T 1997/08 ("Copy and Paste" Begründung) of 1.7.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T199708.20090701
Datum der Entscheidung: 01 Juli 2009
Aktenzeichen: T 1997/08
Anmeldenummer: 01122824.4
IPC-Klasse: B01D 53/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Betrieb einer Kraftwerksanlage
Name des Anmelders: Alstom Technology Ltd
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Erwiderung der Anmelderin auf den Bescheid der Prüfungsabteilung
Entscheidungsbegründung: "copy and paste" von den Gründen des Bescheids
Verletzung des rechtlichen Gehörs
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Orientierungssatz:

Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert auch die Bereitschaft vom EPA zur Kenntnisnahme und Berücksichtigung des Vorbringens der Anmelderin in ihrer Bescheidserwiderung. Grundsätzlich ist von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs auszugehen, wenn sich die Begründung der Entscheidung der Prüfungsabteilung in der Wiederholung der Gründe des vor der Bescheidserwiderung erlassenen Bescheids erschöpft.

Angeführte Entscheidungen:
T 0094/84
T 0763/04
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1312/10
T 2366/11
T 2509/11
T 0116/12
T 2460/12
T 2226/13
T 2352/13
T 1922/17
T 2187/17
T 2441/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat am 6. Juni 2008 gegen die am 15. April 2008 zur Post gegebene Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 01 122 824.4 zurückzuweisen, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Sie hat die Beschwerdebegründung am 13. August 2008 eingereicht.

II. Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, daß im Hinblick auf die folgenden Entgegenhaltungen:

D1: WO 98/55208

D2: WO 00/33942

die Anmeldung den Erfordernissen der Artikel 52(1), 54 und 56 EPÜ nicht genüge.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu erteilen.

IV. Die geltenden unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:

1. "Verfahren zum Betrieb einer Kraftwerksanlage mit einem geschlossenen oder quasi geschlossenen CO2-Prozess, wobei die Kraftwerksanlage (1) im wesentlichen mindestens einen Verdichter (3), mindestens eine Turbine (5), mindestens einen Generator (4), mindestens einen Rekuperator (11) und mindestens eine Brennereinheit (6) mit mindestens einer Sauerstofftrenneinrichtung (46) und mit mindestens einem Brenner (45) aufweist, wobei der Brennereinheit (6) sauerstoffhaltiges Gas (28), komprimiertes, erwärmtes CO2-Medium (12) des CO2-Prozesses und Kraftstoff (30) oder ein Kraftstoff-Dampf-Gemisch zugeführt wird, wobei die Sauerstofftrenneinrichtung (46) dem sauerstoffhaltigen Gas (28, 57) Sauerstoff entnimmt und dem CO2-Medium (12, 65) zuführt, wobei im Brenner (45) eine Verbrennung des mit Sauerstoff angereicherten CO2-Mediums (67, 76) mit dem Kraftstoff (30) stattfindet, wobei heißes, komprimiertes CO2-Medium (13) aus der Brennereinheit (6) austritt und in der Turbine (5) entspannt wird, wobei das entspannte, heiße CO2-Medium (10) im Rekuperator (11) gekühlt wird, wobei das gekühlte, entspannte CO2-Medium (8) im Verdichter (3) komprimiert wird, wobei das komprimierte, gekühlte CO2-Medium (9) im Rekuperator (11) erwärmt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Brennereinheit (6) einen Zusatzbrenner (72) aufweist, dem ein Teil (75) des mit Sauerstoff angereicherten CO2-Mediums (67, 76) sowie Kraftstoff (30) oder Kraftstoff-Dampf-Gemisch zugeführt wird, wobei durch die im Zusatzbrenner (72) stattfindende Verbrennung gebildetes heißes CO2-Medium (82) dem erwärmten CO2-Medium (12, 65) am Eingang (64) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) oder stromauf dieses Eingangs (64) zugemischt wird."

