T 1878/11 () of 23.6.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T187811.20160623
Datum der Entscheidung: 23 Juni 2016
Aktenzeichen: T 1878/11
Anmeldenummer: 01105634.8
IPC-Klasse: G01B 11/24
G01B 11/10
G01B 11/255
B21B 38/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung und Verfahren zur Messung der Dicke und Unrundheit von länglichen Werkstücken
Name des Anmelders: LAP GmbH Laser Applikationen
Name des Einsprechenden: ZUMBACH ELECTRONIC AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention Art 100
European Patent Convention Art 101(3)
Schlagwörter: Klarheit und ausreichende Offenbarung - keine Prüfungsbefugnis
Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Neuheit - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0010/91
G 0003/14
T 1794/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtete ihre Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der unter Berücksichtigung der von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) vorgenommenen Änderungen das europäische Patent Nr. 1154226 (Anmeldenummer 01105634.8) in geänderter Form gemäß dem Hilfsantrag Ib aufrechterhalten worden ist.

Mit dem Einspruch war das Streitpatent in vollem Umfang im Hinblick auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) und c) EPÜ 1973 angegriffen worden, nämlich wegen fehlender Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit und wegen unzulässiger Erweiterung. Die Beschwerdeführerin stützte ihren Einspruch ferner noch darauf, dass die Patentansprüche nicht klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ 1973 seien.

II. Mit einer früheren Entscheidung der Einspruchsabteilung, die der angefochtenen Zwischenentscheidung vorausgegangen war, war das Patent ausschließlich aufgrund des Einspruchsgrunds gemäß Artikel 100 c) 1973 EPÜ widerrufen worden. Auf eine Beschwerde der Patentinhaberin hin hob die Kammer - in ihrer damaligen Besetzung - durch die Entscheidung T 1794/08 vom 26. November 2009 die frühere Entscheidung auf und verwies die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurück.

III. In der angefochtenen Zwischenentscheidung vertrat die Einspruchsabteilung im Hinblick auf die geänderte Fassung des Patents gemäß Hilfsantrag Ib u.a. die Auffassung, dass

- die Erfordernisse der Artikel 123(2) und (3) EPÜ erfüllt seien (Zwischenentscheidung, Nr. 41),

- dem Antrag der Beschwerdeführerin, die durch Aufnahme der Merkmale des erteilten abhängigen Anspruchs 5 in die erteilten unabhängigen Ansprüche angeblich hervorgerufene Unklarheit zu diskutieren, nicht stattgegeben könnte, weil diese Änderungen keinen zu dem Anspruchssatz neu hinzugekommenen Sachverhalt umfassten (Zwischenentscheidung, Nr. 42), und

- die beanspruchte Erfindung gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere gegenüber den Dokumenten

D5: JP-B2-62039681 und deutsche Übersetzung,

D6: JP-A-63205504, deutsche Übersetzung (Dokument D6a) und englische Zusammenfassung, erschienen in "Patent Abstracts of Japan",

neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Zwischenentscheidung, Nr. 43 bis 49). Dabei wurde die Druckschrift D6 als nächstkommender Stand der Technik angesehen und wurden auch folgende Dokumente berücksichtigt:

D3: Norm DIN ISO 4291

D4: Norm NF E 10-103

D12: Konvolut (D12a, D12b, D12c1, D12c2, D12d und D12e) von annotierten Vergrößerungen bestimmter Figuren aus Dokument D6

D13: Norm DIN 59110.

IV. Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin das folgende Dokument mit acht Zeichnungen zur Veranschaulichung ihrer Argumente eingereicht:

A1: Zeichnungen 7.1 bis 7.8

V. Die Beteiligten wurden zu einer mündlichen Verhandlung geladen. In einer Mitteilung, die als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, hat die Kammer u.a. Folgendes ausgeführt:

2. "[...]

2.1 Artikel 84 EPÜ 1973 i.V.m. Artikel 100 bzw. 101 (3) EPÜ

2.1.1 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin als Einsprechende auf dem Einspruchsformblatt 2300.2 04.93 im Kapitel VI für die Einspruchsgründe neben die Kästchen für fehlende Neuheit, mangelnde erfinderische Tätigkeit und unzulässige Erweiterung auch das Kästchen für "sonstige Gründe" angekreuzt und dieses mit dem Ausdruck "Art. 84, Klarheit" ergänzt. Außerdem enthält der Einspruchsschriftsatz (vgl. Teil "III. Klarheit Art 84" auf Seiten 6 bis 8) detaillierte Ausführungen hinsichtlich der Klarheit der erteilten Ansprüche.

Mögliche Mängel hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ, insbesondere mögliche Klarheitsmängel der Patentansprüche, stellen allerdings keinen Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ dar. Dies wurde bereits von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Zwischenentscheidung festgestellt (vgl. Nr. 24).

