European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T240511.20140708 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Juli 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2405/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04004356.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | E04B 2/96 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Fassade mit Dämmblock | ||||||||
Name des Anmelders: | Raico Bautechnik GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SCHÜCO International KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent Nr. 1 452 657 (im Folgenden: Patent) betrifft eine Fassade mit, inter alia, einer Pressleiste, welche Fassadenelemente gegen Träger drückt, wobei zwischen Pressleiste und Fassadenelementen eine Dichtung vorgesehen und zwischen Pressleiste und Träger ein Dämmblock angeordnet ist, und wobei Dämmblock und Dichtung einstückig ausgebildet sind und eine Einheit bilden.
II. Gegen das Patent im gesamten Umfang wurde ein Einspruch eingelegt, gestützt auf die Gründe des Artikels 100 (a) EPÜ, nämlich mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit.
III. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, den Einspruch aufgrund des Artikels 101 (2) EPÜ zurückzuweisen.
IV. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin) mit ihrer Beschwerde.
V. Beweismittel
Die Beschwerdeführerin nahm Bezug auf folgende bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Druckschriften:
E1: DE29918219U1
E10: EP0566070A1
VI. In der als Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) und 17 (2) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde mit.
VII. Die mündliche Verhandlung fand am 8. Juli 2014 statt.
VIII. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) beantragte, unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der Anspruchssätze, eingereicht als Haupt- und Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 4. Juni 2014.
IX. Ansprüche
a) Hauptantrag
Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags lautet folgendermassen (Einfügungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 sind fett gedruckt, Auslassungen durchgestrichen):
"Fassade, bestehend aus einer Trägerkonstruktion (7) mit mehreren Trägern, welche Fassadenelemente (4) wie Paneele, Glasscheiben und dergleichen hält, wobei eine Pressleiste (2) vorgesehen ist, die die Fassadenelemente (4) gegen die Träger drückt, zwischen Pressleiste (2) und Fassadenelementen (4) eine Dichtung (1) [deleted: (110)] vorgesehen und zwischen Pressleiste (2) und Träger ein fest mit der Dichtung (110) verbundener Dämmblock (1a) angeordnet ist, wobei Dämmblock (1a) und Dichtung (1) einstückig ausgebildet sind und eine Einheit (110) bilden, dadurch gekennzeichnet, dass der Dämmblock (1a) in den Bereich zwischen den Fassadenelementen (4) hineinragt."
b) Hilfsantrag
Im Vergleich zu dem Anspruch 1 des Hauptantrags enthält der Anspruch 1 das zusätzliche Merkmal, dass "die Einheit (110) aus Dämmblock (1a) und Dichtung (1) Rastvorsprünge (10) aufweist, die mit Nuten (11) in der Pressleiste (2) zusammenwirken".
X. Das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung ins Verfahren des Haupt- bzw. Hilfsantrags der Beschwerdegegnerin
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Der Hauptantrag und der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin seien ins Verfahren nicht zuzulassen, da sie erst kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sind.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Der Hauptantrag und der Hilfsantrag seien in Reaktion auf die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigelegte vorläufige Meinung der Kammer eingereicht worden. Da der Anspruch 1 des Haupt- bzw. Hilfsantrags auf einer Kombination erteilter Ansprüche basiere, stellten die Anträge keine wesentliche Änderung ihres Vorbringens dar.
b) Hauptantrag - Neuheit
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Die Fassade in der Figur 3 der E1 nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 vorweg. Darin seien die Dichtleisten 10 und 14 mit dem Dämmkörper 15 durch Verrasten, d. h. fest, miteinander verbunden. Somit bilden Dichtung und Dämmkörper eine einstückige Einheit im Sinne der Erfindung.