7. "Kraftwerksanlage mit einem CO2-Prozess, umfassend mindestens einen Verdichter (3), mindestens eine Turbine (5), mindestens einen Generator (4), mindestens einen Rekuperator (11) und mindestens eine Brennereinheit (6) mit mindestens einem Brenner (45) und mit mindestens einer Sauerstofftrenneinrichtung (46), sowie mit folgenden Merkmalen: ein erster Eingang (27) der Brennereinrichtung (6) ist mit einer Zuführung (31) für sauerstoffhaltiges Gas (28) verbunden, ein zweiter Eingang (29) der Brennereinheit (6) ist mit einer Zuführung (32) für Kraftstoff (30) oder Kraftstoff-Dampf-Gemisch verbunden, ein dritter Eingang (33) der Brennereinheit (6) ist mit einem ersten Ausgang (34) des Rekuperators (11) verbunden, aus dem erwärmtes, komprimiertes CO2-Medium (12) des CO2-Prozesses austritt, ein mit dem ersten Ausgang (34) des Rekuperators (11) kommunizierender erster Eingang (44) des Rekuperators (11) ist mit einem Ausgang (43) des Verdichters (3) verbunden, aus dem kaltes, komprimiertes CO2-Medium (9) austritt, ein Eingang (42) des Verdichters (3) ist mit einem zweiten Ausgang (41) des Rekuperators (11) verbunden, aus dem gekühltes, entspanntes CO2-Medium (8, 19) austritt, ein mit dem zweiten Ausgang (41) des Rekuperators (11) kommunizierender zweiter Eingang (40) des Rekuperators (11) ist mit einem Ausgang (39) der Turbine (5) verbunden, aus dem heißes, entspanntes CO2-Medium (10) austritt, ein Eingang (38) der Turbine (5) ist mit einem ersten Ausgang (35) der Brennereinheit (6) verbunden, aus dem heißes, komprimiertes CO2-Medium (13) austritt, ein erster Eingang (56) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) ist mit dem ersten Eingang (27) der Brennereinrichtung (6) verbunden, ein mit dem ersten Eingang (56) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) kommunizierender erster Ausgang (58) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) ist mit einem zweiten Ausgang (36) der Brennereinheit (6) verbunden, aus dem bezüglich seines Sauerstoffgehalts reduziertes Gas (37) austritt, ein zweiter Eingang (64) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) ist mit dem dritten Eingang (33) der Brennereinheit (6) verbunden, die Sauerstofftrenneinheit (46) enthält Sauerstofftrennmittel (47), die dem sauerstoffhaltigen Gas (28, 57) Sauerstoff entnehmen und dem CO2-Medium (12, 65) zuführen, ein mit dem zweiten Eingang (64) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) kommunizierender zweiter Ausgang (66) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) ist mit einem Eingang (70) des Brenners (45) verbunden und führt diesem mit Sauerstoff angereichertes CO2-Medium (67, 76) zu, der Eingang (70) des Brenners (45) ist außerdem mit dem zweiten Eingang (29) der Brennereinheit (6) verbunden, ein Ausgang (71) des Brenners (45) ist mit dem ersten Ausgang (35) der Brennereinheit (6) verbunden und führt diesem heißes, komprimiertes CO2-Medium (13) zu, das durch die Verbrennung im Brenner (45) entsteht, gekennzeichnet durch folgende Merkmale: die Brennereinheit (6) weist einen Zusatzbrenner (72) auf, von der Verbindung zwischen dem zweiten Ausgang (66) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) und dem Eingang (70) des Brenners (45) zweigt eine Abzweigungsleitung (74) ab, die einem Eingang (73) des Zusatzbrenners (72) einen Teil (75) des mit Sauerstoff angereicherten CO2-Mediums (67, 76) zuführt, der Eingang (73) des Zusatzbrenners (72) ist außerdem mit dem zweiten Eingang (29) der Brennereinheit (6) verbunden, ein Ausgang (79) des Zusatzbrenners (72) ist über eine Rückführungsleitung (80) mit dem zweiten Eingang (64) der Sauerstofftrenneinrichtung (46) verbunden."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1 Die Erfindung betrifft eine Kraftwerksanlage mit einem (quasi) geschlossenen CO2-Prozess und ein Verfahren zu deren Betrieb, wobei das in einem Brenner einer Brennereinheit entstandene CO2-Medium nach Durchlaufen einer Turbine, eines Rekuperators und eines Verdichters in einer Sauerstofftrenneinrichtung der Brennereinheit mit Sauerstoff angereichert wird, um danach wieder dem Brenner zugeführt zu werden, wo es unter Zufuhr von Kraftstoff verbrannt wird. Dem kennzeichnenden Teil des Verfahrensanspruchs 1 zufolge weist nun die Brennereinheit einen Zusatzbrenner auf, dem ein Teil der mit Sauerstoff angereicherten CO2-Mediums sowie Kraftstoff oder Kraftstoff-Dampf-Gemisch zugeführt wird. Das nach der Verbrennung im Zusatzbrenner gebildete, heiße CO2-Medium wird dann dem CO2-Medium am Eingang der Sauerstofftrenneinrichtung oder stromauf davon zugemischt. In der Kraftwerksanlage nach Anspruch 7, siehe den kennzeichnenden Teil, sind Eingang und Ausgang der Zusatzbrenner über eine Abzweigungs- bzw. Rückführungsleitung mit dem entsprechenden Ausgang bzw. Eingang der Sauerstofftrenneinrichtung verbunden.

