European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T015611.20140314 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 März 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0156/11 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04291939.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60H 1/22 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Heizungsanordnung mit einem Heizelement, insbesondere für ein Kraftfahrzeug | ||||||||
Name des Anmelders: | Behr France Rouffach SAS | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Eberspächer catem GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja) Klarheit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Sowohl die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin II) als auch die Einsprechende (Beschwerdeführerin I) haben gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent EP 1 621 378 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt.
II. Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand des europäischen Patents in der geänderter Fassung gemäß dem während der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2010 eingereichten Hilfsantrag 1 den Erfordernissen des EPÜ genügt.
III. Am 14. März 2014 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß dem während der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2014 eingereichten neuen Hauptantrag. Die sonstigen Anträge wurden zurückgenommen.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
"Heizungsanordnung, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit mindestens einem Heizelement, insbesondere einem PTC-Element, das Teil eines Heizstrangs (8) ist, welcher durch eine Baugruppe gebildet ist, wobei mehrere nebeneinander angeordnete Baugruppen Teil der Heizungsanordnung (1) sind, wobei die Heizungsanordnung einen isolierend ausgebildeten Rahmen umfasst, wobei in den Zwischenräumen zwischen einer äußersten Baugruppe und dem Rahmen und in den Zwischenräumen zwischen zwei Baugruppen ein Strömungswiderstandselement angeordnet ist, wobei das Strömungswiderstandselement ein Kunststoffteil ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Strömungswiderstandselement ein Gitterelement (14) ist, wobei die Gitterelemente jeweils aus einem diagonal angeordneten Kunststoffgitter bestehen, das in den Rahmen integriert ist, wobei es an einem Rand des Rahmens angebracht ist."
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin I (Einsprechende), insofern es zum vorliegenden Antrag der Beschwerdeführerin II relevant ist, kann wie folgt zusammengefasst werden:
Der neue Hauptantrag sei während der mündlichen Verhandlung eingereicht worden, nachdem die Diskussion der Frage der Neuheit gegenüber E1 (EP-A-1 432 287) hinsichtlich des früheren Hauptantrags abgeschlossen gewesen sei. Da es keine neuen Einwände während der Verhandlung gegeben habe, die die verspätete Einreichung hätten rechtfertigen können, sei der neue Hauptantrag als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen.
Darüber hinaus verstoße der Antrag gegen die Erfordernisse des Artikel 84 EPÜ. Folgende Begriffe des Wortlauts vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag seien nicht klar:
- "integriert" stehe im Widerspruch zu "angebracht", da "integriert" eine feste Verbindung bedeute, wobei "angebracht" nicht unbedingt eine Befestigung einschließe;
- "ein diagonal angeordnetes Kunststoffgitter" lasse offen, ob das Gitter diagonal angeordnet sei oder ob die Längs- und Querelemente des Gitters diagonal ausgerichtet seien, und weiterhin seien die Gitterelemente des Ausführungsbeispiels parallel angeordnet;
- "Rand des Rahmens" sei in Hinblick auf die Strömungsrichtung nicht klar, weil darunter eine beliebige Kante des Rahmens verstanden werden könne.
VI. Die Beschwerdeführerin II (Patentinhaberin) widersprach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin I und argumentierte wie folgt:
Der neue Hauptantrag sei als Reaktion auf die Diskussion über die Neuheit basierend auf E1 während der mündlichen Verhandlung eingereicht worden, insbesondere im Hinblick auf die von der Kammer vorgenommene Auslegung des Anspruchs 1 gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrag; er sei somit nicht als verspätet anzusehen.
Darüber hinaus sei die Klarheit gegeben, da die von der Beschwerdeführerin I eingewendeten Begriffe für den Fachmann im Kontext des Anspruchs klar seien.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin I ist zulässig.
Nachdem der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Hauptantrag von der Beschwerdeführerin II zurückgenommen wurde und der vorliegende Hauptantrag gegenüber dem von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen Hilfsantrag 1 weiter eingeschränkt ist wie unten erläutert -, spielt die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin II die erst in der mündlichen Verhandlung aufgeworfen wurde - keine Rolle mehr für das Beschwerdeverfahren. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin II war nämlich allein auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Aufrechterhaltung des Patents gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrag gerichtet. Es ist daher nicht notwendig, auf den diesbezüglichen Einwand der Beschwerdeführerin I einzugehen.
2. Zulassung des Hauptantrags in das Beschwerdeverfahren
Der Hauptantrag wurde während der mündlichen Verhandlung eingereicht. Dessen Anspruch 1 entspricht Anspruch 1 gemäß dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hauptantrag, wobei folgende Einschränkungen basierend auf Absatz [0016] der A-Schrift der Anmeldung (EP-A-1 621 378) hinzugefügt sind:
-ein Strömungswiderstandselement ist "in den Zwischenräumen zwischen einer äußersten Baugruppe und dem Rahmen und in den Zwischenräumen zwischen zwei Baugruppen" angeordnet,
- "die Gitterelemente bestehen jeweils aus einem diagonal angeordneten Kunststoffgitter, das in den Rahmen integriert ist, wobei es an einem Rand des Rahmens angebracht ist."
