T 0467/09 () of 13.10.2011

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2011:T046709.20111013
Datum der Entscheidung: 13 October 2011
Aktenzeichen: T 0467/09
Antrag auf Überprüfung: R 0001/12
Anmeldenummer: 03790816.7
IPC-Klasse: A61F 5/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Orthopädische Vorrichtung zur Korrektur von Zehenfehlstellungen
Name des Anmelders: Huber, Vitus Maria
Hallufix AG
Name des Einsprechenden: Bauerfeind AG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - bejaht
Erfinderische Tätigkeit - verneint
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0439/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführer (Patentinhaber) haben gegen die Entscheidung vom 22. Dezember 2008 über den Widerruf des Europäischen Patents Nr. 1 531 768, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, am 19. Februar 2009 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 27. April 2009 eingegangen.

II. Für die vorliegende Entscheidung haben folgende Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

D3: US-A-1 183 062

D8: DE-A-322 651

III. Die Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent auf folgender Grundlage aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Antrag, Patentansprüche 2 bis 20 eingereicht mit Schreiben vom 13. September 2011 und einer daran anzupassenden Beschreibung.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Der Anspruch gemäß Hauptantrag lautet:

"Orthopädische Vorrichtung zur Korrektur von Zehen fehlstellungen, aufweisend eine Biegeschiene, welche sich beim Tragen entlang der Fußinnenseite erstreckt und an dieser angebracht ist, wobei zur Stellungskorrektur der Großzehe in der Mediolateral richtung durch die Biegeschiene eine durch deren Federhärte beeinflusste Korrekturkraft F1 in Richtung zur Fußinnenseite hin auf die Großzehe ausübbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die folgenden Merkmale vorgesehen sind:

a) die die Korrekturkraft ausübende Biegeschiene (9) ist als Gelenkbiegeschiene ausgebildet, welche in der Flexion-Extensionsrichtung (20) des oder der zu korrigi erenden Zehen gelenkig ausgebildet ist und eine Gelenk einrichtung (13) aufweist, welche Biegeschiene 9 derart an einem Patientenfuß anlegbar ist, dass deren Schwenk achse (12) in etwa der anatomischen Gelenkachse des Großzehen grundgelenks in der Flexion-Extensions richtung entspricht, so dass eine kinematisch weitgehend an die anatomischen Bedingungen des Großzehen grund gelenks angepasste Schwenkbewegung der Gelenk biege schiene ermöglicht wird;

b) die Biegeschiene (9) weist einen ersten Gelenk schienen schenkel (10) und einen zweiten Gelenkschienen schenkel (11) auf, welche um die Schwenkachse (12) schwenkbar mittels der Gelenkeinrichtung (13) gelenkig verbunden sind;

c) die Übertragung der Korrekturkraft wird durch Ring bandagen (5, 6) aus einem biegsamen, schmiegsamen, zirkulär zugstarren Material gewährleistet;

d) die Vorrichtung weist eine erste Ringbandage (5) zur Anbringung am Mittelfuß auf, welche den Mittelfuß außen seitig und den zweiten Gelenkschienenschenkel (11) der Biegeschiene (9) umgibt;

e) die Vorrichtung weist eine zweite Ringbandage (6) zur Anbringung an der Großzehe auf, welche die Großzehe und den ersten Gelenkschienenschenkel (10) der Biegeschiene (9) umfänglich umgibt, wobei die Ringbandagen (5, 6) die Biegeschiene 9 halten und die Biegeschiene 9 aus Kunst stoff besteht."

V. Zur Stützung ihres Antrags haben die Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

a) Die Erfindung und Auslegung des Anspruchswortlauts

Der Kern der beanspruchten Erfindung liege darin, dass die Korrekturkraft durch die Elastizität der Biege schiene ausgeübt werde und dass durch das Anbringen der Ringbandage um den Mittelfuß eine ungewollte und nach teilige Spreizung der Mittelfuß knochen beim Gehen vermieden werde. Dabei werde nicht nur die Großzehe wie bei den geläufigen Vorrichtungen zur Fußinnenseite gezogen, vielmehr würden auch die Mittelfußknochen in die richtige Position gedrückt. Erst durch die Wechsel wirkung dieser Merkmale sei eine anhaltende Korrektur der Fehlstellung überhaupt möglich.

