European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2014:T183209.20140109 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 Januar 2014 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1832/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03011679.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61B 18/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Steuereinrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | KLS Martin GmbH + Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Erbe Elektromedizin GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | unzulässige Erweiterung (nein) Erweiterung des Schutzbereichs (nein) Substantiierung einzelner Gründe in der Beschwerdebegründung (nein/ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 27. Juli 2009 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde über die Aufrechterhaltung des Patents Nr. 1479353 in geändertem Umfang entschieden.
II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte hiergegen am 8. September 2009 Beschwerde ein und entrichtete am selben Tag die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung wurde am 4. Dezember 2009 eingereicht.
III. Von den zitierten Dokumenten ist das folgende für diese Entscheidung von Bedeutung:
D1: DE-A-39 23 024.
IV. Mit Bescheid vom 26. September 2013 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit.
V. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 reichte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zur Patentfähigkeit ein und beantragte, dieses Vorbringen zuzulassen.
VI. Am 9. Januar 2014 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Parteien die folgenden abschliessenden Anträge stellten:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der Patentansprüche Nr. 1 bis 7, eingereicht am 5. Juni 2009, der Beschreibungsseiten 3 und 4 der Patentschrift sowie der Beschreibungsseite 2, eingereicht am 7. Juli 2009, und der Zeichnungsblätter 1/2 und 2/2 der Patentschrift (was den der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Unterlagen entspricht).
VII. Der unabhängige Anspruchs 1 lautet wie folgt:
"Steuereinrichtung für eine Vorrichtung der Medizintechnik, wobei die Steuereinrichtung mehrere Betriebsparameteranzeigefelder (4a, 4b, 5a, 5b), welche einstellbare Parameter eines Betriebszustandes der Vorrichtung anzeigen, und ein Bedienelement (7) zum Einstellen der Parameter aufweist, wobei die Betriebsparameteranzeigefelder (4a, 4b, 5a, 5b) jeweils in einer der Betriebsart und/oder dem Betriebszustand zugeordneten Farbe farbig markiert oder unterlegt sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein einziges zentrales Bedienelement (7) vorgesehen ist und dass im Bereich des Bedienelements (7) zusätzliche Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe vorgesehen sind."
Die Ansprüche 2 bis 7 sind abhängige Ansprüche.
VIII. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Eine tatsächliche Stütze in der Beschreibung für die im kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 genannten "zusätzliche[n] Mittel ..." finde lediglich die Ausführung eines Bedienelements durch einen Drehknopf, wobei die Mittel zur Darstellung der Betriebsart und/oder des Betriebszustands durch einen Leuchtring ausgebildet sind, bzw. die technische Lösung, wonach eine farbige Hintergrundbeleuchtung des Drehknopfes vorhanden ist, und zwar in dem Sinne, dass das Bedienelement seine Farbe ändert. Im Anspruchswortlaut bliebe hingegen völlig offen, worin die zusätzlichen Mittel in dieser abstrahierten Form liegen sollten. Die einzig denkbaren ergänzenden Mittel zur Darstellung der dieser Betriebsart oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe seien die nicht im Anspruch berücksichtigten elektrischen oder elektronischen Schaltungen, die eine automatische Verknüpfung der farbigen Markierung der Betriebsparameteranzeigefelder und der farbigen Markierung des Bedienelements ermöglichen.
Der Wortlaut des Anspruchs liesse offen, ob die zusätzlichen Mittel das Bedienelement als solches farbig markieren oder nicht, welcher Art die zusätzlichen Mittel seien und wo diese angeordnet seien. Demzufolge werde ein Mittel, das nicht direkt mit dem Bedienelement verbunden ist, wie z.B. eine weiter hiervon entfernt angeordnete Leuchtdiode, vom Anspruchswortlaut umfasst. Auch aus der Zweckangabe "zur Darstellung..." liesse sich nicht ableiten, dass die zusätzlichen Mittel eine direkte farbige Markierung des Bedienelements bewirken und Bestandteil des Bedienelements sein müssen. Ursprünglich offenbart sei aber nur ein Mittel, das zu einer farbigen Markierung des Bedienelements führt. Nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 könnte das zusätzliche Mittel bspw. ein zusätzliches Farbfeld sein, das an der Frontseite der Steuereinrichtung angeordnet ist und in derselben Farbe blinkt wie im Betriebsparameter-Anzeigefeld, was aber nicht ursprünglich offenbart sei. Weiterhin könne das Wort "zusätzliche" auch auf das unmittelbar vorangehende Merkmal "Bedienelement" bezogen sein, um damit auszuschliessen, dass das Bedienelement selbst das Mittel zur Farbdarstellung sei.