Ferner offenbare die E1, dass in den Figuren 2 und 3 die Haltekraft bevorzugt über den Steg 17 des einstückigen, T-förmigen Dämmkörpers 15 geleitet werde. In diesem Fall übernehme der Steg 17 zwangsläufig auch eine Dichtungsfunktion. Demnach stelle der Dämmkörper 15 eine einstückige Einheit aus Dämmblock und Dichtung.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Die E1 offenbare nicht das Merkmal des Anspruchs 1, dass Dämmblock und Dichtung fest verbunden und einstückig ausgebildet sind und eine Einheit bilden. In der Figur 3 der E1 seien die zwei Dichtungen 10 und 14 mit dem Dämmkörper lösbar verbunden. Auch verlange der Anspruch 1 eine Dichtung, während in der Figur 3 zwei Dichtungen 10 und 14 vorhanden seien.
Schließlich sei der E1 nicht entnehmbar, dass der Steg 17 des einstückigen, T-förmigen Dämmkörpers 15 eine Dichtungsfunktion übernehme, selbst wenn die Haltekraft über diesen Steg geleitet werde.
c) Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
Sollte entschieden werden, dass die E1 das Merkmal des Anspruchs 1 nicht offenbare, dass Dämmblock und Dichtung fest verbunden und einstückig ausgebildet sind und eine Einheit bilden, ergäbe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus der Figur 2 der E1 in Kombination mit der Lehre der E10. So entnähme der Fachmann der E10, dass die Montage des Dämmkörpers und der Dichtung erleichtert werde, wenn sie eine einstückige Einheit bilden.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Als nächstliegender Stand der Technik sei nicht die Fassade in der Figur 2 der E1, sondern die Fassade in der Figur 6 der E10 anzusehen, welche dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entspreche und wie der Erfindung einen vereinfachten Aufbau mit wenigen Teilen anstrebe. Ausgehend von dieser Fassade beruhte der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit, da es nicht naheliegend sei, den Dämmblock der E10 so weit zu ändern, dass er in den Bereich zwischen den Fassadenelementen hineinrage.
Sollte der Fachmann dennoch von der Figur 2 der E1 ausgehen, beruhte der Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit. Erstens erhielte der Fachmann keine Anregung, die zwei Dichtungen 10 und 14 der Figur 2 durch eine einzige Dichtung zu ersetzen. Zweitens hinderte die Lehre der E1 den Fachmann daran, den Dämmkörper 15 und die Dichtungen 10 und 14 als eine einstückige Einheit auszubilden.
d) Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit
Vorbringen der Beschwerdeführerin:
In der Figur 2 der E1 wiesen die Dichtungen 10 und 14 Rastvorsprünge auf, die mit Nuten 16 in der Pressleiste 3 zusammenwirken. Demnach ergäbe sich der beanspruchten Gegenstand erneut in naheliegender Weise aus der Figur 2 der E1 in Kombination mit der E10.
Vorbringen der Beschwerdegegnerin:
Die Figur 2 der E1 zeige nicht das in den Anspruch 1 eingefügte Merkmal. Dank dieses zusätzlichen und durch die E1 und E10 nicht nahegelegten Merkmals sei eine Vormontage von Pressleiste und Dämmblock- und Dichtungseinheit möglich, was die Montage vor Ort erheblich vereinfache.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung ins Verfahren des Haupt- bzw. Hilfsantrags der Beschwerdegegnerin
1.1 Die Beschwerdegegnerin hat ihren Hauptantrag und ihren Hilfsantrag erst nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht. Diese damit im Sinne von Artikel 13 (3) VOBK spät eingereichten Anträge sind aber als angemessene Reaktion auf die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigelegte vorläufige Meinung der Kammer zu werten. Die Kammer kann in dieser Vorgangsweise der Beschwerdegegnerin keinen Verfahrensmissbrauch erkennen.
1.2 Außerdem ist der Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber dem erteilten Anspruch 1 nur durch Einfügen eines Merkmals des erteilten Anspruchs 7 beschränkt worden, während der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zusätzlich durch ein Merkmal des erteilten Anspruchs 13 ergänzt wurde. Diese Anträge warfen also keine Frage auf, deren Behandlung der Kammer oder der Beschwerdeführerin nicht ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung zuzumuten gewesen wäre.