Bei der Prüfung des Anspruchsgegenstandes dürfe sein Wortlaut nicht ohne den Kontext des gesamten Patentes interpretiert werden. Vielmehr seien gemäß Artikel 69 (1) EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung eines Anspruchs heranzuziehen. Das sei insbesondere zur Auslegung derjenigen Ausdrücke der Fall, die im technischen Gebiet der Erfindung keine feststehende Bedeutung besitzen, der Fall.

b) Neuheit

Um in der Lage zu sein, eine Korrekturkraft auf die Groß zehe auszuüben, müsse die beanspruchte Biegeschiene elastisch sein, wie es insbesondre durch die Absätze [0024] und [0050] des Streitpatents untermauert werde. Hier seien nämlich als bevorzugte Materialen der Biege schiene Poly karbonate und kohle faser verstärkte Platten beschrieben, die eine große Federkraft bei dünner Material stärke aufweisen. Ferner sei auch aus den Absätzen [0016], [0020] und [0023] zu entnehmen, dass unter dem Ausdruck Biegeschiene ausschließlich eine biegsame, elastische Schiene verstanden werden müsse.

Im Gegensatz hierzu offenbare D3 eine Schiene zur Korrektur von Zehenfehlstellungen, die starr sei (siehe Seite 1, Zeile 110) und folglich keine Korrektur kraft auf die Großzehe ausüben könne. Dafür sei in der D3 die um die Großzehe angebrachte Ringbandage zuständig, die entgegen den Erfordernissen des Merkmals c) des Anspruchs 1 nicht aus einem zirkulär zugstarren, sondern aus einem elastischen Material bestehe. Da also die Schiene gemäß D3 lediglich als Widerlager für die durch die Bandage auf die Zehen ausgeübte Kraft diene, stelle sie keine Biegeschiene dar und könne auch keine Korrektur kraft auf die Großzehe ausüben.

Die in der D3 offenbarte Schiene weise auch keine Schwenk achse auf, die in etwa der anatomischen Gelenkachse des Großzehengrundgelenks in der Flexion-Extensions richtung entspricht. Der Anspruchswortlaut benutze zwar den verallgemeinernden Ausdruck "in etwa". Dieser schließe jedoch nicht die Parallelität der zwei Achsen ein, sondern sei ausschließlich deshalb benutzt worden, weil sich beim menschlichen Fuß die Lage der Gelenkachse des Großzehen grundgelenks mit jeder Bewegung des Fußes ändere und dadurch keine feste Position der Achse der Gelenkeinrichtung zur Gelenkachse der Fußes definierbar sei. Der Wortlaut "in etwa" sei daher so auszu legen, dass die Schwenk achse der Schiene im wesentlichen fluchtend mit der Gelenkachse des Groß zehen grundgelenks liege (siehe Spalte 11, Zeilen 1 bis 8). Die Schwenkachse der D3 liege dagegen unter dem Fuß (siehe Seite 1, Zeilen 83 bis 86) und somit in etwa parallel zur Gelenkachse des Groß zehengrundgelenks. Folglich offenbare D3 auch nicht das Merkmal a).

Ebenso wenig gehe aus D3 das Merkmal d) hervor. Die Bandage (2) der D3 liege nämlich am Spann des Fußes an (siehe Seite 1, Zeile 51) und somit hinter dem Mittelfuß. Durch diese Lage der Schlaufe könne sich der Mittelfuß frei in Fuß quer richtung bewegen, so dass die Schiene gemäß D3 beim Gehen genau die Spreizbewegung des Fußes unter stütze, die von der erfindungsgemäßen Biegeschiene vermieden werde.

Schließlich offenbare D3 auch keine Biegeschiene aus Kunststoff. Auf Seite 1, Zeilen 41 bis 44 sei aus drücklich offenbart, dass die Schiene gemäß D3 aus einer Metallplatte bestehe. Außerdem sei zur Zeit der Ver öffentlichung der D3 (1916) der Einsatz von Kunst stoffen in orthopädischen Einrichtungen noch nicht üblich gewesen.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

c) Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil die synergetische Wechsel wirkung zwischen dem flexiblen und elastischen Kunststoff der Biegeschiene und den übrigen Merkmalen der Erfindung, zum besonderen Erfolg der Korrektur der Zehen stellung durch die erfindungsgemäße Vorrichtung führe.

Kunststoff sei nämlich gerade deswegen eingesetzt worden, weil er ein Elastizitätsmodul habe, das um Größen ordnungen geringer sei als das eines Metalls und somit die Biegeschiene selbst und nicht die Bandage eine Korrekturkraft ausüben könne. Der Einsatz eines Materials mit einem solchen niedrigen Elastizitätsmodul sei aber weder aus dem Stand der Technik bekannt, noch für den Fachmann naheliegend.

