T 1404/10 () of 24.6.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T140410.20130624
Datum der Entscheidung: 24 Juni 2013
Aktenzeichen: T 1404/10
Anmeldenummer: 00938754.9
IPC-Klasse: B60J 7/08
B62D 25/06
B62D 65/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Moduldach eines Kraftfahrzeugs
Name des Anmelders: Webasto SE
Name des Einsprechenden: Roof Systems Germany GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 104(1)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
Schlagwörter: Übertragung der Einsprechendenstellung (ja)
Zulassung eines erstmalig mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokuments (ja) - (Gründe, 3.1 und 3.3)
Zurückverweisung an erste Instanz (nein)
Zulässigkeit der Änderungen (nein)
Antrag auf Kostenverteilung (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0392/89
T 0284/94
T 0019/97
T 0724/08
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1321/19

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 23. Juni 2010 gegen die am 27. April 2010 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das europäische Patent Nr. 1 286 846 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 3. September 2010 eingegangen.

II. Der Einspruch war auf die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nach Artikel 100 a) EPÜ 1973 gestützt.

III. Mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin folgende Dokumente erstmalig vorgelegt:

D7: JP-U-02-84718;

D7 + Übersetzung: D7 mit Teilübersetzung (Seiten 1/4 bis 4/4) der gekennzeichneten Passagen Part A, B und C der Beschreibung.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt in ihrer Beschwerdeerwiderung mit Schreiben vom 13. Januar 2011, die verspätet vorgelegte D7 nicht zuzulassen.

IV. In Erwiderung auf die mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugestellte Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK, ABl. EPA 2007, 536) reichte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 25. März 2013 einen neuen Hauptantrag ein, bei dem gegenüber dem erteilten Anspruchssatz der abhängige Anspruch 12 gestrichen wurde, sowie einen Hilfsantrag. Um die D7 in vollem Umfang würdigen zu können, reichte die Beschwerdegegnerin zusätzlich eine englische Teilübersetzung (Ü1) derjenigen Abschnitte von D7 ein, die in der von der Beschwerdeführerin eingereichten Teilübersetzung nicht enthalten sind.

V. Am 26. April 2013 wurde vor der Beschwerdekammer erstmalig mündlich verhandelt, wobei die Identität der Beschwerdeführerin von der Beschwerdegegnerin in Frage gestellt wurde. Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin mit einer verkürzten Ladungsfrist von 6 Wochen vertagt, wobei bis 2 Wochen vor dem neu anzusetzenden Termin ein Nachweis über die Identität der Beschwerdeführerin bzw. über einen Rechtsübergang einzureichen sei.

VI. Mit Schreiben vom 30. April 2013 beantragte die Beschwerdeführerin, dass die Roof Systems Germany GmbH als neue Einsprechende und Beschwerdeführerin im Register zu vermerken sei, und reichte dazu als Nachweis den Vertrag über die Übertragung sämtlicher zum Geschäftsbereich "Body Systems" gehörenden Vermögensgegenstände der früheren Einsprechenden und Beschwerdeführerin ArvinMeritor GmbH auf die Roof Systems Germany GmbH ein.

VII. In Vorbereitung zu der für den 24. Juni 2013 angesetzten mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 23. Mai 2013 zwei weitere Hilfsanträge als Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 3 ein; der mit Eingabe vom 25. März 2013 gestellte Hilfsantrag wurde nun als Hilfsantrag 1 bezeichnet.

VIII. Am 24. Juni 2013 wurde erneut vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Vertreterin der Beschwerdeführerin überreichte noch einen Auszug aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 23. Juni 2013 zu der Firma Roof Systems Germany GmbH mit der Firmennummer HRB 45048. Nach kurzer Diskussion und der Beratung der Kammer sah die Kammer die Übertragung der Einsprechendenstellung als nachgewiesen an, so dass mit sofortiger Wirkung die Roof Systems Germany GmbH als Beschwerdeführerin gilt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents in vollem Umfang. Sie beantragte weiterhin, dass die Beschwerdegegnerin die Kosten für Hotel sowie An- und Abreise des Leiters der Patentabteilung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin, Herrn Kai Stehning, die im Zusammenhang mit der neu angesetzten mündlichen Verhandlung entstanden sind, trägt.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geänderter Fassung auf der Basis der Ansprüche gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptantrag bzw. Hilfsantrag, jeweils eingereicht als Hilfsanträge 2 und 3 mit Schreiben vom 23. Mai 2013.