2.1.2 Gemäß Artikel 101 (3) EPÜ sind die Erfordernisse des EPÜ, und daher auch die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973, bei der Prüfung eines Patents in geänderter Fassung zu berücksichtigen bzw. zu prüfen (vgl. Entscheidung G 9/91 ABl. EPA 1993, 408, Nr. 19 der Entscheidungsgründe). Allerdings wurde in der Entscheidung G 3/14 vom 24. März 2015 (zur Veröffentlichung im ABl. EPA vorgesehen) festgestellt, dass bei der Untersuchung der Frage, ob im Hinblick auf die Prüfung gemäß Artikel 101 (3) EPÜ ein Patent in geänderter Fassung den Erfordernissen des EPÜ genüge, die Patentansprüche nur auf Vereinbarkeit mit den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ 1973 geprüft werden dürfen, wenn bzw. in dem Ausmaß, in dem die Änderungen ursächlich für die Unvereinbarkeit mit Artikel 84 EPÜ 1973 sind (vgl. G 3/14, supra, Entscheidungsformel). Insbesondere stellt die Aufnahme der Gegenstände von Unteransprüchen in den übergeordneten Hauptanspruch keine Änderung dar, die im Sinne von Artikel 101 (3) EPÜ auf die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 zu prüfen ist (vgl. G 3/14, supra, Gründe, Nr. 79 und 80); siehe auch Ausführungen der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeerwiderung, Nr. 1.3.

Im vorliegenden Fall scheinen sich die Einwände der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung, soweit sie die Erfordernisse der Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ 1973 betreffen (siehe Beschwerdebegründung, Teil "II. Klarheit und mangelnde Offenbarung" auf Seiten 2 bis 5, insbesondere Seite 5, erster Absatz), gegen das Merkmal des Anspruchs 1 zu richten, wonach "sämtliche Tripel von Geraden zur Berechnung von Tangenten verwendet werden". Dieses Merkmal, das während des Einspruchsverfahrens in den erteilten Anspruch 1 hinzugefügt wurde, war allerdings - wie von der Einspruchsabteilung festgestellt, siehe Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Nr. 21 bis 23 und Entscheidung, Nr. 42 - bereits in dem erteilten abhängigen Anspruch 5 enthalten, sodass die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände mangelnder Klarheit - wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht (vgl. Beschwerdeerwiderung, Nr. 1.3) - keine Merkmalsänderung betreffen, die die Prüfung der Einwände im Hinblick auf Artikel 101(3) EPÜ i.V.m. Artikel 84 EPÜ 1973 rechtfertigen würde. Der geltende Anspruch 1 enthält zwar Merkmale (vgl. Anspruch 1, Oberbegriff, Merkmal "wobei mit jedem Laserscanner zwei parallele Geraden [...] auf gegenüberliegenden Seiten wiedergeben"), die der Beschreibung entnommen wurden (vgl. korrigierte Patentschrift "B9", Spalte 2 der Beschreibung, Zeilen 28 bis 32); sie scheinen aber nicht in Verbindung mit den von der Beschwerdeführerin erhobenen Klarheitseinwänden zu stehen.

Entsprechendes gilt für den geltenden unabhängigen Anspruch 5, soweit die erhobenen Klarheitseinwände auch diesen Anspruch betreffen.

2.1.3 Aus diesen Ausführungen folgt, dass die von der Beschwerdeführerin erhobene Einwände hinsichtlich der Erfordernisse der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ 1973 nach der vorläufigen Auffassung der Kammer weder im Rahmen der Prüfung des Einspruchs nach Artikel 100 EPÜ noch im Rahmen der Prüfung des geänderten Patents nach Artikel 101 (3) EPÜ berücksichtigt werden können.

2.2 Artikel 100 (b) EPÜ bzw. Artikel 83 EPÜ 1973

2.2.1 Im Kapitel VI des Einspruchsformblatts 2300.2 04.93 wurde das Kästchen für den Einspruchsgrund der unzureichenden Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ 1973) nicht angekreuzt. Außerdem sind dem Einspruchsschriftsatz - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung (vgl. Seite 4, vorletzter Absatz) - keinerlei Ausführungen entnehmbar, die darauf hindeuten würden, dass die Beschwerdeführerin auch den Einspruchsgrund nach Artikel 100 b) EPÜ geltend gemacht hätte.

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 (b) EPÜ wurde auch während des erstinstanzlichen Einspruchsverfahrens von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht und von der Einspruchsabteilung in das Verfahren auch nicht eingeführt, und die Beschwerdegegnerin als Patentinhaberin hat es in der Beschwerdeerwiderung (vgl. Nr. 2) ausdrücklich abgelehnt, diesen Einspruchsgrund im Beschwerdeverfahren prüfen zu lassen (vgl. dazu Stellungnahme G 10/91 (ABl. 1993, 420), Nr. 18 der Gründe).

