T 0269/10 () of 21.7.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T026910.20110721
Datum der Entscheidung: 21 Juli 2011
Aktenzeichen: T 0269/10
Anmeldenummer: 03024509.6
IPC-Klasse: F02M 25/07
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Abgasrückführventil
Name des Anmelders: Cooper-Standard Automotive (Deutschland) GmbH
Name des Einsprechenden: Gustav Wahler GmbH u. Co. KG
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(a)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung - Hauptantrag
Zulässigkeit, Offenbarung, Ausführbarkeit, Klarheit, Patentfähigkeit - Hilfsantrag IV (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0517/90
T 1067/97
T 0452/05
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat mit der am 17. Dezember 2009 zur Post gegebenen Entscheidung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 526 272 zurückgewiesen. Sie war der Auffassung, dass keiner der geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegen stehe.

Dabei hat sie die folgenden Druckschriften berücksichtigt:

D1: DE-A-3 417 612

D2: EP-A-1 245 820

D3: EP-A-0 856 657.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende am 9. Februar 2010 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Mit der am 15. April 2010 eingegangenen Beschwerdebegründung hat sie die folgende weitere Druckschrift eingereicht:

D4: US-A-2003/0136930.

III. Mit der Anlage zur Ladung für die beantragte mündliche Verhandlung hat die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, insbesondere, dass sie in Anspruch 1 derzeit keinen Beitrag erkennen könne, der erfinderische Überlegungen erfordere. Darauf hat die Beschwerdegegnerin am 2. Mai 2011 mit den Hilfsanträgen I-VI neue Anspruchssätze eingereicht. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat am 21. Juli 2011 stattgefunden.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent 1 526 272 zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte mit einem Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in der Fassung der Hilfsanträge IV-VI, in dieser Reihenfolge, eingereicht mit Schreiben vom 2. Mai 2011 aufrecht zu erhalten.

V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Abgasrückführventil (10, 110), mit: einem Drehantrieb (12, 112), und einem zwischen einer Öffnungs- und einer Schließstellung drehend betätigbaren Ventilelement (14, 114), dadurch gekennzeichnet dass ein Nockenelement (24, 124) mit einer Nockenkurve (26, 126) vorgesehen ist, das die Drehbewegung von dem Drehantrieb (12, 112) auf das Ventilelement (14, 114) als eine ausschließliche Drehbewegung überträgt".

In Anspruch 1 des Hilfsantrages IV wurde im Vergleich zu denjenigen des Hauptantrages die folgenden Merkmale hinzugefügt:

", und das Nockenelement (24, 124) mit einer Rolle (22, 122) zusammenwirkt, die drehbar an einem Hebel (20, 120) angebracht ist, wobei das Nockenelement (124) gegebenenfalls unter Zwischenschaltung eines Getriebes mit dem Drehantrieb (112) verbunden und von diesem drehend antreibbar ist, und der Hebel (120) an einer Drehachse (116) des Ventilelements (114) angebracht ist, oder der Hebel (20) fest an einer Achse (18) des Drehantriebs (12) angebracht ist, und das Nockenelement (24) fest mit der Achse (16) des Ventilelements (14) verbunden ist".

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte wie folgt:

a) zum Hauptantrag

Anspruch 1 definiere im letzten Merkmal die Art der Übertragung der Drehbewegung des Drehantriebes auf das Ventilelement als eine ausschließliche Drehbewegung. Dies bedeute, dass zwischen dem Drehantrieb und dem Ventilelement keine translatorischen Bewegungen übertragen werden, die gesamte Übertragung der Bewegung müsse ausschließlich drehend erfolgen.