IX. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt (das gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal ist durch Fettdruck gekennzeichnet):

"Kraftfahrzeug mit einem Moduldach, das an einer Dachkonstruktion (2) der Rohkarosserie des Kraftfahrzeugs (1), die einen vorderen und einen hinteren Querholm (3 bzw. 4) und einen rechten und einen linken Seitenholm (5 bzw. 6) aufweist, befestigt ist, wobei

das Moduldach zumindest zwei Dachmodulelemente (7, 14, 15) aufweist, die eine von den Seitenholmen (5 bzw. 6) begrenzte Dachkonstruktionsöffnung (35) teilweise oder vollständig verschließen,

dadurch gekennzeichnet, daß

die zwei Dachmodulelemente (7, 14, 15) unmittelbar an der Dachkonstruktion (2) befestigt sind und ein nicht austauschbares Moduldach bilden."

Der kennzeichnende Teil von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag wurde im Vergleich zu Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wie folgt geändert (das gegenüber dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal ist durch Fettdruck gekennzeichnet):

dadurch gekennzeichnet, daß

die zwei Dachmodulelemente (7, 14, 15) unmittelbar an der Dachkonstruktion (2) mittels Verklebungen befestigt sind."

X. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

Die frühere Einsprechende und Beschwerdeführerin ArvinMeritor GmbH habe mit Wirkung zum 8. November 2010 sämtliche zum Geschäftsbereich "Body Systems" gehörenden Vermögensgegenstände auf die Roof Systems Germany GmbH übertragen, wie mit einer Kopie aus dem zugehörigen Vertrag nachgewiesen, wobei das vorliegende Einspruchs- und Beschwerdeverfahren zum Unterbereich Dachsysteme des Geschäftsbereiches "Body Systems" gehöre. Es sei zusätzlich ein aktueller Handelsregisterauszug überreicht worden, auch wenn die Beschwerdegegnerin nicht vorgetragen habe, dass die Roof Systems Germany GmbH nicht mehr existiere.

Der in der ersten mündlichen Verhandlung diskutierte Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung werde nicht aufrechterhalten. Allerdings habe die Patentinhaberin die im Zusammenhang mit der neu angesetzten mündlichen Verhandlung entstehenden zusätzlichen Reisekosten zu tragen, da sowohl der Patentinhaberin als auch deren Vertreter der Übergang des hier maßgeblichen Geschäftsbetriebs bekannt gewesen sei, diese Frage aber vorsätzlich zum spätmöglichsten Zeitpunkt erst in der angesetzten mündlichen Verhandlung aufgeworfen worden und deshalb ein zweiter Verhandlungstermin nötig geworden sei. Auch wenn die Beschwerdeführerin selbst übersehen habe, den Übergang des Geschäftsbetriebs anzuzeigen, so rechtfertige dies nicht das Verhalten der Beschwerdegegnerin, dies erst in der mündlichen Verhandlung und nicht ausreichend vorher zu rügen, da die Beschwerdegegnerin - wie zugegeben - bereits vier Tage vor dem angesetzten Termin für die mündlichen Verhandlung davon Kenntnis gehabt habe. Damit seien eine Verfahrensverzögerung und mutwillig Kosten erzeugt worden, die vermeidbar gewesen wären.

Veranlasst durch die überraschende Entscheidung der Einspruchsabteilung habe man eine Recherche von japanischen Patentanwälten unter Berücksichtigung von japanischen Gebrauchsmustern durchführen lassen und D7 gefunden. Eine Verfahrensverzögerung durch Einführen des neuen Dokuments D7 sei nicht zu erwarten, da es zu Beginn des Beschwerdeverfahrens eingeführt worden sei und keine komplizierten technischen Fragen aufwerfe.

Im Übrigen sei Dokument D7 prima facie hochrelevant, da es alle Merkmale von Anspruch 1 des angegriffenen Patents zeige. Ein Moduldach mit zwei Dachelementen als relevante Offenbarung von Dokument D7 ergebe sich aus den Zeichnungen, wobei zur Klarstellung die relevanten Passagen aus D7 in Übersetzung vorgelegt worden seien. Wie im Streitpatent selbst ausgeführt (siehe Anspruch 5 sowie Absatz [0011]), umfasse der Begriff "Dachmodulelement" auch Deckel und öffnungsfähige Dachteile, entsprechend der in D7 gezeigten Teile 14 und 13. Passagen der von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Übersetzung Ü1, aber auch Passagen der von der Beschwerdeführerin ursprünglich eingereichten Teilübersetzung zu D7 zeigten ein Moduldach gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1, welches unter Verzicht auf einen Rahmen unmittelbar am Fahrzeugdach befestigt sei. Da der in Bezug auf D7 zu diskutierende Sachverhalt trivial sei, werde keine Zurückverweisung an die erste Instanz befürwortet.