2.2.2 Hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ 1973 im Rahmen der Prüfung des geänderten Patents nach Artikel 101 (3) EPÜ wird darauf hingewiesen, dass alle die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände der mangelnden Ausführbarkeit (vgl. Beschwerdebegründung, Sektion "II. Klarheit und mangelnde Ausführbarkeit" auf Seiten 2 bis 5) Merkmale des geltenden Anspruchs 1 zu betreffen scheinen, die bereits im erteilten Anspruch 1 i.V.m. dem erteilten abhängigen Anspruch 5 (siehe Nr. 2.1.2 oben) enthalten waren. Daraus folgt, dass die Einwände nicht durch die Anspruchsänderungen hervorgerufen sind und dass die Einwände und der entsprechende Einspruchsgrund bereits mit dem Einspruch hätten geltend gemacht werden können. Die Einwände können somit im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht ohne Weiteres berücksichtigt und geprüft werden. Eine Prüfung solcher Einwände gemäß Artikel 83 EPÜ 1973 i.V.m. Artikel 101 (3) EPÜ würde unter den vorliegenden Umständen de facto eine Einführung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 (b) EPÜ ohne die Zustimmung der Beschwerdegegnerin darstellen, was im Widerspruch zu den Feststellungen in der Entscheidung G 10/91 (supra) stehen würde.

Entsprechendes gilt für den geltenden unabhängigen Anspruch 5, soweit die Einwände der Beschwerdeführerin auch diesen Anspruch betreffen.

2.2.3 Aus diesen Ausführungen folgt, dass die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände hinsichtlich der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung nach der vorläufigen Auffassung der Kammer weder im Rahmen der Prüfung des Einspruchs nach Artikel 100 EPÜ noch im Rahmen der Prüfung des geänderten Patents nach Artikel 101 (3) EPÜ i.V.m. Artikel 83 EPÜ 1973 berücksichtigt werden können.

2.3 Unter diesen Umständen scheint die Kammer zu einer Prüfung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände mangelnder Klarheit und unzureichender Ausführbarkeit nicht befugt zu sein."

VI. Es wurde am 23. Juni 2016 vor der Kammer mündlich verhandelt.

Während der mündlichen Verhandlung wurde durch die Beschwerdeführerin das folgende Dokument mit Schaubildern zur Veranschaulichung der möglichen Tangententripel gemäß der beanspruchten Erfindung im Vergleich zum Stand der Technik überreicht:

A2: Zeichnungen, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung, zwei Blätter.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des angefochtenen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 gemäß Hilfsantrag Ib lauten wie folgt:

" 1. Verfahren zur Messung von Durchmesser und Unrundheit von in ihrer Längsrichtung vorbewegten Rundprodukten an Walzstraßen, mit einer Meßeinrichtung aus drei oder mehr Laserscannern, die je einen lichtempfindlichen Sensor (42) und einen Laser (40) aufweisen, der zur Beleuchtung eines Bereichs des Sensors auf diesen ausgerichtet ist, wobei das Werkstück einen vollständig innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs des Sensors liegenden Schatten wirft, wobei mit jedem Laserscanner zwei parallele Geraden bestimmt werden, die den maximalen Abstand zwischen zwei Außenkanten des Werkstücks auf gegenüberliegenden Seiten wiedergeben, das folgende Verfahrensschritte aufweist:

- aus einer Schattenkante (38, 44), die das Rundprodukt auf den Sensor des Laserscanners wirft, wird eine an der Außenkante des Rundprodukts anliegende Gerade berechnet, die parallel zu dem Laserstrahl verläuft,

dadurch gekennzeichnet, daß

- wenn mehr als drei nicht parallele Geraden gemessen werden, sämtliche Tripel von Geraden zur Berechnung von Tangenten verwendet werden. [sic], wobei

- zu je drei ermittelten Geraden eine Auswerteeinrichtung einen Kreis errechnet, an dem die Geraden als Tangenten anliegen,

- die Berechnung eines Kreises mehrfach wiederholt wird und

- aus den berechneten Kreisdurchmessern der Durchmesser und die Unrundheit des Rundprodukts bestimmt werden, wobei die Unrundheit als Differenz aus kleinstem sowie größtem Durchmesser bestimmt wird."