Von der Formulierung im Kennzeichen des erteilten Anspruchs 1 seien nur "Farbänderungsmittel" oder "visuell anzeigbare Mittel" gedeckt, die durch einen Leuchtring oder eine farbige Hinterleuchtung konkretisiert sind. Irgendwelche über dies hinausgehende Mittel hätten keinerlei Niederschlag im erteilten Anspruch gefunden. Es seien dort nur zwei "Mittel" zu erkennen, nämlich dasjenige, welches die Betriebsparameteranzeigefelder farbig markiert oder unterlegt, und dasjenige, das im Bereich des Bedienelements zur Darstellung der zugeordneten Farbe vorgesehen ist. Da die Betriebsparameteranzeigefelder von dem einzigen Bedienelement räumlich entfernt bei der Steuereinrichtung ausgebildet seien, schliesse sich die Interpretation gemäss Punkt III 2.2 der angegriffenen Entscheidung aus. Es könne somit auch keinen "Ausschluss" einer solchen Interpretationsmöglichkeit geben. Damit liege auch keine Beschränkung des Schutzbereichs vor. Vielmehr sei der Schutzbereich unzulässig erweitert worden.
Da für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit zunächst die Frage der Zulässigkeit des geltenden Anspruchs 1 gemäss Artikel 123 EPÜ zu beurteilen sei, könne in der Beschwerdebegründung noch keine weitergehende Argumentation erfolgen, die über die Darlegungen in der Begründung des Einspruchsschriftsatzes vom 10. Dezember 2007 hinausgehe. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Einspruchsbegründung würden zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich zum Sachvortrag im Einspruchsbeschwerdeverfahren erklärt. Ergänzend sei lediglich mit Blick auf Punkt 4.2 der Gründe der angegriffenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass die von der Einspruchsabteilung als erfindungsgemäss dargelegte Verknüpfung der farblichen Markierungen überhaupt nicht Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sei und mithin bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausser Betracht bleiben müsse.
Die Beschwerdebegründung knüpfe damit an die Argumentation im Einspruchsverfahren an, wonach der Schutzumfang des Anspruchs 1 so breit sei, dass dieser den Stand der Technik nach Dl umfasst oder zumindest von diesem nahegelegt werde. Die Frage der erfinderischen Tätigkeit sei also argumentativ in der Begründung der Beschwerde ausdrücklich und spezifisch angesprochen, so dass zumindest in diesem Umfang der Rahmen für eine Überprüfung der Zwischenentscheidung durch die Beschwerdekammer eröffnet sei. Darüber hinaus habe die in der Beschwerdebegründung vorgebrachte Rüge der nicht sachgerechten Auslegung des Anspruchs 1 Auswirkungen auf die Beurteilung der Neuheit.
Überdies seien die in ihrem Schreiben vom 6. Dezember 2013 vorgebrachten Argumente zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit auch bei Berücksichtigung des zeitlichen Verfahrensstandes zuzulassen. Gemäss G 4/93 seien neue Argumente im Gegensatz zum Vorbringen neuer Tatsachen niemals verspätet, auch nicht im Einspruchsbeschwerdeverfahren. Zwar fordere Artikel 12(2) VOBK, dass die Beschwerdebegründung ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anführen soll. Diese Vorschrift sei aber - im Gegensatz zu dem unmittelbar vorangehenden Halbsatz in Artikel 12(2) VOBK - als Soll-Vorschrift formuliert. Eine zwingende Änderung der etablierten Praxis des EPA, entsprechend G 4/93 neue Argumente in jedem Verfahrensstadium zuzulassen, bestehe somit auf Grund der VOBK nicht. Zudem existierten eine Reihe von jüngeren Entscheidungen (T 704/06, T 926/07, T 1553/07 und T 1050/09), in denen das Vorbringen neuer Argumente unabhängig davon zugelassen worden sei, wann diese Argumente in das Verfahren eingeführt wurden. Ausserdem sei der vorliegende Fall technisch sehr einfach gelagert und der geltend gemachte Stand der Technik auf eine einzige und zudem recht kurze Druckschrift beschränkt, die prima facie relevant sei, nämlich Dl. Der Aufwand für alle Beteiligten, sich hiermit und mit den dazu vorgebrachten neuen Argumenten auseinanderzusetzen, sei somit auch mit Blick auf die gebotene Verfahrensökonomie vertretbar.
