T 2475/11 (Brandgeschützte Verbundsysteme) of 5.4.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T247511.20160405
Datum der Entscheidung: 05 April 2016
Aktenzeichen: T 2475/11
Anmeldenummer: 04740708.5
IPC-Klasse: C09K 21/14
C04B 26/26
C04B 28/26
C04B 26/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FEUERHEMMENDES BRANDSCHUTZELEMENT
Name des Anmelders: Karl Zimmermann GmbH
Name des Einsprechenden: Grebe, Alexander
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag - Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0197/86
T 0305/87
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Beschwerdeführers (Einsprechender) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 641 895 zurückgewiesen wurde. Der unabhängige Anspruch 1 des Streitpatentes lautet wie folgt:

"1. Brandschutzelement, bestehend aus

(A) einer intumeszierenden Komponente, umfassend

a) wenigstens ein Cyanursäurederivat,

b) wenigstens ein Zuckerpolyol,

c) wenigstens ein Ammoniumpolyphosphat,

d) wenigstens einen Blähgraphit und

e) Aluminiumhydroxid; und

(B) einem verbundbildenden Träger,

wobei die Komponente (A) homogen im verbundbildenden Träger (B) verteilt ist,

und wobei der verbundbildende Träger (B) ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus Polyurethanen, Phenolharzen, Polystyrolen, Polyolefinen, wie Polyethylen und/oder Polybutylen, Melaminharzen, Melaminharzschäumen, synthetischem oder natürlichem Kautschuk, Cellulose, Elastomeren und Gemischen davon,

und wobei das Brandschutzelement in Form von Konstruktionselementen, Passstücken, Formkörpern, Zylindern (Stopfen), Platten, Quadern, Pyramiden, Halbschalen, Hohlkörpern, Verschlusselementen, Dichtungsprofilen und/oder Rohrisolationsschläuchen vorliegt."

II. Im Einspruchsverfahren war das Patent in seinem gesamten Umfang wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ), angegriffen worden. Im Einspruchsverfahren wurden inter alia folgende Dokumente herangezogen:

(4) DE 196 52 352 A1,

(10) DE 196 17 592 A1,

(11) DE 100 09 977 A1 und

(12) DE 100 07 980 A1.

III. In der angefochtenen Entscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber den Druckschriften (10) und (12) sei, da u.a. die technischen Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent lediglich isoliert, aber nicht in Kombination offenbart seien. Ausgehend von u.a. den Druckschriften (10), (11) oder (12) beruhe der Gegenstand der erteilten Ansprüche auf einer erfinderischen Tätigkeit.

IV. In seiner Beschwerdebegründung argumentierte der Beschwerdeführer, dass der Gegenstand des Streitpatentes in seiner erteilten Fassung von den Druckschriften (10) und (12) neuheitsschädlich getroffen sei, da alle technischen Merkmale des beanspruchten Gegenstandes in diesen Druckschriften offenbart seien. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit ging er in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer von den Druckschriften (10), (11) oder (12) als nächstliegendem Stand der Technik aus. Keines der Vergleichsbeispiele gemäß Anhang V oder VI könne eine Verbesserung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik belegen, so dass die technische Aufgabe lediglich die Bereitstellung eines alternativen Brandschutzelementes sei. Da jedoch bereits alle technischen Merkmale aus dem zitierten Stand der Technik bekannt gewesen seien, beruhe der Gegenstand der erteilten Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach der Argumentation der Beschwerdeführerin und brachte vor, dass die Druckschriften (10) und (12) den Gegenstand des Streitpatentes nicht vorwegnähmen, da die technischen Merkmale gemäß Anspruch 1 des Streitpatentes nicht in Kombination offenbart seien. Da Druckschrift (11) nur eine Additivmischung betreffe und Druckschrift (12) sich auf Ortschaumsysteme beziehe, sei als nächstliegender Stand der Technik nur die Druckschrift (10) zu sehen, da sie als einzige brandgeschützte Formkörper betreffe. Ausgehend von diesem Stand der Technik sei in den Vergleichsversuchen gemäß Anlage V und VI ein verbessertes Brandschutzverhalten belegt. Es habe jedoch im Stand der Technik nicht nahegelegen, eine intumeszierende Komponente, die in Druckschrift (10) lediglich in der Beschichtung des Formkörpers vorhanden sei, in dem Brandschutzelement bestehend aus den spezifischen Komponenten (A) und (B) homogen zu verteilen, um ein besseres Brandschutzverhalten zu bewirken, so dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Mit Schriftsatz vom 20. August 2012 reichte sie die Hilfsanträge 1 bis 4 ein.

