European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T228109.20110316 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 16 März 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2281/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05013787.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | F03B 17/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Auftriebmotor | ||||||||
Name des Anmelders: | Dentler, Eugen | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Ausführbarkeit (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 11. Juli 2009 gegen die am 14. Mai 2009 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 05013787.6 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr hat sie am 10. Juli 2009 entrichtet. Am 14. September 2009 hat sie die Beschwerdebegründung eingereicht.
Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß die Anmeldung den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ nicht genüge.
II. Am 16. März 2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes in der Fassung des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrages, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
IV. Anspruch 1 lautet wie folgt:
" Vorrichtung (1) zur Umwandlung von Gravitations- und Auftriebsenergie in kinetische Energie, bestehend aus mindestens zwei fluchtend zueinander angeordneten Umlenkelementen (2a, 2b), einem endlosen, kettenartigen Koppelungselement (4) an dem mindestens zwei Auftriebskörper (3) angeordnet sind und einem vertikal ausgerichteten flüssigkeitsgefüllten Behälter (7) mit einer an dessen dem Erdboden zugewandten Stirnseite ausgebildeten Eintrittsöffnung (8) sowie einem Abdichtungselement (9) welches den Austritt der Flüssigkeit zumindest teilweise verhindert, wobei die Auftriebskörper (3) eine Umlaufbewegung um die Umlenkelemente (2a, 2b) beschreiben und die sich entgegen der Schwerkraft bewegenden Auftriebskörper den flüssigkeitsgefüllten Behälter (7) durch die Eintrittsöffnung (8) passieren, dadurch gekennzeichnet, dass
a. die Auftriebskörper (3) elastisch sind und den Querschnitt (11) aufweisen,
b. der Querschnitt (10) der Eintrittsöffnung (8) des flüssigkeitsgefüllten Behälters (7) kleiner st, als der Querschnitt (11) eines elastischen Auftriebskörper (3) im entlasteten Zustand,
c. die elastischen Auftriebskörper (3) einen fluidgefüllten Hohlkörper bilden und
d. die Vorrichtung mindestens zwei elastische Auftriebskörper (3) aufweist, die fluidmäßig miteinander verbunden sind und
e. vor der Eintrittsöffnung (8) ein Trichterelement (12) angebracht ist, das den Querschnitt (11) des elastischen Auftriebskörpers (3) auf den Querschnitt (10) der Eintrittsöffnung (8) reduziert,
wobei unterhalb der Eintrittsöffnung des flüssigkeitsgefüllten Behälters ein Auffangelement zum Auffangen des austretenden Fluids vorgesehen sowie ein weiterer Mechanismus, die das Fluid dem flüssigkeitsgefüllten Behälter wieder zugeführt."
V. Die Beschwerdeführerin hat folgendes vorgebracht:
Bei Betrachtung der Gesamtenergie des Systems stelle sich heraus, dass es sich nicht selbsttätig in Bewegung setzen könne. Dass es dennoch in Bewegung versetzt werde, liege daran, dass seine gesamte potentielle Energie durch Austreten von Flüssigkeit durch die Eintrittsöffnung abnehme. Dabei komme es darauf an, dass das ausströmende Fluid nur in Kontakt zu den Schwimmkörpern ausströme.
Der entscheidende Punkt der Erfindung sei der Trichter an der Eingangsöffnung des Behälters. Dieser bewirke, dass sich die Auftriebskörper bei Eintritt in ihrer Form verändern.
Testversuche, die in Filmsequenzen festgehalten sind, sowie Berechnungen in Anlage 4 beweisen, dass ein dauerhafter Auftrieb vorhanden ist.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ausführbarkeit
2.1 Artikel 83 EPÜ zufolge ist "eine Erfindung ... so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann". Dieses Erfordernis beinhaltet, dass "die in einer Anmeldung offenbarten Angaben den auf dem betreffenden Fachgebiet tätigen Fachmann in die Lage versetzen sollten, mittels dieser Angaben und ggf. seines allgemeinen Fachwissens den Gegenstand der Erfindung erfolgreich in die Praxis umzusetzen. ... Je mehr jedoch eine neue Erfindung mit bislang gültigem technischen Wissen bricht, desto höher sind die Anforderungen an den Umfang der in der Patentanmeldung gegebenen technischen Information und Erläuterungen, um den Durchschnittsfachmann, dem eben nur das konventionelle Fachwissen zur Verfügung steht, in die Lage zu versetzen, die Erfindung auszuführen", siehe T 1785/06, Entscheidungsgründe 3.4.3, siehe auch T 0541/96, Entscheidungsgründe 6.2. Wo zum Beispiel eine beschriebene Wirkungsweise gegen anerkannte Naturgesetze (die zum allgemeinen Fachwissen gehören) zu verstoßen scheint, muss die Offenbarung besondere Überzeugungskraft besitzen, um vom Fachmann als für die Ausführbarkeit ausreichend betrachtet zu werden.
