European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T045208.20091111 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 November 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0452/08 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02023601.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 85/16 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Grossgebinde aus mehreren jeweils zu einer Rolle gewickelten, folienverpackten Dämmstoffbahnen aus Mineralwolle | ||||||||
Name des Anmelders: | SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Knauf Insulation SA ROCKWOOOL INTERNATIONAL A/S URSA International GmbH |
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Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Unzulässige Änderungen (neuer Hauptantrag): ja Unzulässige Erweiterung des Schutzumfangs (restliche Anträge): ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 321 382 Beschwerde eingelegt.
II. Mit den drei Einsprüchen war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Kombination mit Artikel 54 EPÜ (mangelnde Neuheit) sowie Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit), im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ in Kombination mit Artikel 83 EPÜ (unvollständige Offenbarung) und im Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ in Kombination mit Artikel 123 EPÜ (unzulässige Änderungen) angegriffen worden.
III. Am 11. November 2009 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis des Anspruchssatzes gemäß dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten neuen Hauptantrag oder, hilfsweise, auf der Basis eines der Anspruchssätze gemäß dem Hilfsantrag 1a oder dem geänderten Hilfsantrag 1b, beide eingereicht während der mündlichen Verhandlung, oder gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2009, jeweils mit der Maßgabe ihrer diesbezüglichen Erklärungen während der mündlichen Verhandlung.
Die drei Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 01, 02 und 03) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag bzw. dem Hilfsantrag 1a lautet wie folgt:
"Großgebinde (1) aus mehreren jeweils zu einer Rolle (4) gewickelten, folienverpackten Dämmstoffbahnen aus Mineralwolle, insbesondere Glaswolle, die für die Verlegung als Klemmfilz ausgebildet und auf einer Standfläche stehend in vorzugsweise parallelen Reihen aus jeweils mehreren Rollen sowie in zwei Lagen (2, 3) übereinander angeordnet sind, wobei jede Reihe mit den mehreren Rollen (4) durch eine Folienhülle (6) in einem komprimierten Zustand zu einem Modul (5) verpackt ist und die übereinander angeordneten Lagen (2, 3) gegebenenfalls mit einer unter der ersten Lage befindlichen Palette als Standfläche durch eine weitere Folienumhüllung (7) zum Großgebinde (1) verpackt sind, dadurch gekennzeichnet, dass sowohl die einzelne Rolle (4) als auch die mehreren Rollen in einem Modul (5) des Großgebindes mit einer Höhe zwischen 2,30 m und 2,50 m, insbesondere 2,40 m und einer Dicke der Dämmstoffbahn von 60 mm bis 240 mm bei Komprimierung der Rollenreihe im Modul (5) in Längsrichtung derart komprimiert sind, dass das Verhältnis Dämmfläche m**(2)/Standfläche m**(2) des Großgebindes (1) gleich etwa 50 : 1 bis etwa 115 : 1 beträgt, wobei das Großgebinde 24 Rollen mit je 12 Rollen in einer Lage bei zwei übereinander angeordneten Lagen aufweist".
Im Absatz [0002] der Beschreibung des neuen Hauptantrags wurde die Nummer der darin erwähnten Patentschrift berichtigt und im Absatz [0002] der Beschreibung für den Hilfsantrag 1a wurden sowohl die Nummer der darin erwähnten Patentschrift berichtigt als auch die drei letzten Sätze dieses Absatzes gestrichen.
Der Anspruch 1 gemäß dem geänderten Hilfsantrag 1b unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag dadurch, dass in dem Oberbegriff das Merkmal "die für die Verlegung als Klemmfilz ausgebildet" durch das Merkmal "die als Klemmfilz ausgebildet sind, wobei die Dämmstoffbahnen mit quer zur Längsrichtung der Bahn angeordneten Markierungen versehen sind, so dass entsprechend des Sparrenabstands Abschnitte für das Verlegen zwischen den Sparren ablängbar sind" ersetzt ist.