" 5. Vorrichtung zur Messung von Durchmesser und Unrundheit von in ihrer Längsrichtung vorbewegten Rundprodukten an Walzstraßen, mit einer Auswerteeinrichtung mit drei oder mehr Laserscannern,

- die je einen lichtempfindlichen Sensor (42) und einen Laser (40) aufweisen, der zur Beleuchtung eines Bereichs des Sensors auf diesen ausgerichtet ist,

wobei das Werkstück einen vollständig innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs des Sensors liegenden Schatten wirft,

- die im wesentlichen in gleichen Winkelabständen zueinander angeordnet sind,

und deren Laserstrahlen das Rundprodukt (12) derart beleuchten, daß das Rundprodukt jeweils unter Bildung von zwei Schattenkanten einen Schatten (44) vollständig innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs des Sensors (42) wirft,

dadurch gekennzeichnet, daß

- die Auswerteeinrichtung wenn mehr als drei nicht parallele Geraden gemessen werden, sämtliche Tripel von Geraden zur Berechnung von Tangenten verwendet werden. [sic] und zu je drei ermittelten Geraden eine Auswerteeinrichtung einen Kreis errechnet, an dem die Geraden als Tangenten anliegen,

- die Berechnung eines Kreises mehrfach wiederholt wird und

- aus den gemessenen Kreisdurchmessern der Durchmesser und die Unrundheit des Rundprodukts bestimmt werden, wobei die Unrundheit als Differenz aus kleinstem sowie größtem Durchmesser bestimmt wird."

Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag Ib beinhaltet auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 und den abhängigen Anspruch 6, die sich auf bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 und der Vorrichtung nach Anspruch 5 richten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 100 c) EPÜ 1973 und Artikel 123 (2) und (3) EPÜ

Wie oben unter Nr. II ausgeführt, wurde in der Entscheidung T 1794/08 der Kammer bereits festgestellt, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ 1973 nicht greife.

Im Übrigen hat die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten (vgl. Nr. III oben), dass das geänderte Patent gemäß Hilfsantrag Ib die Erfordernisse der Artikel 123 (2) und (3) EPÜ erfülle (vgl. Entscheidungsgründe, Nr. 41), und die Beschwerdeführerin ist dieser Auffassung nicht entgegengetreten.

3. Einwände unzureichender Offenbarung und mangelnder Klarheit

3.1 In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin eine Reihe von Einwänden hinsichtlich der Klarheit und der ausreichenden Offenbarung der beanspruchten Erfindung erhoben (Beschwerdebegründung, Abschnitt II, auf Seiten 2 bis 5). In der Mitteilung, die als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass

- die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände hinsichtlich der Erfordernisse der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ 1973 weder im Rahmen der Prüfung des Einspruchs nach Artikel 100 EPÜ noch im Rahmen der Prüfung des geänderten Patents nach Artikel 101 (3) EPÜ berücksichtigt werden können (vgl. Abschnitt V oben, Nr. 2.1 und 2.3), und

- die von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände hinsichtlich der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung weder im Rahmen der Prüfung des Einspruchs nach Artikel 100 EPÜ noch im Rahmen der Prüfung des geänderten Patents nach Artikel 101 (3) EPÜ i.V.m. Artikel 83 EPÜ 1973 berücksichtigt werden können (vgl. Abschnitt V oben, Nr. 2.2 und 2.3).

3.2 Was die Einwände der unzureichenden Ausführbarkeit anbelangt, hat die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung der vorläufigen Auffassung der Kammer nicht widersprochen, und die Kammer sah keinen Grund, von ihrer vorläufigen Auffassung abzuweichen.

Die Kammer kam daher zu dem Schluss, dass sie zu einer Prüfung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände unzureichender Ausführbarkeit aus den bereits in der Mitteilung dargelegten Gründen (vgl. Abschnitt V oben, Nr. 2.2) nicht befugt war.