2.2 Im vorliegenden Fall betrifft die Anmeldung eine "Vorrichtung zur Generierung von Energie, insbesondere eines Drehmomentes durch Nutzung der auf einen Körper wirkenden Auftriebs- und Erdanziehungskräfte", siehe Beschreibungsabsatz [0001]. Diese besteht, siehe die Figur 1, im wesentlichen aus einer Endloskette von aneinander gekoppelten, identischen Schwimm- oder Auftriebskörpern 3, die um übereinander angeordnete Umlenkelemente 2a,2b geführt ist. Auf der einen Seite durchläuft sie einen mit Flüssigkeit gefüllten Behälter 7. Seite 13, Zeilen 17 bis 30, zufolge entsteht im Behälter durch auf den Schwimmkörper einwirkende Auftriebskräfte eine Zugkraft entgegen der Schwerkraft, während auf der anderen Seite der Kette nur die Gewichtskraft wirkt. Durch die Zugkraft auf der einen Seite der Kette würden die Körper auftreiben, auf der anderen Seite aber unter ihren Eigengewicht absinken, wodurch eine Drehbewegung entstehen würde, siehe Seite 2, Zeilen 18 bis 22.
2.3 Die Prüfungsabteilung hat in ihrer Entscheidung, siehe Entscheidungsgründe 4 bis 4.4, ausführlich dargelegt, dass die Kräfte, die beim Eintreten eines Auftriebkörpers in den Behälter, die Auftriebskräfte, die auf die im Behälter oberhalb eingetauchten Körper wirken, mehr als aufheben. Resümierend muss ein Schwimmkörper, der unverändert durch die Eintrittsöffnung eintreten soll, eine Druckkraft überwinden, die dem Gewicht der Flüssigkeitssäule oberhalb der Eintrittsöffnung entspricht. Diese Druckkraft ist zwingend größer als die Summe der Auftriebskräfte, die auf die oberhalb der Eintrittsöffnung in der Flüssigkeit befindlichen Körper wirken und die nach dem Archimedischem Prinzip dem Gewicht der durch diesen Körpern verdrängten Flüssigkeit entsprechen, siehe die Figur 3 der Anlage der angefochtenen Entscheidung. Wenn die Kette eingangs von einer Ausgangsposition aus, bei der ein Schwimmkörper kurz davorsteht einzutreten, durch Auftriebskräfte auf bereits im Behälter befindlichen Schwimmkörpern in Bewegung versetzt wird, kommt sie alsbald unter Einwirkung dieser größeren, beim Eintreten wirkenden Kraft zum Stillstand. Eine dauerhafte Drehbewegung, wie diese z.B. auf Seiten 13 und 14 im Abschnitt "Funktionsweise" beschrieben wird, mit Auftriebskörper, die "nacheinander" aufsteigen und "sukzessive in den Behälter gezogen" werden, bleibt aus. Es findet somit auch keine Generierung von Energie, das eigentliche Hauptziel einer solchen Vorrichtung gemäß Seite 1, 1. Absatz, statt.
2.4 Dass eine solche Vorrichtung prinzipiell, nach geltenden naturphysikalischen Gesetzen, nicht zur Energieerzeugung führen kann, folgt auch aus einer gesamtenergetischen Betrachtung, wie z.B. auf Folgeseite 6 des Beschwerdebegründungsschreibens schematisch dargestellt. Die Kette mit identischen Schwimmkörpern hat in allen Umlaufstellungen die gleiche potentielle Energie. Wie auf Folgeseite 6 zutreffend gefolgert wird, kann sich das System nicht selbsttätig - d.h. ohne eine Krafteinwirkung oder Energiezufuhr von außen - in Bewegung setzen. Dies ist ein Ausdruck des Energieerhaltungssatzes, der besagt, dass die Gesamtsumme der Energie eines geschlossenen Systems konstant ist.