1.3 Der Hauptantrag und der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin waren daher ins Beschwerdeverfahren zuzulassen (Artikel 114 (2) EPÜ und Artikel 13 (3) VOBK).
2. Auslegung des Anspruchs 1
2.1 Der Anspruch 1 verlangt, dass Dämmblock und Dichtung fest verbunden und einstückig ausgebildet sind und eine Einheit bilden. Es ist zwischen den Beteiligten streitig, wie dieses Merkmal auszulegen ist.
2.2 Die Beschwerdeführerin meint unter Verweis auf den Wortlaut "durch Verrasten" im Absatz [0011] der Patentschrift, dass die einstückige Einheit dadurch erhalten werden könne, dass Dämmblock und Dichtung einzeln hergestellt und anschließend durch Verrasten verbunden werden, wobei nicht ausgeschlossen sei, dass die Rastverbindung lösbar sei.
2.3 Die Kammer stimmt jedoch mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass für einen fachkundigen Leser des Anspruchs 1 bereits aus dem Wortlaut des strittigen Merkmals klar hervorgeht, dass Dämmblock und Dichtung fest miteinander verbunden sind und eine einstückige, d. h. untrennbare bzw. nicht zerstörungsfrei trennbare Einheit bilden. Dieses Merkmal vermittelt dem fachkundigen Leser also eine klare technische Lehre. Es besteht mithin keine Veranlassung, die Beschreibung der Patentschrift, insbesondere den Wortlaut "durch Verrasten" im Absatz [0011], zur Auslegung dieses Merkmals heranzuziehen.
Im Übrigen wird die vorstehende Auslegung des streitigen Merkmals in der Beschreibung der Patentschrift bestätigt (Absätze [0007], [0009] bis [0011], [0014], [0015], [0016], [0030], [0044], [0045], [0048], [0051]). Im Absatz [0011] der Patentschrift ist eine besondere Ausführungsform der Erfindung beschrieben, bei welcher Dämmblock und Dichtung einzeln hergestellt und anschließend "durch Verrasten" miteinander verbunden werden (siehe insbesondere Seite 2, Zeile 54). An dieser Stelle muss der Wortlaut "durch Verrasten" im Sinne des Anspruchs 1 interpretiert werden, d. h. es wird lediglich eine unlösbare Rastverbindung zwischen Dämmblock und Dichtung beschrieben.
3. Hauptantrag - Neuheit
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, weil die Kombination der Merkmale dieses Anspruchs dem vorliegenden Stand der Technik nicht entnehmbar ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist diese Merkmalskombination aus folgenden Gründen nicht in der E1 offenbart.
3.2 In der E1 ist eine Fassade gezeigt, welche aus einer Trägerkonstruktion mit mehreren Trägern besteht, welche Fassadenelemente wie Paneele, Glasscheiben und dergleichen hält, wobei eine Pressleiste vorgesehen ist, die die Fassadenelemente gegen die Träger drückt, zwischen Pressleiste und Fassadenelementen eine Dichtung vorgesehen und zwischen Pressleiste und Träger eine Wärmedämmung angeordnet ist, wobei die Wärmedämmung in den Bereich zwischen den Fassadenelementen hineinragt. Die E1 beschreibt eine mehrteilige Wärmedämmung mit einem ersten, zwischen der Pressleiste und dem Fassadenteil angeordneter Dämmkörper und einem zweiten, zwischen den Stirnseiten benachbarter Fassadenteile angeordneten Dämmkörper. Eine solche Wärmedämmung mit einem ersten Dämmkörper 6 und einem zweiten Dämmkörper 7 ist in der Figur 1 gezeigt. Die E1 beschreibt eine alternative Wärmedämmung in Form eines einstückigen, T-förmigen Dämmkörpers. Ein solcher Dämmkörper 15 ist in den Figuren 2 und 3 gezeigt: der Steg 17 des Dämmkörpers 15 entspricht dem ersten Dämmkörper 6 der Figur 1, während der Stiel 18 des Dämmkörpers 15 dem zweiten Dämmkörper 7 entspricht.