Der vorliegende Hauptantrag (mit Schreiben vom 23. Mai 2013 als Hilfsantrag 2 eingereicht) sei verspätet eingereicht und deshalb nicht in das Verfahren zuzulassen. Außerdem werfe er Probleme in Hinblick auf Artikel 84 EPÜ 1973 und Artikel 123 (2) EPÜ auf und sei deshalb nicht prima facie gewährbar. Zum einen sei unklar, was mit dem Begriff "nicht austauschbar" gemeint sei, der im Streitpatent nicht erläutert werde. Zum anderen sei dieses Merkmal nirgendwo offenbart, weder in Absatz [0007] noch in Absatz [0033] des Streitpatents wie von der Beschwerdegegnerin angeführt. Aus der in Absatz [0033] des Streitpatents angesprochenen Verklebung könne nicht gefolgert werden, dass das Moduldach nicht austauschbar sei. Dies sei allgemeines Fachwissen, wie das bekannte Beispiel einer verklebten und trotzdem austauschbaren Windschutzscheibe zeige. Auch die in Absatz [0009] beschriebene lösbare Befestigung von Dachmodulelementen und die in allen Ausführungsformen gezeigte Verklebung lege nahe, dass der Begriff "lösbar" so zu interpretieren sei, dass auch bei einer Verklebung die Dachmodulelemente austauschbar seien.

Auch der vorliegende Hilfsantrag (mit Schreiben vom 23. Mai 2013 als Hilfsantrag 3 eingereicht) werfe Probleme insbesondere hinsichtlich Artikel 123 (2) EPÜ auf, da nirgendwo eine Befestigung der Dachmodulelemente "mittels Verklebungen" offenbart sei. Absatz [0033] zeige ein Dachmodulelement, das auf einer Dichtung in Form einer Klebeschnur aufliege bzw. darauf drücke. Da in Absatz [0032] und [0033] vor allem auf eine Dichtung abgestellt werde (die erst später als Klebeschnur definiert werde), sei nicht zu entnehmen, dass die Klebeschnur zur Befestigung des Dachmodulelements diene. Zur Vermeidung einer Zwischenverallgemeinerung müssten zudem weitere der im Ausführungsbeispiel gemäß Absatz [0033] oder auch Absatz [0034] beschriebenen konkreten Merkmale (wie z. B. Verstärkungsblech 19, Flansch 18, Abdeckung 20, Abkantung 21) mit beansprucht werden.

XI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:

Die in dem Verfahren verspätet vorgelegte D7 sei nicht zuzulassen, da die Beschwerdeführerin nur eine teilweise Übersetzung des in japanischer Sprache abgefassten Dokuments D7 vorgelegt habe, mit der eine prima facie Prüfung der Relevanz von D7 nicht in dem erforderlichen Umfang möglich sei, zumal auch die Beschwerdeführerin der Ansicht gewesen sei, dass der Fachmann neben den Zeichnungen Informationen aus der Beschreibung benötige. Es sei Sache der Beschwerdeführerin, ihre Beschwerde rechtzeitig und ausreichend zu begründen und die dafür herangezogenen Dokumente in einer für die Beteiligten ohne zusätzlichen Aufwand nutzbaren Art und Weise bereitzustellen. Dies sei nicht erfolgt, wie auch die Argumentation der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung mit Hilfe der von der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 25. März 2013 vorgelegten Teilübersetzung Ü1 der restlichen Passagen von D7 zeige.

