T 1076/10 () of 22.11.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T107610.20111122
Datum der Entscheidung: 22 November 2011
Aktenzeichen: T 1076/10
Anmeldenummer: 01105077.0
IPC-Klasse: F16D 3/68
F16F 15/123
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kupplung mit Torsionsschwingungsdämpfer
Name des Anmelders: Rohs-Voigt Patentverwertungsgesellschaft mbH
Name des Einsprechenden: LuK Lamellen und Kupplungsbau GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Teilanmeldung - Erweiterung über den Inhalt der früheren Anmeldung hinaus (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 30. März 2010 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent No. 1 106 853, das auf der Teilanmeldung 01 105 077.0 zu der früheren europäischen Patentanmeldung 96 118 572.5 (die Stammanmeldung) beruht, auf der Basis des Artikels 100(c) EPÜ (1973) widerrufen. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 14. Mai 2010 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 2. August 2010 eingegangen.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung jedoch mit geänderter Beschreibung Seite 1a wie eingereicht mit der Beschwerdebegründung oder auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1, 2 oder 3 eingereicht mit Schreiben vom 21. Oktober 2011.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Anspruch 1 des Patents wie erteilt (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Kupplung bestehend aus einer umlaufenden Antriebsscheibe (1) und einer hierzu koaxialen, gleichsinnig umlaufenden Abtriebsscheibe (2) mit Mitteln zur elastischen Kraftübertragung und mit Mitteln zur Dämpfung von Drehschwingungen, dadurch gekennzeichnet, dass die Abtriebsscheibe (2) aus Grauguss gebildet ist und über ein Gleitlager mit einer einstückigen Gleitfläche an der Antriebsscheibe (1) gelagert ist, wobei sämtliche Mittel zur elastischen Kraftübertragung und die Dämpfungsmittel radial außerhalb des Gleitlagers angeordnet sind."

Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 ist mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags identisch.

V. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Weder die Ansprüche noch die Beschreibung der Stammanmeldung offenbaren ein Gleitlager, ganz zu schweigen von einem Gleitlager mit einer einstückigen Gleitfläche. Ein solches Lager sei auch nicht in den Zeichnungen offenbart. Die Figuren der Stammanmeldung seien lediglich Skizzen, aus denen nicht eindeutig zu entnehmen sei, dass die Abtriebsscheibe im Bereich der Zentriernabe 4 durch ein Gleitlager auf der Antriebsscheibe gelagert sei. In diesem Bereich sei lediglich eine Spalte zwischen Zentriernabe und Abtriebsscheibe gezeigt. Die Zeichnungen können allenfalls eine Lagerung in anderen Bereichen offenbaren, wie in den Kontaktbereichen zwischen Abtriebsscheibe und Zentriernabe auf der rechten Seite der Figuren 2 und 7, zwischen Abtriebsscheibe und Antriebsscheibe auf der linken Seite der Figuren 2 und 7, oder in den Kontaktbereichen zwischen den Schubkolben und der Antriebs- und Abtriebsscheibe in den Figuren 3 bis 5.

Ferner erwähne die Stammanmeldung zwar Mittel zur elastischen Kraftübertragung und zur Dämpfung von Drehschwingungen. Diese seien aber nur in Form von Schubkolben offenbart. Nirgendwo in der Stammanmeldung sei eine andere Form dieser Mittel erwähnt. Insbesondere könnten die Druckfedern 16 nicht als Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen angesehen werden, da sie so gut wie keine Reibungskraft ausübten. Darüber hinaus seien diese Druckfedern nur in Kombination mit den Schubkolben offenbart. Somit stellten die nicht weiter definierten Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen eine unzulässige Verallgemeinerung dar.

Folglich gehe der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Es sei zwar richtig, dass weder die Ansprüche noch die Beschreibung der Stammanmeldung ein Gleitlager mit einer einstückigen Gleitfläche erwähnen. Allerdings sei ein solches Gleitlager eindeutig in den Zeichnungen offenbart. Dem Fachmann sei klar, dass die Abtriebsscheibe radial so weit wie möglich im Zentrum gelagert sein müsse, um die störenden Einflüsse der Reibung zu reduzieren. Deshalb sei es offensichtlich, dass die Abtriebsscheibe im Bereich um die Zentriernabe 4 auf der Antriebsscheibe gelagert sein müsse, wie in den Figuren 2 und 7 zu sehen sei. Es sei unbedeutsam, dass in diesem Bereich eine Spalte zwischen Zentriernabe und Abtriebsscheibe gezeigt sei, während in anderen Bereichen ein Kontakt zwischen den Scheiben dargestellt sei, da die Figuren 2 und 7 lediglich schematische Darstellungen der Erfindung seien. Zudem sei es üblich ein Gleitlager durch einen Spalt darzustellen. Da in den Figuren 2 und 7 auch kein Wälzlager im Bereich um die Zentriernabe 4 gezeigt sei, müsse die Lagerung zwangsläufig durch ein Gleitlager erfolgen. Somit offenbare die Stammanmeldung klar und eindeutig ein Gleitlager. Ferner sei den Figuren 2 und 7 auch zu entnehmen, dass dieses Lager eine einstückige Gleitfläche aufweise.

