European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2011:T095409.20110519 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Mai 2011 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0954/09 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04405298.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F26B 21/14 F26B 5/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Trocknung von Gut und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens | ||||||||
Name des Anmelders: | Gmeiner, Paul | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Wilhelm Hedrich Vakuumanlagen GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 16. März 2009, mit der der Einspruch gegen das Patent Nr. EP-B- 1 528 342 zurückgewiesen wurde.
Insbesondere stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das beanspruchte Verfahren sowie die Vorrichtung zu seiner Durchführung gemäß dem erteilten Patent gegenüber WO-A- 02/20113 (D1) neu und, ausgehend von der D1, auch bei Heranziehen des allgemeinen Fachwissens oder unter Berücksichtigung der DE-C- 196 08 974 (D2), nicht in naheliegender Weise herleitbar gewesen seien.
II. Die Beschwerde wurde von der Einsprechenden (im Folgenden: Beschwerdeführerin) am 24. April 2009 eingelegt. Am gleichen Tag wurde die Beschwerdegebühr entrichtet.
Die Beschwerdebegründung ist am 16. Juli 2009 eingegangen.
III. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents; sie stützte diesen Antrag in der Sache auf mangelnde Neuheit gegenüber D1 bzw. mangelnde erfinderische Tätigkeit hinsichtlich D1 zusammen mit den allgemeinen Fachkenntnissen oder mit D2.
Der Patentinhaber (im Folgenden: Beschwerdegegner) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und damit im Ergebnis die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt.
IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 10 des Patents wie erteilt haben folgenden Wortlaut:
1. "Verfahren zur Trocknung eines Gutes (1.1), vorzugsweise von Feststoffisolationen eines elektrischen Geräts, nach der Vapour-Phase-Methode, bei dem das zumindest Wasser, gegebenenfalls zusätzlich Isolieröl sowie Verunreinigungen, enthaltende Gut (1.1) in einem Vakuumbehälter (1) bei Unterdruck durch Kondensation von Solventdampf (5.4) aufgeheizt und hierbei ein zumindest Solvent- und Wasserdampf enthaltender Mischdampfstrom (13) gebildet wird, welcher nachfolgend kondensiert wird und aus dessen Kondensat Wasser und Solvent abgeschieden werden, bei welchem Verfahren in den Vakuumbehälter (1) geführtes Solvent bei einem Druck erwärmt wird, der über dem im Vakuumbehälter (1) herrschenden Druck liegt, und das erwärmte Solvent in einen im Inneren des Vakuumbehälters (1) angeordneten Strömungskanal (5.2) eingebracht wird, in dem es verdampft, dadurch gekennzeichnet, dass das erwärmte Solvent (5.3) unter Bildung einer heissen Solventdampfströmung (5.4) in den nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Strömungskanal (5.2) eingespritzt wird."
10. "Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Anspruche 1 bis 9, enthaltend neben dem das Trocknungsgut (1.1) aufnehmenden Vakuumbehälter (1), einen Solventdampferzeuger mit einem in Inneren des Vakuumbehälters (1) angeordneten Strömungskanal (5.2) und eine Vorrichtung zum Kondensieren des Mischdampfstroms (13), dadurch gekennzeichnet, dass der Strömungskanal (5.2) nach Art einer Venturidüse ausgebildet ist, und dass der Solventdampferzeuger eine in den Strömungskanal (5.2) geführte Vorrichtung aufweist zum Einspritzen von erwärmtem Solvent."
V. Die Beschwerdeführerin stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:
- die beanspruchten Erfindungsgegenstände seien aus D1 neuheitsschädlich getroffen; die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 seien unstrittig aus D1 bekannt und das Einspritzrohr inklusive dem Expansionsventil 18 gemäss D1 sei gleichzusetzen mit dem nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Kanal, in welchem heisser Solvent eingespritzt werde, so dass auch die kennzeichnenden Merkmale in D1 verwirklicht seien;
- der Fachmann hätte ohne erfinderisches Zutun das Expansionsventil 18 in D1 durch einen Venturikanal ersetzt, sei es anhand seines Fachwissens oder bei Heranziehen der D2 (Fig.2).
VI. Der Beschwerdegegner bestreitet, dass die beanspruchten Gegenstände aus D1 bekannt sind bzw. für den Fachmann auch unter Heranziehen der D2 in naheliegender Weise herzuleiten waren.
Die Argumente dafür spiegeln sich in den Gründen der angefochtenen Entscheidung. In D1 werde nämlich heisses, flüssiges Solvent mittels eines Expansionsventils in den Innenraum des Kessels eingedampft; es fehle das Einspritzen in einen nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Kanal, welcher auf beiden Seiten offen sei, so dass Mischgas angesaugt werde und eine Art Jet-Wirkung entstehe.
Dies sei aus D2 nicht herleitbar, da die D2 einen vollkommen anderen Prozess (Trocknen ausschliesslich durch kondensierenden Wasserdampf) betreffe.
VII. Am Ende der am 19. Mai 2011 stattgefundenen mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdekammer ihre Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Patentfähigkeit - Artikel 100a), 54(1) und 56 EPÜ
2.1 Verfahren nach Anspruch 1
Der Stand der Technik nach D1 betrifft ein Verfahren zur Trocknung eines Gutes (2 in Figur 1) nach der Vapour-Phase-Methode (Seite 2, letzter Absatz; Seite 8, letzter Absatz, Seite 10, vierter Absatz). In diesem Trocknungsprozess wird das zumindest Wasser, gegebenenfalls zusätzlich Isolieröl sowie Verunreinigungen, enthaltende Gut (2) in einem Vakuumbehälter (1) bei Unterdruck durch Kondensation von Solventdampf aufgeheizt. Durch das Aufheizen des Gutes entsteht ein verdampftes Solvent und Wasserdampf enthaltender Mischdampfstrom, welcher nachfolgend kondensiert wird und aus dessen Kondensat Wasser und Solvent abgeschieden werden (Seite 10, dritter Absatz).