Das Ausführungsbeispiel gemäss Figur 4 von D1 bilde die Steuereinrichtung gemäss Figur 6 weiter, indem links auf dem Display der Figur 4 die aktuell abgegebenen Werte nach Leistung, Mode-Wahl und Kurvenform angegeben seien. Wie im Zusammenhang mit Figur 6 offenbart, gingen die Bedienfelder OP1, OP2 und die Pfeilfelder bei Betätigung auf eine sonstige Farbänderung über. Wie im Zusammenhang mit Figur 4 explizit offenbart, seien auch die auf dem Display vorgesehenen Anzeigefelder CUT, COAG und BICO in unterschiedlichen Farben darstellbar. Da Figur 4 eine einfache Erweiterung der Display-Variante gemäss Figur 6 sei, ergebe sich implizit, dass die im Zusammenhang mit Figur 6 offenbarte Farbänderung der Bedienfelder auch für Figur 4 gelte, und der Gegenstand von Anspruch 1 sei damit neuheitsschädlich vorweggenommen.
Wenn die Figuren 4 und 6 von D1 als getrennte Ausführungsbeispiele zu behandeln seien und Figur 4 nur die farbliche Darstellung der Anzeigefelder CUT, COAG und BICO offenbare, dann lege die Kombination der beiden Ausführungsbeispiele den Gegenstand des Anspruchs 1 nahe. Ausgehend von dem Display gemäss Figur 4 als nächstkommendem Stand der Technik bestünde der Unterschied darin, dass nicht nur die Anzeigeelemente CUT, COAG und BICO in unterschiedlichen Farbdarstellungen markiert sind, sondern auch der Kontaktbildschirm als einziges zentrales Bedienelement zusätzliche Mittel zur Darstellung dieser Farben aufweist. Durch die zusätzlichen Mittel liessen sich verschiedene Farbkombinationen zwischen den Anzeigefeldern und dem Bedienelement erzeugen, die beispielsweise zur Erhöhung der Gerätesicherheit genutzt werden könnten. Die objektive technische Aufgabe läge somit darin, eine umfassendere farbliche Darstellung der Betriebszustände bzw. der Betriebsarten zu ermöglichen. Eine Anregung, die ohnehin auf dem Kontaktbildschirm vorhandenen Bedienfelder farblich zu markieren, entnähme der Fachmann dem Display gemäss Figur 6, wo exakt diese Lösung vorgeschlagen sei. Im letzten Absatz von Spalte 3 sei nämlich erwähnt, dass das Feld OP1 (das Teil des zentralen Bedienelements in Form des Kontaktbildschirms sei) "bei Betätigung - wie alle übrigen Felder - von "normal-hell" auf "dunkel" oder auf eine sonstige Farbänderung" übergeht. Naheliegenderweise sei dies dieselbe Farbe, in der die Anzeigeelemente CUT, COAG und BICO gemäss Figur 4 markiert sind. Die Kombination der Figuren 4 und 6 führe damit unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1, der deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
IX. Die von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente sind im Wesentlichen diejenigen, auf die sich die folgenden Entscheidungsgründe stützen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
2.1 Grundlage
Der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltene Anspruch 1 entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1, wobei ergänzt ist, dass es sich um eine Vorrichtung der Medizintechnik handelt, dass ein einziges zentrales Bedienelement (7) vorgesehen ist und dass es sich im kennzeichnenden Teil um zusätzliche Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe handelt. Die beiden erstgenannten Merkmale sind - unstreitig - durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt (Seite 4, vorletzter Absatz und Seite 2, Zeile 12 i.V.m. Figur 1). In den Zeilen 10 bis 15 von Seite 3 ist weiterhin von einer farbigen Markierung der Betriebsparameteranzeigefelder und von einer - damit verknüpften - farbigen Markierung des Bedienelements die Rede. Hieraus folgt, dass es sich bei den im Kennzeichen des ursprünglichen Anspruchs 1 genannten "Mittel[n] (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe" um "zusätzliche Mittel ..." handeln muss, also solche, die ergänzend oder "zusätzlich" zu der im Oberbegriff definierten farbigen Markierung oder Unterlegung der Betriebsparameteranzeigefelder vorgesehen sind. Die Einfügung des Wortes "zusätzliche" in Anspruch 1 ist folglich durch die genannte Passage der Beschreibung gestützt. Eine durch diese Einfügung verursachte Mehrdeutigkeit, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin eine breitere und durch die ursprüngliche Offenbarung nicht gestützte Auslegung des Anspruchswortlauts ermöglichen könnte, ist für die Kammer nicht zu erkennen.
