European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T208511.20140618 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Juni 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2085/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05701327.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | C11D 17/00 C11D 3/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | MIKROEMULSIONEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Henkel AG & Co. KGaA | ||||||||
Name des Einsprechenden: | THE PROCTER & GAMBLE COMMPANY | ||||||||
Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Kombination bekannter Merkmale Erfinderische Tätigkeit - (Hauptantrag) Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz - (Hilfsantrag) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 713 896 zurückzuweisen.
II. Das Streitpatent in der erteilten Fassung hat 16 Ansprüche. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 15 haben folgenden Wortlaut:
"1. Verwendung einer Mikroemulsion, welche eine Viskosität im Bereich von 5 bis 300 mPas (gemessen mit dem Brookfield-Viskosimeter DV II bei 22°C, 20 Upm, Spindel 3) aufweist, enthaltend
a) natürlichen Öl(e) [sic]
und ein
b) Emulgatorsystem aus wenigstens einem hydrophilen Emulgator, welcher ethoxylierter Fettalkohol ist, sowie wenigstens einem lipophilen kationischen Emulgator, sowie
c) 50 bis 90 Gew.-% Wasser, bezogen auf das gesamte Mittel,
zur Textilbehandlung im Spülgang einer automatischen Waschmaschine, wobei die Mikroemulsion aus der Einspülkammer einer handelsüblichen automatischen Waschmaschine in den Waschraum eingespült wird.".
"15. Textilnachbehandlungsmittel, welches zumindest die Komponenten a) Antioxidationsmittel, b) wenigstens einen lipophilen kationischen Emulgator, c) wenigstens einen hydrophilen Emulgator, welcher ethoxylierter Fettalkohol ist, sowie d) natürliche Öle umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Mittel als Mikroemulsion mit einer Tröpchengröße d50 unter 500 nm vorliegt und eine Viskosität in Bereich von 5 bis 300 mPas (gemessen mit dem Brookfield-Viskosimeter DV II bei 22°C, 20 Upm, Spindel 3) aufweist, wobei es 50 bis 90 Gew.-% Wasser, bezogen auf das gesamte Mittel, enthält.".
III. In ihrem Einspruchsschriftsatz hatte die Einsprechende den Widerruf des gesamten Patents beantragt. Als Einspruchsgründe wurden fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100a) EPÜ), sowie unzureichende Offenbarung (Artikel 100b) EPÜ) geltend gemacht.
IV. Der Einspruch stützte sich unter anderem auf die Entgegenhaltung D2 (WO 01/96510 A1). Mit Schreiben vom 24. März 2011 hatte die Einsprechende weitere Dokumente, als D7 bis D12 bezeichnet, eingereicht.
V. Grundlage der angegriffenen Entscheidung war das Patent wie erteilt als Hauptantrag und das Patent in der geänderten Fassung gemäß dem mit Schreiben von 3. Mai 2011 vorgelegten Hilfsantrag.
VI. In der angegriffenen Entscheidung wurde unter anderem folgendes festgestellt:
a) Obwohl die verspätet eingereichten Dokumente D8, D9, D11 und D12 sich mit allgemeinen Fachwissen befassten, seien sie nicht verfahrensrelevant, und wurden somit nicht ins Verfahren zugelassen (Artikel 114(2) EPÜ).
b) D7 und insbesondere D10 (US 5,656,585 B1), welches den nächstliegenden Stand der Technik darstellen könne, wurden hingegen ins Verfahren zugelassen.
c) Bezüglich der Neuheit offenbarte keines der entgegengehaltenen Dokumente, insbesondere nicht D2 oder D10, eine Mikroemulsion und ein Mittel gemäß den Definitionen der erteilten Ansprüche 1 und 15.
d) Die zitierten Entgegenhaltungen beträfen nicht die Bereitstellung von Textilnachbehandlungsmitteln, welche sowohl die Textilien weichspülten, als auch die Haut pflegten, wie im Streitpatent beschrieben. D10 beschreibe aber Mikroemulsionen zur Textilbehandlung und stelle somit den nächstliegenden Stand der Stand der Technik dar.
e) Die gegenüber D10 gelöste Aufgabe habe darin bestanden, eine Zusammensetzung und deren Verwendung zur Textilbehandlung bereitzustellen, welche sowohl eine Textilweichmachung als auch Hautpflege ermögliche.
f) Die Vergleichsbeispiele des Streitpatents zeigten, dass diese Aufgabe durch den beanspruchten Gegenstand tatsächlich gelöst worden sei.
g) Weder D10 allein, noch seine Kombination mit D2, wiesen darauf hin, Zusammensetzungen zum Weichmachen von Textilien auch zur Übertragung von Ölen auf die Haut zu verwenden.
h) Daher sei der beanspruchte Gegenstand durch den erwähnten Stand der Technik nicht nahegelegt.