Außerdem zeige D7 ein Moduldach mit nur einem Dachmodulelement 12, bestehend aus einem vorderen Deckel 13 und einem hinteren Deckel 14, die eine kompakte Montageeinheit bildeten. Diese sei als Einheit (bzw. als Dachmodulelement 12) mit übereinander angeordneten Deckeln vom Fahrzeugdach entnehmbar und daran anbringbar. Das Dachmodulelement 12 bilde eine "Schiebedacheinheit", deren hinterer Deckel 14 mittels Verschlusshebel 28 am Dach befestigt sei. Der vordere Deckel 13 sei bei geschlossenem Schiebedach über seitliche vordere Führungsschienen 31 mittelbar an den seitlichen Dachlängsholmen befestigt und über den vorderen Verschlusshebel 23, der den Handgriff 21 festlege, geschlossen gehalten. D7 offenbare also keine Kombination von zwei Dachmodulelementen, und der vordere Deckel sei als Schiebedach- oder Spoilerdachdeckel nicht unmittelbar an der Dachkonstruktion befestigt. Damit komme D7 dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht näher als der in den übrigen Dokumenten gezeigte Stand der Technik und sei prima facie nicht relevant, so dass die D7 nicht zuzulassen sei. Im Übrigen werde auf die Entscheidung T 724/08 hingewiesen (siehe Punkt 3. der Entscheidungsgründe), in der ein erst mit der Beschwerdebegründung eingereichtes Dokument ohne Relevanzprüfung nicht in das Verfahren zugelassen worden sei.

Im Falle der Zulassung von D7 in das Verfahren werde zur Wahrung des Rechts auf zwei Instanzen beantragt, die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Gemäß der Merkmalsergänzung des Anspruchs 1 des Hauptantrags gegenüber der erteilten Fassung würden die zumindest zwei Dachmodulelemente an der Dachkonstruktion derart befestigt, dass sie durch den Fahrzeugnutzer nicht beliebig austauschbar seien; die fakultative lösbare Befestigung in Anspruch 2 sei gestrichen worden. In Reaktion auf Dokument D7 und anders als in D7 werde damit ein nicht entnehmbares Moduldach mit fest eingebauten Dachmodulelementen beansprucht, wobei aber nicht gemeint sei, dass das Moduldach im Reparaturfall nicht austauschbar sei. Wie in den Absätzen [0007] und [0033] beschrieben und z. B. in Figur 5 des Streitpatents dargestellt, seien die beiden Dachmodulelemente am Fahrzeugdach mittels einer Klebeschnur 17, die eine Verklebung am Flansch 18 des Seitenholmes der Dachkonstruktion bilde, fest eingebaut. Bei einer nicht lösbaren Befestigung mittels Verklebung könne ein montiertes Moduldach nicht durch Austausch von Dachmodulelementen umgewandelt werden, so dass die Änderung des Anspruchs 1 ursprünglich offenbart sei. Dies ergebe sich auch im Umkehrschluss aus der in Absatz [0009] beschriebenen lösbar befestigten und damit austauschbaren Alternative.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag enthalte im Kennzeichen die Merkmalsergänzung, dass die zwei Dachmodulelemente mittels Verklebungen befestigt seien, wobei im abhängigen Anspruch 2 die fakultative lösbare Befestigung der Dachmodulelemente gestrichen worden sei. Dies sei, wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt, ursprünglich offenbart, insbesondere durch die in Absatz [0033] beschriebene Klebeschnur aus Polyurethankleber. Was die behauptete Zwischenverallgemeinerung angehe, sei eine Verklebung eine dem Fachmann geläufige Maßnahme, mit der ein Dachmodulelement nicht austauschbar befestigt werde und gleichzeitig die Funktion einer Dichtung realisiert werde.

Dem von der Beschwerdeführerin geforderten Kostenersatz werde widersprochen, da es Sache der Parteien selbst sei, ihre Identität bzw. Identitätsänderungen im Verfahren nachzuweisen. Es sei unerheblich, wann die Beschwerdegegnerin davon Kenntnis erlangt habe, denn es sei Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen und nicht ersichtlich, warum sie dieser Verpflichtung bis zur mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Übertragung der Einsprechendenstellung

Die Beschwerdeführerin reichte mit Schreiben vom 30. April 2013 als Nachweis für die Übertragung der Einsprechendenstellung den Vertrag über die Übertragung sämtlicher zum Geschäftsbereich "Body Systems" gehörenden Vermögensgegenstände der früheren Einsprechenden und Beschwerdeführerin ArvinMeritor GmbH auf die Roof Systems Germany GmbH ein. Zum Geschäftsbereich "Body Systems" gehören die beiden Unterbereiche Dachsysteme und Türsysteme (siehe Seite 3 des Vertrages), wobei der Einspruch im Interesse des Unterbereiches Dachsysteme eingelegt wurde. In der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2013 wurde zudem ein Ausdruck aus dem Handelsregister B des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 23. Juni 2013 zu der Firma "Roof Systems Germany GmbH" mit der "Nummer der Firma: HRB 45048" überreicht, der als Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Dach- und Türsystemen für Kraftfahrzeuge ausweist. Die Kammer sah damit die Übertragung der Einsprechendenstellung auf die Roof Systems Germany GmbH als nachgewiesen an. Die Beschwerdegegnerin erhob diesbezüglich keine weiteren Einwände.

