T 0694/10 (Behandlung von RTK-Überfunktionsbedingten Störungen/MAX-PLANCK) of 10.12.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T069410.20151210
Datum der Entscheidung: 10 Dezember 2015
Aktenzeichen: T 0694/10
Anmeldenummer: 99903669.2
IPC-Klasse: A61K 31/40
C07K 14/71
C07K 16/28
C12N 15/12
C12Q 1/68
A61P 35/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERWENDUNG VON INHIBITOREN FÜR DIE BEHANDLUNG VON RTK-ÜBERFUNKTIONS-BEDINGTEN STÖRUNGEN, INSBESONDERE VON KREBS
Name des Anmelders: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung
der Wissenschaften e.V.
Name des Einsprechenden: SANOFI
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 115
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 103(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
Schlagwörter: Einwendungen Dritter - relevant (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 049 465 mit der Bezeichnung "Verwendung von Inhibitoren für die Behandlung von RTK-Überfunktions-bedingten Störungen, insbesondere von Krebs" wurde auf der Grundlage der Patentanmeldung Nr. 99903669.2, publiziert als WO 1999/037299, mit 34 Ansprüchen erteilt.

Anspruch 30 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"30. In-vitro Verfahren zum Screenen auf das Vorliegen einer genetischen Prädisposition für das Auftreten von Krebs und/oder anderen Erkrankungen umfassend den Schritt des Nachweisens eines mutierten FGFR-4-Proteins oder einer Nukleinsäure, kodierend hierfür, oder einer amplifizierten FGFR-4-Nukleinsäure, in einer Patientenprobe."

II. Gegen die Erteilung des Patents wurde ein Einspruch eingelegt. Die Einspruchsgründe waren gestützt auf Artikel 100(a) EPÜ (Mangel an Neuheit - Artikel 54(2) EPÜ, erfinderischer Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ und gewerblicher Anwendbarkeit - Artikel 57 EPÜ), Artikel 100(b) EPÜ und Artikel 100(c) EPÜ.

III. Die Einspruchsabteilung hat mit der am Ende der mündlichen Verhandlung verkündeten Zwischenentscheidung nach Artikel 101 (3) a) und 106 (2) EPÜ entschieden, das Patent gemäß dem 7. Hilfsantrag aufrechtzuerhalten. Die Einspruchsabteilung befand, dass die anderen Anträge die Erfordernisse des EPÜ nicht erfüllen, nämlich: die erteilten Ansprüche Artikel 123(2) EPÜ, der "neue Hauptantrag" und der 1. bis 4. Hilfsantrag Artikel 83 EPÜ, der 5. Hilfsantrag Artikel 54 EPÜ und der 6. Hilfsantrag Artikel 56 EPÜ.

IV. Sowohl von der Einsprechenden als auch von der Patentinhaberin wurde Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt.

V. Die beschwerdeführende Einsprechende beantragte die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels.

VI. Die beschwerdeführende Patentinhaberin beantragte zunächst die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der ursprünglich erteilten Fassung oder, hilfsweise, in einer der Fassungen der Anträge, die der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundelagen, oder, hilfsweise, auf Basis der Hilfsanträge 3a, 6a, 6b bzw. 6c, die mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden. Neue Dokumente wurden eingereicht.

VII. In der Mitteilung der Beschwerdekammer, die der Ladung beigefügt wurde (gemäß Artikel 15(1) VOBK), teilte die Beschwerdekammer ihre vorläufige Meinung zu Artikel 123(2) EPÜ und dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr mit.

VIII. Einwendungen Dritter gegen die Patentierbarkeit der beanspruchten Erfindung wurden erhoben: alle Anträge wurden als nicht erfinderisch gegenüber einem den Einwendungen beigelegten Dokument betrachtet.

IX. Mit ihrer Antwort auf die von der Kammer vertretene vorläufige Meinung legte die Patentinhaberin neue Anträge (Hauptantrag und Hilfsanträge 3a, 4, 6a, 6b, 6c, 7 und 8) vor.

