T 0630/09 () of 11.1.2012

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2012:T063009.20120111
Datum der Entscheidung: 11 Januar 2012
Aktenzeichen: T 0630/09
Anmeldenummer: 99102954.7
IPC-Klasse: B60J 7/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Fahrzeugdach
Name des Anmelders: Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft
Webasto AG
Name des Einsprechenden: Magna Car Top Systems GmbH
Roof Systems Germany GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Zulassung in das Verfahren (einziger Antrag: ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0009/91
G 0010/91
T 0367/96
T 0381/02
T 1855/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerinnen (Patentinhaberinnen) haben am 12. März 2009 gegen die am 23. Februar 2009 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents EP 0 938 993 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 30. Juni 2009 eingegangen.

II. Gegen das vorliegende Patent wurde Einspruch aufgrund der in Artikel 100a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit eingelegt.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten einzigen Antrag nicht als erfinderisch betrachtet werden könne gegenüber den folgenden Dokumenten:

D1: FR-A-2 726 512; und

E4: DE-C-195 43 242.

III. Mit der Beschwerdebegründung reichten die Beschwerdeführerinnen einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag 1 mit geänderten Ansprüchen ein.

IV. Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende O2) machte in ihrer Beschwerdeerwiderung Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ sowie Artikel 84 EPÜ 1973 zu Anspruch 1 in beiden Antragsfassungen geltend und ging von dem Dokument

E1: EP-A-0 622 290

als nächstliegendem Stand der Technik aus, welches auch im Einspruchsverfahren alternativ als nächstliegender Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen worden war.

V. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 20. September 2011 beigefügten Mitteilung nach Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK, ABl. EPA 2007, 536) äußerte die Kammer ihre vorläufige Auffassung, dass beide Anträge unter Artikel 123(2) und Artikel 84 EPÜ 1973 zu beanstanden seien und ausgehend von E1 als nächstliegendem Stand der Technik keine erfinderische Tätigkeit vorliege.

VI. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 reichten die Beschwerdeführerinnen einen neuen Hauptantrag und Hilfsantrag ein.

VII. Am 11. Januar 2012 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerinnen nahmen die mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 eingereichten Anträge zurück und beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem einzigen Antrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2012.

Die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende O1) nahm wie mit Schreiben vom 4. November 2011 angekündigt nicht an der mündlichen Verhandlung teil. Sie hat schriftlich die Zurückweisung der Beschwerde beantragt, jedoch nicht substantiiert zum Vorbringen der Beschwerdeführerinnen Stellung genommen.

Die Beschwerdegegnerin II (Einsprechende O2) nahm das Zeugenangebot vom 9. Dezember 2011 zurück und beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, ist eine Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 11 und lautet wie folgt:

"Fahrzeugdach (1) mit wenigstens einem bewegbaren Dachteil (Deckel 3), das an einem mit dem Fahrzeugdach (1) verbindbaren Rahmen (5) verschiebbar geführt ist, wobei der Rahmen zwei parallele Rahmenlängsteile (6) und wenigstens ein die Rahmenlängsteile verbindendes Rahmenquerteil (24) aufweist und zur zusätzlichen Versteifung des Rahmens (5) eine bündig mit dem Fahrzeugdach (1) angeordnete Platte (4) vorgesehen ist, die an zwei Seiten zumindest mittelbar mit den Rahmenlängsteilen (6) verbunden ist,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Platte (4) gegenüber den Rahmenlängsteilen (6) eine Höheneinstellbarkeit aufweist, und

daß die Höheneinstellbarkeit durch eine Schraubverbindung (20) zwischen einem an der Platte (4) befestigten Teil (Plattenträger 14) und einem dachfesten Teil (Dachflansch 13) gebildet wird."

IX. Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Die in ihrer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK von der Kammer geäußerten Einwände in Bezug auf Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ 1973 hinsichtlich der ehemals vorliegenden geänderten Ansprüche sowie die negative Einschätzung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit seien Grund für die Einreichung des vorliegenden Antrags in der mündlichen Verhandlung.