Da sich die oben genannte Passage im allgemeinen Teil der Beschreibung befindet, kann das Argument der Beschwerdeführerin, dass in den konkreten Ausführungsbeispielen (Seite 3, Zeilen 23 bis 27) nur zwei Varianten für diese "zusätzlichen Mittel ..." beschrieben sind, nämlich in Form eines Leuchtrings oder einer farbigen Hintergrundbeleuchtung des Drehknopfes, und es sich insofern um eine unzulässige Verallgemeinerung handele, nicht greifen.
Die - relativ breite - Definition, dass die "Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe" "im Bereich des Bedienelements (7)" (Hervorhebungen hinzugefügt) vorgesehen sind, war bereits im ursprünglichen Anspruch 1 enthalten und auch auf Seite 3, Zeile 5 bis 7 erwähnt. Insofern erfordert die ursprüngliche Offenbarung nicht unbedingt, dass diese Mittel direkt am Bedienelement angeordnet sein müssen, wie von der Beschwerdeführerin angeführt (und an anderer Stelle der Beschreibung erwähnt). Ebenfalls hat schon die ursprüngliche Formulierung offengelassen, welcher Art diese Mittel sein sollen - sie müssen nur zu der bezweckten Darstellung geeignet sein. Die Einfügung des - lediglich präzisierenden - Wortes "zusätzliche" ändert an dieser in zweierlei Hinsicht breiten Definition nichts.
Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Interpretation des Wortes "zusätzliche" dergestalt, dass die "Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe" zusätzlich zu dem unmittelbar zuvor genannten Bedienelement (7) vorgesehen sein sollen und somit klargestellt werden soll, dass nicht das Bedienelement selbst die Farbdarstellungsfunktion ausüben soll, steht weder im Einklang mit der Grammatik (es heisst "zusätzliche" und nicht "zusätzlich") noch mit dem technischen Sinngehalt des Anspruchswortlauts, da dieser dann im Widerspruch mit zumindest einer konkret beschriebenen Ausführungsform (Seite 3, Zeilen 9 bis 10) stünde.
Die in Anspruch 1 eingefügten Änderungen verstossen somit nicht gegen das Erfordernis von Artikel 123(2) EPÜ.
2.2 Schutzbereich
Die Einfügung des Wortes "zusätzliche" führt nicht, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, zu einer Erweiterung des im Anspruch 1 des Streitpatents definierten Schutzumfangs. Entgegen der diesbezüglich vorgetragenen Auffassung der Beschwerdeführerin sind vom erteilten Patentanspruch nicht nur durch einen Leuchtring oder eine farbige Hinterleuchtung konkretisierte Mittel gedeckt, sondern - breiter - "Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe". Durch das eingefügte Wort "zusätzliche" erfolgt keine weitere Verallgemeinerung dieser breiten Definition und damit auch keine Erweiterung des Schutzumfangs, die gegen das Erfordernis von Artikel 123(3) EPÜ verstossen würde.