Eine solche Übertragungsart sei jedoch nicht in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart. So ergebe sich aus Absatz 7 der veröffentlichten Anmeldung, dass auch andere Übertragungsarten, nämlich mittels einer translatorischen Bewegung zum Einsatz kämen. Darüber hinaus würde im Fall, dass die Nockenkurve 26 flach verläuft oder zwischen der Rolle 22 und der Aussparung 26 ein gewisses Spiel vorhanden sei, nicht nur eine ausschließliche Drehbewegung sondern auch eine translatorische Bewegung stattfinden, wie sich aus Figur 2 ergebe.

b) zum Hilfsantrag IV

i) Der Gegenstand des Anspruches 1 sei ebenso wenig in den ursprünglichen Unterlagen offenbart wie derjenige des Hauptantrages.

Patentanspruch 1 sei durch die Formulierung "gegebenenfalls unter Zwischenschaltung eines Getriebes" unklar, weil nicht eindeutig sei, ob das Nockenelement oder das Getriebe drehend von dem Drehantrieb antreibbar sind. Eine weitere Unklarheit bestehe darin, dass im letzten Merkmal zwei Alternativen beansprucht würden.

Aus diesen Gründen sollte Hilfsantrag IV nicht zum Verfahren zugelassen werden.

ii) Nach der Patentschrift, Spalte 7, Zeilen 2-7 übertrage der Hebel 120 die Drehbewegung von dem Drehantrieb auf das Ventilelement. Dies stünde ganz offensichtlich im Widerspruch zur Anspruch 1, wonach es das Nockenelement sei, das die Drehbewegung vom Drehantrieb auf das Ventilelement überträgt. Da der Fachmann diese Textstelle nicht in Einklang mit Anspruch 1 bringen könne, könne er den beanspruchten Gegenstand nicht ausführen.

iii) Der Gegenstand des Anspruches 1 sei im Hinblick auf die Druckschriften D1 und D4 nicht neu. So sei in Figur 2 der D1 ein Nockenelement 10 und ein Hebel 7 dargestellt, wobei die ausschließliche Drehbewegung durch den Steuerzapfen 5 und die Gleitkulisse 6 übertragen wird. Der Steuerzapfen 5 sei ein glatt äquivalentes Mittel zu der beanspruchten Rolle. Da "angebracht" in Anspruch 1 nicht bedeuten würde, dass die Rolle drehbar aber fest mit dem Hebel verbunden sei, wäre die erste Alternative des Anspruches 1 aus Druckschrift D1 bekannt. Zwar würde diese Druckschrift kein Abgasrückführventil explizit beschreiben, jedoch würde der Fachmann sofort erkennen, dass es bei dieser Druckschrift um den Ventilantrieb ginge und nicht um die Ventilart.

Letzteres gelte auch für das aus Druckschrift D4 bekannte Ventil. Daraus sei ein Hebel 12 bekannt, der über einen zu einer Rolle äquivalenten Stift 18 mit einem Nockenelement 30 zusammenwirke, der eine als Schlitz 34 ausgebildete Nockenkurve aufweise. Ein Schlitz sei der Spezialfall einer Kurve mit einer gegen unendlich gehenden Krümmung.

iv) Der Gegenstand des Anspruches 1 beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Von dem aus Druckschrift D2 bekannten Abgasrückführventil unterscheide sich der Gegenstand des Anspruches 1 durch die Ausbildung des Kopplungsgetriebes zwischen dem Drehantrieb 30 und dem Ventilelement 16. In Figur 2 sei zwar ein Getriebe zwischen diesen Bauteilen dargestellt, die spezielle Ausgestaltung dieses Getriebes sei daraus jedoch nicht bekannt. Deshalb läge dem beanspruchten Gegenstand nicht die Aufgabe zu Grunde, ein kompakteres Abgasrückführventil zu schaffen, sondern wie das aus Druckschrift D2 bekannte Kopplungsgetriebe technisch auszubilden ist.