VII. Mit der Beschwerdebegründung beanstandete die Beschwerdeführerin unter anderem das Naheliegen des beanspruchten Gegenstands, beantragte die Zulassung der Dokumente D8, D9, D11, D12 und reichte ein neues Dokument ein (D13, US 5,130,122 B1).
VIII. Mit Schreiben vom 15. März 2012 widersprach die Beschwerdegegnerin den Argumenten der Beschwerdeführerin, beantragte die Dokumente D8, D9, D11 - D13 nicht im Verfahren zuzulassen, hielt den Hauptantrag aufrecht und reichte einen Hilfsantrag ein.
Der Wortlaut des neuen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 lediglich dadurch, dass das erteilte Merkmal "a) natürlichen Öl(e)" durch das Merkmal "a) pflanzliche fette Öl(e)" ersetzt worden ist.
Der Wortlaut des neuen Anspruchs 14 nach dem Hilfsantrag unterscheidet sich vom Wortlaut des erteilten Anspruchs 15 lediglich dadurch, dass das erteilte Merkmal "d) natürliche Öle" durch das Merkmal "d) pflanzliche fette Öl(e)" ersetzt worden ist.
IX. Mit Schreiben vom 2. August 2012 hielt die Beschwerdeführerin ihre früheren Einwände gegen den Hauptantrag aufrecht. Darüber hinaus erhob sie Einwände unter Artikel 123(2) und 84 EPÜ gegen den im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthaltenen Ausdruck "pflanzliche fette Öl(e)".
X. Die mündliche Verhandlung fand am 18. Juni 2014 statt. Neuheit und erfinderische Tätigkeit der Verwendung gemäß dem erteiltem Anspruch 1 im Hinblick auf die Offenbarung des Dokuments D10, gegebenenfalls in Kombination mit der Offenbarung von D2, wurden mit den Parteien ausführlich diskutiert. Bezüglich der Verwendung nach Anspruch 1 des Hilfsantrags stellte sich insbesondere die Frage, ob und ggf. wie sich der Ausdruck "pflanzliche fette Öl(e)" des Anspruchs 1 des Hilfsantrags auf die weitere Diskussion im Hinblick auf D10 auswirken könnte und es wurde angemerkt, dass dieser Hilfsantrag bisher nie behandelt worden war.
Zudem beantragte die Beschwerdegegnerin im Falle der Zulassung von D13 und einer damit verbundenen Zurückverweisung des Streitpatents an die erste Instanz die Erstattung dafür entstehender Kosten.
XI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
XII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der Ansprüche gemäß dem mit Schreiben vom 15. März 2012 eingereichten Hilfsantrag.
XIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechende), insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
Zulässigkeit der verspätet eingereichten Dokumente
a) Das neu eingereichte Dokument D13, von welchem die Beschwerdeführerin durch einen anderen Fall erst vor kurzem Kenntnis erlangt hatte, sei für die Erwägung der Neuheit erheblich relevant und sollte daher ins Verfahren zugelassen werden. D8, D9, D11 und D12 gäben allgemeines Fachwissen wieder und sollten daher auch im Verfahren zugelassen werden.