Diese effektive Rückführung eines Teils des angereicherten Ausstoßes der Sauerstofftrenneinrichtung an ihren Eingang über dem Zusatzbrenner bewirkt, dass die Betriebstemperatur der Trenneinrichtung auf ein für den Wirkungsgrad der Anlage optimales Niveau erhöht wird, siehe den die Seiten 4 und 5 überbrückenden Absatz.

2.2 D1, die in der ursprünglich eingereichten Beschreibung auf Seiten 1 bis 3 ausführlich gewürdigt wird, offenbart zweifelsfrei eine Kraftwerkanlage gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 7 sowie ein Verfahren zu deren Betrieb nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Aus den Beschreibungsseiten 10 und 11 der D1 in Zusammenschau mit der Figur 1 gehen die wesentlichen Merkmale eines geschlossenen CO2-Prozesses mit einem Brenner 8 und Sauerstofftrenneinrichtung 11 einer Brennereinheit hervor. Die aus dem Brenner 8 tretenden CO2-Abgase werden über eine Turbine 6, einen Rekuperator (Wärmeaustausch) 9, einen Verdichter 8 und einen zweiten Brenner 10 der Sauerstofftrenneinrichtung 11 zugeführt, wo sie mit Sauerstoff angereichert werden, um dann zum ersten Brenner 8 zurückgeführt zu werden. Dort werden die sauerstoffreichen CO2- Abgase unter Zufuhr von Kraftstoff verbrannt.

2.3 Der zweite Brenner 10 kann als Zusatzbrenner angesehen werden und dient auch hier dazu, das CO2-Medium vor Eintritt in die Sauerstofftrenneinrichtung auf eine für diese optimale Temperatur vorzuheizen. Dieser zweite Brenner 10 ist aber in der Figur 1 im Hauptstromgang stromabwärts des ersten Brenners 8 und stromaufwärts der Sauerstofftrenneinrichtung 11 angeordnet. Er wird somit mit der gesamten Menge des aus dem Hauptbrenner 8 tretenden CO2-Mediums beaufschlagt, bevor diese mit Sauerstoff angereichert wird. Anderes vermag die Kammer D1 nicht zu entnehmen. Die einzige Textstelle, die die angefochtene Entscheidung in diesem Zusammenhang nennt, Seite 10, erster Absatz ("Figure 1 shows ... a first air-based gas turbine system (2,3) ... with a mixed conducting membrane unit (11) for supplying oxygen to a second gas turbine system (6,7)"), gibt lediglich an, dass die Anreicherung des zweiten Gasturbinensystems mit Sauerstoff über die MCM-Membran 11 stattfindet. Zwischen Hauptbrenner und Membran, d.h. nach der Hauptverbrennung und vor Anreicherung ist das CO2-Medium sauerstoffarm. Die Behauptung (Seite 3, 2. Absatz der Entscheidung), dass in D1 das gesamte CO2-Medium überall, in jedem Abschnitt der zweiten Turbine, angereichert ist, weil in der Membran eine Anreicherung stattfindet, basiert auf einer nicht sinngemäßen Auslegung des Anspruchswortlauts.

Auch die Behauptung (Seite 3, 1. Absatz, der Entscheidung), dass in D1 das "durch die im Zusatzbrenner (10) ... gebildete[s] CO2-Medium dem CO2-Medium stromauf des Eingangs der Sauerstoffeinrichtung zugemischt wird " - d.h. dass der Ausgang der Zusatzbrenner sich selber zugemischt wird - ist wenig sinnvoll.