E1 zeige nicht, dass die Platte "bündig" (d. h. höhengleich) mit dem Fahrzeugdach angeordnet sei. Damit sei insbesondere eine Anordnung der Platte "in alle Richtungen bündig" mit dem Fahrzeugdach bzw. "bündig zu allen umgebenden Dachteilen" gemeint, wie aus Absatz [0005] ("exakte Ausrichtung der Platte zu den umgebenden Dachteilen") sowie aus Figur 1 des Streitpatents hervorgehe. Das in Figur 12 der Druckschrift E1 als Ausführungsbeispiel für eine Platte gezeigte Dachteil 4A sei aber unterhalb der Ebene des Verstärkungsbleches 6A des Dachholms 2 und damit in seitlicher Richtung nicht bündig mit dem Fahrzeugdach angeordnet. Aufgrund der in E1 vorgesehenen Abdeckleiste 33 mit Klappe 34 sei ausgehend von der Figur 12 allenfalls mit höherem Aufwand durch geänderte Anordnung der Teile eine Gesamtbündigkeit zu erzielen.

Auch gehe aus E1 weder hervor, dass die Platte zur zusätzlichen Versteifung des Rahmens vorgesehen sei, noch dass das Fahrzeugdach bzw. der Rahmen selbst eine zusätzliche Versteifung durch eines der daran festlegbaren Dachteile benötige. Da das modular aufgebaute Einsatzdach aus E1 aus verschieden gestalteten Dachteilen zusammengesetzt sein könne, die an seitlichen Dachleisten 11 eines Rahmens befestigt würden, sei eine Versteifung des Rahmens auch nicht zu gewährleisten, beispielsweise im Falle eines Schiebedachdeckels oder eines entfernbaren Dachaufbaus wie in Figur 16 der Druckschrift E1 gezeigt. Die in E1 gezeigte Platte diene also nicht zur Versteifung im Sinne des Streitpatents, da nicht nur eine beiläufige Versteifung sondern eine wesentliche Versteifung gemeint sei; vielmehr müsse der Rahmen aus E1 selbst schon steif sein.

Schließlich offenbare E1 keine Höheneinstellbarkeit der Platte gegenüber den Rahmenlängsteilen, sondern allenfalls eine Anpassbarkeit bzw. einen Ausgleich von Fertigungstoleranzen durch Einschraubbuchsen aus flexiblem Material. Auch für die in Figur 11 in E1 gezeigte Verschraubung von zwei Dachteilen werde nicht explizit eine Einstellbarkeit genannt. Im Übrigen sei eine aktive Höheneinstellbarkeit in E1 aufgrund der bei der Montage verwendeten Lehren nicht erforderlich.

Folglich zeige E1 auch keine Höheneinstellbarkeit durch eine Schraubverbindung zwischen einem an der Platte befestigten Teil und einem dachfesten Teil.

Die aus diesen von der Druckschrift E1 sich unterscheidenden Merkmalen resultierende Aufgabe, mit einfachen Mitteln ein Fahrzeugdach mit verschiebbarem Dachteil und Platte zu schaffen, das ein durchgehend flaches Erscheinungsbild liefert, sei durch die Druckschrift E4 nicht nahegelegt.

E4 zeige einen bewegbaren Deckel 7, der mittels einer Klebstoffraupe 11 höheneinstellbar an einem Deckelrahmen 12 befestigt sei, wobei der Deckelrahmen mit einer integrierten Kulisse 13 gleichzeitig einen Teil der Betätigungsmechanik bilde. Auch bei der in E4 gezeigten einstückigen Gestaltung des Deckels 7 mit dem Deckelrahmen 12 deute der allgemein gehaltene Hinweis in E4 auf "geeignete Justierelemente" (Spalte 3, Zeilen 18 bis 26 für das Ausführungsbeispiel nach Figur 4) auf eine am Deckelrahmen vorgesehene Klebstoffraupe hin, d. h. eine Höheneinstellbarkeit des Deckels werde ausschließlich über Kleberaupen realisiert. Eine solche Einstellbarkeit am Deckelrahmen oder auch an der Betätigungsmechanik bei dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 in E4 liefere keinen Hinweis auf eine Höheneinstellbarkeit des feststehenden Teils aus E1 über eine Schraubverbindung. Zudem werde in E4 besonders der Verzicht auf aus dem Stand der Technik bekannte Verbindungselemente hervorgehoben, die bei einer über Langlöcher mit dem Deckelrahmen verschraubten Kulisse eine Höheneinstellbarkeit des Deckels ermöglichen und bei einer einstückigen Ausbildung von Deckelrahmen und Kulisse wegfielen. In E4 solle eine Schraublösung also gerade nicht verwendet werden.