3.3 Es ist zwischen der Beteiligten streitig,
- ob in den Figuren 2 und 3 der E1 eine oder zwei Dichtung(en) vorhanden sind,
- ob in der Figur 3 Dämmblock und Dichtung fest miteinander verbunden sind und eine einstückige Einheit bilden und
- ob in den Figuren 2 und 3 der einteilige Dämmkörper eine Dichtungsfunktion übernimmt.
3.4 Dichtung in Figuren 2 und 3
3.4.1 In der E1 ist zwischen der Pressleiste und der Fassade eine Dichtung vorgesehen, welche verhindert, dass witterungsbedingt Feuchtigkeit in die Zwischenräume der Fassadenteile dringt (Seite 8, Absatz 2). In den Figuren 2 und 3 besteht diese Dichtung aus zwei Dichtleisten 10 und 14, welche seitlich an dem Dämmkörper 15 angebracht sind.
3.4.2 Ähnlich besteht die beanspruchte Dichtung bevorzugt aus zwei Dichtungssträngen bzw. Dichtungsprofile, die sich flügelartig an den Dämmblock anschließen (siehe u. a. Absatz [0020] und Figuren 1 bis 6 in der Patentschrift).
3.4.3 Demnach kann der Begriff "Dichtung" im Anspruch 1 keinen Unterschied zu der Dichtung in den Figuren 2 und 3 der E1 darstellen.
3.5 Feste Verbindung und einstückige Einheit in Figur 3
3.5.1 In der Figur 3 der E1 weist der Steg 17 des einstückigen Dämmblocks 15 schwalbenschwanzartige Nuten 19 auf, in denen die Dichtleisten 10 und 14 eingreifen und gehalten sind (Seite 8, Absatz 3, 1. Satz; Seite 14, Zeilen 1 bis 3).
3.5.2 Die Beschwerdeführerin meint, dass die Dichtungsleisten 10 und 14 fest mit dem Dämmblock 15 verbunden seien und eine einstückige Einheit bilden. Insbesondere erfolge die Verbindung zwischen Dichtleisten und Dämmblock "durch Verrasten", wie auch in der im Absatz [0011] der Patentschrift definierten Ausführungsform der Erfindung.
3.5.3 Dieses Argument überzeugt nicht. Der E1 ist nicht entnehmbar, dass die Verbindung zwischen den Dichtungsleisten 10 und 14 und dem Dämmblock 15 fest ist, geschweige denn, dass Dichtungsleisten und Dämmblock eine einstückige, d. h. untrennbare bzw. nicht zerstörungsfrei trennbare Einheit bilden. Aufgrund der unterschiedlichen Materialien, die in der E1 für Dichtleisten und Steg verwendet werden, ist es vielmehr implizit, dass die Dichtleisten und der Dämmblock einfach voneinander getrennt werden können. So wird für den Steg 17 bevorzugt ein weiches Material verwendet, wenn die Dichtleisten aus einem harten Material bestehen (Seite 14, Absatz 1). Alternativ bestehen die Dichtleisten bevorzugt aus einem hochelastischen Material wie EPDM-Gummi oder Silikon, wenn das Material des Stegs 17 relativ hart ist (Seite 7, Absatz 3, 2. Satz; Seite 8, Absätze 3 und 4; Seite 12, Absatz 3).
3.6 Dichtungsfunktion des Dämmkörpers in Figuren 2 und 3
3.6.1 Die E1 lehrt, dass die Haltekraft, die durch die Schraube 4 über die Pressleiste 3 auf die Fassadenteile 5 zu übertragen ist, bevorzugt über die seitlichen Dichtleisten 10 und 14 geleitet wird (Seite 13, Zeilen 9 bis 12; Seite 14, Zeilen 1 bis 3 und 9 bis 12). Dabei sind die Dichtleisten 10 und 14 ausreichend hart, um diese Kräfte zuverlässig zu übertragen (Seite 13, Zeilen 12 bis 13). Alternativ wird die Haltekraft über den Steg 17 des einstückigen, T-förmigen Dämmkörpers 15 geleitet, wobei der Steg dann eine ausreichende Härte aufweisen muss (Seite 13, Zeilen 14 bis 17; Seite 14, Zeilen 8 und 11 bis 12; Seite 7, Absatz 3, 2. Satz bis Seite 8, Zeile 2; Ansprüche 2 und 8).