Der Hauptantrag wurde von der Beschwerdeführerin II während der mündlichen Verhandlung eingereicht, nachdem die Frage der Neuheit gegenüber E1 (EP-A-1 432 287) diskutiert wurde und die Kammer ihre voraussichtlich abschließende Meinung bekanntgab. Zwar war der Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber E1 bereits in der Beschwerdebegründung von der Beschwerdeführerin I vorgebracht worden, die Kammer war jedoch aufgrund einer Auslegung des Anspruchs 1, die erst während der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin I klar zum Ausdruck gebracht wurde, zu dem Schluss gekommen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem bisherigen Hauptantrag nicht neu sei. Diese Auslegung beruhte darauf, dass die Definition "zwischen zwei Baugruppen" nicht unbedingt zwei benachbarte Baugruppen bedeute und dass als Gitterelement, welches als Strömungswiderstandselement diene, nicht unbedingt ein ganzes Gitter sondern auch ein Bereich eines Gitters angesehen werden könnte (somit wäre zwischen den äußersten Baugruppen in Fig. 9 der E1 ein Strömungswiderstandselement in Form eines Gitters bestehend aus vier Längsstreben 10 und den mittleren Portionen der Querstreben 9 vorhanden). Der neu vorgelegte Hauptantrag ist daher als angemessene Reaktion auf die Entwicklung der Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu werten. Er wirft auch keine komplexen neuen Fragen auf und erlaubt trotz des fortgeschrittenen Verfahrensstandes allen Beteiligten eine sofortige Auseinandersetzung auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags der Parteien.
Aus diesen Gründen wird der Hauptantrag ins Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern des EPA).
3. Klarheit
3.1 Die Kammer kann keinen Widerspruch zwischen der Angabe, dass die Gitterelemente an einem Rand des Rahmens angebracht sind und der Angabe, dass die Gitterelemente in den Rahmen integriert sind, erkennen. Der Begriff "integriert" impliziert nicht zwangsläufig, dass die Gitterelemente fest mit dem Rahmen verbunden oder mit diesem einstückig sind, sondern nur, dass sie mit dem Rahmen in ein größeres Ganzes eingegliedert werden. Aber auch eine enge Auslegung von "integriert" - also "befestigt" im Sinne der Auslegung durch die Beschwerdeführerin II -, steht nicht im Widerspruch mit "angebracht", da dieser Begriff eine "feste" Anbringung nicht ausschließt.
3.2 Der Anspruch 1 definiert, dass die Gitterelemente jeweils aus einem diagonal angeordneten Kunststoffgitter bestehen. Es ist zwar der Beschwerdeführerin I zuzustimmen, dass der Anspruch nicht spezifiziert, ob "diagonal" sich auf die Anordnung der Gitterelemente gegenüber dem Rahmen, oder auf die Gestaltung des Kunststoffgitters selbst bezieht. Der fachkundige Leser würde jedoch ohne weiteres erkennen, dass, wenn gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 die Gitterelemente neben den Baugruppen angeordnet sind, also eine Längserstreckung wie die Baugruppen aufweisen, die beanspruchte diagonale Anordnung der Kunststoffgitter sich nur auf die Gestaltung des Kunststoffgitters selbst beziehen kann, d.h. dass die Gitterteile, die die Gitterform erzielen, gegenüber dem Rahmen diagonal angeordnet sind.
Diese Auslegung steht im Einklang mit der Offenbarung, wie z.B. aus den Figuren 1 und 2 der Patentschrift ersichtlich ist.
3.3 Darüber hinaus führt auch der Begriff "an einem Rand des Rahmens" zu keinem Mangel an Klarheit. Dieser Begriff muss im gesamten Kontext des Anspruchs 1 gelesen werden, nachdem die Gitterelemente in den Zwischenräumen zwischen einer äußersten Baugruppe und dem Rahmen und in den Zwischenräumen zwischen zwei Baugruppen angeordnet sind. Es ist daher klar, dass der Ausdruck "an einem Rand des Rahmens" sich zwangsläufig auf den Rand bezieht, welcher sich an der den Baugruppen zugewandten Seite des Rahmens befindet.
3.4 Somit erfüllt Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
4. Zulässigkeit der Änderungen
Die Beschwerdeführerin I hat keine Einwände gegen die Zulässigkeit der am Anspruch 1 vorgenommen Änderungen geäußert. Seitens der Kammer bestehen auch keine Bedenken in Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ. Wie oben erläutert, sind die Änderungen durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt (siehe Absatz [0016] der Anmeldungsveröffentlichung) und sie bewirken eine Einschränkung des Schutzumfangs.
5. Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Von Seiten der Beschwerdeführerin I werden weder Einwände hinsichtlich der Neuheit bzw. der erfinderischen Tätigkeit erhoben, noch Entgegen-haltungen zitiert, die als Grundlage solcher Einwände dienen könnten. Diese sind auch nicht offenkundig, so dass keine Veranlassung besteht, am Vorliegen der Voraussetzungen von Artikel 54 und 56 EPÜ zu zweifeln.
6. Zusammen mit den abhängigen Ansprüchen 2 bis 9, die weitere Ausgestaltungen der Erfindung enthalten, kann somit Anspruch 1 die Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung bilden.
7. Anpassung der Beschreibung
Die Beschreibung ist jedoch noch an die geänderten Ansprüche anzupassen. Daher verweist die Kammer, wie von der Parteien in der mündlichen Verhandlung beantragt, die Angelegenheit zu diesem Zweck zurück an die erste Instanz.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in der Fassung des am 14. März 2014 eingereichten Hauptantrags und einer entsprechend anzupassenden Beschreibung aufrecht zu erhalten.