Der Fachmann sei deshalb ein Maschinenbauingenieur mit Schwerpunkt und langjähriger Erfahrung im Bereich der Ventile und Ventilantriebe.

v) Da es bei dieser Aufgabe um besondere Ventilantriebe ginge, würde sich der Fachmann auf diesem Gebiet nach geeigneten Lösungen umsehen und auf diese Weise auf die Druckschriften D1, D3 und D4 stoßen. Im Hinblick auf die aus diesen Druckschriften bekannten Kopplungsgetriebe wäre zumindest die erste Alternative des Anspruches 1 für einen Fachmann naheliegend. Im Übrigen würde der Fachmann Druckschrift D1 auch berücksichtigen, weil daraus die Schaffung einer Übersetzung mit drehwinkelabhängiger Charakteristik bekannt sei. Druckschrift D3 würde der Fachmann berücksichtigen, wegen der darin offenbarten Kulisseneinrichtung (siehe Spalte 5, Zeilen 32-40).

VII. Demgegenüber argumentierte die Beschwerdegegnerin wie folgt:

a) zum Hauptantrag

Unter den Wortlaut des Anspruches 1 fallen auch Ausführungsformen, bei denen nicht nur der Drehantrieb, das Nockenelement und das Ventilelement des Kopplungsgetriebes zur Übertragung einer Drehbewegung ausschließlich drehbar sind, sondern sämtliche Elemente des Kopplungsgetriebes, die die Drehbewegung des Drehantriebs auf das Ventilelement übertragen, und Ausführungsformen, bei denen auch translatorische, das heißt gleitende oder schiebende Bewegungen zwischen dem Drehantrieb und dem Ventilelement auftreten.

b) zum Hilfsantrag IV

Da Anspruch 1 dieses Antrages die formalen Voraussetzungen des Europäischen Patentübereinkommens erfülle, sollte dieser zugelassen werden.

Darüber hinaus sei der in Anspruch 1 beanspruchte Gegenstand auch neu und beruhe im Hinblick auf den zitierten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil selbst eine Kombination des nächstliegenden Stands der Technik nach Druckschrift D2 mit den aus Druckschriften D1, D3 oder D4 bekannten Koppelungsgetrieben dessen Gegenstand nicht nahelege.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Hauptantrag - Artikel 100 c) EPÜ 1973

2.1 Nach Anspruch 1 ist ein Nockenelement mit einer Nockenkurve vorgesehen, das die Drehbewegung von dem Drehantrieb auf das Ventilelement als eine ausschließliche Drehbewegung überträgt.

Es ist nicht streitig, dass unter den Wortlaut dieses Merkmals auch Ausführungsformen fallen, bei denen nicht nur der Drehantrieb, das Nockenelement und das Ventilelement ausschließlich drehbar sind, sondern sämtliche Elemente des Kopplungsgetriebes die Drehbewegung des Drehantriebs auf das Ventilelement als eine ausschließliche Drehbewegung übertragen.

2.2 Zur Offenbarung

2.2.1 Gemäß der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern entnimmt ein Fachmann einer Druckschrift die dort unmittelbar und eindeutig offenbarten Sachverhalte. Dies schließt die dort ausdrücklich genannten, also expliziten Merkmale ein, aber auch die für ihn vom Inhalt miterfassten, also impliziten Merkmale. Solche müssen sich klar und eindeutig aus dem ergeben, was in der Druckschrift ausdrücklich angegeben ist (siehe T 452/05 v. 30. Juni 2008, Gründe 2.2; nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

2.2.2 Im allgemeinen Beschreibungsteil der veröffentlichten Anmeldung wird beschrieben, dass es für die Erfindung lediglich darauf ankomme, dass eine irgendwie geartete Drehung des Ventilelements erzeugt wird. Es ginge nicht darum, eine Drehbewegung in eine translatorische Bewegung des Ventilelements umzuwandeln (siehe Abs. 7, insbesondere Spalte 1, Zeilen 52-57 und Spalte 2, Zeilen 7-10).

Da diese Beschreibungsteile lediglich das Ventilelement betreffen, ergibt sich daraus für den Fachmann nicht unmittelbar und eindeutig, dass sämtliche Elemente des Kopplungsgetriebes zur Übertragung einer Drehbewegung ausschließlich drehbar sind.