3. Zulassung des Vorbringens zu Artikel 54 und 56 EPÜ
In der angegriffenen Entscheidung werden unter den Entscheidungsgründen, neben den in den Punkten 1 und 2 behandelten - und von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung detailliert diskutierten - Einwänden unter Artikel 123(2) und (3), auch weitere Einwände, insbesondere unter Artikel 54 und 56 EPÜ, ausführlich abgehandelt (Punkte 3 und 4 auf den Seiten 3 bis 6).
3.1 Zu Artikel 54 EPÜ
In Bezug auf die Beurteilung der Neuheit befindet sich in der Beschwerdebegründung unter Punkt V. einzig die Feststellung, dass hierzu noch keine weitergehende Argumentation erfolgen könne, die über die Darlegungen in der Begründung des Einspruchsschriftsatzes hinausgehe, weshalb diese Ausführungen "vollinhaltlich zum Sachvortrag im Einspruchsbeschwerdeverfahren" erklärt würden.
Gemäss Artikel 108 EPÜ ist die Beschwerde nach Massgabe der Ausführungsordnung zu begründen. Nach der gefestigten Rechtsprechung (s. "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA", 7. Aufl. 2013, Punkt IV.E.2.6.3.a)) bedeutet dies, dass die Beschwerdebegründung die rechtlichen und tatsächlichen Gründe angeben muss, aus denen sich die Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt. Die Beschwerdeführerin muss ihre Argumente so deutlich und genau vorbringen, dass die Kammer und die Gegenpartei ohne eigene Ermittlungen unmittelbar verstehen können, warum die Entscheidung falsch sein soll und auf welche Tatsachen die Beschwerdeführerin ihre Argumente stützt.
Während die Beschwerdebegründung dieses Erfordernis bezüglich Artikel 123 EPÜ zweifelsohne erfüllt, ist dies im Hinblick auf den Aspekt der Neuheit nicht der Fall. Der oben genannten Feststellung unter Punkt V. der Beschwerdebegründung ist in keinerlei Weise zu entnehmen, warum die unter Punkt 3 gegebene Begründung der Einspruchsabteilung bezüglich der Neuheit falsch sein sollte. Überdies beziehen sich die zitierten "Darlegungen in der Begründung des Einspruchsschriftsatzes" auf den Wortlaut des Anspruchs 1 des erteilten Patents, der sich, wie erwähnt, von dem von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen und in der Entscheidung behandelten Wortlaut unterscheidet. Die abgegebene Absichtserklärung, möglicherweise im weiteren Verfahren Argumente zur Frage der Neuheit vorzubringen, ist nicht ausreichend, um das Erfordernis der Substantiierung des diesbezüglichen Einwands zu erfüllen.
Da sich in der Beschwerdebegründung nicht ein einziges Argument zum Neuheitsaspekt befindet, kann es sich bei den im Schreiben vom 6. Dezember 2013 in Reaktion auf den Ladungsbescheid diesbezüglich vorgebrachten Argumenten auch nicht um "neue Argumente" handeln, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin mit Verweis auf G 4/93 (gemeint war wohl G 4/92) "niemals verspätet" sein können. Gemäss Punkt 10 der Entscheidungsgründe von G 4/92 handelt es sich bei den dort erwähnten "neuen Argumenten" nämlich lediglich um eine "Untermauerung der bereits vorgebrachten Tatsachen und Rechtsgründe". Von einer "Untermauerung" kann jedoch nur dann die Rede sein, wenn es sich um eine Ergänzung bereits vorgebrachter Rechtsgründe handelt, also um zusätzliche Argumente. Dies kann im vorliegenden Fall aber nicht gegeben sein, da in der Beschwerdebegründung überhaupt keine Gründe oder Argumente bezüglich der Neuheit vorgebracht wurden.