D3 könne den Gegenstand des Anspruchs 1 auch deswegen nicht nahelegen, weil sie eine Vorrichtung zeige, die nach dem gleichen Prinzip funktioniere, wie die gemäß D8 und es offen sichtlich sei, dass D8 sich von der erfindungs gemäßen Vorrichtung grundsätzlich unterscheide. D8 zeige nämlich eine Vorrichtung, die aus zwei unter schiedlichen Teilen bestehe: einem steifen Teil, der als Schuheinlage den Fuß festhalte und einer elastische Schleife, die die Großzehe zur Fußinnenseite ziehe und dabei die steife Einlage als Widerlager benutze. Dabei werde die Korrekturkraft auf die Groß zehe nicht von der (steifen) Einlage, sondern vom Ring (h) ausgeübt. Folglich unterscheide sich die erfindungsgemäße Korrektur vorrichtung von der Vorrichtung gemäß D8 oder D3 gerade dadurch, dass die Korrekturkraft nicht vom Ring oder von der Bandage sondern direkt von der elastischen Schiene ausgeübt werde.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen wider sprochen und im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

D3 offenbare eine Vorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Danach enthalte die erfindungsgemäße Vor richtung u.a. eine Biegeschiene. Dieser Ausdruck sei aber im technischen Gebiet der Erfindung nicht gängig und könne sowohl so interpretiert werden, dass die Schiene biegsam ist, als auch so dass durch die Schiene der Körperteil an dem sie befestigt werden soll, gebogen wird. Da in der gesamten Anmeldung nicht beschrieben sei, dass die Schiene elastisch und biegsam sein solle, könne der Ausdruck Biegeschiene daher nur so ausgelegt werden, dass die Schiene dafür geeignet ist, Körperteile zu biegen. Folglich offenbare D3 sehr wohl eine Biege schiene. Auch diese müsse zwingend eine Korrektur kraft auf die Großzehe ausüben, weil sie nur auf diese Weise eine Korrektur wirkung über die zirkulär zugstarren Ringbandagen ausüben könne.

Außerdem offenbare D3 eine Schiene mit einer Gelenkachse, wobei diese Achse in etwa entlang der Fußgelenkachse verlaufen müsse, damit der Fuß überhaupt abrollen könne. D3 offenbare somit auch das Merkmal a).

D3 offenbare ferner eine Ringbandage, die grundsätzlich dafür geeignet ist, den Mittelfuß zu umgeben und somit das Merkmal d).

Offensichtlich offenbare D3 auch eine Vorrichtung zur Korrektur von Zehenfehlstellungen mit den Merkmalen b) und c), sowie dem Merkmal wonach eine zweite Ringbandage zur Anbringung an der Großzehe vorgesehen sei, welche die Großzehe und den ersten Gelenkschienenschenkel der Biegeschiene umfänglich umgibt, wobei die Ringbandagen die Biege schiene halten (Teil des Merkmals d)).

Schließlich offenbare D3 auch eine Biegeschiene, die aus Kunststoff bestehe. Die Entgegenhaltung beschreibe zwar hierfür nur die Benutzung eines Metalls, da zum Zeit punkt der Veröffentlichung der D3 die Verwendung von Kunststoffen für orthopädische Schienen nicht üblich war. Heutzutage sei die Verwendung von Kunststoff für solche Vorrichtungen jedoch gängig und folglich implizit in D3 offenbart.

Wenn D3 die beanspruchte Schiene nicht neuheits schädlich vorwegnehme, lege sie diese zumindest nahe. Zum Prioritäts datum des Streitpatents sei der Einsatz von Kunststoff bei orthopädischen Schienen üblich gewesen und das Streitpatent selbst stelle in Spalte 6, Zeilen 38 bis 40 Metalle und Kunststoffe als gleichwertige Alternativen bei der Materialwahl dar. Folglich sei die Verwendung von Kunststoff für die in D3 gezeigte Schiene eine naheliegende Alternative gewesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Auslegung der Ansprüche

Die Patentansprüche geben den Gegenstand an, für den Schutz begehrt wird (siehe Artikel 84 EPÜ (1973), 1. Satz). Es ist dieser Gegenstand, der im Verfahren vor dem EPA für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit von Bedeutung ist, und dafür mit dem Stand der Technik verglichen wird.