Auch unterscheide sich ein bewegbarer Deckel wie in E4 gezeigt durch seine Lagerung mittels einer Betätigungsmechanik von einer am Rahmen angebrachten Platte. Der Fachmann habe keine Veranlassung, eine beim Deckel gemäß der Druckschrift E4 bewusst vermiedene Höheneinstellbarkeit durch Verschraubung auf eine aus E1 bekannte feste Anbringung einer Platte an Rahmenlängsteilen zu übertragen, insbesondere da die Höheneinstellbarkeit in E4 nur als Nebeneffekt einer Verbindung mehrerer Deckellagerteile auftrete und beim Befestigen der Platte an Rahmenlängsteilen gemäß Streitpatent nicht benötigt werde. Außerdem sei in E1 bei der Montage bereits eine Einstellbarkeit über Lehren zum Ausgleich von Fertigungstoleranzen vorgesehen.

Schließlich liefere E4 keine Hinweise auf eine Höheneinstellbarkeit durch eine Schraubverbindung zwischen einem an der Platte befestigten Teil und einem dachfesten Teil sowie auf eine zur zusätzlichen Versteifung des Rahmens vorgesehene Platte.

X. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin II kann wie folgt zusammengefasst werden:

Aus der Figur 1 in E1 sowie den Längsschnitten gemäß den Figuren 5 bis 9 sowie Figur 10 sei eine Bündigkeit der hintereinander liegenden Dachteile ersichtlich. Dabei werde auch im Streitpatent eine bündige Anordnung immer nur in Längsrichtung betrachtet (Absatz [0006]: "zwei bündig hintereinander angeordnete Glaselemente"; Absatz [0008]: "Platte und Deckel in Schließposition bündig aneinander liegen"; Absatz [0018]: "hintere feste Platte 4, die ebenso wie im ersten Ausführungsbeispiel bündig mit dem davor angeordneten transparenten Deckel 3 sowie mit dem angrenzenden festen Fahrzeugdach 1 angeordnet ist"). Die von den Beschwerdeführerinnen angeführte Textstelle im Streitpatent (Absatz [0005]) spreche nicht von einer bündig mit dem Fahrzeugdach angeordneten Platte, sondern von einer Ausrichtung der Platte zu den umgebenden Dachteilen.

E1 zeige eine starre bzw. steife Platte, welche zwangsläufig zu einer Versteifung des Rahmens führe, insbesondere da diese "Versteifung" auch im Streitpatent überhaupt nicht quantifiziert werde.

Eine Höheneinstellbarkeit der zu montierenden Dachteile sei bei dem in E1 gezeigten "Flush-Design" (d. h. bei bündiger Fahrzeug-Außenfläche wie in E1 gezeigt) implizit vorhanden, da die Fertigungstoleranzen bei mehreren - insbesondere bei mehreren hintereinander liegenden - Platten dies erforderlich machten. Auch wenn E1 bereits eine Anpassung zwischen Fahrzeugdach und dem vom Zulieferer geliefertem Einsatzdach über flexible Einschraubbuchsen vorsehe, müsse zusätzlich eine Höheneinstellbarkeit vorgesehen sein. Die in E1 gezeigte Abdeckleiste 33 sei lediglich aufgesteckt und vertikal verschiebbar, stehe also einer Höheneinstellbarkeit zur Realisierung einer Bündigkeit zur Seite hin nicht im Wege.

Eine Schraubverbindung zwischen einem an der Platte befestigten Teil und einem dachfesten Teil sei schon in der Figur 12 der Druckschrift E1 gezeigt, so dass der einzige Unterschied zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 darin liege, dass die Höheneinstellbarkeit durch diese Schraubverbindung realisiert werde.