3. Zulassung des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Dokuments D7 in das Verfahren

3.1 Zwar besitzt die Kammer - wie in der von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T 724/08 ausgeführt - nach Artikel 12 (4) VOBK die Befugnis, Beweismittel, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, nicht zuzulassen. Mit dem Beschwerdeverfahren soll aber auch der im erstinstanzlichen Verfahren unterlegenen Partei eine Möglichkeit gegeben werden, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich anzufechten, so dass der Einsprechenden und jetzigen Beschwerdeführerin nicht prinzipiell verwehrt werden kann, in Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung weiteren Stand der Technik zu recherchieren.

3.2 Im vorliegenden Fall folgte die Einspruchsabteilung nicht der Argumentation der Einsprechenden (siehe Seiten 4 und 5 der angefochtenen Entscheidung) hinsichtlich der Auslegung des Merkmals "wobei das Moduldach zumindest zwei Dachmodulelemente aufweist" in Anspruch 1. Die Einsprechende vertrat bereits im Einspruchsschriftsatz die Auffassung, dass Anspruch 1 angesichts der Ausführungsformen in der Beschreibung des Streitpatents und auch des erteilten Anspruchs 12 (unter Verweis auf Spalte 10, Zeilen 6 bis 9 der Patentschrift) so gelesen werde müsse, als ob eine Ausführungsform mit mindestens einem Dachmodulelement abgedeckt sei.

Die Kammer war insbesondere aufgrund eines Widerspruchs zwischen den erteilten Ansprüchen 1 und 12 nicht davon überzeugt, dass die erst mit der Beschwerdebegründung vorgelegte Druckschrift D7 schon im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden müssen. Anspruch 12 wie erteilt ist rein formell als abhängiger Anspruch formuliert und umfasst eine Mehrzahl von alternativen Ausführungsformen des gemäß Anspruch 1 beanspruchten Moduldachs. Da die Zusammenschau der erteilten Ansprüche 1 und 12 - wie auch gestützt durch Ausführungsbeispiele in der Beschreibung - unter anderem eine Ausführungsform beansprucht, die auf ein einziges Dachmodulelement gerichtet ist, war der von der Einsprechenden im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren vorgebrachte Stand der Technik durchaus geeignet, dem Streitpatent erfolgversprechend entgegengehalten zu werden. Zudem hat die Einspruchsabteilung in ihrer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten vorläufigen Stellungnahme nur auf nicht erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele in den Figuren hingewiesen, nicht jedoch auf den Widerspruch zwischen den erteilten Ansprüchen 1 und 12. Es wird deshalb anerkannt, dass erst die negative Entscheidung der Einspruchsabteilung die Beschwerdeführerin zu einer Nachrecherche veranlasst hat. Anders als in dem der Entscheidung T 724/08 zugrunde liegenden Fall, in dem die Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung neue Dokumente vorgelegt hat, nachdem im Einspruchsverfahren das Patent in geänderter Fassung auf Basis einer Kombination von erteilten Ansprüchen aufrechterhalten wurde, kann die Kammer vorliegend keine missbräuchliche Verfahrensverzögerung erkennen und sieht keine Veranlassung, das Dokument D7 unter Anwendung von Artikel 12 (4) VOBK nicht in das Verfahren zuzulassen.