2.2.3 Bei den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 1,2 und 3,4 (deren Elemente werden nachfolgend durch in Klammern gesetzte Bezugszeichen angegeben) umfasst das Kopplungsgetriebe einen Hebel 20 (120) an Achse 18 des Drehantriebes 12 (an Achse 116 des Ventilelements 114) und ein Nockenelement 24 (120) an Achse 16 des Ventilelements 14 (das mit Drehantrieb 112 verbunden ist). Das Nockenelement 24 (124) wirkt mit der Rolle 26 (142) des Hebels 20 (120) zusammen.

Bei der Ausführungsform nach den Figuren 1,2 verdreht der Hebel 22 das Nockenelement 24, bei derjenigen nach den Figuren 3 und 4 verdreht das Nockenelement 124 den Hebel 120.

Nach Figur 2 führt eine Drehbewegung des Hebels 20 unmittelbar zu einer Verdrehung des Nockenelements 24, selbst wenn die Nockenkurve äußerst flache Bereiche aufwiese. Die Kurvenkrümmung mag die Drehverhältnisse der beiden Elemente beeinflussen, verursacht jedoch keine translatorischen Bewegungen zwischen dem Drehantrieb und dem Ventilelement. Auch ein von der Beschwerdeführerin angeführtes Spiel zwischen der Rolle 22 und der Aussparung 26 würde keine solchen Bewegungen verursachen, weil sich bis zur Überwindung des Spiels nur der Hebel 20 drehen und das Nockenelement 26 solange still stehen würde.

Es kann somit festgestellt werden, dass sämtliche Elemente der Kopplungsgetriebe der Figuren 1,2 und 3,4 die Drehbewegung des Drehantriebs auf das Ventilelement als eine ausschließliche Drehbewegung übertragen.

2.2.4 Von den bei diesen Ausführungsbeispielen für die Übertragung der ausschließlichen Drehbewegung erforderlichen Elementen, ist in Anspruch 1 lediglich der Drehantrieb, das Nockenelement und das Ventilelement aufgeführt. Der Hebel, die Rolle und die Achsen fehlen in Anspruch 1.

a) Wenn ein Anspruch auf ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel beschränkt werden soll, ist es nach der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern nach Artikel 123 (2) EPÜ 1973 nicht zulässig, isolierte Merkmale aus einer Reihe von ursprünglich in Kombination für dieses Ausführungsbeispiel offenbarten Merkmalen herauszugreifen. Eine derartige Änderung sei nur dann zu rechtfertigen, wenn keinerlei eindeutig erkennbare funktionale oder strukturelle Verbindung zwischen diesen Merkmalen vorliege (siehe u. a. T 1067/97 vom 4. Oktober 2000, Gründe 2.1.3; nicht im Amtsblatt EPA veröffentlicht).

b) Der Drehantrieb, das Nockenelement und das Ventilelement des Kopplungsgetriebes, der in den Figuren 1,2 und 3,4 dargestellten Ausführungsbeispiele, sind in der Anmeldung eindeutig in funktionaler und struktureller Verbindung mit dem Hebel, der Rolle und den Achsen offenbart.

c) Da die Anmeldung somit keine Grundlage für die Weglassung der oben genannten Merkmale offenbart, geht der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Art. 100 c); Art. 123 (2) EPÜ 1973).

2.2.5 Somit konnte dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden.

3. Hilfsantrag IV

3.1 Zulässigkeit

3.1.1 Hilfsantrag IV ist erst nach der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung und nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden.

3.1.2 Gemäß Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.

Artikel 13(3) VOBK ergänzt, daß Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen werden, "wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem bzw. den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist".

In Erwiderung auf den Ladungsbescheid der Kammer hat die Beschwerdegegnerin u. a. den Hilfsantrag IV eingereicht, um die im Beschwerdeverfahren diskutierten Einwände der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit auszuräumen. Hilfsantrag IV ist als Hilfsantrag Ib der Einspruchsabteilung vorgelegt worden.