X. Die Einsprechende äußerte sich nicht zu den Ausführungen der Kammer, sondern kündigte an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

XI. Die Patentinhaberin kündigte ebenfalls an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

XII. Am 10. Dezember 2015 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der beiden Parteien statt. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

XIII. In dieser Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D7 WO 92/13948

D19 Sequenzvergleich zwischen SEQ ID No:1 von D7

und die FGFR-4 Aminosäuresequenz des Patents

XIV. Die relevanten Argumente der beschwerdeführenden Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Beitrag der vorliegenden Erfindung sei darin zu sehen, dass nunmehr Patienten diagnostiziert und behandelt werden könnten, die unter Krankheiten litten, die mit FGFR-4-Veränderungen einhergingen. Dies sei auch in der nachveröffentlichten Literatur bestätigt worden. Da D7 bezüglich eines solchen Zusammenhangs absolut keine Informationen liefere, die Lehre des Streitpatents sich aber im Lichte der nachveröffentlichten Literatur als bedeutsam erwiesen habe, würde der Angriff der Einsprechenden ins Leere gehen.

XV. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Einsprechenden, soweit für diese Entscheidung relevant, kann folgendermaßen zusammengefasst werden:

Die experimentellen Daten des Patents ließen nicht den Schluss zu, dass die Anwesenheit einer FGFR-4 Mutation zu einer spezifischen Erkrankung, unter anderem Krebs, führe. Dies sei nicht einmal für die im Patent spezifisch offenbarte FGFR-4 G288R Mutation gezeigt worden. Somit seien die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt, da das Problem nicht gelöst worden sei.

Mehrere Verfahrensmängel würden die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung habe keine Gründe genannt, warum die erteilten Ansprüche 25 und 26 als konform mit Artikel 123 (2) EPÜ erachtet wurden. Eine Begründung bezüglich Artikel 57 EPÜ sei auch nicht gegeben worden. Außerdem sei eine Diskrepanz zwischen der mündlich angekündigten Entscheidung und der schriftlichen Entscheidung bezüglich des 5. Hilfsantrags zu erkennen, da Ansprüche 27 und 28, die in der Entscheidung als nicht neu erachtet wurden, in der Niederschrift nicht in diesem Zusammenhang erwähnt wurden. Solche Diskrepanz sei wesentlich, weil sie dazu geführt habe, dass die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung davon ausging, dass Ansprüche 27 und 28 als neu erachtet wurden, und dass diese Entscheidung der Einspruchabteilung nur noch über den Weg der Beschwerde anzufechten sei.

XVI. Die Schlussanträge lauteten wie folgt:

Die beschwerdeführende Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage einer der folgenden Anspruchssätze:

- Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 10. November 2015;

- Hilfsanträge 1, 2 und 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung am 15. Juni 2010;

- Hilfsanträge 3a und 4, eingereicht mit Schreiben vom 10. November 2015;

- Hilfsanträge 5 und 6, eingereicht mit der Beschwerdebegründung am 15. Juni 2010;

- Hilfsanträge 6a, 6b, 6c, 7 und 8, eingereicht mit Schreiben vom 10. November 2015.

Die beschwerdeführende Einsprechende beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents Nr. 1 049 465, und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand in Abwesenheit der beiden Parteien statt, die nach ordnungsgemäßer Ladung angekündigt hatten, nicht daran teilzunehmen.

Die vorliegende Entscheidung basiert auf Tatsachen und Beweismittel, die schon im schriftlichen Verfahren vorgebracht wurden und zu denen den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu nehmen. Somit sind die in der Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer G 4/92, ABl. 1994, 149, ausgeführten Kriterien erfüllt.

Außerdem ist die Kammer nach Artikel 15 (3) VOBK nicht verpflichtet, einen Verfahrenschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schriftliches Vorbringen.

3. Einwendungen Dritter

3.1 Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden anonyme Einwendungen Dritter nach Artikel 115 EPÜ gegen die Patentierbarkeit der beanspruchten Erfindung erhoben.

3.2 Im vorliegenden Fall waren die Einwendungen Dritter für die Entscheidung nicht relevant und wurden daher auch nicht berücksichtigt.