Erfinderische Tätigkeit
b) Der nächstliegende Stand der Technik sei das Beispiel 1 von D10.
c) Die Verwendung nach Anspruch 1 des Streitpatents unterscheide sich davon, weil die Wassermenge mehr als 50 Gew.-% betrage, gegebenenfalls auch weil erfindungsgemäß das Parfumöl ein natürliches Öl sei.
d) Es sei nicht bewiesen worden, dass diese Unterscheidungsmerkmale vorteilhafte Effekte zur Folge hätten. Die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbare 40 Gew.-% als Minimum für den Wasseranteil. Die im erteilten Anspruch 1 definierte untere Grenze von 50 Gew.% könne also nicht kritisch sein. Darüber hinaus definiere Anspruch 1 weder die Art des natürlichen Öls noch dessen Menge. Bezüglich der von der Beschwerdegegnerin als weiteren Unterschied erwähnten Viskosität sei der im Anspruch 1 definierte Bereich so breit, dass er keinen Beitrag zum erfinderischen Tätigkeit leisten könne, zumal Einspülbarkeit und Verteilbarkeit Zielsetzungen auch für die Mittel nach D10 seien (Spalte 1, Zeile 55 ff.; Spalte 4, Zeilen 44 ff.). Obwohl das Streitpatent einen Doppelnutzen (Weichspülen der Textilien und Transfer des Öls auf die Haut) erwähne, seien diese Effekte im Anspruch 1 nicht definiert. Ferner sei kein Vergleich gegenüber der Mikroemulsion gemäß D10 eingereicht worden. Das einzige Beispiel des Patents betreffe einen Vergleich mit Wasser und spiele daher keine Rolle bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit.
e) Die gegenüber D10 gelöste Aufgabe könne daher lediglich darin bestanden haben, die Verwendung einer alternativen weichspülenden Zusammensetzung für die Behandlung von Textilien in automatischen Waschmaschinen bereitzustellen.
f) Für den vom Beispiel 1 der D10 ausgehenden Fachmann sei die beanspruchte Verwendung aus der gesamten Offenbarung von D10 naheliegend gewesen. D10 weise sowohl auf die Verwendung eines natürlichen Parfumöls hin (Spalte 3, Zeilen 58-59), als auch auf einen Wasseranteil größer als 50 Gew.%. In der Tat veranschaulichten fast alle Beispiele von D10 Zusammensetzungen mit mehr als 50 Gew.-% Wasser. D2 offenbare, dass Bereiche von 60 mPas bis 500 mPas auf dem Gebiet der Weichspülung in automatischen Waschmaschinen üblich seien. Da die Mikroemulsion nach D10 im Waschraum einer automatischen Waschmaschine sich genau so gut wie die Makroemulsion nach D2 ausspülen und verteilen lassen müsse, weise sie inhärent die nach D2 üblichen und im erteilten Anspruch 1 definierten Viskositätswerte auf.
g) Daher sei die Verwendung nach Anspruch 1 naheliegend gewesen.
Hilfsantrag
h) Anspruch 1 enthalte das neue Merkmal "pflanzliche fette Öl(e)". Da diese Öle aber, im Gegensatz zu der Definitionen in den erteilten Ansprüchen 1 und 15, nun nicht mehr "natürliche Öle" sein müssten, erfülle diese Änderung nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Darüber hinaus entspreche der Ausdruck "pflanzliche fette Öl(e)" nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ. Es sei weder klar, was darunter zu verstehen sei (das im Patent veranschaulichte Mandelöl sei ein Öl aus Früchten), noch sei die Definition "fette Öl(e)" eindeutig. Schließlich sei auch nicht ersichtlich, dass der neue Gegenstand irgendeinen Beitrag zur erfinderischen Tätigkeit gegenüber D10 leisten könne, denn die gegenüber D10 gelöste Aufgabe bleibe gleich, nämlich eine alternative Verwendung. Auch die Verwendung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags liege gegenüber D10 nahe, weil D2 lehre (Seite 10, Zeile 20), dass sowohl natürliche als auch pflanzliche Öle in Kombination mit kationischen Weichspülern auf dem Gebiet der Textilienweichspülung üblich seien.
XIV. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin), insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
Zulässigkeit der verspätet eingereichten Dokumente
a) Da das verspätet engereichte Dokument D13 sich mit Mundhygieneprodukten befasse, also gar nicht prima facie relevant für ein Textilnachbehandlungsmittel zur Anwendung im Spülgang einer automatischen Waschmaschine sein könne, sei es ins Verfahren nicht zuzulassen. D8, D9 , D11 und D12 seien auch nicht relevant, und sollten daher ebenfalls nicht zugelassen werden.