VI. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1641895.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung) sowie hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung einer der Hilfsanträge 1 bis 4, alle Anträge eingereicht mit Schriftsatz vom 20. August 2012.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 5. April 2016 wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Anspruch 1 des Streitpatentes betrifft ein Brandschutzelement, bestehend aus einer intumeszierenden Komponente umfassend die Komponenten a) bis e) und einem verbundbildenden Träger (B), wobei die intumeszierende Komponente (A) homogen in dem verbundbildenden Träger (B) verteilt ist. Der verbundbildende Träger (B), sowie die Form des Brandschutzelementes sind aus jeweils definierten Liste von Materialien (B) und Formbeispielen auszuwählen (siehe Paragraph I, supra).

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

3.1 Druckschrift (10)

3.1.1 Druckschrift (10) offenbart brandgeschützte Kunststoffschichtkörper, welche mit einer Mischung aus verschiedenen Brandschutzadditiven in einer Kunststoffbasis beschichtet sind. In den Listen der als Additive eingesetzten Komponenten b1) bis b4) finden sich auch Verbindungen, die für die intumeszierenden Komponenten a) bis e) des Streitpatentes genannt sind (siehe Druckschrift (10), Seite 4, Zeilen 7 bis 30).

Beispiel 1 offenbart eine intumeszierende Additivmischung, welche u.a. Aluminiumhydroxid (entsprechend Komponente e)), Blähgraphit (Komponente d)), Dipentaerythrit (Komponente b)), Melamin (Komponente a)) und Ammoniumpolyphosphat (Komponente c) enthält. Somit sind in Beispiel 1 alle Merkmale der intumeszierenden Komponente (A) gemäß Streitpatent offenbart. In Beispiel 1 wird als Kunststoffbasis für die Beschichtung jedoch ein Epoxidharz verwendet, welches nicht in der Liste der möglichen Polymerkomponenten (B) des Streitpatentes enthalten ist (siehe Seite 7, Zeilen 50 bis 62).

Beispiel 4 verwendet als Kunststoffbasis ein Polyurethan, doch die intumeszierende Additivmischung enthält kein Aluminiumhydroxid entsprechend der streitpatentgemäßen Komponente (e).

Die in den Beispielen offenbarten intumeszierenden Massen werden als Beschichtung auf einen Polyethylen-Kanister aufgetragen (siehe Seite 5, Zeilen 33 bis 35, Tabelle 1). Durch den resultierenden Schichtaufbau ergibt sich, dass die intumeszierenden Additivmischungen der Beispiele der Druckschrift (10), welche der intumeszierenden Komponente (A) des Streitpatentes entsprechen, nicht homogen in dem Brandschutzelement entsprechend dem verbundbildenden Träger (B) des Streitpatentes vorliegen.

3.1.2 Der Beschwerdegegner argumentierte, dass Beispiel 4 im Lichte der Beschreibung als neuheitsschädlich gelte, da in diesem Beispiel als Basis ein Polyurethan, entsprechend der Komponente (B) des Streitpatentes verwendet werde. Zwar enthalte die Additivmischung gemäß Beispiel 4 kein Aluminiumhydroxid, jedoch auf Seite 4, Zeilen 47 bis 49 werde explizit darauf verwiesen, dass im Falle von Polyurethanen als Basis für die Beschichtung fakultativ auch die Komponente b4) verwendet werden könne. Da die Liste der möglichen Einzelverbindungen der Komponente b4) auch Aluminiumhydroxid enthalte, seien im Lichte der Beschreibung alle streitpatentgemäßen Komponenten (A) und (B) in Beispiel 4 offenbart. Da Brandschutzadditive in Beispiel 4 homogen in der Polyurethan-Basis verteilt seien, sei auch das streitpatentgemäße Merkmal erfüllt, wonach die Komponente (A) homogen in dem verbundbildenden Träger (B) verteilt sei. Daher nehme die Beschichtung gemäß Beispiel 4 in Zusammenschau mit der Beschreibung den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg.