Wie nachstehend ausgeführt, ist der geänderte Patentanspruch 1 dieses Hilfsantrags bezüglich der formellen Vorschriften, nach Artikel 84 und Artikel 123 EPÜ eindeutig gewährbar. Außerdem stellt er einen erfolgsverprechenden Versuch zur Ausräumung des erhobenen Einwands mangelnder Patentfähigkeit dar.

Da Hilfsantrag IV ca. zweieinhalb Monate vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden ist, hatte die Beschwerdeführerin und die Kammer ausreichend Zeit sich darauf vorzubereiten.

Deshalb hielt es die Beschwerdekammer für zumutbar, diesen Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung zu behandeln und hat ihn in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (1) VOBK zugelassen.

3.2 Änderungen in Anspruch 1

3.2.1 Mit den Änderungen in Anspruch 1 werden nunmehr sämtliche Elemente des Kopplungsgetriebes beansprucht, die bei den Ausführungsbeispielen die Drehbewegung des Drehantriebs auf das Ventilelement ausschließlich drehbar übertragen.

Da somit die in Anspruch 1 des Hauptantrages fehlenden Übertragungselemente aufgenommen worden sind und dieser durch die Ausführungsbeispiele gestützt ist, geht der Gegenstand des Anspruches 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 100 c); Artikel 123(2) EPÜ 1973).

3.2.2 Mit der Formulierung "gegebenenfalls unter Zwischenschaltung eines Getriebes" im letzten Merkmal des Anspruches 1 wird ausgedrückt, dass (auch) zwischen dem Nockenelement und dem Drehantrieb ein Getriebe vorgesehen sein kann oder nicht. In jedem Fall ist das Nockenelement von den Drehantrieb drehend antreibbar.

Auch werden mit dem Verbindungswort "oder" in diesem Merkmal die beiden in den Figuren 1,2 und 3,4 dargestellten Ausführungsformen eindeutig und als Alternativen angegeben.

Deshalb kann die Kammer in keiner der gerügten Formulierungen eine Unklarheit erkennen, so dass die Änderungen in Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 erfüllen.

3.3 Ausführbarkeit

In Spalte 7, Zeilen 2-7 ist beschrieben, "dass der Hebel 120 als angetriebenes Element, die von dem Drehantrieb 112 mittels des Nockenelements 124 übertragene Drehbewegung auf das Ventilelement 114 überträgt". Diese Feststellung ist korrekt und steht im Einklang mit Figur 3. Der Hebel 120 wird dort vom Nockenelement 124 angetrieben und das Nockenelement 124 überträgt somit die Drehbewegung des Drehantriebes 112 auf den Hebel 120.

Allerdings enthält dieser Beschreibungsteil einen Fehler insofern als sich der genannte Satz auf die Ausführungsform von Figur 1 beziehen soll. Jedoch ist die Kammer davon überzeugt, dass der Leser sofort erkennen wird, z.B. anhand der verwendeten Bezugszeichen, dass sich dieser Beschreibungsteil auf die in den Figuren 3 und 4 dargestellte Ausführungsform bezieht.

Somit kann die Kammer in dieser Hinsicht keinen Widerspruch zu dem beanspruchten Gegenstand feststellen, der dessen Ausführbarkeit in Frage stellen könnte (Artikel 100 b) EPÜ 1973).

3.4 Neuheit

3.4.1 Druckschrift D1

Diese Druckschrift betrifft den Antrieb eines Ventilelements eines Durchflussreglers 8. Ein Nockenelement 10 wirkt dort mit einem Steuerzapfen 5 zusammen, der in eine Gleitkulisse 6 eines Hebels 7 beweglich eingreift (Figuren 1 und 2). Ob der Steuerzapfen 5 ein glatt äquivalentes Mittel zu der beanspruchten Rolle ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, weil der Fachmann nach der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern einer Druckschrift keine Äquivalente entnimmt (siehe T 517/90 v. 13. Mai 1992; nicht im ABl. EPA veröffentlicht).