Erfinderische Tätigkeit
b) Der nächstliegende Stand der Technik sei in D10 beschrieben.
c) Davon unterscheide sich die beanspruchte Verwendung nicht nur in dem Wassergehalt von zumindest 50 Gew.-% und der Anwesenheit eines natürlichen Öls, sondern auch in den angegebenen Viskositätswerten.
d) Diese Unterscheidungsmerkmale hätten zur Folge, dass die verwendete Mikroemulsion sich aus der Einspülkammer einer automatischen Waschmaschine gut einspülen und in den Waschraum gut verteilen lasse, wobei die Mikroemulsion den Textilien Weichheit verleihe. Die so behandelten Textilien seien auch in der Lage, die Öle auf die Haut übergehen zu lassen, wodurch diese gepflegt werde. Also erziele die beanspruchte Verwendung einen Doppelnutzen für den Verbraucher: Weichspülung und Hautpflege. Diese Vorteile seien in vielen Stellen der Patentschrift erwähnt (Absätze [0115] und [0014] bis [0018]). Die Rückfettung der Haut sei im einzigen Beispiel des Streitpatents gezeigt. Wie im Streitpatent erwähnt (Absatz [0092]), trete dieser Doppelnutzen auch bei der Verwendung von ätherischen Ölen auf. Dies sei auch in der angefochtenen Entscheidung anerkannt worden.
e) Im Gegensatz zu den Argumenten der Beschwerdeführerin brauche dieser Doppeleffekt im Anspruch 1 nicht definiert zu sein. Noch solle die Menge der Wirkstoffe im Anspruch 1 definiert werden, was in der angegriffenen Entscheidung auch anerkannt wurde, weil bei verringerten Mengen ein kleinerer Effekt eintrete, so dass sich hierüber lediglich die Frage der Messmethode stellen könne.
f) Daher habe die gegenüber D10 gelöste Aufgabe darin bestanden, die Verwendung einer Zusammensetzung zur Textilbehandlung bereitzustellen, wobei die Zusammensetzung sich einfach aus der Einspülkammer einer Waschmaschine einspülen lasse, und dann im Waschraum gut verteilt werden könne, damit sowohl eine Weichspülwirkung als auch eine Hautpflegewirkung erzielt werden könne.
g) Zur Lösung dieser Aufgabe sei D10 aus folgenden Gründen völlig ungeeignet:
h) Beispiel 1 sei das einzige relevante Beispiel von D10. Der Wassergehalt der Mikroemulsion des Beispiels 1 von D10 betrage absichtlich weniger als 50 Gew.-%, denn D10 betreffe Konzentrate, und zwar klare konzentrierte flüssige Weichspüler (Titel und Spalte 1, Zeile 52 von D10). Der in D10 erwähnte Mindestgehalt an Weichspülern von 10 Gew.-% könne lediglich theoretisch sein, da die Mikroemulsionen nach D10 stets hohe Anteile an lipophilen Wirkstoffen aufwiesen. Darüber hinaus offenbare D10 keinen spezifischen Bereich für den Wassergehalt, denn in D10 (Spalte 2, Zeile 50), werde lediglich ein Bereich für die Menge des Weichspülers offenbart. Die weiteren Beispiele von D10 veranschaulichten den Einfluss der Verwendung weiterer Komponenten. Daher führe die Lehre der D10 von einem Wassergehalt von wenigstens 50 Gew.-% weg.
i) D10 offenbare nicht die Verwendung von nichtionischen Tensiden, welche im Beispiel 1 nur zufälligerweise veranschaulicht worden seien. Dies sei insbesondere aus den Beispielen 27-28 (Spalte 9, Zeilen 42-44) ersichtlich, wonach die Verwendung von nichtionischen Tensiden zum Abbrechen der Mikroemulsion führe. Die Offenbarung der D10, dass nichtionische Tenside nicht (immer) erfolgsreich seien, widerspräche der Offenbarung des Streitpatents (Absätze [0023] ff.).
j) Der von der D10 ausgehende Fachmann habe keine Veranlassung, natürliche Öle zu verwenden, denn Parfumöle seien in D10 als fakultative Komponente genannt. Darüber hinaus biete D10 eine große Auswahlmöglichkeit an Parfumölen an, worin natürliche Öle nicht bevorzugt zu sein schienen.