Der Absatz [0002] der Beschreibung für den geänderten Hilfsantrag 1b, welcher in identischer Form auch für die Hilfsanträge 1, 2 und 3 gilt, wurde gegenüber dem Absatz [0002] der Beschreibung des neuen Hauptantrags dadurch geändert, dass sein letzter Satz folgende Fassung aufweist:
"Derartige Klemmfilze können einen erhöhten Bindemittelgehalt im Bereich von 6 bis 7 Gew.-% haben und zeichnen sich durch eine höhere Steifigkeit aus".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des geänderten Hilfsantrags 1b durch den Zusatz am Ende des kennzeichnenden Teils "dass die Rollen (4) unter erhöhter Kompression durch die um das Modul (5) aufgebrachte Folienhülle (6) gehalten sind, wobei diese Kompression der Rollenreihe im Modul (5) um 1/4 in Längsrichtung bis um etwa 1/3 in Längsrichtung der Rollenreihe erfolgt".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des geänderten Hilfsantrags 1b durch den Zusatz am Ende des kennzeichnenden Teils "dass die Rollen (4) unter erhöhter Kompression durch die um das Modul (5) aufgebrachte Folienhülle (6) gehalten sind, wobei diese Kompression im Bereich von 28 bis 32 % liegt".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des geänderten Hilfsantrags 1b durch den Zusatz am Ende des kennzeichnenden Teils "wobei die Rollen (4) unter erhöhter Kompression durch die um das Modul (5) aufgebrachte Folienhülle (6) gehalten sind, und dass die Kompression innerhalb des Moduls insgesamt im Bereich von 7,5 bis 8,5 liegt, vorzugsweise 7,9 beträgt".
V. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Artikel 123 (2) EPÜ - neuer Hauptantrag
Der im Anspruch 1 im Prüfungsverfahren aufgenommene Begriff "Klemmfilz", welcher in den Absätzen [0002] und [0003] der Beschreibung der Streitpatentschrift bereits detailliert beschrieben sei, sei ein dem Fachmann wohlbekannter "terminus technicus", welcher auf eine Entwicklung aus dem Hause der Patentinhaberin im Jahre 1986 zurückgehe und erstmalig in der DE 36 12 857 C3 (im Patent irrtümlich mit DE 36 12 875 C3 gekennzeichnet) beschrieben wurde. Für den Fachmann sei sofort erkennbar, dass der im Anspruch verwendete Begriff "Klemmfilz" sich nur auf die Dämmstoffbahnen im Sinne des Satzes 4 des Absatzes [0002] der Beschreibung richte, die Patentschrift sei somit das eigene Lexikon. Die darauffolgenden, hinzugefügten Sätze 5 bis 9 dieses Absatzes bezögen sich, für den Fachmann, alle ausschließlich auf die Klemmfilze, die in der darin zitierten deutschen Patentschrift DE 36 12 857 C3 erwähnt seien. Dies treffe insbesondere auf den Satz 9 zu: "Derartige Klemmfilze haben einen erhöhten Bindemittelgehalt im Bereich von 6 - 7 Gew.-% und zeichnen sich durch eine höhere Steifigkeit aus", denn diese Druckschrift offenbare klar diese Merkmale. Diese hinzugefügte Würdigung in der Anmeldung könne somit nicht unter Artikel 123 (2) EPÜ bemängelt werden. Da die erfindungsgemäßen Klemmfilze, welche in den vorangehenden Sätzen 3 und 4 dieses Absatzes genannt worden seien, hiermit eindeutig nicht gemeint seien, können sie auch den Bindemittelanteil der erfindungsgemäßen Klemmfilze nicht weiter bestimmen und seien somit auch nicht bei der Bestimmung des Gegenstandes des Anspruchs 1 zu berücksichtigen. Demgemäß sei auch nicht von einer neuen Information in Bezug auf diesen Anspruchsgegenstand die Rede, die einen Einwand nach Artikel 123 (2) EPÜ begründen könne.