3.3 Was die Einwände der mangelnden Klarheit der Ansprüche anbelangt, hat die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung der vorläufigen Auffassung der Kammer in ihrer Mitteilung insoweit widersprochen, als die Tatsache, dass während des erstinstanzlichen Verfahrens Merkmale aus der Beschreibung in die Ansprüche eingeführt wurden, eine Prüfung der Klarheit der Ansprüche gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 rechtfertigen würde. Die erhobenen Einwände mangelnder Klarheit betreffen aber Merkmale der Ansprüche, die - wie bereits oben unter Abschnitt V, Nr. 2.1.2 ausgeführt und von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung noch betont - bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten waren, und die Beschwerdeführerin hat keine spezifische Änderung gegenüber den erteilten Ansprüchen geltend gemacht, die ursächlich für die geltend gemachte Unvereinbarkeit der Ansprüche mit Artikel 84 EPÜ 1973 wäre und eine Prüfung im Hinblick auf Artikel 101(3) EPÜ i.V.m. Artikel 84 EPÜ 1973 im Sinne der Entscheidung G 3/14 (supra) rechtfertigen würde (vgl. Abschnitt V oben, Nr. 2.1.2). So wurde von der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Absatz [0012] der Beschreibung gemäß Hilfsantrag Ib ein Merkmal beinhaltet ("für jeden Laserscanner eine oder zwei an der Außenkante anliegende Geraden [...] ermittelt wird"), das nicht im Einklang mit dem aus der Beschreibung entnommenen und im Anspruch 1 hinzugefügten Merkmal "mit jedem Laserscanner zwei parallele Geraden bestimmt werden [...]" steht. Dieses beanspruchte Merkmal erfordert allerdings ausdrücklich und unzweideutig, dass für jeden Laserscanner zwei parallele Geraden zu bestimmen sind. Des Weiteren wurde bereits während des Einspruchsverfahrens in die Passage der Beschreibung in Absatz [0018] der Patentschrift, auf welche die Beschwerdeführerin ebenfalls verwiesen hat, aufgenommen, dass das entsprechende, in Fig. 5 dargestellte Triangulationsverfahren, bei dem für jeden Laserscanner nur eine an der Außenkante anliegende Gerade ermittelt wird, "nicht der Erfindung" entspricht. In diesem Kontext ist der von der Beschwerdeführerin erhobene Mangel vielmehr als eine offensichtliche Unstimmigkeit in der Beschreibung zu betrachten, und diese Unstimmigkeit in der Beschreibung reicht allein nicht aus, um eine Prüfung der Frage der Klarheit des Anspruchs 1 gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 zu rechtfertigen. Entsprechendes gilt für den unabhängigen Anspruch 5, soweit die Ausführungen der Beschwerdeführerin auch diesen Anspruch betreffen.

Unter diesen Umständen kam die Kammer zu dem Schluss, dass sie auch zu einer Prüfung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwände mangelnder Klarheit aus den bereits dargelegten Gründen nicht befugt war.

3.4 Die weitere, von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob bzw. inwieweit die von ihr gerügten Mängel hinsichtlich der Klarheit und der Ausführbarkeit eine Auswirkung auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Erfindung haben, wird nachstehend bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit behandelt (siehe insbesondere Nr. 5.5 und 5.6 unten).

4. Neuheit

Die Neuheit der beanspruchten Erfindung gemäß Hilfsantrag Ib wurde von der Beschwerdeführerin während des Verfahrens nicht mehr in Frage gestellt.

5. Erfinderische Tätigkeit - Verfahrensansprüche 1 bis 4

5.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag Ib ist auf ein Verfahren zur Messung von als Rundprodukten bezeichneten Werkstücken gerichtet. Bei dem beanspruchten Verfahren werden das Werkstück und drei oder mehr Laserscanner mit je einem lichtempfindlichen Sensor und einem Laser so ausgerichtet, dass das Werkstück auf jeden Sensor einen vollständig innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs des Sensors liegenden Schatten wirft. Auf Basis der Schattenkanten, die das Rundprodukt auf die Sensoren wirft, werden Geraden berechnet, die parallel zu dem jeweiligen Laserstrahl und tangential zu den Außenkanten des Werkstücks verlaufen, und auf Basis der ermittelten Geraden werden dann Kreise errechnet, an denen ein Teil der Geraden als Tangenten anliegen (vgl. Patentschrift, Fig. 6 und 7), und aus den Kreisen werden Eigenschaften, insbesondere die Unrundheit, des Werkstücks abgeleitet.

In der angefochtenen Entscheidung wurde von Dokument D6 als nächstkommendem Stand der Technik ausgegangen (Entscheidungsgründe, Nr. 45), und die Beteiligten haben diese Auffassung der Einspruchsabteilung nicht in Frage gestellt. Dokument D6 offenbart ein Verfahren, das alle oben erwähnten Merkmale aufweist; insbesondere offenbart das Dokument D6 die einseitige, tangentiale Antastung des zu vermessenden Werkstücks mittels drei Laserscannern und die Ermittlung des Radius eines Innenkreises, der durch das mittels der drei Tangenten gebildete Umdreieck festgelegt ist (vgl. D6, englische Zusammenfassung i.V.m. Fig. 1 bis 11 des Dokuments und die entsprechende Beschreibung in der deutschen Übersetzung D6a). In der angefochtenen Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, dass sich das beanspruchte Verfahren von dem im Dokument D6 offenbarten Verfahren im Wesentlichen dadurch unterscheidet (vgl. Entscheidungsgründe, Nr. 29 und 46), dass

a) die Unrundheit des Werkstücks statt aus dem Radius des errechneten Kreises (D6, englische Zusammenfassung, erster Absatz) aus der Differenz aus dem kleinsten und dem größten berechneten Durchmesser der Kreise bestimmt wird,