Das Erfordernis der Substantiierung ist weiterhin in Artikel 12(2) VOBK konkretisiert, wonach die Beschwerdebegründung den vollständigen Sachvortrag enthalten muss und deutlich und knapp angeben muss, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, abzuändern oder zu bestätigen. Bezüglich der Neuheit sind im vorliegenden Fall, wie erwähnt, keinerlei Gründe angegeben, sodass diesbezüglich auch die Erfordernisse von Artikel 12(2) VOBK nicht erfüllt sind. Aus der von der Beschwerdeführerin angeführten Tatsache, dass in diesem Artikel weiterhin gefordert ist, dass ausdrücklich und spezifisch alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel angeführt werden sollen, es sich diesbezüglich also um eine "Soll-Vorschrift" handele, kann nicht geschlossen werden, dass auf die Angabe jeglicher Argumente zu einem Einspruchsgrund - im vorliegenden Fall zur Neuheit - in der Beschwerdebegründung verzichtet werden könne und diese erst im weiteren Verfahrensverlauf vorgebracht werden könnten und dann zuzulassen seien. Dies würde dem Grundsatz der Fairness und Ökonomie des Beschwerdeverfahrens zuwiderlaufen, auch wenn es sich, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, im vorliegenden Fall um einen einfachen Sachverhalt mit nur einem einzigen Dokument geringen Umfangs handeln mag. Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiter angeführten Entscheidungen technischer Beschwerdekammern sind hier nicht relevant, da sich hiervon keine mit den Erfordernissen von Artikel 12(2) VOBK befasst.
Der Einwand der mangelnden Neuheit ist folglich nicht entsprechend den Erfordernissen von Artikel 108 EPÜ und Artikel 12(2) VOBK substantiiert. Die einzig und im Beschwerdeverfahren erstmalig im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2013 nach dem Ladungsbescheid vorgebrachte Argumentation bezüglich der Neuheit wird von der Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13(1) VOBK nicht zugelassen, da dies nicht der gebotenen Verfahrensökonomie entsprechen würde. Die Kammer sieht auch keinen Grund, hinsichtlich der Berücksichtigung des Vorbringens zur Neuheit ihr Ermessen unter Artikel 114(1) EPÜ auszuüben.
3.2 Zu Artikel 56 EPÜ
Zusätzlich zu der oben im ersten Absatz von Punkt 3.1 wiedergegebenen Feststellung, die auch für die erfinderische Tätigkeit getroffen wurde, enthält die Beschwerdebegründung diesbezüglich einen weiteren Absatz, in dem Punkt 4.2 der Gründe der angegriffenen Entscheidung dahingehend kritisiert wird, dass die von der Einspruchsabteilung als erfindungsgemäss dargelegte Verknüpfung der farblichen Markierungen überhaupt nicht Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sei und mithin bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausser Betracht bleiben müsse.
Obwohl es sich hierbei nur um einen einzigen Satz handelt, trifft dieser doch den Kern der angegriffenen Entscheidung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit, zumindest aus der Sicht der Verfasserin der Beschwerdebegründung. Wenn sie (auch möglicherweise unzutreffend) der Auffassung ist, dass das erfindungswesentliche Merkmal gar nicht Bestandteil des beanspruchten Gegenstandes ist, wird der Argumentation der Einspruchsabteilung aus ihrer Sicht die Grundlage entzogen. Damit kann die Beschwerdebegründung bezüglich erfinderischer Tätigkeit bereits als hinreichend substantiiert angesehen werden. In einer solchen Situation wäre es unangemessen, schon zu Beginn des Beschwerdeverfahrens, d.h. in der Beschwerdebegründung, das Vorbringen weiterer Argumente, wie z.B. zum Allgemeinwissen des Fachmanns oder zum Offenbarungsgehalt bestimmter Entgegenhaltungen, zu verlangen (wie dies von der Beschwerdegegnerin für erforderlich gehalten wurde). Die Kammer und die Gegenpartei kann ohne eigene Ermittlungen schon aus der Beschwerdebegründung unmittelbar verstehen, warum die Beschwerdeführerin die angegriffene Entscheidung für falsch hält. Damit ist der Rahmen für eine Diskussion und Behandlung des Einwandes mangelnder erfinderischer Tätigkeit im Beschwerdeverfahren gegeben. Wenn hierzu im Laufe des Verfahrens weitere Argumente, wie die im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2013 enthaltenen, vorgebracht werden, handelt es sich in der Tat um zusätzliche Argumente, die das diesbezügliche Vorbringen weiter untermauern (G 4/92), und nicht um Änderungen des Vorbringens, die die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13(1) VOBK unberücksichtigt lassen könnte. Folglich lässt die Kammer die Betrachtung der erfinderischen Tätigkeit zu.
