European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2010:T124508.20101025 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 October 2010 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1245/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01127208.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | D21G 1/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kalander und Verfahren zum Behandeln einer Materialbahn | ||||||||
Name des Anmelders: | Voith Patent GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Andritz Küsters GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 209 286 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.
II. Der Einspruch der Beschwerdeführerin stützte sich auf die in Artikel 100(a) EPÜ (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ; mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) genannten Einspruchsgründe.
III. Am 25. Oktober 2010 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag). Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags 1 oder der Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags 2, jeweils eingereicht am 18. September 2010, oder der Ansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags 3, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.
V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
D2: DE-A-198 20 089;
D5: "PROSOFT - Die neue Glättechnologie", P.Svenka und B.Brendel, "Wochenblatt für Papierfabrikation", 11/12, 1998;
D8: Dissertation "Über die Druckspannungsverteilung und die Papierkompression im Walzenspalt eines Kalanders", Rolf van Haag, Darmstadt 1993, Dl7, Seiten 1 bis 13 und 113 bis 125.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"1. Kalander mit einem Walzenstapel, der zwei Endwalzen und dazwischen mehrere Zwischenwalzen aufweist, wobei im Betrieb zwei einander benachbarte Walzen, die jeweils eine Durchbiegung aufweisen, einen Nip bilden, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Durchbiegungen benachbarter Walzen voneinander unterscheiden, wobei eine der konvexen Seite einer ersten Walze benachbarte zweite Walze eine schwächere Durchbiegung als die erste Walze aufweist."
VII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch folgenden Zusatz am Ende des Anspruchs:
"und benachbarte Walzen jeweils eine Durchbiegung aufweisen, bei denen eine Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie an der konvexen Seite der ersten Walze im wesentlichen mit einer Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie der benachbarten zweiten Walze an deren konkaven Seite übereinstimmt".
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass das Merkmal
"daß sich die Durchbiegungen benachbarter Walzen voneinander unterscheiden"
durch
"daß sich bei geöffneten Walzenstapel die Durchbiegungen benachbarter Walzen voneinander unterscheiden"
ersetzt ist.
IX. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 durch folgenden Zusatz am Ende des Anspruchs:
"wobei von einander benachbarten Walzen mindestens eine eine Krafteinleitungseinrichtung aufweist und/oder im Fall daß benachbarte Walzen unterschiedliche Lagerabstände aufweisen, wenn sie in mindestens einem Parameter voneinander abweichen, der Lagerabstand mindestens einer Zwischenwalze veränderbar ist".
X. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
Die Druckschrift D2 offenbare einen Kalander mit allen Merkmalen des Oberbegriffs des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) und lehre, dass die Zwischenwalzen eine im Wesentlichen gleiche Durchbiegung erfahren (Spalte 1, Zeilen 1 bis 11, Figur 1 und Spalte 2, Zeilen 44 bis 46). Der Begriff "im Wesentlichen gleich" müsse hierbei im Zusammenhang mit der angestrebten Gleichmäßigkeit der Nipkräfte ausgelegt werden, welche zueinander parallel verlaufende Mantellinien benachbarter Walzen voraussetze (Spalte 6, Zeilen 14 bis 19). Die Angabe "im Wesentlichen gleich" sei somit so zu verstehen, dass die gezielte Biegung der Zwischenwalzen geringfügig unterschiedlich sei, wenn die Feineinstellung - z.B. die Korrektur einer eventuell vorhandenen Rohrovalisierung - dies verlange (Spalte 9, Zeilen 22 bis 29). In diesem Falle weise die einer konvexen Seite einer ersten Walze benachbarte zweite Walze eine schwächere Durchbiegung als die erste Walze auf, um der konkaven Verformung durch Rohrovalisierung zu begegnen. Nur dann seien die Mantellinien beider Walzen in Übereinstimmung zu bringen, um somit die Gleichmäßigkeit der Nipkräfte zu gewährleisten. Zudem gehöre Art und Umfang der Schalenverformung der Zwischenwalzen eines Kalanders zum Grundwissen des Fachmanns, siehe Druckschriften D5 (Abschnitt 2.2.2) und D8 (Abschnitt 6.2.2).
Der Gegenstand nach Anspruch 1 (Hauptantrag) sei somit gegenüber diesem Stand der Technik nicht neu.
Hilfsantrag 1
Die Druckschrift D2 offenbare, dass die Dicke der Nips über die Länge der Walzen gleichmäßig ausgebildet sei (Anspruch 8). Somit müssten auch die Amplituden der Durchbiegungen übereinstimmen.
Der Gegenstand nach Anspruch 1 (Hilfsantrag 1) sei somit nicht neu.