3.1.3 Indessen ist festzustellen, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ein Beispiel eine in sich abgeschlossene technische Offenbarung darstellt, die lediglich die dort offenbarte Kombination von technischen Merkmalen betrifft. Ohne einen direkten Hinweis stellt eine Kombination mit anderen Teilen der Beschreibung keine eindeutig und direkt entnehmbare Kombination von technischen Merkmalen dar (siehe T 305/87, ABl. 1991, 429, Punkt 5.3 der Entscheidungsgründe).

Im vorliegenden Fall verweist die vom Beschwerdeführer herangezogene Textpassage auf Seite 4, Zeilen 47 bis 49 lediglich darauf, dass im Falle von Polyurethanen die Beschichtung neben den Komponenten b1) bis b3) fakultativ auch die Komponente b4) enthalten könne. Beispiel 4 enthält jedoch bereits Blähgraphit als einen Vertreter der Komponente b4). Die zusätzliche Verwendung von Aluminiumhydroxid ist der Druckschrift (10) weder explizit noch implizit zu entnehmen.

Hinsichtlich des Argumentes, dass bereits die Beschichtung allein als Brandschutzelement im Sinne des Streitpatentes gelten könne, ist festzustellen, dass eine Beschichtung ohne ein entsprechendes Substrat, auf das sie aufgetragen wird, kein eigenständiges Brandschutzelement darstellt und daher nicht unter die Liste der in Anspruch 1 des Streitpatentes genannten Formen des Brandschutzelementes fällt. Daher kann das Argument des Beschwerdeführers nicht durchgreifen.

3.2 Druckschrift (12)

3.2.1 Druckschrift (12) betrifft intumeszierende Polyurethanschäume in Form eines Zweikomponenten-Ortschaumsystems, welches getrennt nebeneinander vorliegende Reaktionsbestandteile zur Bildung von Polyurethanschäumen vorsieht. Dabei enthält die erste Komponente mindestens ein Polyol, einen Gasbildner, sowie u.a. auch Ammoniumpolyphosphat, Dipentaerythrit, Melamincyanurat und Blähgraphit. Die zweite Komponente enthält das zur Bildung des Polyurethans nötige Polyisocyanat (siehe Druckschrift (12), Beispiel; Anspruch 1). Neben den obligatorischen Bestandteilen kann den beiden Komponenten des Ortschaumsystems ein zusätzliches Flammschutzmittel zugesetzt werden. In der Liste möglicher Flammschutzmittel findet sich auch Aluminiumhydroxid (siehe Spalte 4, Zeilen 1 bis 8). Das Ortschaumsystem der Druckschrift (12) ermöglicht die Bereitstellung eines standfesten, nicht dünnflüssigen Bauschaumes, der sich auch über Kopf in unregelmäßige Öffnungen einbringen lässt (Spalte 4, Zeilen 62 bis 64).

3.2.2 Der Beschwerdeführer brachte vor, dass die zusätzliche Verwendung von Aluminiumhydroxid lediglich die Auswahl aus einer Liste erfordere. Bei der Anwendung des Ortschaumsystems, z.B. durch Einbringung in Öffnungen, erhalte man nach dem Aushärten einen Formkörper, der als "Passstück" für die jeweilige Öffnung gelte. Daher sei das Brandschutzelement gemäß Anspruch 1 des Streitpatentes von Druckschrift (12) neuheitsschädlich vorweggenommen.