3.6.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass im zweiten Fall der Steg 17 implizit auch die Dichtungsfunktion der Dichtleisten 10 und 14 übernehme. Dem kann nicht gefolgt werden. Der E1 ist nicht entnehmbar, dass der Steg als "Dichtung" fungiert, d. h. ein Eindringen witterungsbedingter Feuchtigkeit in die Zwischenräume der Fassadenteile verhindern kann (Seite 8, Absatz 2). Im Übrigen wird als Material für den einstückigen, T-förmigen Dämmkörper bevorzugt ein Schaumstoff verwendet (Anspruch 15; Seite 14, Zeile 15), der keine Abdichtung erwirken könnte.
3.7 Folglich kommt die Kammer zum Ergebnis, dass der beanspruchte Gegenstand sich von den Fassaden in den Figuren 2 und 3 der E1 jeweils dadurch unterscheidet, dass Dämmblock und Dichtung fest miteinander verbunden sind und eine einstückige Einheit bilden.
4. Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
4.1 Die Beteiligten sind sich nicht einig, ob die Fassade in der Figur 2 der E1 oder eher die Fassade in der Figur 6 der E10 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist.
4.2 Die Kammer stellt fest, dass die Fassade in der Figur 2 der E1 einen geeigneten Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellt. Diese Fassade mit einem einstückigen, T-förmigen Dämmkörper 15 und seitlich angebrachten Dichtleisten 10 und 14 zeigt eine grosse Ähnlichkeit mit den in der Patentschrift dargestellten Fassaden (siehe Figuren 1 bis 6). Auch strebt die E1, ebenso wie das Patent, eine vereinfachte Montage mit wenigen Teilen an: so lehrt die E1, dass durch die einstückige Ausbildung des Dämmkörpers der Einbau desselben bei der Herstellung der Fassade erleichtert wird (Seite 11, Absatz 4).
Wie oben gezeigt wurde (Punkt 3.7), unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand davon nur dadurch, dass Dämmblock und Dichtung fest miteinander verbunden sind und eine einstückige Einheit bilden.
4.3 Ausgehend von der Figur 2 der E1 wird dank des vorgenannten Unterscheidungsmerkmals die Anzahl der zu montierenden Bauteilen reduziert, wodurch die Montage erleichtert wird. Auch wird dadurch Montagezeit erspart, da weniger Bauteile vom Monteur in die Hand zu nehmen sind, um diese anzusetzen und zu fixieren.
4.4 Die mit dem Unterscheidungsmerkmal gelöste Aufgabe ausgehend von der Figur 2 der E1 kann deshalb so formuliert werden, eine Fassade dieser Gattung bereitzustellen, die möglichst einfach zu montieren ist (siehe auch Absatz [0005] in der Patentschrift).
4.5 Ein mit dieser Aufgabe befasster Fachmann zöge die E10 heran, weil sie wie die E1 eine Glasfassade mit einer Pfosten-Riegel-Trägerkonstruktion betrifft (in der E10 siehe Spalte 2, Zeilen 26 bis 37, Figur 6 und Spalte 4, Zeilen 17 bis 33 sowie Anspruch 14; in der E1 siehe Anspruch 27) und sich ebenfalls mit der gestellten Aufgabe befasst.