2.4 Somit offenbart D1 nicht die kennzeichnenden Merkmale der beiden unabhängigen Ansprüche, die die unter 2.1. genannte Rückführung eines Teiles des angereicherten CO2-Mediums zwischen Eingang und Ausgang der Sauerstofftrenneinrichtung über den Zusatzbrenner beinhalten. Infolgedessen ist der Gegenstand dieser beiden Ansprüchen neu.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 D1 wird auch als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Gegenüber D1, wo im Zusatzbrenner 10 eine Vorverbrennung des gesamten sauerstoffarmen Abgasstroms stattfindet, hat der Unterschied einer Rückführung und Verbrennung eines Teils des angereicherten Mediums im Zusatzbrenners eine zweifache Wirkung. Erstens ermöglicht diese Maßnahme eine kleinere Dimensionierung des Zusatzbrenners, der nur für die Verbrennung der Teilmenge ausgelegt sein muss. Zudem stellt sie sicher, dass eine Vorverbrennung und damit eine Zufuhr von heißen Abgasen, die für die optimale Betriebstemperatur in der Sauerstofftrenneinrichtung erforderlich ist, auch dort stattfindet, wo die aus dem Hauptbrenner tretenden Abgase nicht genügend Sauerstoff enthalten, vgl. D1, Seite 7, Zeilen 12 bis 14.

3.2 Eine solche Maßnahme ist weder dem restlichen Stand der Technik zu entnehmen, noch gehört sie nach Ansicht der Kammer zum allgemeinen Fachwissen des im Fachbereich von Kraftwerkanlagen tätigen Fachmannes.

3.2.1 Sie wird insbesondere auch nicht nahegelegt durch das allgemeine Prinzip, dem Verbrennungsprozess reinen Sauerstoff hinzuzufügen, um den CO2-Gehalt zu erhöhen und den NOx-Gehalt zu reduzieren, wie in der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf Seite 3, zweiter Absatz der D1 ohne weitere Erklärung behauptet wird. Diese Vorteile gelten gegenüber der Verbrennung unter Zufuhr von NO2-haltiger Luft, siehe den vorhergehenden Absatz in D1. In den Brennern 8 und 10 wird nur (Abschnittsweise mit reinem Sauerstoff angereichertes) CO2-Medium ohne nennenswerten NO2-Anteil verbrannt, und es besteht somit kein Bedürfnis, den NO2-Anteil zu verringern. Diese Textstelle regt somit nicht an, mit Sauerstoff angereichertes CO2-Medium am Ausgang der Trenneinrichtung abzuzweigen, insbesondere auch nicht über eine einfache Verbindungsleitung zwischen Leitungen 30 und 32 in Figur 1 der D1, wie in der Entscheidung, Seite 3, 5. Absatz, behauptet wird. Diese letztere Möglichkeit ist im übrigen nicht der beanspruchten Rückführung gleichzusetzen. Dort wird die abgezweigte Teilmenge im Zusatzbrenner zuerst verbrannt, bevor sie am Eingang der Trenneinrichtung oder stromauf davon zugemischt wird, während bei einer einfachen Verbindungsleitung die Teilmenge erst zugemischt und dann im Zusatzbrenner verbrannt wird. Im ersten Fall kann dann, wie bereits dargelegt, ein kleinerer Brenner eingesetzt werden.

3.2.2 Auch geht diese Maßnahme nicht aus der D2 hervor. Diese zeigt einen alternativen Aufbau mit einer Kaskade von Brennern und jeweils davor angeordneten Sauerstofftrennungsmembranen. Der gesamte Gasstrom durchläuft jede Membran, wo er mit Sauerstoff angereichert wird, und den jeweils nachfolgenden Brenner, wo er verbrannt wird und als Abgas entweicht, der die nächste Stufe speist. Die Anwendung dieses Kaskadenprinzips in einer Anlage nach D1 würde dazu führen, dass im Stromgang zwischen den beiden Brennern 8 und 10 eine zweite Membran aufgenommen würde. Das weicht aber wesentlich von der beanspruchten Lösung ab, bei der durch die Rückführung eben keine zweite Membran notwendig ist.