Artikel 123 (3) EPÜ - Hilfsantrag 1a, geänderter Hilfsantrag 1b und Hilfsanträge 1 bis 3
Die Streichung der Sätze 6 bis 9 des Absatzes [0002], wie es im Hilfsantrag 1a der Fall sei, und die Umformulierung des Satzes 9 dieses Absatzes, wie es bei dem geänderten Hilfsantrag 1b und bei den Hilfsanträgen 1 bis 3 der Fall sei, stelle im obigen Sinne nur klar, dass ein Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% bei den erfindungsgemäßen Klemmfilzen überhaupt nicht bzw. nicht zwingend vorhanden sein muss. Diese Streichung bzw. Umformulierung könne somit keine Verletzung von Artikel 123 (3) EPÜ hervorrufen.
VI. Die Beschwerdegegnerinnen haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Artikel 123 (2) EPÜ - neuer Hauptantrag
Die im Satz 9 des Absatzes [0002] der Beschreibung für den neuen Hauptantrag angegebene spezifische Definition des Bindemittelanteils von 6 bis 7 Gew.-% betreffe klar die Klemmfilze nach der Erfindung des Streitpatents. Dieser Anteil jedoch sei in der ursprünglich eingereichten Anmeldung gerade dafür nicht offenbart gewesen und daher in unzulässiger Weise in die Beschreibung aufgenommen worden. Diese spezifische Definition der Klemmfilze sei laut dieser Beschreibung ein übergeordnetes Erfordernis der beanspruchten Erfindung und werde vom Fachmann somit bei jeder weiteren Erwähnung des Begriffs "Klemmfilz" in der Patentschrift und somit auch bei dem in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmal, für die Interpretation dieses Begriffs herangezogen. Da diese spezifische Definition des Bindemittelanteils in dem Klemmfilz nach der Erfindung keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung habe, erfülle der Anspruch 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ. Ansonsten seien die Erklärungen der Beschwerdeführerin, dass die hinzugefügten Sätze sich nur auf die Klemmfilze nach der DE 36 12 857 C3 bezögen, widersprüchlich zu ihrem Vortrag im Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren, wo sie argumentiert habe, der Bindemittelgehalt sei gerade ein Kennzeichen der "Klemmfilze".
Artikel 123 (3) EPÜ - Hilfsantrag 1a, geänderter Hilfsantrag 1b und Hilfsanträge 1 bis 3
Die Streichung der Sätze 6 bis 9 des Absatzes [0002], wie es im Hilfsantrag 1a der Fall sei, und die Umformulierung des Satzes 9 dieses Absatzes, wie es bei dem geänderten Hilfsantrag 1b und bei den Hilfsanträgen 1 bis 3 der Fall sei, stelle klar eine Erweiterung des Schutzumfanges dar, denn damit entfalle der Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% als zwingend mitzulesendes einschränkendes Merkmal der anspruchsgemäßen Klemmfilze.
Die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ seien dadurch nicht erfüllt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerdeführerin hat während der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie keine Einwände gegen die bereits im Bescheid angekündigte Erörterung der im Prüfungsverfahren stattgefundenen Änderungen des Absatzes [0002] der Beschreibung des Streitpatents im Lichte des Artikels 123 EPÜ hatte. Sie bestätigte auch, dass die im Anspruch 1 vorhandene Zweckangabe: "... die für die Verlegung als Klemmfilz ausgebildet ... sind" das Ziel hat, darzulegen, dass die beanspruchten Großgebinde u.a. mehrere jeweils zu einer Rolle gewickelten Klemmfilzbahnen umfassen.
2. Artikel 123 (2) EPÜ - neuer Hauptantrag
2.1 Der Anspruch 1 betrifft ein Großgebinde "aus mehreren jeweils zu einer Rolle gewickelten, folienverpackten Dämmstoffbahnen aus Mineralwolle, insbesondere Glaswolle, die für die Verlegung als Klemmfilz ausgebildet" sind. Die Kammer stellt daher zuerst fest, dass durch diese Formulierung im Anspruch 1 in der Tat bestimmt wird, dass das Großgebinde u.a. aus mehreren jeweils zu einer Rolle gewickelten, folienverpackten Klemmfilze aus Mineralwolle, insbesondere Glaswolle, gebildet ist.