4.6 So lehrt die E10, dass zur Erleichterung der Montage eines wärmedämmenden Materials, welches die Fuge zwischen benachbarten Glasscheiben der Fassade überdeckt (Spalte 1, Zeilen 15 bis 20), das wärmedämmende Material und das äußere Dichtungsprofil als einstückiges Dichtprofil ausgebildet sind (Spalte 1, Zeilen 21 bis 29; Spalte 2, Zeilen 26 bis 34; Anspruch 14), wobei vorzugsweise das Dichtungsprofil und das wärmedämmendes Material "form-, kraft- und/oder stoffschlüssig miteinander verbunden sind", insbesondere "mechanisch miteinander verbunden, miteinander verklebt" oder "koextrudiert" sind (Spalte 1, Zeilen 42 bis 49 und Ansprüche 3 bis 6). Aus der E10 geht hervor, dass sich daraus vorteilhaft ergibt, die Montage des wärmedämmenden Materials gleichzeitig mit der Montage des Dichtungsprofils vorzunehmen (Spalte 1, Zeilen 26 bis 29).
Das einstückige Dichtprofil der E10 weist bevorzugt zwei Teilbereiche unterschiedlicher Shore-Härte auf (Anspruch 2; Spalte 3, Zeilen 19 bis 22). In der Fassade der Figur 6 wirkt der äußere Teilbereich 10 als äußeres Dichtungsprofil, während der insbesondere aus Schaumstoff bestehende Teilbereich 11 als Wärmedämmung für den Raum zwischen den zwei Glasscheiben 2 wirkt (Spalte 3, Zeilen 22 bis 26). Der Teilbereich 10 alleine übernimmt die Haltekraft und muss deshalb härter als der Teilbereich 11 sein.
4.7 Demnach offenbart die E10 als Lösung für die objektive Aufgabe, das relativ weiche wärmedämmende Material 11 und das relativ harte äußere Dichtungsprofil 10 als einstückiges Dichtprofil auszubilden.
4.8 Der Fachmann erkennte die Vorteile dieser Lösung und hätte keine praktischen Schwierigkeiten, um diese auf die Fassade in der Figur 2 der E1 anzuwenden.
Insbesondere erkennte der Fachmann, dass die Kombination der harten Dichtung und der weichen Dämmung in der Figur 6 der E10 im Wesentlichen derjenigen der Figur 2 der E1 entspricht. So sind in der Figur 2 der E1 die Dichtleisten 10 und 14 bevorzugt härter als der Dämmkörper 15, um die Haltekraft zuverlässig zu übertragen (siehe Seite 13, Zeilen 12 bis 13). Für den Fachmann wäre offensichtlich, dass das in der E10 vorgeschlagene einstückige Dichtprofil aus einem weichen Dämmmaterial und einem harten Dichtungsmaterial sich ohne Schwierigkeit auf das weiche Dämmmaterial und das harte Dichtungsmaterial in der Figur 2 der E1 übertragen läßt.
4.9 So bildete der Fachmann in naheliegender Weise die harten Dichtleisten 10 und 14 und den weichen Dämmkörper 15 als einstückiges Dichtprofil aus, wobei die Dichtleisten 10 und 14 und der Dämmkörper 15 form-, kraft- und/oder stoffschlüssig verbunden, insbesondere miteinander verklebt oder koextrudiert wären.
4.10 Auf dieser Weise erhielte der Fachmann ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit eine Fassade, die sich von der Fassade in der Figur 2 der E1 nur dadurch unterschiede, dass Dämmkörper 15 und Dichtleisten 10 und 14 als ein einstückiges Dichtprofil ausgebildet wären. Diese Fassade fiele unter den Wortlaut des Anspruchs 1.
4.11 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass die Lehre der E1 darin liege, dass die Dichtung und die Wärmedämmung immer als gesonderte und einfach zu trennende Bauteile ausgeführt werden, die gerade nicht zu einer einstückigen Einheit fest verbunden werden. Diesbezüglich verweist die Beschwerdegegnerin auf die auf Seite 3, Absatz 1 der E1 beschriebene Lehre, dass mit einem geringen Satz von gesonderten Dämmkörpern eine grosse Anzahl unterschiedlicher Wärmedämmungen realisierbar ist und die Wärmedämmung jeweils auf den Zwischenraum zwischen den Fassadenelementen und/oder die Ausgestaltung der Pressleiste anpassbar ist. Die Beschwerdegegnerin schließt daraus, dass die Lehre der E1 weg von der beanspruchten Lösung mit einer einstückigen Einheit aus Dichtung und Dämmung führen würde.