Gemäß Artikel 69 (1) EPÜ bestimmen die Patentansprüche zwar den Schutzbereich eines Patents bzw. einer Patentanmeldung. Dieser Artikel sieht auch vor, dass hierfür die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen sind. Dies bezieht sich jedoch nur auf den Fall, in dem die Patentansprüche zur zweifelsfreien Bestimmung des Schutzbereichs - als eine der Wirkungen der Anmeldung oder des Patents gegenüber Dritten - ausnahmsweise einer Interpretation bedürfen, und nicht auf die in Artikel 84 EPÜ (1973) geforderte Angabe des Gegenstandes, der durch die Ansprüche geschützt werden soll. Folglich bietet Artikel 69 (1) EPÜ keine Grundlage dafür, bei der Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit in einen Anspruch Merkmale hineinzulesen, die nur der Beschreibung aber nicht dem in den Ansprüchen niedergelegten Gegenstand zu entnehmen sind.

3. Neuheit

3.1 D3 offenbart unstrittig eine orthopädische Vorrichtung zur Korrektur von Zehenfehlstellungen (siehe Seite 1, Zeilen 9 bis 12). Diese weist

eine Schiene (C, D) auf, welche sich beim Tragen entlang der Fußinnenseite erstreckt und an dieser angebracht ist (siehe Figur 1), wobei zur Stellungskorrektur der Groß zehe in der Mediolateral richtung eine Korrekturkraft in Richtung zur Fußinnenseite hin auf die Großzehe ausübbar ist.

3.2 Der Ausdruck "Biegeschiene" ist im technischen Gebiet der Erfindung kein feststehender Fachbegriff und kann deshalb sowohl so interpretiert werden, dass die Schiene selbst biegsam ist, als auch so dass sie dazu in der Lage ist einen Körperteil zu biegen.

Die Beschwerde führer führten dazu aus, dass aus der Beschreibung, die als Lexikon für das Patent zu benutzen sei, eindeutig zu entnehmen sei, dass unter diesem Begriff eine elastische, biegsame Schiene zu verstehen sei. Doch selbst wenn die Beschreibung zur Auslegung dieses Begriffs herangezogen wird (siehe aber die Ausführungen unter Ziffer 2 der Entscheidungsgründe), kann die Eigenschaft der Elastizität und Biegsamkeit der Schiene nicht aus ihr entnommen werden. In den von den Beschwerde führern zitierten Absätzen [0024] und [0050] des Streit patents sind als bevorzugte Materialien der Biegeschiene Kunst stoff, Poly karbonate, Metalle und kohlefaser verstärkte Kunststoffe (CFK) angegeben. Diese zeichnen sich jedoch nicht zwingend durch ein besonders niedriges Elastizi täts modul und folglich durch hohe Elastizität und Biegsamkeit aus. Im Gegenteil, im Streitpatent selbst (siehe Spalte 6, Zeilen 40 bis 44) wird die Wahl von CFK durch seine große Federkraft d.h. sein hohes Elastizi täts modul bzw. hohe Steifigkeit selbst bei dünner Material stärke begründet. Ferner ist allgemein bekannt, dass sowohl CFK als auch Poly karbonate bevorzugt dann verwendet werden, wenn hohe Festigkeiten und Steifig keiten gefordert sind. Folglich offenbart die Nennung dieser bevorzugten Materialien weder explizit noch implizit eine besondere Elastizität und Biegsamkeit der Schiene.

Auch die Absätze [0016], [0020] und [0023] tragen entgegen den Ausführungen der Beschwerde führer nicht dazu bei, die Biegeschiene so zu definieren, dass sie als elastisch und biegsam betrachtet werden kann. Absatz [0016] beschreibt lediglich, wie die Kräfte im jeweiligen Bereich des Fußes ausgeübt werden, ohne auf spezifische Eigenschaften der Schiene einzugehen. Absatz [0020] beschreibt, wie die Korrekturkräfte über Taschen in einem Kompressions strumpf, statt über Ring bandagen auf den Fuß übertragen werden können und geht auch nicht auf die Biegsamkeit der Schiene ein. Dieser Abschnitt verdeutlicht hingegen, dass die Korrekturkraft nicht ausschließlich von der Schiene ausgeübt, sondern über Ringbandagen oder einen Kompressions strumpf eingeleitet wird. Dass die Schiene dafür eine gewisse Steifigkeit besitzen muss, steht außer Frage. Jedoch ist es zum Ausüben der Korrekturkraft nicht notwendig, dass die Schiene selbst biegsam bzw. elastisch ist. Absatz [0023] geht schließlich auf die Querschnittsform der Schiene ein, die dem Fuß angepasst sein soll. Diese setzt jedoch auch keine besondere Elastizität der Schiene voraus.