Für den Fachmann stelle sich ausgehend von E1 die Aufgabe, eine Höheneinstellbarkeit zu realisieren. E4 biete ihm (Spalte 1, Zeilen 12 bis 19) den Hinweis auf eine Schraubverbindung, wobei über Langlöcher eine Justage der Höhe eines Deckels bezüglich der festen Dachfläche erfolge. Für den Fachmann sei aus E4 (siehe Figur 1) klar, dass dabei eine Bündigkeit in alle Richtungen erzielt werden solle. Der Fachmann würde also ein Langloch bei der in E1 gezeigten Verschraubung zwischen Platte und Fahrzeugdach (d. h. bei der Schraube 38) vorsehen und zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.

Der Kern der Lehre von E4 sei nicht ausschließlich auf eine Höheneinstellbarkeit mittels Klebstoffraupen beschränkt, da diese erst in Anspruch 3 der Druckschrift E4 definiert seien und das Ausführungsbeispiel nach Figur 4 der Druckschrift E4 eine einstückige Ausführung von Deckel 7 und Deckelrahmen 12 ohne Klebstoffraupe zeige. Der Hinweis in Spalte 3 in E4 auf "geeignete Justierelemente an anderer Stelle, z. B. in der Betätigungsmechanik 8 oder bei dem Dachrahmen 4" sei durch die beispielhafte Aufzählung ("z. B.") nicht limitierend und führe zwangsläufig zu einer Höheneinstellbarkeit zwischen Platte und Fahrzeugdach bei der in E1 gezeigten Verschraubung.

Es stelle sich sogar die Frage, ob die in Figur 11 in E1 gezeigte Schraubverbindung zweier Dachteile 4A und 4B in Längsrichtung nicht implizit ein Langloch zum Ausgleich von Toleranzen zeige. Falls beispielsweise Teil 4A dachfest sei, erfolge eine Höheneinstellung des Teils 4B mittelbar über diese Schraubverbindung bezüglich des Fahrzeugdaches.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulassung des einzigen Antrags

Nach Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung zuzulassen. Bei der Ausübung dieses Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.

Da der vorliegende Antrag in Reaktion auf nach Einreichung der Beschwerdebegründung von der Beschwerdegegnerin II sowie der Beschwerdekammer gemachte Einwände gegen ehemals vorliegende geänderte Ansprüche vorgelegt wurde und zudem keine neuen komplexen Fragen aufwirft, hat die Beschwerdekammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13(1) VOBK diesen Antrag in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

3. Prüfungsumfang

Der vorliegende Antrag beruht auf einer Kombination erteilter Ansprüche (Anspruch 1 kombiniert die erteilten Ansprüche 1 und 11, daran schließen sich die gegenüber der erteilten Fassung unveränderten abhängigen Ansprüche 2 bis 8 an). Da es sich dabei lediglich um eine formale satzbauliche Neufassung der Ansprüche handelt, die zu keiner sachlichen Änderung führt, ist in Einklang mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kein Anlass für einen neuen, außerhalb des Artikels 100 EPÜ 1973 liegenden Einwand gegeben (siehe beispielsweise T 367/96, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nummer 6.2 der Entscheidungsgründe; T 381/02, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 2.3.7 der Entscheidungsgründe; T 1855/07, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 2.2 bis 2.4 der Entscheidungsgründe). Deshalb ist vorliegend in Anwendung der Entscheidungen G 9/91 und G 10/91 (ABl. EPA 1993, 408 und 420) im Beschwerdeverfahren nur zu überprüfen, ob einer der mit dem Einspruch geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.

4. Neuheit gegenüber E1

Der Gegenstand von Anspruch 1 ist neu gegenüber E1 (Artikel 54(1) EPÜ 1973), was auch seitens der Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten wurde.

Die in Figur 11 in E1 gezeigte Schraubverbindung zwischen zwei Dachteilen zeigt nicht explizit ein Langloch. Außerdem gilt diese Ausführungsform für eine Kombination zweier fester Dachteile und zeigt also kein bewegbares, an einem Rahmen verschiebbar geführtes Dachteil.

5. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht aus folgenden Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973):

5.1 Unstrittig ist, dass E1 (siehe Figur 1 und 7) ein Fahrzeugdach mit wenigstens einem bewegbaren Dachteil (Schiebedachdeckel 17) zeigt, das an einem mit dem Fahrzeugdach verbindbaren Rahmen verschiebbar geführt ist (Spalte 6, Zeilen 23 bis 30), wobei der Rahmen (wie der Figur 4 zu entnehmen ist) zwei parallele Rahmenlängsteile (11) und wenigstens ein die Rahmenlängsteile verbindendes Rahmenquerteil (21, 22) aufweist.

Darüber hinaus zeigt E1 auch zur zusätzlichen Versteifung des Rahmens eine bündig mit dem Fahrzeugdach angeordnete Platte (Figur 7 sowie Spalte 7, Zeile 5: festes Dachteil 4B), die an zwei Seiten zumindest mittelbar mit den Rahmenlängsteilen verbunden ist (Spalte 6, Zeilen 53 bis 56).

Die Beschwerdeführerinnen bestreiten zum einen, dass die Platte gemäß E1 zur zusätzlichen Versteifung des Rahmens vorgesehen sei, und behaupten, dass das Fahrzeugdach bzw. der Rahmen gemäß E1 keine zusätzliche Versteifung durch eines der daran festlegbaren Dachteile benötige. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da das in E1 gezeigte "feste Dachteil 4B" eine starre bzw. steife Platte darstellt und zwangsläufig zu einer zusätzlichen Versteifung des Rahmens führt, insbesondere da gemäß E1 (siehe Spalte 6, Zeilen 53 bis 56) die Dachteile an den Rahmenlängsteilen befestigt werden. Diese zusätzliche Versteifung erfolgt unabhängig davon, ob der Rahmen selbst bereits steif genug ist oder nicht. Auch die in E1 gezeigten Ausführungsbeispiele eines Schiebedachdeckels oder eines entfernbaren Dachaufbaus belegen allenfalls, dass der in E1 gezeigte Rahmen eine gewisse Steifigkeit aufweisen muss, schließen aber eine zusätzliche Versteifung durch das der beanspruchten Platte entsprechende feste Dachteil gemäß E1 nicht aus. Da im vorliegenden Anspruch 1 der Grad der Versteifung nicht quantifiziert wird, kann auch nicht gefolgert werden, dass im Sinne des Streitpatents eine wesentliche Versteifung gemeint ist.

Zum anderen sehen die Beschwerdeführerinnen in E1 keine "bündig" bzw. höhengleich mit dem Fahrzeugdach angeordnete Platte, da damit eine Bündigkeit in alle Richtungen bzw. zu allen umgebenden Dachteilen gemeint sei. Dies trifft nach Auffassung der Kammer allerdings nicht zu, da der Wortlaut von Anspruch 1 allgemeiner gehalten ist und zudem in der Beschreibung der Begriff "bündig" immer in Zusammenhang mit in Längsrichtung des Fahrzeugs angeordneten Elementen verwendet wird. Auch die im Streitpatent genannte Textstelle in Absatz [0005], wonach sich die Platte exakt zu den umgebenden Dachteilen ausrichten lässt, beschreibt allenfalls eine relative Positionierung der Platte zu den umgebenden Dachteilen, wobei durchaus noch ein Höhenversatz zwischen Platte und Dachteilen vorliegen kann, d. h. dies weist nicht auf eine bündige Ausrichtung in alle Richtungen hin. Die in Figur 1 des Streitpatents gezeigte Darstellung des Fahrzeugdaches stellt eine Draufsicht dar, der keine eindeutige Information zur bündigen Anordnung der Platte zu entnehmen ist. Hingegen ist in E1 im Längsschnitt gemäß Figur 7 klar eine bündige Anordnung des festen Dachteils 4B mit dem hinteren Abschnitt des Fahrzeugdaches gezeigt und auch - wie durch die strichpunktierte Linie in Figur 7 angedeutet - eine bündige Anordnung in Längsrichtung nach vorne in Bezug auf einen Schiebedachdeckel und den vorderen Dachteil. Dies stimmt im Übrigen mit dem im Streitpatent in Absatz [0018] beschriebenen Ausführungsbeispiel für eine bündige Anordnung der Platte überein, wonach die "hintere feste Platte 4 … bündig mit dem davor angeordneten transparenten Deckel 3 sowie mit dem angrenzenden festen Fahrzeugdach 1 angeordnet ist".