3.2.3 Indessen ist festzustellen, dass der Druckschrift (12) kein Brandschutzelement entnehmbar ist, welches alle streitpatentgemäßen Komponenten in Kombination enthält. Die streitpatentgemäße Komponente e), nämlich Aluminiumhydroxid, findet sich nur als einer von mehreren Vertretern in einer Liste möglicher Flammschutzmittel, deren Verwendung in Druckschrift (12) auch nur fakultativ ist. Daher hätte der Fachmann zunächst auswählen müssen, ob er ein zusätzliches Flammschutzmittel verwendet, oder nicht. Im Anschluss daran hätte er aus einer Liste mit mehreren Vertretern spezifisch Aluminiumhydroxid auswählen müssen. Da bereits die auf die Einzelsubstanzen bezogene Zusammensetzung der streitpatentgemäßen Komponenten (A) und (B) der Druckschrift (12) nicht direkt und eindeutig zu entnehmen ist, kann diese Druckschrift den Gegenstand des Streitpatentes nicht neuheitsschädlich vorwegnehmen. Die Frage, ob ein ausgehärteter Ortschaum ein "Passstück" im Sinne des Streitpatentes darstellt, oder nicht, kann daher dahinstehen.

3.3. Da die Druckschriften (10) und (12) nicht alle technischen Merkmale des Brandschutzelementes des Streitpatentes in Kombination offenbaren, ist die Kammer der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Anspruch 1 des Streitpatentes betrifft ein Brandschutzelement umfassend eine intumeszierende Komponente und einen verbundbildenden Träger. Einen ähnlichen Gegenstand offenbart bereits Druckschrift (10), die sowohl von der Einspruchsabteilung, als auch von beiden Parteien als nächstliegender Stand der Technik akzeptiert wird. Der Beschwerdegegner verwies auch auf die Druckschriften (11) und (12) als möglichen Startpunkt bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.

4.1.1 Druckschrift (11) offenbart eine Additivmischung für brandgeschützte Kunststoff-Formkörper. Die jeweiligen Listen der einzelnen Additivkomponenten nennen auch die Komponenten a) bis e) gemäß Streitpatent (siehe Spalte 3, Zeilen 33, 36 bis 38, 49; Spalte 4, Zeile 9 bis 10). Auch die Liste der möglichen Kunststoffe, in denen die Additivmischung eingesetzt werden kann, nennt Kunststoffe, welche unter Anspruch 1 des Streitpatentes fallen (Spalte 3, Zeilen 17 bis 24). Jedoch offenbart Druckschrift (11) die einzelnen technischen Merkmale nicht in Kombination. Die Lehre der Druckschrift (11) zielt darauf ab, im Brandfall eine hohe Formbeständigkeit des Kunststoff-Formkörpers zu erhalten. Im Gegensatz dazu ist das Ziel im Streitpatent nicht die Formstabilität des Brandschutzelementes, sondern im Brandfall die Ausbildung einer Intumeszenzkruste. Daher betrifft Druckschrift (11) eine andere technische Aufgabe und stellt keinen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dar.

4.1.2 Die Druckschrift (12) betrifft Ortschaumsysteme, die standfeste und nicht dünnflüssige Bauschäume ausbilden, welche das Arbeiten über Kopf bei der Einbringung des Bauschaums in Lücken des Baukörpers ermöglichen. Im Fokus dieser Druckschrift stehen folglich die rheologischen Eigenschaften des Ortschaumes (siehe Paragraph 3.2 supra). Daher stellt auch diese Druckschrift keinen geeigneten Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit dar.

4.1.3 Druckschrift (10) betrifft brandgeschützte Kunststoffkörper, welche eine intumeszierende Beschichtung aufweisen (siehe Paragraph 3.1 supra).

4.1.4 Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die Druckschrift (10) dem Gegenstand des Streitpatentes näher kommt, als die Druckschriften (11) und (12). Infolgedessen wird im Folgenden von Druckschrift (10) als nächstliegendem Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgegangen.

4.2 Gemäß den Ausführungen der Beschwerdegegnerin bestand die technische Aufgabe darin, die in Druckschrift (10) offenbarten Kunststoffkörper hinsichtlich ihrer Brandschutzeigenschaften zu verbessern.