Folglich ist dem Patent nicht zu entnehmen, dass die beanspruchte Biegeschiene elastisch und biegsam sein soll.

3.3 D3 offenbart außerdem auch, dass die Korrekturkraft auf die Großzehe über den Riemen des Bandes (strap or tape 10) durch die Schiene (D) ausübbar ist, wobei die Korrektur kraft zwangsläufig durch die Federhärte der Schiene beeinflusst wird.

Gemäß Seite 1, Zeilen 70 bis 72 der D3 hält der Riemen bzw. das Band 10 die Großzehe eng anliegend (snugly) in oder gegen den Abschnitt 8. Dafür muss der Riemen bzw. das Band zirkulär zugstarr sein, weil er sonst das Anliegen der Großzehe nicht sicherstellen kann (Merkmal c)).Das bedeutet, dass die Großzehe durch die Schiene (D) und den Riemen bzw. das Band 10 verbogen wird und die dazu nötige Kraft durch diese beiden Elemente ausgeübt wird. Somit kann die Schiene (D) nicht lediglich als Widerlager für die durch den Riemen bzw. das Band ausgeübte Kraft betrachtet werden.

Unter Berücksichtigung der vorangehenden Ausführungen kann die Schiene (C, D) der D3 sehr wohl als Biege schiene angesehen werden und D3 offenbart den gesamten Oberbegriff des Anspruchs 1.

3.4 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer offenbart D3 auch das Merkmal wonach:

die die Korrekturkraft ausübende Biegeschiene (C, D) als Gelenkbiegeschiene ausgebildet ist, welche in der Flexion-Extensionsrichtung des oder der zu korrigie renden Zehen gelenkig ausgebildet ist und eine Gelenk einrichtung (14, 15, 16) aufweist, welche Biegeschiene (C, D) derart an einem Patientenfuß anlegbar ist, dass deren Schwenkachse (15) in etwa der anatomischen Gelenkachse des Großzehen grundgelenks in der Flexion-Extensions richtung entspricht, so dass eine kinematisch weitgehend an die anatomischen Bedingungen des Groß zehen grundgelenks angepasste Schwenkbewegung der Gelenk biegeschiene ermöglicht wird.

Die Schwenkachse gemäß D3 liegt zwar unterhalb des Fußes. Dabei liegt sie in Linie, d.h. parallel mit dem Groß zehen grund gelenk (siehe Seite 1, Zeilen 84 bis 86) und in dessen Nähe und entspricht folglich "in etwa" der anatomischen Gelenk achse des Großzehen grundgelenks.

Die Beschwerdeführer führten aus, dass der Begriff "in etwa" im Zusammenhang mit der Position der Gelenk achse des Großzehengrundgelenks nur deswegen benutzt worden sei, weil sich die Lage dieser Achse mit der Bewegung des Fußes ändere. Es stimmt zwar, dass sich diese Achse des Fußes mit dem Abrollen bewegt, und somit keine genaue Angabe ihrer Lage möglich ist. Jedoch verlangt der Anspruchswortlaut lediglich, dass die Gelenkachse der Schiene in etwa der Gelenkachse des Großzehen grund gelenks entspricht und nicht, dass sie in etwa mit ihr fluchtend sein soll, wie in der Beschreibung auf Spalte 11, Zeile 2 beschrieben. Die vom Anspruch verlangte relative Position der zwei Gelenk achsen umfasst folglich auch die nahe und parallele Lage der zwei Achsen.

Folglich offenbart D3 auch das Merkmal (a) des Anspruchs 1.

3.5 D3 offenbart unstrittig das Merkmal (b) des Anspruchs 1 sowie das Merkmal wonach:

die Vorrichtung eine zweite Ringbandage (10) zur Anbringung an der Großzehe aufweist, welche die Großzehe und den ersten Gelenkschienenschenkel (D) der Biege schiene umfänglich umgibt, wobei die Ringbandagen (10, 2) die Biegeschiene halten.

3.6 Schließlich offenbart D3 auch das Merkmal wonach:

die Vorrichtung eine erste Ringbandage (2) zur Anbringung am Mittelfuß aufweist, welche den Mittelfuß außen seitig und den zweiten Gelenkschienenschenkel (C) der Biegeschiene umgibt.