Diese Argumente überzeugen aus folgenden Gründen nicht.
Die zitierte Lehre der E1 betrifft eine erste Ausführungsform mit einer mehrteiligen Wärmedämmung, welche in der E1 auf Seite 3 und im unabhängigen Anspruch 1 definiert und in der Figur 1 dargestellt ist. In der E1 ist jedoch auch eine zweite, alternative Ausführungsform mit einer Wärmedämmung in Form eines einteiligen Dämmkörpers offenbart, welche auf Seite 5 der Beschreibung und im unabhängigen Anspruch 6 definiert ist. Diese zweite Ausführungsform bietet nicht die vorgenannte Gestaltungsflexibilität der ersten Ausführungsform, sondern ermöglicht eine leichtere Montage der Wärmedämmung (Seite 11, Absatz 4). Die Figur 2 der E1, von der hier ausgegangen wird, zeigt eine besondere Ausgestaltung dieser zweiten Ausführungsform, mit einem einstückigen T-förmigen Dämmkörper 15 (siehe abhängige Ansprüche 7, 16, 17).
Es mag der E1 implizit sein, dass in der Figur 2 die Dichtleisten 10 und 14 und der einstückige Dämmkörper 15 als gesonderte und lose Bauteile ausgeführt sind, um eine flexible Gestaltung der Dichtung und der Dämmung zu ermöglichen. Der Fachmann, der eine Erleichterung der Montage der Dämmung und der Dichtung anstrebte, zöge jedoch die genannten Vorteile der Lehre der E10 vor und verzichtete ohne weiteres auf diese Gestaltungsflexibilität.
4.12 Der Fachmann gelangte also durch Kombination der Figur 2 der E1 mit der Lehre der E10 ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zum beanspruchten Gegenstand.
4.13 Somit beruht, entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung, der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
4.14 Bei dieser Sachlage braucht auf die Frage nicht näher eingegangen werden, ob die Fassade in der Figur 6 der E10 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt und ob der beanspruchte Gegenstand davon ausgehend erfinderisch wäre.
5. Hilfsantrag - Änderungen
5.1 Im Vergleich zum Hauptantrag ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag durch das zusätzliche Merkmal eingeschränkt, dass "die Einheit (110) aus Dämmblock (1a) und Dichtung (1) Rastvorsprünge (10) aufweist, die mit Nuten (11) in der Pressleiste (2) zusammenwirken".
5.2 Diese Änderung ist der technischen Lehre in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen direkt und eindeutig entnehmbar (siehe ursprünglich eingereichten Anspruch 13).
5.3 Die Änderungen genügen somit Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
6. Hilfsantrag - Erfinderische Tätigkeit
6.1 Zusätzlich zu den oben erörterten Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag offenbart die Fassade in der Figur 2 der E1, dass die Dichtleisten 10 und 14 Rastvorsprünge aufweisen, die mit Nuten 16 in der Pressleiste 3 zusammenwirken.
6.2 Die oben unter Punkt 4.10 beschriebene Fassade, welche sich aus einer naheliegenden Kombination der Figur 2 der E1 mit der Lehre der E10 ergäbe, wiese ein einstückiges Dichtprofil aus Dämmkörper 15 und Dichtleisten 10 und 14 auf, welches Rastvorsprünge aufwiese, die mit den Nuten 16 in der Pressleiste 3 zusammenwirkten. Somit fiele diese Fassade unter den Wortlaut des Anspruchs 1.
6.3 Der Fachmann gelangte also erneut ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag.
7. Die Kammer kommt also zu dem Schluss, dass weder der Hauptantrag noch der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin gewährbar sind.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.