Hilfsantrag 2
Die Aufgabe bestehe darin, den Schließvorgang des Nips zu verbessern, wobei die Mantellinien der Walzen mit der Materialbahn dazwischen in Kontakt treten. Durch ein entsprechendes Vorbiegen würden die Walzen entlastet, wodurch das Risiko von Schäden an den Walzen vermindert werde.
Eine im Betrieb vorliegende Walzeneinstellung bereits vorab auch bei geöffneten Nip als Voreinstellung zu übernehmen sei für den Fachmann eine übliche handwerkliche Maßnahme.
Der Gegenstand nach Anspruch 1 (Hilfsantrag 2) beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 3
Hilfsantrag 3 sei verspätet vorgebracht worden.
Ferner sei der Gegenstand gemäß Anspruch 1 (Hilfsantrag 3) unklar, weil das Merkmal mit den veränderbaren Lagerabständen einer unklaren Bedingung unterworfen sei. Zudem sei noch immer unklar, wie groß die Abweichungen zwischen den "im Wesentlichen" übereinstimmenden Amplituden sein könne.
Hilfsantrag 3 sei somit nicht zuzulassen.
XI. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Hauptantrag
Die Aufgabe der in der Druckschrift D2 offenbarten Erfindung sei es, eine gewünschte Streckenlastkennlinie in einem Kalander einstellen zu können. Unter Verwendung von Streckenlastzusätzen oder Biegekräften erführen alle Zwischenwalzen eine im Wesentlichen gleiche Durchbiegung, d.h. wiesen gleiche Biegelinien auf (Spalte 2, Zeilen 43 bis 46; Spalte 4, Zeilen 42 bis 51; Spalte 4, Zeile 59 bis Spalte 5, Zeile 3; Spalte 6, Zeilen 8 bis 13; Spalte 7, Zeilen 63 bis 67; Spalte 8, Zeilen 39 bis 43 und Spalte 9, Zeile 22 bis 24). Unterschiedliche Durchbiegungen seien in der Druckschrift D2 nirgendwo angesprochen. Die Druckschriften D5 und D8 befassten sich nur mit Situationen, bei denen die Nips des Kalanders geschlossen seien und die Walzen unter Last gegeneinander gepresst werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei somit neu.
Hilfsantrag 1
Eine Angleichung der Amplituden werde bezüglich der Einstellung der Streckenlastkennlinie des Kalanders in der Druckschrift D2 nicht erwähnt und es gäbe auch keine Veranlassung für den Fachmann, die Durchbiegung der Mantellinien in Betracht zu ziehen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag 1) sei somit neu.
Hilfsantrag 2
Die Erfindung gemäß Hilfsantrag 2 bewirke eine bessere Satinage der Materialbahn wegen der durch sie erwirkten gleichmäßigeren Bedingungen im geschlossenen Nip.
Die Druckschrift D2 gebe keine Hinweise zu weiteren Maßnahmen bei einem geöffneten Nip und sei zudem konstruktiv nicht dazu geeignet, bei geöffnetem Nip die Walzen vorzubiegen (Spalte 4, Zeilen 42 bis 51). Bei geöffnetem Nip seien die Walzen nicht mehr belastet und es gebe somit keine Rohrovalisierung, so dass die Amplituden der Durchbiegung der Mantellinien nicht mehr übereinstimmten. Der Fachmann habe zudem keine Veranlassung, sich bei geöffnetem Nip Gedanken zu den Mantellinien zu machen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag 2) beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 3
Hilfsantrag 3 werde in Reaktion auf die Ablehnung der vorangehenden Anträge gestellt. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrags 3 bestehe lediglich aus der Zusammenführung des Ansprüche 1, 2, 4 und 6 gemäß Hilfsantrag 2. Zudem sei die Beschwerdegegnerin zusätzlich bereit, den Anspruch dahingehend klarzustellen, dass benachbarte Walzen, die in mindestens einem Parameter voneinander abweichen, unterschiedliche Lagerabstände aufweisen und der Lagerabstand mindestens einer dieser Walzen veränderbar ist.
Der Hilfsantrag 3 sei somit zuzulassen.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Die Druckschrift D2 offenbart einen Kalander mit einem Walzenstapel, der zwei Endwalzen und dazwischen mehrere Zwischenwalzen aufweist, wobei im Betrieb zwei einander benachbarte Walzen, die jeweils eine Durchbiegung aufweisen, einen Nip bilden (Spalte 1, Zeilen 3 bis 11, Figur 1). Um die Gleichmäßigkeit der Streckenlast verteilungen zwischen den Zwischenwalzen sicherzustellen, erfahren alle Zwischenwalzen eine "im Wesentlichen gleiche Durchbiegung", d. h. weisen im Wesentlichen gleiche Biegelinien auf (Spalte 2, Zeilen 43 bis 46; Spalte 4, Zeile 59 bis Spalte 5, Zeile 3).