3.3 Die Zulassung von neuen Beweismitteln bzw. Druckschriften im Beschwerdeverfahren setzt allerdings voraus, dass sie prima facie hochrelevant sind. Wie von der Beschwerdeführerin überzeugend dargelegt, zeigt die Druckschrift D7 (Seite 2, Zeilen 33 bis 34 sowie Seite 3, Zeilen 16 bis 19 und Zeilen 32 bis 35 der von der Beschwerdegegnerin eingereichten Teilübersetzung Ü1, aber auch Figuren von D7 sowie insbesondere Part C der von der Beschwerdeführerin eingereichten Teilübersetzung) ein vorderes und hinteres Dachteil, welche unter Verzicht auf einen Rahmen unmittelbar am Fahrzeugdach befestigt sind. Die Kammer folgt nicht der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass die beiden in D7 gezeigten Teile bzw. Deckel 13 und 14 eine Einheit bildeten und als Schiebedacheinheit anzusehen seien, so dass D7 nur ein einziges Dachmodulelement 12 offenbare. Wie im Streitpatent ausgeführt (siehe Absatz [0011]), umfasst der Begriff "Dachmodulelement" nicht nur Schiebedacheinheiten, sondern allgemein auch Deckel und öffnungsfähige Dachteile entsprechend der in D7 gezeigten Teile 14 und 13. Von der Beschwerdegegnerin wird anerkannt, dass in D7 der hintere Deckel 14 am Dach befestigt ist. Nach Auffassung der Kammer ist aber auch die in D7 gezeigte Festlegung des vorderen Deckels 13 im geschlossenen Zustand mittels Verschlusshebel 23 und Handgriff 21 als Befestigung aufzufassen. Damit zeigt Dokument D7 nach Auffassung der Kammer mehr als die im Einspruchsverfahren eingeführten Dokumente. Dokument D7 wird deshalb als prima facie hochrelevant angesehen und in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

Die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass die Beschwerdeführerin durch Einreichen einer nur teilweisen Übersetzung von D7 ihre Beschwerde in Bezug auf D7 nicht ausreichend begründet habe, wird von der Kammer nicht geteilt und sprach deshalb nicht gegen eine Zulassung von D7 in das Verfahren. Zwar hat erst die Beschwerdegegnerin eine Übersetzung der restlichen Teile des japanischen Gebrauchsmusters D7 vorgelegt, aber bereits die Figuren aus Dokument D7 mit der von der Beschwerdeführerin eingereichten Teilübersetzung der als Part A, B und C gekennzeichneten Passagen waren ausreichend, um die Relevanz des Dokuments D7 zu beurteilen.

4. Antrag auf Zurückverweisung an die erste Instanz

Die Beschwerdegegnerin beantragte im Falle der Zulassung von Dokument D7, die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Gemäß Artikel 111 (1) EPÜ 1973 wird die Beschwerdekammer entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück. Demnach gewährt Artikel 111 EPÜ 1973 den Parteien keinen absoluten Anspruch auf die Prüfung jeder in einem Beschwerdeverfahren vorgebrachten Frage durch zwei Instanzen. Es ist vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen der Kammer überlassen, unter Würdigung der Umstände des Falles über die Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zu entscheiden, wobei auch der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie eine Rolle spielt (siehe z. B. T 392/89, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 3.1 der Entscheidungsgründe; siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 6. Auflage, VII.E.10.6).

Im vorliegenden Fall ist die Kammer der Auffassung, dass eine Zurückverweisung an die erste Instanz aus folgenden Gründen nicht gerechtfertigt ist: Dokument D7 wurde zusammen mit einer englischen Teilübersetzung mit der Beschwerdebegründung und damit zum frühestmöglichen Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Die Beschwerdegegnerin hatte mehr als zweieinhalb Jahre Zeit, sich mit dem Offenbarungsgehalt von Dokument D7 auseinanderzusetzen, und hat diese Gelegenheit auch genutzt, wie die von ihr eingereichten Schriftsätze mit Einschätzungen zur Relevanz von D7 sowie die von ihr eingereichte Teilübersetzung Ü1 von weiteren Passagen des Dokuments D7 zeigen. Zudem ist anzumerken, dass der in Bezug auf D7 zu diskutierende Sachverhalt technisch nicht komplex ist und mit der Einführung von D7 die im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragene Angriffslinie der fehlenden Neuheit weiterentwickelt wird, um der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Auslegung von Anspruch 1 zu begegnen. Nach Auffassung der Kammer wird damit vorliegend keine gänzlich neue Situation geschaffen, die Anlass zu einer Zurückverweisung an die erste Instanz geben könnte. Außerdem hatte die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin Gelegenheit, in Reaktion auf die in der Anlage zur Ladung für die mündlichen Verhandlung gemäß Artikel 15 (1) VOBK geäußerte vorläufige Meinung der Kammer zwei weitere Hilfsanträge einzureichen, mit denen eine Abgrenzung gegenüber D7 angestrebt wurde. Somit hatte die Beschwerdegegnerin im Verfahren ausreichend Gelegenheit zu Verteidigung gegen den auf dem neuen Dokument D7 basierenden Angriff, so dass nach Ansicht der Kammer der Grundsatz der Fairness im Verfahren gegenüber der Beschwerdegegnerin auch bei Berücksichtigung des Dokuments D7 gewahrt wurde. Schließlich ist festzustellen, dass das Streitpatent vor mehr als sechs Jahren erteilt wurde, so dass eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz eine unnötige Verlängerung des Verfahrens nach sich ziehen würde. Insbesondere weist vorliegend das Verfahren vor der ersten Instanz keine wesentlichen Mängel auf, die gemäß Artikel 11 VOBK zu einer Zurückverweisung führen sollten.