4. Artikel 56 EPÜ

4.1 Erteilte Fassung

4.1.1 Anspruch 30 des erteilten Patents ist auf ein in-vitro Screening-Verfahren gerichtet. Zweck des Verfahrens ist das Screenen einer genetischen Prädisposition für das Auftreten von Krebs und/oder anderen Erkrankungen. Das Verfahren umfasst den Schritt des Nachweisens eines mutierten FGFR-4-Proteins, einer hierfür kodierenden Nukleinsäure oder einer amplifizierten FGFR-4-Nukleinsäure in einer Patientenprobe (für den genauen Wortlaut des Anspruchs, siehe oben, Sektion I). Dieser Anspruch beinhaltet daher mehrere Alternativen, nämlich: das Auftreten von Krebs oder das Auftreten von anderen Erkrankungen; das Nachweisen eines mutierten FGFR-4 (Proteins oder Nukleinsäure) oder das Nachweisen einer amplifizierten FGFR-4-Nukleinsäure.

4.1.2 Für die Prüfung des Artikels 56 EPÜ wird nur der alternative Gegenstand des Anspruchs 30 in Betracht gezogen, der auch als ausreichend offenbart anzusehen ist, nämlich: "In-vitro Verfahren zum Screenen auf das Vorliegen einer genetischen Prädisposition für das Auftreten von Krebs umfassend den Schritt des Nachweisens eines mutierten FGFR-4-Proteins [im allgemein] oder einer Nukleinsäure, kodierend hierfür, oder einer amplifizierten FGFR-4-Nukleinsäure, in einer Patientenprobe."

4.1.3 Dokument D7 ist der nächstkommende Stand der Technik. D7 beschreibt die Klonierung eines "TKF-Rezeptors" und dessen Verwendung im Rahmen der Tumordiagnostik (Seite 13, Zeilen 6 bis 8). Obwohl nicht als FGFR-4 bezeichnet (sondern lediglich als einer mit dem FGF-Rezeptor verwandte Tyrosin-Kinase Rezeptor definiert), wird in D7 offenbart, dass der neue TKF-Rezeptor sich dadurch kennzeichnet, dass er die in SEQ ID NO:1 dargestellte Aminosäuresequenz oder deren Varianten umfasst (Seite 6, Zeilen 1 bis 5). SEQ ID NO:1 von D7 unterscheidet sich von der FGFR-4 Aminosäuresequenz des Patents lediglich in 6 Positionen (wie durch D19 belegt). In D7 (Seite 6, letzter Absatz bis Seite 7, Absatz 1) werden aber als bevorzugte Beispiele für Varianten des darin beschriebenen TKF-Rezeptors Proteine offenbart, die sich von der in SEQ ID NO:1 dargestellten Aminosäuresequenz durch eine oder mehrere bestimmte Veränderungen unterscheiden: diese Veränderungen betreffen genau solche Positionen, in denen sich die SEQ ID NO:1 der D7 von der Sequenz des FGFR-4 des Patents unterscheidet, nämlich die Positionen 136, 280, 288, 297 und 306; der in D7 vorgeschlagene Austausch für diese Positionen führt daher zu einer Sequenz die mit der FGFR-4-Sequenz des Patents bis auf die Position 382 identisch ist. Aber auch für diese Position wird in D7 eine Mutation offenbart, die einen Aminosäure-Austausch vorsieht, der zu der erfindungsgemäßen Sequenz führt (Seite 7, Absatz 2). Weiterhin wird bezüglich dieser letzten Mutation erläutert, dass diese zu onkogenen Veränderungen führen kann. Auf Seite 13 im ersten vollständigen Absatz wird im Rahmen der Tumordiagnostik aufgeführt, dass die Expression des TKF-Rezeptorgens in Tumoren und korrespondierenden Referenzgeweben unterschiedlich ist, und dass daher die Möglichkeit bestehe, aus der Expressionshöhe des Gens bzw. des Proteins auf die Zellentartung zu schließen. Es kann daher dem Dokument D7 entnommen werden, dass Mutationen von FGF Rezeptoren (und insbesondere vom neuen "TKF-Rezeptor") zu Krebs führen können und dass Änderungen von deren Expression bei Zellenentartung vorkommen. Im übrigen, war dies auch für Tyrosin-Kinase Rezeptoren im allgemeinen bekannt, zum Beispiel für den EGF-Rezeptor (D7, Seite 4, Absatz 2).