Da der Anspruch ausschließlich die Korrektur vorrichtung, nicht aber deren Verwendung an einem Fuß betrifft, kann das die Ringbandage betreffende Merkmal nur so ausgelegt werden, dass die Bandage dazu geeignet sein muss, am Mittelfuß angebracht zu werden und diesen zu umgeben.

Die in D3 offenbarte Bandage ist aber in Abhängigkeit von der Größe des Fußes für den die Schiene verwendet werden soll dazu geeignet, am Mittelfuß angebracht zu werden. Folglich offenbart diese Entgegenhaltung auch das Merkmal d) des Anspruchs 1.

Die von den Beschwerde führern vorgebrachte Argumentation, dass dieses Merkmal den Kern der Erfindung beschreiben solle, wonach durch die erfindungs gemäße Korrektur vorrichtung eine Spreizung des Mittelfußes beim Gehen vermieden werde, ist weder vom Anspruchswortlaut noch von der Beschreibung gestützt und kann somit nicht zur Auslegung des Merkmals d) benutzt werden.

3.7 D3 offenbart jedoch keine Biegeschiene, die aus einem Kunststoff besteht. Auf Seite 1, Zeilen 41 bis 44 wird lediglich beschrieben, dass die Schiene aus einem starren Material, wie z. Bsp. Metallblech bestehen solle.

Da der Gegenstand des Anspruchs 1 sich durch dieses Merkmal von der Vorrichtung gemäß D3 unterscheidet, ist er neu gegenüber D3.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Von der Vorrichtung gemäß D3 ausgehend, löst der Gegen stand des Anspruchs 1 die Aufgabe, ein geeignetes Material für die Schiene auszuwählen.

Dabei ist es für den Fachmann naheliegend, anstelle des Metalls einen Kunststoff auszuwählen, zumal es bekannt ist, dass Kunststoffe bei gleicher Steifigkeit und Festigkeit in der Regel leichter sind als Metalle und somit einen besseren Tragekomfort ermöglichen.

Die Beschwerdeführer führen zwar aus, dass die Wahl von Kunststoffen nicht naheliegend sei, da gerade der Einsatz von Kunststoff in Verbindung mit den weiteren Merkmalen des Anspruchs zum Korrektur erfolg führe. Diese Wechselwirkung sei durch das niedrige Elastizitätsmodul von Kunststoffen gesichert, das um Größenordnungen kleiner sei, als das von Metallen, und somit eine höhere Elastizität sicherstelle. Diese Argumentation ist aber schon deswegen nicht überzeugend, weil die Elastizitäts module von CFK (der als bevorzugter Kunststoff auf gelistet ist) im gleichen Bereich liegen wie die von Stahl.

Ferner beschreibt das Patent selbst in Spalte 6, Zeilen 38 bis 40, dass Metalle und Kunststoffe gleich wertige, alternative, bevorzugte Materialien seien, die für die erfindungsgemäße Biegeschiene eingesetzt werden können. Es ist somit offensichtlich, dass keine spezielle synergetische Wechselwirkung zwischen dem Kunststoff und den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 stattfindet, und dass die Wahl zwischen den beiden Materialien die erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann.

4.2 Den Ausführungen der Beschwerdeführer wonach D3 auch deswegen den Gegenstand des Anspruchs 1 weder offenbaren noch nahelegen könne, weil die in ihr beschriebene Schiene nach dem gleichen Prinzip arbeite, wie die gemäß D8, kann nicht gefolgt werden.

D8 offenbart nämlich eine Vorrichtung zur Korrektur der Zehenfehlstellung, bei der die Korrekturkraft durch eine elastische Bandage (siehe Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 6 und 29) auf die Zehe ausgeübt wird. Hingegen bestehen die Bandagen gemäß D3 offensichtlich aus einem zug starren Material, da sie die Großzehe eng in oder gegen den Abschnitt 8 der Schiene halten (siehe Seite 1, Zeilen 70 bis 72). Folglich wird die von der Biege schiene ausgeübte Kraft komplett auf die Zehe übertragen. Da also die Vorrichtung gemäß D3 auf einem unter schiedlichen Prinzip beruht wie die gemäß D8, ermöglicht ein Vergleich zwischen diesen Entgegen haltungen keine Rück schlüsse über die Neuheit und erfinderische Tätigkeit in Hinsicht auf den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber D3.

4.3 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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