2.2 Bei der Überprüfung, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Form geändert worden ist, dass er auf einen Gegenstand gerichtet ist, welcher über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und somit die Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ nicht erfüllt, spielt die Bedeutung des Begriffs Klemmfilz eine entscheidende Rolle.
2.3 Der Begriff Klemmfilz wurde in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nur in dem zweiten und dritten Absatz der Beschreibung erwähnt. Er fand in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen keine Erwähnung.
2.4 Der zweite Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung bestand aus den folgenden vier Sätzen:
"**(1)Dämmstoffbahnen aus Mineralwolle werden in vielfältiger Weise zu Wärmedämmzwecken verwendet. **(2)Ein Haupteinsatzgebiet ist die Dämmung von Dächern, insbesondere die Dämmung von Steildächern. **(3)Hierzu werden die Dämmstoffbahnen zwischen den Dachsparren befestigt, wobei sowohl für die Wärmedämmung von Neubauten wie auch für die Wärmedämmung von Altbauten im Zuge von Renovierungsarbeiten zumeist sogenannte Klemmfilze verwendet werden. **(4)Bei Klemmfilzen handelt es sich um Dämmstoffbahnen, die quer zur Längsrichtung der Dämmstoffbahn mit Markierungen versehen sind, so dass entsprechend des Abstands der Sparren, zwischen die Dämmstoff eingebracht werden soll, ein entsprechender Abschnitt von einer Dämmstoffbahn unter Ausnutzung der quer verlaufenden Markierungen als Schnitthilfslinien abgelängt und dann mit Klemmsitz zwischen den Sparren eingebracht wird" (Fettdruck und Satznummer durch die Kammer eingeführt).
Dadurch wurde in der ursprünglich eingereichten Anmeldung definiert, welche Dämmstoffbahnen im Sinne der Erfindung unter dem Begriff Klemmfilz zu subsumieren sind. Ein Bindemittelanteil von 6 bis 7%-Gew. ist weder für die oben genannte, noch für die erfindungsgemäßen Klemmfilze in der gesamten ursprünglich eingereichten Anmeldung, weder explizit noch implizit, offenbart.
2.5 Nach Empfang der Mitteilung gemäß Regel 51 (4) EPÜ 1973 reichte die Beschwerdeführerin, damalige Anmelderin, mit ihrem Brief vom 4. April 2005, u.a. einen geänderten zweiten Absatz der Beschreibung ein, in dem die vorgenommen Änderungen in kursiver Schrift aufgeführt waren, zusammen mit einem geänderten Anspruch 1, in dem der zusätzliche Satz "die für die Verlegung als Klemmfilz ausgebildet sind" ebenfalls in kursiver Schrift aufgeführt war. Dieser geänderte zweite Absatz der Beschreibung bildete sodann den Absatz [0002] des erteilten Patents in folgender Form, wobei der Absatz [0002] des neuen Hauptantrags mit dem Absatz [0002] des erteilten Patents, bis auf die korrigierte Nummer der darin erwähnten deutschen Patentschrift, identisch ist:
"**(1)Dämmstoffbahnen aus Mineralwolle werden in vielfältiger Weise zu Wärmedämmzwecken verwendet. **(2)Ein Haupteinsatzgebiet ist die Dämmung von Dächern, insbesondere die Dämmung von Steildächern. **(3)Hierzu werden die Dämmstoffbahnen zwischen den Dachsparren befestigt, wobei sowohl für die Wärmedämmung von Neubauten wie auch für die Wärmedämmung von Altbauten im Zuge von Renovierungsarbeiten zumeist sogenannte Klemmfilze verwendet werden. **(4)Bei Klemmfilzen handelt es sich um Dämmstoffbahnen, die quer zur Längsrichtung der Dämmstoffbahn mit Markierungen versehen sind, so dass entsprechend des Abstands der Sparren, zwischen die Dämmstoff eingebracht werden soll, ein entsprechender Abschnitt von einer Dämmstoffbahn unter Ausnutzung der quer verlaufenden Markierungen als Schnitthilfslinien abgelängt und dann mit Klemmsitz zwischen den Sparren eingebracht wird. **(5)Derartige Klemmfilze sind aus der DE 36 12 857 C 3 bekannt. **(6)Die Dämmstoffbahn ist hier jeweils zu einer Rolle aufgewickelt. **(7)Längs der auf der Dämmstoffbahn vorgesehenen Markierungen werden Trennschnitte vorgenommen, wodurch jeweils ein Abschnitt von der Dämmstoffbahn abgetrennt wird, dessen Länge dem Abstand der Sparren entspricht. **(8)Der abgetrennte Abschnitt wird um 90º und dann zwischen den Sparren verlegt, wo er dann mit Klemmsitz gehalten ist. **(9)Derartige Klemmfilze haben einen erhöhten Bindemittelgehalt im Bereich von 6 bis 7 Gew.-% und zeichnen sich durch eine höhere Steifigkeit aus"(Fettdruck und Satznummer durch die Kammer eingeführt).