2.5 Aus der Eintrittsöffnung nach unten austretendes Wasser kann auch keine Aufwärtsbewegung eines Schwimmkörpers in der Eintrittsöffnung hinein bewirken, da dies gegen den Impulserhaltungssatz verstoßen würde. Demzufolge ist der Gesamtimpuls eines abgeschlossenen Systems, der aus der Vektorsumme aller Impulse gebildet wird, konstant.
2.6 Die Anordnung so abzuändern, dass die Eintrittsöffnung sich verengt und elastische, fluidmäßig miteinander verbundene Schwimmkörper beim Eintreten zusammenquetscht, und dass eine Anordnung, die ausgetretene Flüssigkeit auffängt und wieder in den Behälter zurückführt, vorgesehen ist, vermag an diesen grundsätzlichen Bedenken nichts zu ändern. Die genaue Ausgestaltung der Eintrittsöffnung sowie die Materialbeschaffenheit des Schwimmkörpers sind für die gesamtenergetische Betrachtung des Systems, siehe oben, unerheblich: die potentielle Energie bleibt in allen Umlaufstellungen unverändert insbesondere wenn Flüssigkeit wieder zurückgeführt wird. Das Rückführen stellt sogar einen zusätzlichen Energiebedarf dar, der einem Energiegewinn des ganzen Systems weiter entgegensteht. Wegen des noch immer geltenden Gesamtimpulserhaltungssatzes kann nach unten austropfende Flüssigkeit die Kette noch immer nicht in Bewegung nach oben versetzen, unabhängig davon, ob der Eintrittsöffnung trichterförmig ist, die Schwimmkörper elastisch sind, oder die ausgetretene Flüssigkeit wieder in den Behälter zurückgeführt wird.
2.7 Näher betrachtet mag das Hinzufügen einer sich verengenden Eintrittsöffnung wohl die Kraft, die die Flüssigkeit anfangs auf den eintretenden Schwimmkörper nach unten ausübt, verringern. Diese Verringerung wird aber zunichte gemacht durch Reibungskräfte zwischen Trichterwand und Schwimmkörperwandung und Verformungskräften dieser elastischen Wandung. Beide hängen vom Innendruck im Schwimmkörper sowie vom Grad der Verformung und Elastizität der Wandung ab. Innendruck und Elastizität der Wandung müssten entsprechend hoch eingestellt werden, damit der Schwimmkörper beim Eintreten in den Behälter gegen den dortigen Flüssigkeitsdruck unten im Behälter seine ursprüngliche Form wieder annähme.
2.8 Diese Sichtweise wird durch keinen der Versuche, den die Beschwerdeführerin vorgeführt und in den Anlagen zu der Beschwerdebegründung und dem Schreiben vom 25. Oktober dokumentiert hat, widerlegt. Eine dauerhafte Bewegung der Endloskette von Schwimmkörpern kann die Kammer darin nicht erkennen. Die Versuchsanordnung nach den Anlagen 1 bis 3 des Schreibens vom 25. Oktober 2010 entspricht nicht der beschriebenen Vorrichtung und belegt nur, dass auf die Schwimmkörper im Behälter eine Auftriebskraft wirkt. Die in Anlage 4 des gleichen Schreibens angedeuteten Messwert der Reibungskraft (100N) ist wohl auch, wie die Beschwerdeführerin einräumt, unter wesentlich anderen Umständen, insbesondere bei einem viel niedrigeren Innendruck, gemessen worden als die, die in der beschriebenen Vorrichtung herrschen sollten.
2.9 Die Kammer schließt aus oben genannten Gründen, dass eine dauerhafte Bewegung der Endloskette der Vorrichtung, wie sie in der Anmeldung beschrieben wird, z.B auf Seiten 13 und 14, prinzipiell nicht möglich ist, und dass die Vorrichtung prinzipiell nicht die auf Seite 1, 1. Absatz genannte Hauptaufgabe der "Generierung von Energie, insbesondere eines Drehmoments durch Nutzung der auf einen Körper wirkenden Auftriebs- und Erdanziehungskräfte" erfüllen kann. Der Fachmann kann die in der Patentanmeldung offenbarte Lehre somit nicht ausführen. Die Kammer bestätigt den Befund der angefochtenen Entscheidung, dass die Anmeldung die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfüllt.
3. Regel 103(1)(a) EPÜ sieht die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nur vor, wenn die Beschwerdekammer der Beschwerde stattgibt. Da sie die Beschwerde aber zurückweist, ist den Antrag auf Rückzahlung abzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.