b) aus den berechneten Durchmessern der errechneten Kreise auch der Durchmesser des Werkstücks bestimmt wird,

c) mit jedem Laserscanner statt nur eine (vgl. D6, Fig. 1) zwei parallele Geraden derart berechnet werden, dass sie parallel zu dem jeweiligen Laserstrahl verlaufen und den maximalen Abstand zwischen zwei Außenkanten des Werkstücks auf gegenüberliegenden Seiten wiedergeben (vgl. Patentschrift, Fig. 6 und 7), und

d) die Ermittlung der Kreise, an denen die Geraden als Tangenten anliegen, auf der Basis sämtlicher Tripel von solchen Geraden erfolgt.

Während die Merkmale a) und b) von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung der Dokumente D3, D4, D12 und D13 als naheliegend angesehen wurden (vgl. angefochtene Entscheidung, Entscheidungsgründe, Nr. 29 bis 34), kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass das beanspruchte Verfahren aufgrund der Merkmale c) und d) als erfinderisch zu betrachten sei, weil dadurch eine Vielzahl von Messwerten erhalten würde, die die Genauigkeit der Unrundheitsmessung verbesserten, und eine solche Maßnahme nicht durch den Stand der Technik nahegelegt sei (Entscheidungsgründe, Nr. 46 bis 49). Zwar offenbare Dokument D5 ein ähnliches Verfahren, das auch auf Tripeln von Geraden basiere (D5, Fig. 5 und 6, und die entsprechende Beschreibung in der deutsche Übersetzung); dabei würden aber nur Tripel herangezogen, bei denen die Geraden ein Dreieck bildeten (D5, Fig. 5 und 6 und Beschreibung auf Seiten 3 bis 7 der Übersetzung), und nicht Tripel, bei denen zwei Geraden parallel zueinander seien und die dritte Gerade diese beiden parallelen Geraden schneide (siehe zur Veranschaulichung z.B. Dokument A1, Fig. 7.3 bis 7.6, und Abbildung auf Seite 4 der Beschwerdeerwiderung), wobei solche Tripel zusätzliche, zu der Genauigkeit der Unrundheitsmessung beitragende Messwerte ermöglichten (Entscheidungsgründe, Nr. 47 bis 49).

5.2 In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die Auffassung der Einspruchsabteilung nicht geteilt, wonach die Merkmale c) und d) des beanspruchten Verfahrens gegenüber der Lehre der Dokumente D5 und D6 nicht naheliegend seien. Dabei hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass bei einer Kombination der Dokumente D5 und D6 die Unrundheit bereits auf der Basis von Tripeln von Geraden, bei denen die Geraden ein Dreieck bildeten, ermittelt werde, und dass durch die gemäß Anspruch 1 noch heranzuziehenden Tripel von Geraden, bei denen zwei Geraden zueinander parallel verliefen und die dritte Gerade diese beiden parallelen Geraden schneide, keine zusätzlichen Messwerte oder Informationen gewonnen werden könnten, die eine genauere Bestimmung der Unrundheit ermöglichen würden, weil der Durchmesser des durch solche Tripel errechneten Kreises nicht größer bzw. kleiner sein könne als der Durchmesser von Innenkreisen, die durch Tripel von Geraden bestimmt würden, bei denen keine Geraden parallel zueinander verliefen (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 8, erster und zweiter Absatz).

Die Beschwerdeführerin bestritt daher nicht, dass - wie von der Einspruchsabteilung bereits festgestellt - die Einbeziehung in dem beanspruchten Verfahren von Tripeln von Geraden, bei denen zwei Geraden zueinander parallel sind, weder durch Dokumente D5 oder D6 noch durch deren Kombination nahegelegt ist. Die Beschwerdeführerin bestreitet vielmehr, dass durch solche Tripel zusätzliche Informationen bereitgestellt werden können, die über diejenigen hinausgehen, die sich aus den anderen Tripeln bereits ergeben. Die Auffassung der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht kann aber von der Kammer nicht geteilt werden, da - wie in der Mitteilung der Kammer, die als Anlage der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, bereits erörtert wurde, vgl. Nr. 3.2-ii) der Mitteilung - der Durchmesser des durch solche Tripel errechneten Kreises größer bzw. kleiner sein kann als der Durchmesser von Innenkreisen, die durch Tripel von Geraden bestimmt werden, bei denen die Geraden ein Dreieck bilden. Das ist z.B. der Fall, wenn das Werkstück einen ovalen bzw. elliptischen Querschnitt aufweist, dessen eine Achse parallel und dessen andere Achse orthogonal zu den zwei parallelen Geraden des Tripels verläuft (siehe z.B. Dokument A2, zweites Blatt, erstes Bild der zweiten Zeile). Die Berücksichtigung solcher Tripel trägt daher zur Lösung der Aufgabe bei, zusätzliche Messwerte zu gewinnen, die die Ermittlung eines genaueren Wertes der Unrundheit ermöglichen (vgl. Patentschrift, Absatz [0007]).