4.3 Als Lösung bietet das Streitpatent die Brandschutzelemente gemäß Anspruch 1 an, welche dadurch gekennzeichnet sind, dass sie eine spezifische Kombination der Bestandteile a) bis e) der intumeszierenden Komponente (A) in Kombination mit Komponente (B) aufweisen und dass die intumeszierenden Komponente (A) homogen in der verbundbildenden Kunststoffmatrix (B) verteilt ist.

4.4 Als Beleg dafür, dass die unter Paragraph 4.3 supra angebotene Lösung eine Verbesserung der Eigenschaften bewirkt, verwies die Beschwerdegegnerin auf ihre Versuche entsprechend den Anlagen V und VI.

4.4.1 Die Beispiele gemäß Anlage V betreffen die Verbesserung der Brandschutzwirkung durch entsprechende Auswahl des Polymers. Dabei wurden Rezepturen R1.1 und R1.3, entsprechend der Rezeptur aus Beispiel 1 der Druckschrift (10), mit Rezepturen R2.1 und R2.3 gemäß Streitpatent verglichen. Die Zusammensetzungen unterschieden sich ausschließlich darin, dass in den Rezepturen R1.1 und R1.3 als verbundbildender Träger ein Epoxidharz verwendet wurde, während in den Rezepturen R2.1 und R2.3 ein Polyurethan eingesetzt wurde. Die hergestellten Mischungen wurden dann, wie in Druckschrift (10) beschrieben, mit unterschiedlichem Auftragsgewicht als Beschichtungen auf einen Polyethylenkanister aufgebracht. Bei der anschließenden Beflammung dieser beschichteten Kanister wurde die Zeit gemessen, bis sich der Kanister verformte oder riss.

Dabei zeigte die streitpatentgemäße Mischung R2.3 mit einem Auftragsgewicht von 402 g/m**(2) eine Schutzdauer von 121 Sekunden, während die Mischung R1.3 gemäß Druckschrift (10) bei einem vergleichbaren Auftragsgewicht von 404 g/m**(2)nur eine Schutzdauer von 82 Sekunden aufwies. Ein analoges Ergebnis zeigte sich bei dem Vergleich der streitpatentgemäßen Rezeptur R2.1 mit einem Auftragsgewicht von 145 g/m**(2)der, welche eine Schutzdauer von 90 Sekunden aufwies, während die Rezeptur R1.1 der Druckschrift (10) sogar mit einem höheren Auftragsgewicht von 154 g/m**(2) nur eine Schutzdauer von 70 Sekunden zeigte.

4.4.2 Die Beispiele in Anlage VI betreffen die Verbesserung der Brandschutzwirkung, welche ausschließlich auf die homogene Verteilung der intumeszierenden Komponente im verbundbildenden Träger zurückzuführen ist. Dabei wurde als verbundbildendes Polymer ein Polyurethan verwendet, aus welchem jeweils Formkörper hergestellt wurden. Die Formkörper R1.1 und R1.2 repräsentierten die Lehre der Druckschrift (10), in welchen die intumeszierende Additivmischung aus Beispiel 1 der Druckschrift (10) als unterschiedlich dicke Beschichtungen auf diese Polyurethan-Formkörper aufgebracht wurde. Die Formkörper R2.1 und R2.2 repräsentierten den Gegenstand des Streitpatentes, wobei die jeweils in den Beschichtungen der Formkörper R1.1 und R1.2 enthaltenen Mengen der intumeszierenden Additivmischung nicht als Beschichtungen aufgebracht wurden, sondern homogen im Prüfkörper verteilt wurden. Alle Formkörper hatten identische Abmessungen und wurden als Passstücke in das Schott eines Brandofens eingebaut. Bei der Befeuerung des Brandraumes wurde die Zeit bis zum Durchbrand der Formkörper gemessen. Dabei wurde festgestellt, dass die Formkörper mit homogen verteilten Additivmischungen entsprechend des Streitpatentes jeweils 18 Minuten (R2.1) oder 50 Minuten (R2.2) bis zum Durchbrand benötigten, während die Formkörper, bei denen jeweils identische Additivmischungen als Beschichtung aufgebracht worden waren, nur 10 Minuten (R1.1) oder 12 Minuten (R1.2) standhielten.