Deshalb macht die Kammer vorliegend von der in Artikel 111 (1) EPÜ 1973 in ihr Ermessen gestellten Möglichkeit einer Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung keinen Gebrauch.

5. Hauptantrag der Beschwerdegegnerin - Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 84 EPÜ 1973 und Artikel 123 (2) EPÜ)

5.1 Das in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der erteilten Fassung hinzugefügte Merkmal eines nicht austauschbaren Moduldachs ist nach Auffassung der Kammer unklar. Wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, werde damit einerseits ein nicht entnehmbares Moduldach mit fest eingebauten Dachmodulelementen definiert, dass durch den Fahrzeugnutzer nicht beliebig austauschbar sei, andererseits sei nicht gemeint, dass das Moduldach im Reparaturfall nicht austauschbar sei. Damit ist nicht klar, welche Limitierung durch das Merkmal eines nicht austauschbaren Moduldaches erreicht werden soll. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfüllt somit nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.

5.2 Darüber hinaus ist das in Anspruch 1 neu aufgenommene Merkmal nicht ursprünglich offenbart. In Absatz [0009] der Patentschrift (entspricht Seite 2, Zeilen 22 bis 26 der ursprünglich eingereichten Unterlagen) ist ein Austausch von lösbar befestigten Dachmodulelementen und damit die Umwandlung eines montierten Moduldaches angesprochen. Dies beschreibt eine Ausführungsform, die nicht mehr als erfindungsgemäß angesehen wird, wie die Beschwerdegegnerin durch Streichen der in Anspruch 2 ursprünglich enthaltenen Alternative einer lösbaren Befestigung anzeigt. Daraus kann im Umkehrschluss aber kein "nicht austauschbares Moduldach" abgeleitet werden, wenn dies nicht explizit oder zumindest implizit durch die übrigen Ausführungsbeispiele offenbart wird, da die in Absatz [0009] - einleitend vor Beschreibung der detaillierten Ausführungsbeispiele - beschriebene Eigenschaft durchaus für alle Ausführungsbeispiele gelten mag.

Absatz [0007] der Patentschrift bzw. Seite 2, Zeilen 11 bis 17 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen beschreibt die Befestigung der Dachmodulelemente an der Dachkonstruktion und die Möglichkeit, diese wahlweise zu kombinieren, woraus aber nicht abzuleiten ist, ob die wahlweise Kombination der Dachmodulelemente vor dem Einbau des Moduldaches erfolgen muss oder auch nach dem Einbau (als "Austausch") noch möglich ist. Damit bietet auch Absatz [0007] keine Grundlage für die Änderung von Anspruch 1 des Hauptantrags.

Schließlich beschreibt Absatz [0033] der Patentschrift (entspricht Seite 8, Zeilen 23 ff. der ursprünglichen Anmeldeunterlagen) unter Bezug auf Figur 4, wie das vordere Rahmenquerelement 9 einer Schiebedacheinheit auf einem Flansch 18 aufliegt und auf eine eine Dichtung bildende Klebeschnur 17 drückt, was in Figur 5 und Absatz [0034] auch für das Rahmenseitenelement 12 dargestellt wird. Daraus mag zwar eine Verklebung eines Dachmodulelements ersichtlich sein, jedoch kann nach Auffassung der Kammer daraus nicht geschlossen werden, dass das Moduldach nicht lösbar bzw. nicht austauschbar befestigt ist. Die Kammer folgt der Beschwerdeführerin darin, dass nach allgemeinem Fachwissen eine Verklebung eines Dachmodulelements nicht dessen Austauschbarkeit ausschließt, wie das bekannte Beispiel einer verklebten und trotzdem austauschbaren Windschutzscheibe zeigt.

Nachdem das in Anspruch 1 neu aufgenommene Merkmal weder explizit offenbart ist noch unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns unmittelbar und eindeutig der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen entnommen werden kann, erfüllt der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

5.3 Aus den vorstehend genannten Gründen ist der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht zulässig.

5.4 Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob der erst nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung vorgelegte Hauptantrag als verspätet anzusehen ist.

6. Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin - Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

6.1 In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag wurde das Merkmal hinzugefügt, dass die an der Dachkonstruktion unmittelbar befestigten zwei Dachmodulelemente "mittels Verklebungen" befestigt sind. Es wird anerkannt, dass Absatz [0033] und Absatz [0034] der Patentschrift (bzw. die Seiten 8 und 9 der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht) eine Klebeschnur offenbaren, welche gemäß Absatz [0033] beispielsweise einen Polyurethankleber enthält. Dieses Ausführungsbeispiel ist allerdings spezifisch auf eine Verklebung gerichtet, die - wie durch den Begriff "Schnur" angedeutet - entlang einer Linie verläuft und konkret durch eine Klebeschnur realisiert wird, sich also von anderen Formen einer Verklebung wie einer punktuellen Verklebung oder einer großflächigen Verklebung unterscheidet. Dieses Verständnis wird auch dadurch gestützt, dass die Klebeschnur gemäß Absatz [0033] der Patentschrift eine Dichtung der in Figur 4 und 5 gezeigten Schiebedacheinheit bildet, was eine punktuelle Verklebung nicht leisten kann. Die Verallgemeinerung der offenbarten Klebeschnur auf den allgemeinen Ausdruck "Verklebungen", d. h. eines konkreten, strukturelle Eigenschaften beinhaltenden Merkmals auf ein allein durch seine Wirkung oder Funktion beschriebenes Merkmal ohne strukturelle Eigenschaften ist nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (siehe z. B. T 284/94) nicht zulässig, da damit weitere, nicht ursprünglich offenbarte Ausführungsformen eingeschlossen würden.

6.2 Aus diesem Grund ist die Kammer der Auffassung, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags - entgegen der Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ - in der Weise geändert wurde, dass sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und Anspruch 1 somit nicht zulässig ist.

6.3 Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine Verklebung gleichzeitig eine Befestigung eines Dachmodulelements bedeutet und ob der erst nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung vorgelegte Hilfsantrag als verspätet anzusehen ist.

7. Kostenverteilung (Artikel 104 (1) EPÜ 1973)

7.1 Die Beschwerdeführerin beantragte, dass die Beschwerdegegnerin die im Zusammenhang mit der neu angesetzten mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten für Hotel sowie An- und Abreise des Leiters der Patentabteilung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin trägt.

7.2 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin erst in der mündlichen Verhandlung die Identität der erschienenen Beschwerdeführerin und Einsprechenden angezweifelt, was dazu führte, das ein zweiter Verhandlungstermin nötig wurde. Wie von der Beschwerdegegnerin selbst eingeräumt, wusste sie schon vier Tage vor dem angesetzten Termin für die mündliche Verhandlung von dem Übergang des maßgeblichen Geschäftsbetriebs.

Andererseits hat die Beschwerdeführerin - wie sie selbst einräumte - übersehen, den Übergang des Geschäftsbetriebs anzuzeigen. Ein Parteiwechsel kann im Verfahren jedoch erst dann eintreten, wenn die Rechtsnachfolge gegenüber der Kammer beantragt und nachgewiesen worden ist (siehe T 19/97, Nr. 5 der Entscheidungsgründe), was vorliegend nur durch die Beschwerdeführerin erfolgen konnte.

7.3 Gemäß Artikel 104 (1) EPÜ 1973 trägt im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst, soweit nicht eine andere Verteilung der Kosten angeordnet wird, wenn "dies der Billigkeit entspricht". Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Voraussetzung der Billigkeit dann gegeben, wenn das Verhalten einer Partei nicht mit der zu fordernden Sorgfalt im Einklang steht.

Nach Auffassung der Kammer tragen - wie vorstehend unter Punkt 7.2 ausgeführt - im vorliegenden Fall beide Parteien einen Anteil daran, dass ein neuer Termin für eine mündlichen Verhandlung angesetzt werden musste. Die Kammer kann insbesondere keinen vorsätzlichen Verfahrensmissbrauch erkennen, so dass es nicht der Billigkeit entspricht, eine andere Verteilung der Kosten zugunsten der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 104 (1) EPÜ 1973 anzuordnen. Dem Antrag auf Kostenverteilung wird somit nicht stattgegeben.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das europäische Patent wird widerrufen.

3. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenverteilung wird abgelehnt.

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