3.3 Die Kammer schließt aus obengenannten Gründen, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

3.4 Die Entscheidung basiert auf Neuheit und erfinderischer Tätigkeit, die die Kammer nun als gegeben betrachtet. Zur Prüfung der verbleibenden Erfordernisse des EPÜ - insbesondere des Artikels 84, sowie der Regel 43(1) - und um der Beschwerdeführerin die Gelegenheit zu geben, etwaige Änderungen bzw. Anpassungen vorzunehmen, verweist sie die Angelegenheit an die erste Instanz zurück.

4. Wesentlicher Verfahrensmangel

4.1 Die Grundlage des Artikels 113(1) EPÜ ist der Verfahrensgrundsatz des rechtlichen Gehörs (siehe seinen Titel). Dieser Artikel gewährt somit einem Verfahrensbeteiligten das Recht, gehört zu werden, bevor eine gegen ihn gerichtete Entscheidung erlassen wird. Diese Kammer (in einer anderen Zusammensetzung) hat in einer früheren Entscheidung T 0763/04, siehe Abschnitt 4.3 der Begründung, in Anlehnung an bestehende Rechtsprechung dargelegt, dass gegen diesen dem Artikel 113(1) zugrundeliegenden Verfahrensgrundsatz verstoßen wird, wenn in einer (erstinstanzlichen) Entscheidung Tatsachen und Argumente, die im Lichte des Vorbringens eines Beteiligten in seiner Beweisführung deutlich eine wesentliche Rolle spielen, völlig außer Acht gelassen werden ("Article 113(1) EPC will then be contravened where, as is the present case, facts and arguments, which from the appellant's submissions are clearly central to his case and which may speak against the decision taken, are completely disregarded in the decision in question.")

4.2 Im vorliegenden Fall folgte die angefochtene Entscheidung einer Bescheidserwiderung der Beschwerdeführerin vom 6. November 2007, worin sie zu den Einwänden mangelnder Neuheit und erfinderischen Tätigkeit Stellung nahm. Diese Einwände waren in dem einzigen Bescheid nach Artikel 96(2) EPÜ vom 22. Mai 2007 erhoben worden. In ihrer Bescheidserwiderung führte sie aus, welche wesentlichen Unterschiede ihrer Ansicht nach zum Stand der Technik bestanden. Es heißt u.a.: "Wesentlich ... ist der Aufteilung des in der Sauerstofftrenneinrichtung (46) mit Sauerstoff angereicherten CO2-Mediums auf einen (Haupt-)Brenner (45) und einen Zusatzbrenner (72). ... Der Zusatzbrenner (72) und die Sauerstofftrenneinrichtung (46) sind Teil eines lokalen Kreislaufs ..." (2. Absatz). In D1 dagegen wird "der gesamte rückgeführte Abgasstrom ... in beiden Brennern erhitzt, die nicht parallel nebeneinander angeordnet sind - wie bei der vorliegenden Anmeldung - sondern hintereinander" (3. Absatz). "Der Unterschied ist ... nicht ... mit einer einfachen Verbindung [zwischen der Leitungen 30 und 32 in D1] zu beheben (4. Absatz)." Zu D2 wird erklärt: "Ein lokaler Kreislauf ..., der nur von einem Teil des rückgeführten Abgases durchlaufen wird, ist hier ebenfalls nicht offenbart" (5. Absatz). Im 6. Absatz heißt es wiederum, dass "in den ... [unabhängigen] Ansprüchen 1 und 7 die Ausbildung des Teilkreislaufs als wesentlicher Bestandteil der Erfindung klar definiert [ist]". Es folgt im vorletzten (7.) Absatz die Schlussfolgerung, dass "die Gegenstände der Ansprüche 1 und 7 daher gegenüber den Druckschriften D1 und D2 nicht nur ... neu [sind], sondern auch einer erfinderischen Tätigkeit [beruhen]. Aus der Bescheidserwiderung geht somit unmissverständlich hervor, dass diese Tatsachen und Argumente eine wesentliche Rolle in der Beweisführung der Beschwerdeführerin bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit einnehmen.