4.4.3 Daher ist die Kammer der Ansicht, dass die Vergleichsversuche gemäß den Anlagen V und VI dazu geeignet sind, sowohl durch die spezifische Auswahl des verbundbildenden Trägers (B), als auch durch die homogene Verteilung der intumeszierenden Komponente (A) in dem verbundbildenden Träger (B) eine Verbesserung des Brandschutzverhaltens der Brandschutzelemente gemäß Streitpatent gegenüber jenen der Druckschrift (10) zu belegen.

4.5 Der Beschwerdeführer brachte vor, dass die Versuche gemäß den Anlagen V und VI nur jeweils eine Verbesserung gegenüber einer einzigen Ausführungsform der Druckschrift (10), nämlich gegenüber Beispiel 1, zeigten. Es sei jedoch nicht gezeigt, dass eine Verbesserung auch mit anderen Zusammensetzungen erreicht werde, so dass die Verbesserung nicht über die gesamte beanspruchte Breite glaubhaft sei.

Indessen ist festzustellen, dass die Beweislast in diesem Fall beim Beschwerdeführer liegt, der diesen Zweifel gegebenenfalls durch eigene Versuche belegen muss. Um eine Verbesserung gegenüber Druckschrift (10) glaubhaft zu belegen erscheint es auch unnötig, andere Ausführungsformen heranzuziehen, welche weiter vom beanspruchten Gegenstand entfernt sind, als Beispiel 1 der Druckschrift (10). Das Argument des Beschwerdeführers kann somit nicht durchgreifen.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor, dass die in den Anlagen V und VI durchgeführten Versuche, die als streitpatentgemäß deklariert worden seien, keinem der Versuchsbeispiele des Streitpatentes entsprächen. Daher könnten sie auch keine Verbesserung gegenüber Druckschrift (10) belegen.

Indessen ist festzustellen, dass gemäß ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern bei Vergleichsversuchen der Vergleich mit dem nächsten Stand der Technik so angelegt sein soll, dass die Wirkung überzeugend und allein auf das kennzeichnende Unterscheidungsmerkmal zwischen beanspruchter Erfindung und nächstem Stand der Technik ursächlich zurückgeführt werden kann. Hierfür kann es auch erforderlich sein, die Vergleichselemente so abzuwandeln, dass sie nur noch in diesem Unterscheidungsmerkmal von der Erfindung abweichen (siehe T 197/86, ABl. EPA 1989, 371, Punkt 6.1.3 der Entscheidungsgründe).

Da sich die Vergleichsversuche in Anhang V und VI auf Beispiel 1 der Druckschrift (10) beziehen, erscheinen Vergleichsversuche, welche sich jeweils nur in denjenigen technischen Merkmalen unterscheiden, die als Lösung der technischen Aufgabe definiert wurden (siehe Paragraph 4.3 supra) sogar angezeigt, um eine Verbesserung durch die streitpatentgemäß angebotene Lösung zu belegen. Diese Argument des Beschwerdeführers kann ebenfalls nicht durchgreifen.

4.6 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die in Paragraph 4.2 supra definierte technische Aufgabe erfolgreich gelöst ist.

4.7 Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann eine Anregung gab, die in Paragraph 4.3 supra angebotenen Lösung zu wählen.