5.3 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin auch geltend gemacht, dass die Messwerte, die mit den Tripeln von Geraden, bei denen zwei Geraden parallel sind, ermittelt werden können, auch mit den zwei entsprechenden parallelen Geraden allein ermittelt werden können, so dass die dritte Gerade, die die zwei parallelen Geraden schneidet, überflüssig ist. Außerdem erziele die Berücksichtigung solcher Tripel denselben technischen Effekt wie die im Dokument D5 offenbarten Paare von parallelen Geraden, und die beanspruchte Alternative führe lediglich zu einem höheren, überflüssigen Rechenaufwand.

Bei solchen Tripeln ermöglicht aber - wie von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung ausgeführt - die dritte, nicht parallele Gerade die Ermittlung des Mittelpunkts des Werkstücks (siehe z.B. die Figur auf Seite 4 der Beschwerdeerwiderung), sodass die Berücksichtigung dieser dritten Gerade nicht überflüssig ist. Außerdem werden bei dem beanspruchten Verfahren nur Tripel von Geraden berücksichtigt, während eine Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Paare von parallelen Geraden dazu führen würde, dass neben Tripeln von Geraden, die ein Dreieck bilden, auch Paare von parallelen Geraden zu berücksichtigen wären, was - wie von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung auch ausgeführt - zu einer erheblichen Verkomplizierung führen würde, die mit dem beanspruchten Verfahren vermieden wird. Aus diesen Gründen kann die Berücksichtigung solcher Tripel von Geraden, bei denen zwei Geraden zueinander parallel sind, im Kontext des beanspruchten Verfahrens nicht als technisch äquivalent zu der Berücksichtigung von Paaren von parallelen Geraden betrachten werden, geschweige denn als durch diese nahegelegt.

5.4 Die Beschwerdeführerin hat auch geltend gemacht, dass die Messwerte, die mit den Tripeln von Geraden, bei denen zwei Geraden parallel sind, ermittelt werden können, dem Durchmesser bzw. der Dicke beispielweise eines dreiwelligen Gleichdicks entsprächen (vgl. Dokument A2, Bilder der zweiten Zeile), sodass solche Messungen keine genauere Ermittlung des Werkstücks ermöglichten, weil die Dicke eines Gleichdicks, in allen Winkellagen gemessen, definitionsgemäß gleich groß sei.

Diese Argumente haben die Kammer nicht überzeugt, weil sie nur den Sonderfall des Gleichdicks betreffen und nicht für andere, allgemeine Rundprodukte gemäß Anspruch 1 gelten, die von einem Gleichdick abweichen bzw. in unterschiedlichen Winkellagen ungleich dick sind.

5.5 In der Beschwerdebegründung und während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin ebenfalls vorgetragen, dass das beanspruchte Verfahren auch die Berücksichtigung von Tripeln zulässt, die zu errechneten Kreisen führen, die außerhalb des zu vermessenden Werkstücks liegen (siehe Dokument A1, Fig. 7.7 und 7.8), und dass solche Tripel zu einer Verschlechterung bzw. Verfälschung des Ergebnisses, insbesondere der Unrundheit, führen.