1.2 Im Anspruch 1 (Streitpatent) ist das Ausmaß der Unterschiede in den Durchbiegungen benachbarter Walzen nicht angegeben. Gemäß dem Ausführungsbeispiel geht es bei der Erfindung des Streitpatents um Durchbiegungs differenzen DeltafEM von 0,26 mym zwischen zwei benachbarten Walzen mit 10 m Arbeitsbreite AB (Absatz [0032] des Streitpatents).
Die Beschreibung des Streitpatents offenbart die Problematik, dass bereits rein geometrische Gründe einer gleichmäßigen Ausbildung des Nips entgegenstehen (Absatz [0008], Streitpatent). Eine auf diese spezifische Problematik abgestimmte Kompensation ist aber nicht Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag), so dass bereits geringste Abweichungen in den Durchbiegungen dem Erfordernis des kennzeichnenden Merkmals genügen.
1.3 Nach Auffassung der Kammer wird der Fachmann, der bei der praktischen Ausführung der Konstruktion eines Kalanders mit Herstellungstoleranzen und entsprechenden unvermeidlichen Variationen konfrontiert ist, derart geringe Unterschiede in den Durchbiegungen benachbarter Walzen nicht vermeiden können und würde schon deshalb zwangsläufig unter den Anspruch fallen, wobei nochmals zu betonen ist, dass auch die geringste Abweichung in den Durchbiegungen dem Erfordernis des kennzeichnenden Merkmals genügt.
1.4 Abgesehen davon, lassen sich zwei benachbarte Walzen mit einer derartig geringen Durchbiegungsdifferenz ebenfalls als eine mit einer "im Wesentlichen gleichen Durchbiegung" bezeichnen. Somit muss die Offenbarung der Druckschrift D2 auch im Hinblick auf derartige extrem geringe Unterschiede näher betrachtet werden.
Gemäß der Druckschrift D2 wird die Durchbiegung der Walzen nach der Theorie der Balkenbiegung bestimmt (Spalte 5, Zeilen 54 bis 58), wobei sonstige Verformungen wie die Rohrovalisierung für eine Feineinstellung ebenfalls berücksichtigt werden können (Spalte 9, Zeilen 22 bis 29).
Dem Fachmann ist allgemein bekannt, dass es sich bei der Rohrovalisierung, um eine ungleichmäßige Verformung der Walzenoberfläche handelt, die auf Steifigkeits unter schiede entlang der Walze zurückzuführen sind (Druckschrift D5, Abschnitt 2.2.2). Eine diese Rohrovalisierung kompensierende Feineinstellung bei der zum Kalandrieren der Warenbahn notwendigen gleichmäßigen Ausbildung des Nips (Druckschrift D2, Anspruch 8) kann nur durch eine Anpassung der Zapfenkräfte an den Kalanderwalzen erreicht werden und führt somit im Vergleich zu der nur mittels der Balkenbiegung bestimmten im Wesentlichen gleichen Durchbiegung der Walzen zwangsläufig dazu, dass sich die Durchbiegungen benachbarter Walzen voneinander unterscheiden.
1.5 Bei einem Kalander zum Kalandrieren einer Warenbahn müssen die Kräfte im Nip entlang der ihn begrenzenden Walzen gleichmäßig sein, welches folglich bedingt, dass die Dicke des Nips über die Länge der Walzen ebenfalls gleichmäßig ausgebildet sein muss (Druckschrift D2, Spalte 2, Zeilen 43 bis 46, Spalte 6, Zeilen 14 bis 19, Anspruch 8). Somit muss zwangsläufig eine der konvexen Seite einer ersten Walze benachbarte zweite Walze eine schwächere Durchbiegung als die erste Walze aufweisen, weil ansonsten der Nip nicht gleichmäßig ausgebildet sein kann. Folglich muss dieses Merkmal zwangsweise in einem funktionsfähigen Kalander vorliegen und kann daher den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht gegenüber dem Stand der Technik abgrenzen.
1.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit nicht neu, Artikel 54 EPÜ.
2. Hilfsantrag 1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag durch das Merkmal, dass "benachbarte Walzen jeweils eine Durchbiegung aufweisen, bei denen eine Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie an der konvexen Seite der ersten Walze im Wesentlichen mit einer Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie der benachbarten zweiten Walze an deren konkaven Seite übereinstimmt".
Hierbei soll anscheinend davon ausgegangen werden, dass der Fachmann unter "einer Amplitude", die Amplitude der Durchbiegung in der Mitte der Walze versteht, weil dort die Amplitude am größten ist. Ob es sich hierbei um ein geeignetes Kriterium zum Einstellen der Walzen durch biegungen eines Kalander handelt, kann dahingestellt bleiben.