Somit ist daraus nicht das Merkmal des Anspruches 1 bekannt, dass das Nockenelement mit einer Rolle zusammenwirkt, die drehbar an einem Hebel angebracht, also befestigt ist.

Darüber hinaus bewegt sich bei der in Figur 1 dargestellten Ausführungsform der Steuerzapfen bei der Verstellung des Ventilelementes radial nach außen, also translatorisch und nicht drehend. Dies entspricht nicht dem, was in Anspruch 1 beansprucht wird, nämlich dass alle Elemente des Kopplungsgetriebes ausschließlich eine Drehbewegung übertragen.

3.4.2 Druckschrift D4

Das aus dieser Druckschrift bekannte Kopplungsgetriebe für ein Drosselventil eines Verbrennungsmotors weist einen treibenden Arm 12 und einen angetriebenen Arm 30 auf. Der angetriebene Arm 30 ist mit einem Schlitz 34 versehen, in denen ein Stift 18 des antreibenden Arms 12 eingreift. Der Schlitz wird durch zwei parallele gerade Flächen gebildet, die nicht gekrümmt sind. Mathematisch betrachtet mag zwar eine Gerade ein Sonderfall einer Kurve sein, nämlich eine Kurve mit der Krümmung unendlich. Eine solche Betrachtung ist aber im vorliegenden Fall abwegig, weil der im vorliegenden Fall zuständige Fachmann, ein Ingenieur, den dargestellten Schlitz 34 eben nicht im Sinne einer mathematischen Definition, sondern ingenieurmäßig erfasst und somit nicht als Sonderfall einer Kurve mit Krümmung unendlich.

Auch in diesem Zusammenhang kann es dahingestellt bleiben, ob der Stift 18 ein glatt äquivalentes Mittel zu der beanspruchten Rolle ist, weil Äquivalente bei der Neuheitsprüfung außer Acht zu lassen sind (siehe oben 3.4.1).

Da der Schlitz 34 im Kontext dieses Patents vom Fachmann somit nicht als Nockenkurve verstanden wird und der Stift 18 keine Rolle ist, stellt der Hebel 30 kein Nockenelement im Sinne des Anspruches 1 dar, das mit einer am Hebel drehbaren Rolle zusammenwirkt.

3.4.3 Da keine der entgegengehaltenen Druckschriften somit sämtliche Merkmale des Anspruches 1 offenbart, ist dessen Gegenstand neu im Sinne des Artikels 54 (1), (2) EPÜ 1973.

3.5 Erfinderische Tätigkeit

3.5.1 Von den zitierten Entgegenhaltungen, betrifft nur Druckschrift D2 eindeutig ein Ventil, das zur Abgasrückführung geeignet ist. Schon wegen der sehr viel höheren Temperaturen bei der Abgasrückführung, sind das Durchflußventil für Wasser nach D1 und das Drosselventil nach D4 dafür sehr viel weniger geeignet. Deshalb bildet das aus Druckschrift D2 bekannte Abgasrückführventil den nächstliegenden Stand der Technik für die nachfolgenden Festsstellungen.

Zwar ist darin zwischen dem Drehantrieb 30 und dem Ventilelement 16 ein Getriebe angedeutet (siehe Figur 2), es werden jedoch keine Details offenbart, wie die Drehbewegung des Drehantriebes 30 auf das Ventilelement 16 übertragen wird. Insbesondere ist dieser Druckschrift nicht entnehmbar, ob die Übertragung der Drehbewegung des Drehantriebes ausschließlich mit drehenden Elementen erfolgt.