4.1.4 D7 unterscheidet sich daher vom beanspruchten Gegenstand, in dem es sich nicht explizit auf ein Verfahren zum Screenen einer genetischen Prädisposition richtet und lediglich "Expressionshöhe des Gens" erwähnt, ohne weiter zu präzisieren, dass eine erhöhte FGFR-4-Expression (amplifizierte FGFR-4 Nukleinsäure) bestimmt werden soll.

4.1.5 Das technische Problem ist die Bereitstellung eines Screening-Verfahrens zur genetischen Prädisposition für das Auftreten von Krebs. Der Lehre des Patents ist zu entnehmen, dass mutierte FGFR-4-Gene bzw. erhöhte FGFR-4-Expression einen Hinweis auf einem erhöhten Risiko für Krebs oder Zellentartung darstellen können. Somit ist es plausibel, dass der Nachweis von mutiertem bzw. amplifiziertem FGFR-4 als Marker für genetische Prädisposition für Krebs angesehen werden könnte. Das Problem kann daher als gelöst erachtet werden.

4.1.6 Obwohl Dokument D7 sich nicht explizit auf ein Verfahren zum Screenen einer genetischen Prädisposition richtet, offenbart es dem Fachmann eindeutig, dass der Nachweis von mutiertem bzw. amplifiziertem "TKF-Rezeptor" als Marker für Krebs bzw. Zellentartung verwendet werden kann (siehe oben, unter 4.1.3). Daher würde der Fachmann ausgehend von der Lehre des D7 alleine ohne erfinderische Tätigkeit zum beanspruchten Gegenstand gelangen.

4.1.7 Entgegen den Ausführungen der Patentinhaberin beschreibt D7 sehr wohl einen Zusammenhang zwischen Änderungen des TKF-Rezeptors (Mutationen bzw. geänderte Expressionshöhe) und Krebs. D7 offenbart zwar nicht die spezifische G388R Mutation, aber Anspruch 30 ist auch nicht auf diese Mutation beschränkt sondern umfasst jedwede FGFR-4 Mutation oder Genamplifikation.

4.2 Hauptantrag und Hilfsanträge

4.2.1 Alle sich im Verfahren befindenden Anträge enthalten einen Anspruch der identisch zum erteilten Anspruch 30 ist. Dies sind Anspruch 29 im "neuen" Hauptantrag, Anspruch 28 im Hilfsantrag 1, Anspruch 27 im Hilfsantrag 2, Anspruch 30 im Hilfsantrag 3, Anspruch 29 in Hilfsantrag 3a, Anspruch 28 im Hilfsantrag 4, Anspruch 29 im Hilfsantrag 5, Anspruch 26 im Hilfsantrag 6, Anspruch 19 im Hilfsantrag 6a und 6b, Anspruch 16 im Hilfsantrag 6c, Anspruch 17 im Hilfsantrag 7, und Anspruch 7 im Hilfsantrag 8.

4.2.2 Daher ist keine der vorliegenden Anträge aus den oben zum erteilten Anspruch 30 dargelegten Gründen gewährbar.

5. Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr

5.1 In ihrer Beschwerdebegründung hat die Einsprechende mehrere Verfahrensfehler geltend gemacht und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. So gebe es überhaupt keine Begründung in der angefochtenen Entscheidung bezüglich Artikel 57 EPÜ, und auch nicht bezüglich Artikel 123(2) EPÜ für die erteilten Ansprüche 25 und 26. Außerdem sei eine Diskrepanz zwischen der mündlich angekündigten Entscheidung und der schriftlichen Entscheidung bezüglich des 5. Hilfsantrags zu erkennen.

5.2 Nach Regel 103(1)(a) EPÜ ist eine der Voraussetzungen für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensfehler. Der wesentliche Verfahrensmangel muss verfahrensrechtlicher Natur sein und das gesamte Verfahren beeinträchtigen.