k) D10 offenbare nicht die Viskosität der verwendeten Mikroemulsionen. D2 betreffe Makroemulsionen. Es sei nicht klar, ob die in D2 offenbarte Viskosität auf das Gebiet der Mikroemulsionen übertragbar sei. Im Gegensatz zu D2 und D10 bleibe die beanspruchte Mikroemulsion als solche auch im Waschraum bestehen (Absatz [0023]).
l) Dass auch das Produkt von D10 in einer Einspülkammer einer automatischen Waschmaschine einsetzbar sei, ergäbe sich aus Spalte 1, Zeile 55 von D10 und werde somit nicht bestritten. Aber D10 (Spalte 4 Zeilen 48 ff.) offenbare nicht eindeutig, dass die Verteilbarkeit in Spülraum einer automatischen Waschmaschine erzielt werde.
m) Also sei die Argumentation der Beschwerdeführerin mosaikartig. D10 führe weg von beanspruchter Verwendung, welche daher erfinderisch sei.
Hilfsantrag
n) Das Merkmal "pflanzliche fette Öl(e)" ergebe sich aus dem erteilten Anspruch 4, sowie aus der Beschreibung des Streitpatents (Absätze [0043] und [0123]). Anspruch 1 sei auf pflanzliche Öle wie Mandelöl beschränkt, welche dem Verbraucher einen Doppelnutzen verliehen, wie im Streitpatent veranschaulicht. Diese Änderung schließe ätherische Öle aus. Da D10 sich nur mit ätherischen Ölen befasse, könne die gegenüber D10 gelöste Aufgabe nicht mehr in der Bereitstellung einer alternativen Verwendung bestehen. Vielmehr bestehe sie in der Verwendung von weichmachenden und hautpflegenden Weichspülern. Da D2 Makroemulsionen betreffe, sei eine Kombination von D10 mit D2 nicht gerechtfertigt.
o) Zusammengefasst erfülle auch der Hilfsantrag alle Erfordernisse des EPÜ.
Entscheidungsgründe
Zulässigkeit der verspätet eingereichten Dokumente
1. Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurden von den Parteien die Dokumente D8, D9 und D11 - D13 nicht mehr als relevant angeführt. Im Hinblick auf die infra ausgeführten Argumente, sieht die Kammer daher keine Notwendigkeit eine Entscheidung über die Zulässigkeit dieser Dokumente im Verfahren zu treffen.
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik
2. In der angegriffenen Entscheidung wurde D10 als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Die Kammer hat keinen Grund, von dieser Stellung abzuweichen. Auch während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde von den Parteien nicht bestritten, dass D10 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.
Die Offenbarung von D10
3. Wie bereits aus dem Titel und aus Spalte 1, Zeile 52, ersichtlich, betrifft D10 klare, konzentrierte, flüssige, textilweichmachende Mikroemulsionen, die Wasser enthalten.
3.1 Die Zusammensetzungen nach D10 eignen sich zur Textilbehandlung im Spülgang einer automatischen Waschmaschine (Spalte 1, Zeilen 11 und 56-58), weil sie in der Einspülkammer durch Verdünnung zur Makroemulsion werden, und zwar ohne Gelbildung.
3.2 Beispiel 1 von D10 veranschaulicht eine Mikroemulsion, welche 48.03 Teile Wasser, 2.5 Teile Dobanol 91-8 (Warenzeichen für nichtionische ethoxylierte Alkanoltenside mit 9 bis 11 Kohlenstoffatomen und 8 Ethoxy-Gruppen, also ein ethoxylierter Fettalkohol), 1.27 Teile eines ölenthaltenden Parfums und einen Diesterquat (Methylbis-[ethyl(oleyl)]-2 hydroxyethyl ammonium methyl sulfat) enthält.
3.3 Die Wassermenge der veranschaulichten Mikroemulsion liegt unter 50 Gew.-%. Darüber hinaus offenbart das Beispiel 1 von D10 nicht, ob das Parfum natürliche Öle enthält, oder wie hoch die Viskosität der Mikroemulsion ist.
Die im Streitpatent genannte Aufgabe
4. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Beschwerdegegnerin auf die folgende, im Streitpatent (Absätze [0009] und [0014]) genannte, Aufgabe berufen: Die Bereitstellung einer alternativen Möglichkeit der Textilbehandlung, welche nicht nur problemlos im Spülgang einer automatischen Waschmaschine durchgeführt werden kann, sondern auch den behandelten Textilien hautpflegende Eigenschaften verleiht.