Weiterhin zeigt E1 (siehe Figur 12) eine Schraubverbindung zwischen einem an der Platte befestigten Teil und einem dachfesten Teil, allerdings keine Höheneinstellbarkeit der Platte gegenüber den Rahmenlängsteilen durch diese Schraubverbindung. Die in E1 beschriebene Verwendung von Einschraubbuchsen aus flexiblem Material dient lediglich zum Ausgleich von Fertigungstoleranzen direkt bei der Montage und stellt keine Einstellbarkeit der Höhe im beanspruchten Sinne dar, da darunter eine Justiermöglichkeit verstanden werden muss. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Höheneinstellbarkeit in E1 implizit gezeigt ist, da durch die Verwendung von Lehren bei der Montage des Einsatzdaches (siehe Spalte 6, Zeilen 21 bis 23) keine weitere Höheneinstellbarkeit unterstellt werden muss.

5.2 Im Unterschied zum Gegenstand von Anspruch 1 zeigt E1 also keine Höheneinstellbarkeit der Platte gegenüber den Rahmenlängsteilen durch eine Schraubverbindung. Eine solche Einstellbarkeit würde den in E1 gezeigten Einsatz von Lehren bei der Montage des Einsatzdaches überflüssig machen und damit die Montage vereinfachen.

Die zu lösende objektive Aufgabe kann also darin gesehen werden, mit einfachen Mitteln die Montage eines Fahrzeugdaches mit verschiebbarem Dachteil und Platte zu ermöglichen, bei dem zur Erzielung eines glattflächigen Erscheinungsbilds ein Höhenversatz zwischen Dachteilen vermieden wird.

5.3 Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann die Druckschrift E4 heranziehen, da diese für ein bekanntes Fahrzeugdach (Spalte 1, Zeilen 12 bis 19) eine Justage der Höhe eines Deckels bezüglich einer festen Dachfläche anspricht und dazu eine Verschraubung über Langlöcher als bekannt voraussetzt.

E4 vermittelt dem Fachmann also die Lehre, dass durch Vorsehen von Langlöchern bei einer Verschraubung eine Höheneinstellbarkeit erzielt werden kann. Ausgehend von dem in E1 offenbarten Fahrzeugdach, welches (siehe Figur 12) eine Schraubverbindung (38) zwischen einem an der Platte (das in Figur 12 gezeigte Dachteil 4A ist fest mit dem Rahmen 11 verschraubt und entspricht der Platte) befestigten Teil (Einschraubstück 39) und einem dachfesten Teil (Rahmenlängsteil bzw. Dachleiste 11) zeigt, würde der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe Langlöcher statt Bohrungen für die Verschraubung 38 vorsehen. Somit gelangt der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand von Anspruch 1.

5.4 Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerinnen zeigt E4 nicht ausschließlich eine Höheneinstellbarkeit eines Deckels über Kleberaupen, da einleitend auf eine Verschraubung mit Hilfe von Langlöchern als eine dem Fachmann bekannte Möglichkeit zur Justage der Höhe des Deckels bezüglich der festen Dachfläche hingewiesen wird. Auch wenn die in E4 dargestellte Erfindung anschließend einen Höhenausgleich des Deckels bezüglich des Deckelrahmens mittels einer Klebstoffraupe beschreibt, weist eine alternative Ausführungsform in E4 mit einstückiger Ausführung von Deckel 7 und Deckelrahmen 12 ohne Klebstoffraupe (siehe Spalte 3, Zeilen 18 bis 26 für das Ausführungsbeispiel nach Figur 4: "geeignete Justierelemente") keinesfalls eindeutig auf eine Klebstoffraupe hin, auch nicht durch die beispielhaft angegebenen Stellen für eine Höhenanpassung ("z. B. in der Betätigungsmechanik 8 oder bei dem Dachrahmen 4"). Der Fachmann ist an dieser Stelle vielmehr dazu aufgefordert, sich mit bekannten Justierelementen zu beschäftigen, wozu die eingangs in E4 genannte Schraubverbindung mittels Langloch zählt.