4. Erfinderische Tätigkeit
Das in Figur 4 von D1 gezeigte Ausführungsbeispiel ist als nächstliegender Stand der Technik anzusehen und offenbart - unstreitig - eine Steuereinrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1. Wie in Zeile 17 bis 20 von Spalte 4 erwähnt, können die im Display enthaltenen Betriebsparameteranzeigefelder in jeweils einer der den Betriebsarten (CUT, COAG, BICO) zugeordneten Farbe markiert sein. Das in Figur 6 gezeigte Ausführungsbeispiel ist vom Erfindungsgegenstand weiter entfernt, da schon dieses Merkmal dort nicht offenbart ist, wie auch im Folgenden weiter erläutert werden wird.
Von dem in Figur 4 gezeigten Ausführungsbeispiel unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils. Der hierdurch bewirkte technische Effekt besteht darin, dass die jeweils gewählte, aktuelle Einstellung von Betriebsart und/oder Betriebszustand direkt am Bedienelement visuell angezeigt wird und so vom Bediener beim Einstellen der Parameter schnell und eindeutig erkannt werden kann, wie dies in Absatz [0011] des Streitpatents beschrieben ist.
Die objektiv zu lösende technische Aufgabe besteht also darin, die Bedienungssicherheit der Steuereinrichtung zu erhöhen, und nicht lediglich darin, eine umfassendere farbliche Darstellung der Betriebszustände bzw. -arten zu ermöglichen, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen.
Dokument D1 selbst ist kein Hinweis auf die erfindungsgemässe Lösung und die genannte zugrundeliegende Aufgabe zu entnehmen. Die bezüglich Figur 4 gegebene Lehre erschöpft sich in der erwähnten Markierung der Betriebsparameteranzeigefelder in unterschiedlichen Farben - von einem Bedienelement oder gar seiner farbigen Markierung ist in diesem Zusammenhang gar keine Rede. Im Hinblick auf das in Figur 6 gezeigte Ausführungsbeispiel wird im letzten Absatz von Spalte 3 erwähnt, dass das Feld OP1 "bei Betätigung - wie alle übrigen Felder - von "normal-hell" auf "dunkel" oder auf eine sonstige Farbänderung" übergeht. Dies bedeutet, dass damit unter anderem auch die Felder CUT, COAG und BICO in dieser Farbe dargestellt werden, also alle Anzeigefelder dieselbe Farbe haben. Um welche Farbe es sich dabei handeln soll, ist in D1 nicht weiter konkretisiert. Eine Information über die gewählte Einstellung von Betriebsart und/oder Betriebszustand in Form einer zugeordneten farblichen Markierung ist für den Bediener damit nicht verfügbar. Nach Anspruch 1 ist es aber erforderlich, dass das Bedienelement in der Farbe dargestellt wird, die der gewählten Betriebsart und/oder dem gewählten Betriebszustand (im Falle von D1 also CUT, COAG oder BICO) entspricht und mit der die Betriebsparameteranzeigefelder markiert oder unterlegt sind. Dies wird im Anspruchswortlaut dadurch deutlich, dass im kennzeichnenden Teil "zusätzliche Mittel (8) zur Darstellung der dieser Betriebsart und/oder diesem Betriebszustand zugeordneten Farbe" (Hervorhebung hinzugefügt) definiert sind. Die damit einhergehende farbliche Verknüpfung zwischen jeweils angezeigter Betriebsart (bzw. -zustand) und ihrer Darstellung im Bereich des Bedienelements ist dem in Figur 6 gezeigten Ausführungsbeispiel nicht zu entnehmen. Ohne Kenntnis der Erfindung ist auch nicht ersichtlich, wieso dies für den Fachmann als naheliegend angesehen werden könnte. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der Fachmann überhaupt Veranlassung gehabt hätte, die Ausführungsbeispiele der Figuren 4 und 6 miteinander zu kombinieren, und ob in D1 ein einziges zentrales Bedienelement gemäss dem kennzeichnenden Teil von Anspruch 1 offenbart ist.
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht somit auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 7 definieren bevorzugte Ausführungsformen dieses Gegenstandes und erfüllen somit ebenfalls das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.