Lösung nach erteiltem Patent
5. Diese Aufgabe wird laut Streitpatent unter anderem durch die Verwendung gemäß erteiltem Anspruch 1 gelöst (siehe supra), welche sich insbesondere durch die Verwendung von Mikroemulsionen mit natürlichen Ölen auszeichnet, welche eine Viskosität in Bereich von 5 bis 300 mPas (gemessen mit dem Brookfield-Viskosimeter DV II bei 22°C, 20 Upm, Spindel 3) aufweisen. Die Mikroemulsionen enthalten zumindest 50 Gew.-% Wasser bezogen auf das gesamte Mittel.
Erfolg der beanspruchten Lösung
6. Das Streitpatent enthält ein einziges Beispiel (siehe Absätze [0200] bis [0221]). Das veranschaulichte Textilbehandlungsmittel (Absatz [0200]) besteht aus:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
6.1 Dabei entsprechen (siehe Absatz [0202] des Streitpatents): Luviquat® Excellence einem 3-Methylvinylimidazolinchlorid Vinylpyrrolidon Copolymerisat; Dehyquart® AU 56 einem Dihydrogenated tallow hydroxyethylammonium methosulfat; Emulgin® B3 einem Cetylstearylalkohol+30-EO (Ethylenoxid-Addukt); Tocomix® L70 einem D-mixed Tocopherol in Sonnenblumenöl.
6.2 Aus den in den Absätzen [0215] bis [0221] dargestellten Ergebnissen des untersuchten Öltransfers geht hervor, dass bei allen Probanden deutlich mehr Triglycerid (Öl) auf der Haut nachgewiesen werden kann, wenn die Haut der Probanden mit mit der Mikroemulsion behandeltem Textil, im Vergleich zu nur mit Wasser behandeltem Textil, in Kontakt gebracht wurde (Absatz [0217]).
6.3 Anspruch 1 umfasst die Verwendung aller natürlichen Öle in beliebigen Mengen. Dem Streitpatent ist nicht zu entnehmen, dass besondere (Doppel-)Wirkungen auch bei einem geringfügigen Ölanteil erzielt werden können. Vielmehr enthält die im Streitpatent veranschaulichte Mikroemulsion einen Ölanteil von über 30 Gew.-% (30 Gew.-% Mandelöl und 0,40 Gew.-% Rosmarinöl), welcher sich nicht als "geringfügig" einstufen lässt
6.4 Darüber hinaus macht Anspruch 1 keine Angaben über eine Berührung der Haut des Verbrauchers mit den behandelten Textilien.
6.5 Da einerseits eine (spürbare) Textilweichmachung (ein "weicherer Griff", Seite 3 des Streitpatents, Zeile 46) und andererseits ein deutlicher Effekt auf der Haut (wie beispielsweise die Beruhigung gereizter, irritierter oder sensibilisierter Haut; Seite 3, Zeilen 50/51) erzielt werden soll, ist es für die Kammer nicht glaubhaft, dass die beanspruchte Verwendung von Mikroemulsionen mit jedem Öl in beliebiger Menge, ohne Spezifizierung der Form der Hautberührung, im gesamten Bereich des Anspruchs 1, gegenüber D10, einen Doppelnutzen erzielen lässt.
6.6 Zusätzlich liegt kein Vergleich mit einer Mikroemulsion nach D10, Beispiel 1, vor, d.h. es wurde kein Effekt gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nachgewiesen.
6.7 Daher muss die gegenüber D10 tatsächlich gelöste Aufgabe neu formuliert werden.
Neuformulierung der Aufgabe
7. Gemäß ständiger Rechtsprechung (der Beschwerdekammern des EPA, 7. Auflage 2013, I.D.4.4.2) dürfen bei der Neuformulierung der Aufgabe nur Wirkungen berücksichtigt werden können, welche sich aus der ursprünglichen Anmeldung ableiten und nachweislich im gesamten beanspruchten Bereich erzielen lassen.
7.1 Die gegenüber D10 tatsächlich gelöste Aufgabe kann daher nur darin bestehen, zur bekannten Verwendung von weichmachenden Mikroemulsionen in automatischen Waschmaschinen eine Alternative bereitzustellen.