4.3 Die Prüfungsabteilung hat auch wohl die Bedeutung dieser Bescheidserwiderung anerkannt und sie in ihrer Entscheidung kurz und treffend zusammengefasst, siehe den 1. Teil "Sachverhalt und Anträge", Abschnitt 3. Die Prüfungsabteilung hat somit das Vorbringen der Anmelderin in ihrer Bescheidserwiderung zur Kenntnis genommen. Dies ist jedoch kein Beweis dafür, dass die Prüfungsabteilung dieses Vorbringen auch in der Begründung der angefochtenen Entscheidung tatsächlich in Erwägung gezogen hat.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör garantiert die Bereitschaft vom EPA zur Kenntnisnahme und Berücksichtigung des Vorbringens eines Beteiligten (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, Einleitung Rdn 237, und T 0094/84 EPA ABl. 86,337)

Das Recht auf rechtliches Gehör ist somit nicht bereits dann gewährt, wenn die entscheidende Instanz eine Erwiderung auf den einzigen Bescheid entgegennimmt und zusammenfasst. Dieser Grundsatz umfasst auch die Pflicht, die Bescheidserwiderung, wenn sie offenbar die Entscheidungsgründe betrifft und möglicherweise darauf eine Auswirkung haben könnte, in der Begründung der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Nur dann ist das rechtliche Gehör gewährt worden.

4.4 Die Kammer vermag auch nicht in den weiteren Abschnitten der angefochtenen Entscheidung Hinweise darauf zu finden, dass die Prüfungsabteilung das Vorbringen in der Bescheidserwiderung in Erwägung gezogen hat. Der 2. Teil der Entscheidung, "Begründung der Entscheidung", wiederholt fast wortwörtlich die Einwände des einzigen Bescheides, vgl. die jeweiligen Abschnitte 1 bis 4. Im Abschnitt 1 heißt es nur "Die Figur der WO..." anstatt "Die WO...", und ist im letzten Satz eingefügt: "Weil die Anmelderin den Wortlaut unverändert weiterführen und den Anspruch nicht durch weitere Merkmale von der D1 abgrenzen möchte ...". Weiterhin ist im abschließenden Abschnitt 4 ein Satz ähnlicher Streckung hinzugefügt: "Obwohl dieses der Anmelderin nahegelegt worden ist, wurden keine geänderten Ansprüche eingereicht."

Mit anderen Worten ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung im wesentlichen ein Kopieren und Einfügen ("copy and paste") von den Gründen des einzigen Bescheids der Prüfungsabteilung. Eine solche Begründung, die sich im wesentlichen in der Wiederholung des Bescheids der Prüfungsabteilung erschöpft, kann sich logischerweise nicht mit der zeitlich nachfolgenden Bescheidserwiderung auseinandersetzen. Es kann somit keinem Zweifel unterliegen, dass das Vorbringen in der Bescheidserwiderung in der Begründung der angefochtenen Entscheidung keinesfalls in Erwägung gezogen worden ist.

Dieser Teil der Entscheidung fügt somit nichts Neues hinzu, noch enthält er Angaben, die eventuell weitere Kommentare erübrigt hätten. In den einzigen relevanten Textstellen, die sich mit den kennzeichnenden Merkmalen befassen, Seite 3, 1., 2. und 5. Absatz ist nur von der bereits oben erwähnten Zumischung mindestens eines Teils des mit Sauerstoff angereicherten Mediums und der Verbindungsleitung zwischen Leitungen 30 und 32 die Rede. Wie schon ausgeführt, deuten diese Textstellen auf eine nicht sinngemäße Auslegung des Anspruchswortlauts, die die Bescheidserwiderung eben versucht hat, zu widerlegen.

4.5 Dass oder ob in diesem Fall ausreichend Gelegenheit gegeben worden ist, Einwände zu beseitigen, und die Entscheidung in der geringst möglichen Zahl der Arbeitsgänge zustande gekommen ist (Seite 2, 2. und 3. Absatz der Entscheidung), ist hier unerheblich. Ausschlaggebend für die Gewährung des rechtlichen Gehörs ist die Frage, ob die Prüfungsabteilung sich in ihrer Entscheidung tatsächlich mit dem zur Kenntnis genommenen Vorbringen der Anmelderin in ihrer Bescheidserwiderung auseinandergesetzt hat. Nichts in der Entscheidung weist darauf hin.

4.6 Die Kammer schließt aus obengenannten Gründen, dass das der Artikel 113(1) EPÜ zugrundeliegende Verfahrensgrundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden ist und somit ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt. Der Billigkeit wegen ordnet sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 103 EPÜ an.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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