3.5.2 Aufgabe

a) Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruches 1 von dem aus Druckschrift D2 bekannten Abgasrückführventil durch die kennzeichnenden Merkmale.

b) Im Hinblick auf die in Spalte 2, Zeilen 44-47 genannten Vorteile lag dem Gegenstand des Anspruches 1 die Aufgabe zu Grunde, ein Abgasrückführventil einfacher und kompakter Bauart mit einer Vielfalt an Charakteristika für den Ventil-Öffnungs- und Schließmechanismus zu schaffen.

c) Auf Grund dieser Aufgabenstellung wird als Fachmann ein auf dem Gebiet der Verbrennungsmotoren tätiger Maschinenbauingenieur angesehen.

3.5.3 Nicht naheliegende Lösung

a) Druckschrift D1

Die Frage, ob der Fachmann Druckschrift D1 zur Lösung der oben genannten Aufgabe überhaupt heranziehen würde, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn er dies täte und das Getriebe zum Verdrehen des Ventilelementes der Druckschrift D2 durch das Kopplungsgetriebe nach Druckschrift D1 ersetzen würde, käme er zu keiner Ausführungsform gemäß Anspruch 1.

Da sich der in Figur 1 der D1 dargestellte Steuerzapfen 5 bei der Verstellung des Ventilelementes radial nach außen bewegt, also translatorisch und nicht drehend, würden nicht alle Elemente des Kopplungsgetriebes, wie nach Anspruch 1 erforderlich, ausschließlich eine Drehbewegung übertragen.

Da der in Figur 2 der D1 dargestellte Steuerzapfen 5 an einem ortsfesten Schwenkhebel 9 befestigt ist, würde das modifizierte Kopplungsgetriebe kein Nockenelement 10 aufweisen, das mit einer Rolle zusammenwirkt, die drehbar an einem Hebel 7 angebracht ist. Selbst wenn der Fachmann zur Reibungsverminderung an dem Steuerzapfen 5 eine Rolle vorsehen würde, würde auch dieses modifizierte Kopplungsgetriebe nicht die nach Anspruch 1 erforderliche, an dem Hebel 7 angebrachte, also drehbar befestigte Rolle aufweisen.

b) Druckschrift D4

Da diese Druckschrift weder ein Nockenelement mit einer Nockenkurve noch eine drehbar an einem Hebel angebrachte Rolle im Sinne des Anspruches 1 offenbart, kann diese Druckschrift nicht nahelegen, bei dem Getriebe des aus Druckschrift D2 bekannten Abgasrückführventil ein Nockenelement mit einer Nockenkurve vorzusehen, dass mit einer drehbar an einem Hebel angebrachten Rolle zusammenwirkt.

c) Druckschrift D3

Während die Druckschriften D1, D2, D4 und der Gegenstand des Anspruches 1 Ventile mit drehbar verschließbaren Ventilelementen betreffen, betrifft Druckschrift D3 ein Ventil mit translatorisch verschließbarem Ventilelement. Schon aus diesem Grunde ist es äußerst zweifelhaft, ob der Fachmann diese Druckschrift überhaupt berücksichtigen würde. Wenn er es aber berücksichtigen würde, so würde ihn die Lehre dieser Druckschrift allenfalls dazu veranlassen, den gesamten Übertragungsmechanismus, insbesondere die Kulisseneinrichtung nach Spalte 5, Zeilen 32 - 40 mitsamt einem translatorisch öffnenden und schließenden Ventilelement zu übernehmen. Auch diese Ausführungsform würde nicht dem beanspruchten Gegenstand entsprechen.

3.5.4 Da sich der Gegenstand des Anspruches 1 somit nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergibt, beruht er auf der nach Artikel 56 EPÜ 1973 erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

3.6 Somit konnte dem Hilfsantrag IV stattgegeben werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in der folgenden Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche: 1 bis 5, eingereicht als Hilfsantrag IV mit Schreiben vom 2. Mai 2011;

Beschreibung: Spalten 5 und 6 der Patentschrift; Spalten 1 bis 4, 7 und 8, wie in der mündlichen Verhandlung überreicht;

Figuren: 1 bis 4 der Patentschrift.

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