7.2 Insbesondere im Hinblick auf das einzige Beispiel des Streitpatents wurde von den Parteien nicht bestritten, dass diese weniger ehrgeizige Aufgabe tatsächlich gelöst worden ist.
Naheliegen der Lösung
8. Es verbleibt demnach zu untersuchen, ob es ausgehend von der Verwendung gemäß D10/Beispiel 1 für den mit der technischen Aufgabe befassten Fachmann naheliegend war, die Komponenten der verwendeten Mikroemulsion derart abzuwandeln, dass sich dabei die in Anspruch 1 definierte Verwendung ergibt.
8.1 Dokument D10
8.1.1 Beispiel 1 von D10 betrifft eine Mikroemulsion, welche zum Ziel hat, Textilien im Spülgang einer automatischen Waschmaschine weich zu machen (Spalte 1, Zeilen 11-12), wobei die Mikroemulsion aus der Einspülkammer (mit Wasser) eingespült wird (Spalte 1, Zeilen 56-58).
Wie im Abschnitt 3.3 ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1
a) im Wassergehalt,
b) im Öl und
c) in der Angabe der Viskosität
vom der im Beispiel 1 der D10 verwendeten Zusammensetzung.
8.1.2 ad a) Der Wassergehalt
Der Wasseranteil der veranschaulichten Mikroemulsion ist niedriger als 50 Gew.-% und D10 betrifft konzentrierte weichmachende Mikroemulsionen (Titel; Spalte 1, Zeilen 10-14). D10 befasst sich aber nicht nur mit hochkonzentrierten Mikroemulsionen mit weniger als 50 Gew.-% Wasser. Hochkonzentrierte Mikroemulsionen stellen nur eine der vielen Ausführungsformen dar (siehe Spalte 1, Zeile 14 "even when highly concentrated" und Zeilen 51-52 "it is another object ... concentrate"). Darüber hinaus ist sowohl aus der Beschreibung (Spalte 2, Zeilen 49-58) als auch aus dem Anspruch 27 ersichtlich, dass die Mikroemulsionen nach D10 mehr als 50 Gew.-% Wasser enthalten können. Diese Lehre wird in den weiteren Beispielen der D10 veranschaulicht. Also sind Mikroemulsionen mit mehr als 50 Gew.-% Wasser durchaus in D10 offenbarte Ausführungsformen.
8.1.3 ad b) Das Öl
Die Zusammensetzung des im Beispiel 1 von D10 verwendeten "oil containing perfume" ist nicht näher präzisiert, so dass dieser Ausdruck im Hinblick auf die gesamte Offenbarung von D10 auszulegen ist. Gemäß D10 (Spalte 3, Zeile 55, bis Spalte 4, Zeile 5) umfasst der Ausdruck "Perfume" natürliche and/oder synthetische nicht wasserlösliche riechende Substanzen, sowie deren Mischungen, welche üblicherweise bis zu 80 Gew.-% "ätherische Öle" enthalten. Die natürlichen und die synthetischen riechenden Substanzen werden als gleichwertig dargestellt. Darüber hinaus spielt gemäß D10 die exakte Zusammensetzung des "Perfume" keine Rolle bei der Weichmachung der Textilien. Die Kammer schließt daraus, dass "natürliche Öle" in D10 eine durchaus offenbarte und übliche Option für das Parfumöl der Mikroemulsion des Beispiels 1 sind.
8.1.4 ad c) Die Viskosität
Bezüglich der Viskositätswerte der Mikroemulsionen macht D10 keine Angaben. Für die Kammer ergibt sich daraus, dass keine spezifische Abgrenzung von den üblicherweise verwendeten Viskositätswerten für Spülweichmittel notwendig ist. Solche übliche Viskositätswerte für Weichspülmittel sind aus D2 zu entnehmen. Obwohl D2 Weichspülmittel in Form von unverdünnten Makroemulsionen betrifft, welche vorzugsweise als solche in der Einspülkammer einer automatischen Waschmaschine verwendet werden (Seite 23, Zeilen 11-14), müssen auch diese Makroemulsionen eine für den Verbraucher akzeptable Viskosität aufweisen (D2, Seite 22, "Product Form"), und zwar zwischen 0.06 Pas und 0.5 Pas, also 60 bis 500 cps (1 cps = 1 mPas). Da die Mikroemulsionen bekanntermaßen stabiler als Makroemulsionen sind, brauchen sie keine höheren Viskositätswerte aufzuweisen. Somit waren die beanspruchten Viskositätswerte für mittels der Einspülkammer zugegebene Weichspülmittel durchaus üblich.
