die aus D1 bekannte Vorrichtung derart zu ändern, dass sie im Ergebnis sämtliche kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 1 erfüllen würde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

Der Anspruchssatz ist auf Vorrichtungsansprüche beschränkt worden; die erteilten Verfahrensansprüche wurden gestrichen.

Der unabhängige Anspruch 1 beruht auf der Kombination des unabhängigen Anspruchs 4 und der abhängigen Ansprüche 8 und 9 wie erteilt (Ansprüche 5, 9 und 10 der ursprünglich eingereichten Anmeldung

WO-A-02/16728), wobei die im Kennzeichen des erteilten Anspruchs 9 definierte "oder"-Alternative gestrichen wurde, so dass die definierte Vorrichtung auf eine Zentrier- und Klemmvorrichtung beschränkt wurde.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 beruhen auf die Ansprüche 7 und 10 bis 12 und wurden lediglich umnummeriert.

Die Beschreibung wurde an die neue Definition des Erfindungsgegenstands angepasst.

Die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ sind somit erfüllt.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 D1 offenbart sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, nämlich:

- eine Vorrichtung (Ankerbohrgerät) zum Zusammenbauen, insbesondere Verlängern, eines Bohrgestänges (Innengestänge 9) und eines das Bohrgestänge 9 umgebenden Hüllrohrs (Außengestänge 10), [siehe Spalte 1, Zeilen 36 bis 40, Zeilen 45 bis 46, Zeilen 51 bis 53; Figur 2],

- eine insbesondere schwenkbare Hebe- und Positioniereinrichtung (Beschickungseinrichtung 15 mit Greifern 16,16a) zur Aufnahme eines weiteren Gestänge- und Hüllrohrelements (9,10) [Spalte 4, Zeilen 39 bis 44], welche an einer Halterung (Anlenkung 7 zusammen mit Bohrlafette 6), [Spalte 4, Zeilen 6 bis 8; Figur 2], beispielsweise Lafette, für die Antriebs- bzw. Einbringeinrichtung des Innengestänges 9 (auf der Bohrlafette 6 und mittels dem Schlitten 29 fahrbarer Kraftdrehkopf 25) vorgesehen ist [Spalte 5, Zeilen 42, 57 und 58; Figur 2],

- wobei für ein Verschrauben von aneinander anschließenden Gestängeelementen (Innengestänge 9) die Antriebs- bzw. Einbringvorrichtung (Kraftdrehkopf 25) an dem das bestehende Gestänge verlängernden Gestängeelement (9) angreift [Spalte 6, Zeilen 30 ff.].

Es kann hierzu noch vermerkt werden, dass der Fachmann dem Begriff "Hüllrohr" keine im Gebiet des Untertagebaus oder Tunnelvortriebs beschränkte Bedeutung zumessen würde.

Dass das beanspruchte Hüllrohr lediglich als dünnwandiges Rohr auszulegen sei, welches, im Gegensatz zu D1, wo beide Innen- und Außengestänge 9,10 Bohrelemente darstellen, lediglich ein Bohrgestänge umhülle, ohne selbst angetrieben zu werden bzw. ohne am Bohrvorgang aktiv teilzunehmen, wird durch den Wortlaut des Anspruchs 1 nicht gestützt.

3.2 Ferner lässt sich das erste Merkmal des Kennzeichens auf D1 lesen, welche ebenfalls eine gesonderte Drehvorrichtung (Kraftdrehkopf 26) für eine kontinuierliche Drehbewegung und somit für ein Verschrauben von aneinander anschließenden Hüllrohrelementen (Außengestänge 10) offenbart [Spalte 6, Zeilen 32 bis 34 und 51 bis 54].

3.3 Ob die gesonderte Drehvorrichtung (Kraftdrehkopf 26) gemäß D1 auch an einer an der Halterung (Lafette 6 und Anlenkung 7) gesondert festlegbaren Abstütz- bzw. Supportvorrichtung (Schlitten 27) festlegbar und mit einem Hüllrohrelement (Außengestänge 10) in Eingriff bringbar sei, bzw. ob die konisch ausgebildete Klemmzangen 22 und 23 jeweils das Außengestänge 10 und das Innengestänge 9 klemmen und zentrieren können, kann für die Frage der erfinderischen Tätigkeit dahingestellt bleiben, denn allein schon das unterscheidende Teilmerkmal, dass die Zentrier- und Klemmvorrichtung (9) an der Support- bzw. Abstützvorrichtung (8) vorgesehen ist, ist an sich weder bekannt, noch wird es durch den im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik nahegelegt.

3.4 Die Klemmzangen 22,23 der aus D1 bekannten Vorrichtung sind nicht an der Support- bzw. Abstützvorrichtung (Schlitten 27 in D1) vorgesehen. Der gesonderte Antrieb (Kraftdrehkopf 26) dient nicht allein zum Verschrauben von Außengestängen 10, sondern treibt diese bei Normalbetrieb des Erdbohrgeräts auch weiter an.

Der in D1 die Support- bzw. Abstützvorrichtung für den gesonderten Antrieb der Außengestänge darstellende Schlitten 27 ist an gegenüberliegende Ende im Vergleich zur Lage der Klemmzange 22 für die Außengestänge vorgesehen.

Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann die Klemmzange 22 auf den Schlitten 27 in D1 verlagern würde. Eine derartige Verlängerung wäre bei einem Erdbohrgerät, wie in D1 beschrieben, aus technischer Sicht auch nicht sinnvoll.

3.5 Die D3 scheint in dieser Hinsicht auch nicht relevant zu sein, zumal die in D3 offenbarten Klemmvorrichtung 16 bzw. Klemm- und Drehvorrichtung 17 dazu dienen, zwei mit einander verschraubte Bohrstangen oder Rohre, deren Verschrauben durch den Bohrvorgang festgezogen wurde, voneinander zu lösen (vgl. Spalte 3, Zeilen 12 bis 33).

Diese bekannten Vorrichtungen erfüllen somit einen anderen Zweck und stellen daher keine unmittelbare Lehre zum Handeln dar, um die Klemmvorrichtung 22

gemäß D1 an einer anderen Stelle vorzusehen.

3.6 Die beanspruchte Vorrichtung beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das europäisches Patent Nr. 1 311 740 in geändertem Umfang auf folgender Basis aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014, per Telefax am 1. Oktober 2014 eingegangen und am 15. Oktober bestätigt, und

- Seiten 1 bis 12 der Beschreibung, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014, per Telefax am 1. Oktober 2014 eingegangen und am 15. Oktober bestätigt, und

- Figuren 1 bis 3 der Patentschrift.

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