Nach der Lehre der D1 wird das flüssige Solvent zuerst bei einem Druck erwärmt, der über dem im Vakuumbehälter (1) herrschenden Druck liegt, anschliessend in den Vakuumbehälter (1) mittels Expansionsventilen (18) zugeführt und schliesslich zumindest zum Teil verdampft.
Unabhängig davon, ob die Expansionsventile (18) selbst ausserhalb (Figur 1) oder innerhalb (Seite 3, vorletzter Absatz, Anspruch 1 der D1) des Heizkessels angeordnet sind, wird das heisse flüssige Solvent stets direkt in den Innenraum des Heizkessels (1) eingespritzt bzw. dort verdampft.
Die Kammer kann die Betrachtung der Beschwerdeführerin diesbezüglich nicht teilen, dass ein Ventil bzw. seine in Strömungsrichtung aufeinander folgenden Teile, nämlich die Zufuhrleitung, die den Ventilsitz gestaltende Engstelle und den Ventilaustritt mit einem nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Strömungskanal gleichzustellen ist, insbesondere schon deshalb nicht, weil der Anspruch 1 zusätzlich noch verlangt, dass das heisse Solvent in diesen Kanal eingespritzt werden soll.
Der Fachmann würde unter dem Begriff "in einen Kanal eingespritzte Strömung" keinesfalls eine durch ein Ventil fliessende und davon gesteuerte Strömung verstehen.
Aus diesem unterscheidenden Merkmal des Anspruchs 1 ergibt sich demnach in impliziter Weise, dass beide Enden des im Vakuumbehälter angeordneten Strömungskanals des Streitpatents offen sind. Diese Auslegung entspricht auch dem Gesamtinhalt der Beschreibung, wo beschrieben wird, dass das Einspritzen in den im Inneren des Behälters angeordneten Strömungskanal eine Strömung von Mischgas ansaugt und dadurch eine Art Jet-Wirkung erzielt wird, vgl. Spalte 3, Zeilen 12 bis 27, Spalte 10, Zeilen 24 bis 27.
Das Ansaugen von Mischgas erfolgt unabhängig von der genauen Formgebung des Strömungskanals bzw. der Position des Einspritzens entlang des Kanals, auch wenn eine optimale Wirkung bei einem Einspritzen in der Näher der Engstelle einer Venturidüse zu erwarten ist.
So erfolgt ein Ansaugen von Mischgas auch in der Extremlage (5.6) des verstellbaren Richtblechs 6 des Strömungskanals gemäss der Ausführungsform nach Figur 3.
Das beanspruchte Verfahren unterscheidet sich von D1 also dadurch, dass das erwärmte Solvent in einen im Inneren des Vakuumbehälters angeordneten, nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Strömungskanal unter Bildung einer heissen Solventdampfströmung eingespritzt wird.
Dabei wird erfindungsgemäss zwangsläufig Mischgas in den Kanal eingesaugt, was für ein intensiveres Zirkulieren des Mischgases sowie für eine stärkere Turbulenz sorgt. Dadurch gelingt es, den Energieverbrauch und die Trocknungszeit bei einem derartigen Verfahren zu reduzieren.
2.1.1 Erfinderische Tätigkeit
Dieser Unterschied ausgehend von D1 als nächstkommenden Stand der Technik ergibt sich auch nicht in naheliegender Weise für den Fachmann.
Zuerst stellen die Expansionsventile (18) der D1, auch wenn sie im Inneren des Vakuumbehälters angeordnet wären (siehe Alternative in Seite 3, vorletzter Absatz und im Anspruch 1 der D1 "oder im Gefäss"), keine äquivalente Mittel zu dem offenen, nach Art einer Venturidüse ausgebildeten Strömungskanal dar, allein deshalb schon nicht, weil durch diese, zumindest ohne ergänzende Mittel, keinesfalls ein Ansaugen bzw. forciertes Strömen von Mischgas in einen Kanal zu erreichen ist.
Die D1 weist aber diesbezüglich keinerlei Angabe über derartige besondere Massnahmen auf, noch wird ein Ansaugen von Mischgas auch nur ansatzweise angedeutet. Das Einspritzen von Solvent in den Innenraum des Heizkessels mittels der Expansionsventile (18) kann höchstens für ein Aufwirbeln im Trocknungsraum sorgen, was dennoch nicht mit einem Zwangszirkulieren bzw. einer im Streitpatent sogenannten Jet-Wirkung gleichzusetzen ist.
Die D2 kann den Fachmann auch nicht zur beanspruchten Lösung führen. Diese Anmeldung betrifft ein Trocknungsverfahren mit Überdruck und mit Einspritzen eines heißen Wasserdampfes, also kein Verdampfen eines Solvents im Gerät unter Bildung eines Mischdampfs aus Solvent- und Wasserdampf. Vor der Aufgabe den Energieverbrauch bei einer bekannten Vapour-Phase-Methode gemäß dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 zu reduzieren, hätte der Fachmann den Stand der Technik nach D2 daher nicht berücksichtigt.
2.2 Vorrichtung nach Anspruch 10
Da die Vorrichtung nach Anspruch 10 sich von D1 ebenfalls durch die Gestalt eines Venturi-artigen Kanals zum Einspritzen von Solvent unterscheidet, gelten die obigen Ausführungen zum Verfahren gleichermassen für die Vorrichtung des erteilten Patents.
Die Vorrichtung erfüllt demnach auch die Kriterien der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.