4.8 Der Beschwerdeführer verwies in diesem Zusammenhang auf die Druckschrift (4).

4.8.1 Druckschrift (4) betrifft brandgeschützte Verbundsysteme, welche mit Profilen, Gittern oder Netzen versehen sind, welche mit einer intumeszierenden Mischung getränkt oder imprägniert sind, oder im wesentlichen daraus bestehen (Seite 1, Zeilen 3 bis 7). Sämtliche Beispiele der Druckschrift beziehen sich auf Bleche oder Glasfasernetze, welche mit unterschiedlichen Intumeszenzmassen beschichtet und anschließend als Zwischenschicht in Dämmschichtkörpern verwendet. Die Druckschrift verweist auf eine besonders geeignete Mischung von Additiven entsprechend der Einzelkomponenten a) bis e) des Streitpatentes (Seite 4, Zeile 67 bis Seite 5, Zeile 1). Die Druckschrift (4) gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass ein verbessertes Brandschutzverhalten dadurch erreicht werden kann, indem eine bestimmte Menge der intumeszierenden Mischung nicht nur in einer Beschichtung eines Brandschutzelementes enthalten ist, sondern homogen im verbundbildenden Träger, d.h. im gesamten Brandschutzelement verteilt ist. Die Druckschrift (4) enthält auch keinen Hinweis darauf, dass durch eine entsprechende Auswahl der Polymere für den verbundbildenden Träger (B) eine Verbesserung des Brandschutzverhaltens erreicht wird.

4.8.2 Der Beschwerdegegner brachte vor, dass bereits in Druckschrift (4) eine homogene Verteilung der intumeszierenden Mischung ein einem Verbundmaterial auf PVC-Basis gelehrt werde. Daher habe es für den Fachmann nahegelegen, die intumeszierende Additivmischung nicht nur als Beschichtung aufzubringen, sondern sie homogen in einem Polymer entsprechend der streitpatentgemäßen verbundbildenden Träger (B) zu verteilen und damit zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen.

Indessen ist festzustellen, dass die vom Beschwerdeführer herangezogenen Textpassagen sich lediglich darauf beziehen, dass zur Herstellung von Profilen neben Tränken und Beschichten auch eine Einarbeitung der intumeszierenden Mischung in ein Verbundmaterial möglich ist (Seite 4, Zeilen 11 bis 13, Seite 3, Zeilen 12 bis 13). Es fehlt jedoch der Hinweis, dass im Vergleich zu einer Beschichtung bei einer homogenen Verteilung der intumeszierenden Additivmischung eine Verbesserung des Brandschutzverhaltens erreicht wird. Ebenso fehlt ein Hinweis darauf, dass auch durch die Auswahl der streitpatentgemäßen Polymere als verbundbildender Träger (B) eine verbesserte Brandschutzwirkung erzielt wird. Daher kann dieses Argument des Beschwerdeführers nicht zum Erfolg führen.

4.8.3 Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Gegenstand des Streitpatents bereits aus Druckschrift (10) allein nahegelegen habe, da der Fachmann wisse, dass mit zunehmender Dicke der intumeszierenden Beschichtung auch die Brandschutzwirkung verbessert werde. Damit habe er lediglich die Dicke der Beschichtung erhöhen müssen, um zu einem Brandschutzelement entsprechend der Ansprüche des Streitpatentes zu gelangen.

Indessen ist festzustellen, dass diese Argumentation auf einer rückschauenden Betrachtung resultiert, die der Fachmann nur in Kenntnis des beanspruchten Gegenstandes in Erwägung ziehen würde. Ein entsprechender Hinweis auf die Lösung ist weder der Druckschrift (10), noch den anderen zitierten Dokumenten zu entnehmen. Daher kann auch dieses Argument des Beschwerdeführers nicht durchgreifen.

4.9 Aus diesen Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent ausgehend von Druckschrift (10) als nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

5. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 17 betreffen bevorzugte Ausführungsformen des Brandschutzelementes gemäß Anspruch 1, die Ansprüche 18 bis 21 betreffen ein feuerhemmendes Bauteil enthaltend ein Brandschutzelement gemäß Anspruch 1 und Anspruch 22 betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Brandschutzelementes gemäß Anspruch 1. Daher wird deren erfinderische Tätigkeit von der des Anspruchs 1 getragen.

6. Da der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin als gewährbar erachtet wird, ist über die nachrangigen Hilfsanträge 1 bis 4 nicht zu entscheiden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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