Ferner offenbare die Stammanmeldung auf Seite 2, Zeilen 20-21, dass die Schubkolben als Mittel zur elastischen Kraftübertragung und als Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen dienen. Dadurch sei klar, dass nicht die Schubkolben, sondern deren Funktion wichtig sei. Diese Funktion könne auch durch andere Mittel, wie z.B. die Druckfedern 16, erfüllt werden. Diese übten nicht nur ein Rückstellmoment, sondern auch eine gewisse Reibungskraft aus, wie auf Seite 3, Zeilen 12-14 beschrieben sei. Somit sei dem Fachmann klar, dass die Kupplung, die in der Stammanmeldung beschrieben sei, Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen aufweise, die nicht unbedingt in Form von Schubkolben vorliegen müssten.

Folglich gehe der Gegenstand des europäischen Patents nicht über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 100(c) EPÜ (1973).

2.1 Nach Anspruch 1 des Streitpatents ist die Abtriebsscheibe über ein Gleitlager mit einer einstückigen Gleitfläche an der Antriebsscheibe gelagert.

Die Beschwerdeführerin bestritt nicht, dass weder die Ansprüche noch die Beschreibung der Stammanmeldung diese Merkmale erwähnen. Sie trug allerdings vor, dass sie aus den Zeichnungen zu entnehmen seien. Diese Meinung kann aber nicht geteilt werden.

Es mag korrekt sein, dass die störenden Einflüsse der Reibung am niedrigsten sind, wenn die Abtriebsscheibe im Bereich um die Zentriernabe an der Antriebsscheibe gelagert ist. Allerdings ist eine solche Anordnung, auch wenn sie in dieser Hinsicht vorteilhaft ist, nicht die einzige Lagerungsmöglichkeit, die aus den Zeichnungen der Stammanmeldung entnehmbar ist. In zwei Bereichen ist zwischen Antriebs- und Abtriebsscheibe ein Kontakt dargestellt (siehe linke und rechte Seite der Figuren 2 und 7). Darüber hinaus sind in den Figuren 2 und 7 auch noch zwischen diesen Scheiben und den Schubkolben Kontaktflächen dargestellt. Somit könnte die Lagerung der Abtriebsscheibe an der Antriebsscheibe in einem von diesen Bereichen erfolgen.

Selbst wenn man zugestehen würde, dass die Figuren zeigen, dass die Abtriebsscheibe im Bereich um die Zentriernabe an der Antriebsscheibe gelagert ist, würde in der Stammanmeldung eine Offenbarung fehlen, dass dieses über ein Gleitlager mit einer einstückigen Gleitfläche erfolgt. Es ist zwar richtig, dass die Figuren 2 und 7 kein Wälzlager im Bereich um die Zentriernabe zeigen und dass ein Gleitlager durch einen Spalt dargestellt werden kann. Diese Figuren sind aber, wie von der Beschwerdeführerin selbst zugegeben wurde, keine Werkstattzeichnungen sondern lediglich schematische Darstellungen. Als solche haben sie die Funktion, die wichtigsten Elemente der Erfindung darzustellen, ohne unbedingt alle ihre Details zu zeigen. Da weder die Beschreibung noch die Ansprüche der Stammanmeldung die Lagerung der Abtriebsscheibe and der Antriebsscheibe erwähnen, kann die Art dieser Lagerung nicht als wichtiges Element der Erfindung angesehen werden. Deshalb kann nicht angenommen werden, dass die Zeichnungen irgendwelche Informationen über diese Lagerung enthalten müssen. Aus diesem Grunde kann man aus der fehlenden Offenbarung eines Wälzlagers in den Figuren 2 und 7 nicht darauf schließen, dass die Lagerung nicht mittels eines Wälz- sondern mittels eines Gleitlagers erfolgt.

Somit ist dem Inhalt der Stammanmeldung nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass die Abtriebsscheibe über ein Gleitlager gemäß Anspruch 1 an der Antriebsscheibe gelagert ist.

2.2 Die Kupplung nach Anspruch 1 des Streitpatents weist u.a. Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen auf. Der Anspruch definiert allerdings nicht in welcher Form diese Mittel ausgebildet sein sollen.

Die Stammanmeldung offenbart lediglich Schubkolben, die als Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen dienen (siehe A-Schrift, Seite 2, Zeile 20-21). Da diese Schubkolben auch im Anspruch 1 der Stammanmeldung erwähnt werden, sind sie als wesentliches Element der Kupplung anzusehen. Eine Offenbarung, dass sie von anderen Elementen als Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen ersetzt werden können, ist in der Stammanmeldung nicht zu finden.

Die Beschwerdeführerin trug vor, dass aus der Stammanmeldung klar sei, dass nicht die Schubkolben, sondern ihre Funktion wichtig sei. Diese Funktion könne durch andere Elemente, wie z.B. die Druckfedern 16, erfüllt werden. Diese Argumentation ist jedoch nicht überzeugend. Auch wenn die Funktion der Schubkolben beschrieben wird, offenbart die Stammanmeldung nicht, dass diese Funktion von anderen Elementen übernommen werden kann. Die von der Beschwerdeführerin erwähnten Druckfedern üben so gut wie keine Reibungskraft aus (siehe Seite 3, Zeilen 12-14) und können somit nicht als Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen angesehen werden. Darüber hinaus sind diese Druckfedern immer nur in Kombination mit den Schubkolben offenbart.

Somit stellen die nicht weiter definierten Mittel zur elastischen Kraftübertragung und Mittel zur Dämpfung von Drehschwingungen eine unzulässige Verallgemeinerung der in der Stammanmeldung offenbarten hierfür vorgesehenen Elemente dar.

2.3 Folglich geht der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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