5.3 Die Einspruchsabteilung entschied, dass aus unterschiedlichen Gründen alle Anträge außer dem Hilfsantrag 7 nicht aufrecht erhalten werden könnten. Bezüglich des Hilfsantrags 7 hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass die Ansprüche neu und erfinderisch seien. In der Niederschrift der mündlichen Verhandlung (Punkt 8) wird explizit ausgeführt, dass die Einsprechende nur noch Einwände unter Artikel 56 EPÜ gegen den Hilfsantrag 7 hatte.

5.4 Mangels eines entsprechenden Einwands der Einsprechenden war die Einspruchsabteilung nicht verpflichtet, bezüglich des Hilfsantrags 7 eine Entscheidung über Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 57 EPÜ zu treffen und zu begründen. Es geht zwar weder aus der Niederschrift noch aus der Entscheidung hervor, ob die Einsprechende diese Einwände nicht mehr aufrechterhalten wollte oder ob sie, angesichts der Meinung zur erteilten Fassung berechtigterweise davon ausgehen durfte, solche Einwände seien zwecklos. Dieser Frage wurde in dem der Ladung zugefügten Bescheid der Beschwerdekammer aufgeworfen. Die Einsprechende hat aber nicht darauf reagiert. Somit kann die Beschwerdekammer nur zu dem Schluss kommen, dass die Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 57 EPÜ beim 7. Hilfsantrag nicht mehr bestanden. Im Ergebnis hat es die Einspruchsabteilung daher nicht versäumt, über Einwände einer Partei zu befinden.

5.5 Bezüglich 5. Hilfsantrags, ist die Einspruchsabteilung zu der Entscheidung gelangen, dass die Ansprüche 17 bis 19, 22, 23, 25, 27 und 28 nicht neu gegenüber Dokument D7 seien (Punkt V.c) der Entscheidung). In der Niederschrift der mündlichen Verhandlung (Punkt 6.3) werden aber nur die Ansprüche 17 bis 19, 22, 23 und 25 als nicht neu genannt. Hinzu kommt, dass die Entscheidung in sich widersprüchlich ist: während die Ansprüche 27 und 28 des Hilfsantrags 5 als nicht neu zurückgewiesen wurden, wurden die entsprechenden Ansprüche in den Hilfsanträgen 6 (Ansprüche 24 und 25) und 7 (Ansprüche 18 und 19) nicht eingeschränkt. Trifft die Begründung der Entscheidung daher auf die Ansprüche 27 und 28 des Hilfsantrags 5 zu, so hätten die Hilfsanträge 6 und 7 aus den gleichen Gründen zurückgewiesen werden müssen.

Die Begründung der Entscheidung bezüglich Neuheit des Hilfsantrags 5 lautet: "Dokument D7 beschreibt einen FGFR mit 6 Mutationen, der den Gegenstand de[r] Patentansprüche 17 bis 19 neuheitsschädlich vorwegnimmt, da dieser FGFR unter das breite Merkmal von Anspruch 17 "mutierter FGFR-4" fällt. Die entsprechenden DNA- und RNA-Moleküle sowie ihre Verwendung zur Behandlung von Krebs werden in diesem Dokument ebenfalls beschrieben, womit auch der Gegenstand der Patentansprüche 22, 23, 25, 27 und 28 neuheitsschädlich getroffen wird." Diese Begründung trifft auf die Ansprüche 27 und 28, die auf Diagnoseverfahren gerichtet sind, offensichtlich nicht zu. Somit kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Diskrepanz in der Entscheidung auf einem Fehler beruht, der sofort erkennbar ist und der für die Entscheidung im Übrigen ohne Bedeutung ist. Zugleich ist für die Kammer damit erstellt, dass die Einspruchsabteilung auch nicht in einem Punkt ohne vorgängige Anhörung der Parteien entschieden hat.

5.6 Keine der von der Einsprechenden gerügten Mängel ist für den Ausgang des Verfahrens erheblich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Einspruchsabteilung bei einer Verfahrensführung ohne die gerügten Mängel zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Demzufolge kann die Kammer keinen wesentlichen Verfahrensfehler seitens der Einspruchsabteilung erkennen, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr begründen könnte. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird daher zurückgewiesen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird

zurückgewiesen.

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