Ferner finden sich weder im Anspruch noch in der Beschreibung Angaben bezüglich des Ausmaßes eventueller Abweichungen von der angestrebten Übereinstimmung der Amplituden, bei denen diese noch als "im Wesentlichen" übereinstimmend zu verstehen sind.
Wie bereits erörtert fordert die Druckschrift D2, dass einerseits die Dicke des Nips über die Länge der Walzen gleichmäßig auszubilden ist (Anspruch 8) und andererseits die Biegelinien benachbarter Walzen auch wesentlich gleich sein sollte. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich damit bei der Bestimmung des Biegegrades der Kalanderwalzen gemäß der Druckschrift D2, dass die Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie einer ersten Walze im Wesentlichen mit der Amplitude der Durchbiegung der Mantellinie einer benachbarten zweiten Walze übereinstimmt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrag 1 ist somit nicht neu, Artikel 54 EPÜ.
3. Hilfsantrag 2
Die den nächstliegenden Stand der Technik bildende Druckschrift D2 offenbart, dass es "nicht erforderlich [ist] die Zwischenwalzen konstruktiv so auszubilden, dass ihre Durchbiegungen aus Eigengewicht und ihre Biegesteifigkeiten untereinander gleich groß sind" (Spalte 3, Zeilen 3 bis 6). Somit offenbart die Druckschrift D2 implizit, dass sich bei geöffneten Walzenstapel die Durchbiegungen benachbarter Walzen voneinander unterscheiden.
Der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich daher von dem Kalander gemäß der Druckschrift D2 dadurch, dass bei geöffneten Walzenstapel eine der konvexen Seite einer ersten Walze benachbarte zweite Walze eine schwächere Durchbiegung als die erste Walze aufweist und dass die Amplitude der Durchbiegung der Mantellinien benachbarter Walzen "im Wesentlichen" übereinstimmt.
Das Ausmaß eventueller Abweichungen, bei denen die angestrebte Übereinstimmung der Amplituden noch als "im Wesentlichen" übereinstimmend zu verstehen ist, wird im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 allerdings nicht weiter definiert. Wie bereits im Zusammenhang mit den vorherigen Anträgen erörtert, müssen die Walzen derartig unterschiedliche Biegelinien aufweisen, dass bei geschlossenem Walzenstapel zum Kalandrieren brauchbare Nips mit entsprechenden übereinstimmenden Mantellinien vorliegen. Somit muss wiederum, wie bereits erörtert, eine der konvexen Seite einer ersten Walze benachbarte zweite Walze zwangsweise eine schwächere Durchbiegung als die erste Walze aufweisen.
Das von der Beschwerdegegnerin angeführte bessere Satinageergebnis wird im Streitpatent lediglich auf eine Angleichung der den Nip bildenden Mantellinien zurückgeführt (Absatz [0016]). Somit ist dem Streitpatent nicht zu entnehmen, dass es die Walzen durchbiegungen bei geöffneten Walzenstapel gemäß dem Gegenstand des Anspruch 1 (Hilfsantrag 2) sind, die zu einem besseren Satinageergebnis führen.
Der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 bewirkt daher im Vergleich zum Kalander gemäß der Druckschrift D2, dass bei geöffneten Walzenstapel eine Art Voreinstellung der Durchbiegungen der Walzen vorgenommen wird (Absätze [0022] und [0023], Streitpatent). Allerdings gehört es zum üblichen Handeln des Fachmanns die Möglichkeit einer Voreinstellung zu nutzen, um somit schnell und sicher den Betriebszustand zu erreichen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag 2) beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
4. Hilfsantrag 3
Der Hilfsantrag 3 wurde gegen Ende der mündlichen Verhandlung vorgelegt und ist damit verspätet.
Mit diesem Hilfsantrag wurde der Aspekt der unter schiedlichen Lagerabstände, der bisher nicht zur Diskussion stand, neu in die Verhandlung eingebracht. Eine Prüfung und Erörterung des so geänderten Anspruchsgegenstands ist aber insbesondere im Hinblick auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit weder der Beschwerdeführerin noch der Kammer zu diesem späten Zeitpunkt zuzumuten.
Zudem scheinen die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 3 die Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ nicht zu erfüllen. So scheint unter anderem die Kombination, dass auch bei geöffnetem Walzenstapel von einander benachbarter Walzen mindestens eine eine Kraft ein leitungs einrichtung aufweist, ursprünglich nicht offenbart zu sein (Artikel 123(2) EPÜ). Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 scheint daher aus formalen Gründen prima facie nicht gewährbar zu sein.
Hilfsantrag 3 wird somit, auch unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen weiteren der Klarstellung dienenden Änderung, weil verspätet vorgelegt und prima facie nicht gewährbar, nicht zugelassen (Artikel 114(2) EPÜ, Artikel 12(2), 13(1) und (3) VOBK).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.