Eine rein formelle, kontextfreie Auslegung der im Anspruch 1 angegebenen Definition der geometrischen Ermittlung der Kreisen ("zu je drei ermittelten Geraden eine Auswerteeinrichtung einen Kreis errechnet, an dem die Geraden als Tangenten anliegen") ermöglicht zwar nicht nur die Ermittlung von Kreisen, die das Werkstück zumindest teilweise einschließen (vgl. Fig. 6 und 7 der Patentschrift, und Dokument A1, Fig. 7.1 bis 7.6), sondern auch die Ermittlung von zusätzlichen Kreisen, die - wie die Fig. 7.6 und 7.7 des Dokuments A1 zeigen - außerhalb des zu vermessenden Werkstücks liegen. Die Kammer weist allerdings darauf hin, dass sich ein Anspruch nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern an den einschlägigen Fachmann richtet und dass der Anspruch von dem Fachmann mit der Bereitschaft gelesen wird, ihn zu verstehen (siehe z.B. "Rechtsprechung der Beschwerdekammern", 7. Auflage 2013, EPA, Kapitel II, Absatz A-6.1). Das beanspruchte Verfahren ist u.a. auf die Ermittlung von Kreisen gerichtet, deren Durchmesser die Ermittlung des Durchmessers und der Unrundheit des Werkstücks ermöglicht (Anspruch 1, letzter Absatz), wobei u.a. das Werkstück "einen vollständig innerhalb des ausgeleuchteten Bereichs des Sensors liegenden Schatten wirft", und die beiden parallelen Geraden, die für jeden Laserscanner ermittelt werden, jeweils "den maximalen Abstand zwischen zwei Außenkanten des Werkstücks auf gegenüberliegenden Seiten wiedergeben". Der einschlägige Fachmann wird in diesem technischen Kontext verstehen, dass die zu ermittelnden Kreise diejenigen sind, die eine Annäherung an das Werkstück darstellen, während die zusätzlichen Nebenkreise, die sich rein geometrisch mit einer isolierten Betrachtung der beanspruchten Definition der Kreise noch ermitteln lassen, aber außerhalb des Werkstücks liegen, nicht als auszuwertende Kreise im Sinne des beanspruchten Verfahren zu betrachten sind. Diese Auslegung entspricht dem technisch sinnvollen Verständnis der oben erwähnten Merkmale im Rahmen des beanspruchten Verfahrens und dessen technischen Beitrags, und sie wird auch durch die Beschreibung gestützt (vgl. Fig. 6 und 7 der Patentschrift und die entsprechende Beschreibung).

Die weitere Frage, wie diese parasitären Nebenkreise, die aus einer rein formellen Auslegung des beanspruchten Merkmals "zu je drei ermittelten Geraden eine Auswerteeinrichtung einen Kreis errechnet, an dem die Geraden als Tangenten anliegen" resultieren würden, bei der Implementierung des beanspruchten Verfahrens zu behandeln wären, würde gegebenenfalls ihrer Natur nach zum Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ 1973 gehören. Die Kammer ist aber - wie unter Nr. 3.2 oben bereits ausgeführt - nicht befugt, diese Frage zu prüfen.

5.6 Des Weiteren hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass bei dem beanspruchten Verfahren auch Tripel von Geraden zu berücksichtigen wären, die einen offenen U-förmigen Winkel bilden, bei denen die entsprechenden errechneten Kreise im Vergleich zu dem Werkstück zu groß bzw. zu klein sind (siehe Dokument A2, erstes und zweites Blatt, jeweils Bilder der dritten Zeile), um zu einer genaueren Ermittlung der Unrundheit beitragen zu können.

Auch diesem Argument vermag die Kammer nicht zu folgen, da - wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt - solche Kreise zusätzliche Informationen über die Unrundheit des Werkstücks liefern können, u.a. weil sie u.U. eine Verstärkung der Unrundheit des Werkstücks darstellen und zu einer genaueren Ermittlung der Unrundheit des Werkstücks beitragen können.

Die weitere Frage, wie solche Kreise bei der Ausführung des beanspruchten Verfahrens, insbesondere durch die beanspruchte Auswerteeinrichtung, auszuwerten bzw. zu behandeln sind, entspricht gegebenenfalls dem Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ 1973. Wie bereits ausgeführt, ist die Kammer aber nicht befugt, diese Frage zu prüfen (vgl. Nr. 3.2 oben).

5.7 Aus allen diesen Gründen kam die Kammer während der mündlichen Verhandlung zu dem Schluss, dass das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 und den abhängigen Ansprüchen 2 bis 4 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

6. Erfinderische Tätigkeit - Vorrichtungsansprüche 5 und 6

Der unabhängige Anspruch 5 ist auf eine Vorrichtung gerichtet, die u.a. eine Auswerteeinrichtung aufweist, deren funktionelle Merkmale im Wesentlichen jeweils den Merkmalen des Verfahrens nach Anspruch 1 entsprechen.

Die Beschwerdeführerin hat während der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Auswerteeinrichtung nichts anders als ein normaler Computer sei, und dass es nicht klar sei, wie die Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 1 zur erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Vorrichtung beitragen könnten. Dieses Argument der Beschwerdeführerin lässt aber außer Acht, dass die beanspruchte Auswerteeinrichtung - sei es etwa in Form eines Computers mit entsprechender Software oder in anderer Form, z.B. in Form einer elektrischen bzw. elektronischen Schaltungsanordnung - durch eine Kombination von konkreten technischen, funktionellen Merkmalen gekennzeichnet ist, die, wie bereits oben unter Nr. 5 ausgeführt, nicht durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt wird.

Aus diesen Gründen kam die Kammer während der mündlichen Verhandlung auch zu dem Schluss, dass die Vorrichtung nach dem unabhängigen Patentanspruch 5 und dem abhängigen Anspruch 6 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ 1973).

7. In Anbetracht der obigen Erwägungen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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