8.1.5 Zusätzlich werden ethoxylierte Fettalkohole im Emulgatorsystem der Mikroemulsion nach Beispiel 1 von D10 verwendet, um eine stabile Mikroemulsion herzustellen. Daher ist dem Fachmann die Verwendung auch dieser Komponente durch D10 nahegelegt.
8.1.6 Es ist aus der obigen Analyse ersichtlich, dass die beanspruchte Verwendung auf übliche Komponenten und Parametern beruht, welche sich aus D10 und D2 ergeben, wobei beide Entgegenhaltungen Weichspülmittel betreffen.
8.1.7 Es verbleibt zu begründen, aus welchem Anlass der Fachmann die Komponenten der Mikroemulsion gemäß D10 gerade mit den erwähnten bekannten Komponenten und Maßnahmen abgewandelt hätte, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen.
8.1.8 Da im vorliegenden Fall das zu lösende Problem nur in der Bereitstellung weiterer, alternativer Verwendungen besteht, bieten sich alle im vorliegenden Stand der Technik offenbarten Optionen und Maßnahmen dafür in gleicher Weise als Ausgangspunkt für Änderungen an. Es bedarf daher keiner besonderen erfinderischen Tätigkeit, um beispielsweise aus den in D10 offenbarten Möglichkeiten eine Menge an Wasser von 50 Gew.-% oder ein natürliches Parfumöl auszuwählen.
8.1.9 Zusammenfassend lag die Verwendung gemäß dem erteiltem Anspruch 1 nahe.
8.1.10 Daher erfüllt der Gegenstand des Hauptantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ, und das Patent in der erteilten Fassung kann nicht aufrechterhalten werden.
Hilfsantrag
Zulässigkeit
9. Der am 15. März 2012 eingereichte Hilfsantrag stellt eine Reaktion auf die Beschwerdebegründung dar. Die Zulässigkeit der Einreichung des Hilfsantrags als Antwort auf die Beschwerdebegründung wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und darüber hinaus ist der vorliegende Hilfsantrag mit dem bereits im Einspruchsverfahren eingereichten Hilfsantrag identisch (siehe Telefax vom 3. Mai 2011). Somit ist der Hilfsantrag zulässig (Artikel 12 VoBK).
Zurückverweisung an die erste Instanz
10. Im Rahmen der Diskussion der Änderungen stellte sich in der mündlichen Verhandlung heraus, dass der Hilfsantrag nicht nur die von der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren im Rahmen der erhobenen Einwände gestellten Fragen zur Klarheit des neuen Merkmals "pflanzlichen fetten Ölen" und hinsichtlich der Basis in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen aufwirft. Unter anderem haben sich Fragen hinsichtlich der Auswirkung der neuen Merkmale auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit gegenüber D10 angedeutet, zum Beispiel, ob D10 noch ein geeigneter nächstliegender Stand der Technik ist, oder ob eine Ermittlung eines neuen nächstliegenden Standes der Technik notwendig sein könnte, sowie ob die supra beschriebene Reformulierung der Aufgabe noch adäquat ist.
10.1 Alle diese Fragen sind aber bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer weder Gegenstand einer Diskussion gewesen, noch in der angefochtenen Entscheidung abgehandelt worden.
10.2 Daraus ergibt sich, dass die im Hilfsantrag enthaltenen Änderungen Fragen aufwerfen, die weit über die in der angefochtenen Entscheidung diskutierten Themen hinausgehen.
10.3 Nach eingehender Diskussion hatten beide Parteien die Notwendigkeit der Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Klärung dieser Fragestellungen nicht bestritten. Keine der Parteien machte diesbezüglich Einwände geltend.
10.4 Somit wird der Fall an die Einspruchsabteilung zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens zurückverwiesen. Dies gibt ggf. beiden Parteien die Möglichkeit, ihre Argumente vor zwei Instanzen vorzutragen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage das Verfahren auf der Basis des mit Schreiben vom 15. März 2012 eingereichten Hilfsantrags fortzusetzen.