E4 lehrt zwar eine einstückige Ausbildung für ein Schiebe-/Hebedach, womit Verbindungselemente eingespart und die Teileanzahl verringert werden können, beispielsweise eine im Stand der Technik bekannte Verschraubung zwischen Deckelrahmen und Kulisse, welche eine Justage der Höhe des Deckels bezüglich der festen Dachfläche ermöglicht. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass E4 eine Lehre bietet für einen generellen Verzicht auf Schraubverbindungen.

Der von den Beschwerdeführerinnen angeführte Unterschied zwischen der beanspruchten Platte und dem in E4 gezeigten bewegbaren Deckel, welcher eine Lagerung mittels einer Betätigungsmechanik und damit eine Verbindung mehrerer Deckellagerteile erfordere, zielt allenfalls darauf ab, dass im Falle eines bewegbaren Deckels - anders als bei einer fest an Rahmenlängsteilen befestigten Platte - ein Höhenausgleich an mehreren Stellen der miteinander verbundenen Deckellagerteile vorgesehen werden kann. Dies ändert aber nichts an der in E4 für einen bekannten Stand der Technik gezeigten Lehre, dass eine Möglichkeit zur Höheneinstellbarkeit eine Verschraubung mit Langlöchern darstellt. Nur diese Lehre würde der Fachmann der Druckschrift E4 entnehmen und auf die bereits in E1 gezeigte Verschraubung anwenden. Wie bereits ausgeführt kann aus E4 nicht gefolgert werden, dass eine Höheneinstellbarkeit durch Verschraubung bewusst vermieden werden sollte.

5.5 Selbst wenn man eine Auslegung des Begriffs "bündig" im Sinne der Beschwerdeführerinnen unterstellt und damit E1 keine "bündig mit dem Fahrzeugdach angeordnete Platte" im Sinne einer Gesamtbündigkeit zu allen umgebenden Dachteilen zeigt (gemäß Figur 12 in E1 ist - in seitlicher Richtung - das als Ausführungsbeispiel für eine Platte gezeigte Dachteil 4A unterhalb der Ebene des Verstärkungsbleches 6A des Dachholms 2 angeordnet), so beschreibt dieses Merkmal lediglich das durch die Höheneinstellbarkeit erreichte Ergebnis und steht damit in funktioneller Wechselwirkung mit dem unterscheidenden Merkmal der Höheneinstellbarkeit. Dieses Merkmal löst also keine eigene Teilaufgabe.

Die zu lösende objektive Aufgabe besteht nun darin, bei Montage eines Fahrzeugdaches mit verschiebbarem Dachteil und einer Platte zur Erzielung eines glattflächigen Erscheinungsbilds einen Höhenversatz zwischen allen Dachteilen zu vermeiden.

Da in E1 (siehe Figur 7) zwar eine bündige Anordnung der Platte mit dem Fahrzeugdach in Längsrichtung des Fahrzeugs gezeigt ist, allerdings (siehe Figur 12) nicht in seitlicher Richtung, würde der Fachmann - wie bereits weiter oben in Absatz 5.3 ausgeführt - die Lehre der Druckschrift E4 auf E1 übertragen und die Platte 4A durch Vorsehen eines Langloches bei der Verschraubung 38 bündig zu den an den Dachholmen befestigten Verstärkungsblechen 6A ausrichten und damit in naheliegender Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.

Die in E1 vorgesehene Abdeckleiste 33 mit Klappe 34 steht dem nicht entgegen, da diese nur auf das Rahmenlängsteil aufgesteckt und mit der Verschraubung 38 fixiert ist, so dass sich keine geänderte Anordnung der Teile bzw. ein erhöhter Aufwand ergibt. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Abdeckleiste auch bündig mit dem Fahrzeugdach anzuordnen ist, da dies nicht Gegenstand des in Anspruch 1 definierten Fahrzeugdaches ist; im Übrigen weisen glattflächige Fahrzeugdächer oftmals eine abgesetzte Abdeckleiste oder sogar eine Dachreling auf.

5.6 Somit erfüllt der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ 1973 und der Einspruchsgrund nach Artikel 100a) EPÜ 1973 steht der Aufrechterhaltung des Patents entgegen. Da der einzige Antrag der Beschwerdeführerin nicht gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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