2.6 Durch den in Satz 5 erstmalig verwendeten Ausdruck "derartige Klemmfilze" wird angegeben, dass erfindungsgemäße, nämlich die im vorangehenden Satz 4 erwähnten, Klemmfilze aus der DE 36 12 857 C3 bekannt sind. Dies wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die drei nachfolgenden Sätze 6 bis 8 sind für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Von Bedeutung aber ist Satz 9, welcher, unter erneuter Verwendung des Ausdrucks "derartige Klemmfilze", den Klemmfilzen u.a. einen Bindemittelgehalt im Bereich von 6 bis 7 Gew.-% zuschreibt.
2.7 Während die Beschwerdeführerin vortrug, dass die nochmalige Verwendung des Ausdrucks "derartige Klemmfilze" sich ausschließlich auf die aus der DE 36 12 857 C3 bekannten und somit auf nicht erfindungsgemäße Klemmfilze beziehe, argumentierten die Beschwerdegegnerinnen, dass dieser Rückbezug, welcher eine Wiederholung des ersten Ausdrucks darstelle, sich eindeutig auf die vorangehenden Sätze und somit auf die erfindungsgemäßen Klemmfilze beziehe. Dieser Rückbezug definiere somit letztere als ein Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% aufweisende Klemmfilze, ohne dass es dafür in der ursprünglich eingereichten Anmeldung eine Offenbarung gegeben habe.
2.8 Die Kammer nimmt im Sinne der Ausführungen der Beschwerdeführerin argumentationshalber an, dass der Begriff Klemmfilz ein "terminus technicus" sei, welcher in seiner breitesten Auslegung durch den Fachmann Dämmstoffbahnen definiere, welche unter der im Satz 4 des Absatzes [0002] angegebenen Definition der Klemmfilze fielen.
Für den vorliegenden Fall kann die Kammer auch dem Argument der Beschwerdeführerin folgen, dass das Patent sein eigenes Wörterbuch beinhaltet bzw. darstellt, das bestimmt, wie die verschiedenen in der Beschreibung und in den Ansprüchen verwendeten Begriffe durch den Fachmann zu verstehen sind.
2.9 In einem solchen Fall muss jedoch der gesamte Kontext solcher Definitionen betrachtet werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - weitere Sätze dem Begriff, der im Stand der Technik bekannterweise einen spezifischen Gegenstand definiert, weitergehende oder andere Qualifikationen zuschreiben. Dann wird diesem Begriff in der Beschreibung ausdrücklich eine besondere, den üblichen Begriffsinhalt überlagernde Bedeutung zugewiesen (siehe hierzu auch T 500/01 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Punkt 6 der Gründe).
2.10 Im vorliegenden Fall befindet die Kammer, dass eine sowohl grammatikalisch als auch semantisch korrekte Auslegung der Sätze 5 bis 9 des Absatzes [0002] eindeutig zu der Schlussfolgerung führt, dass auch der zum zweiten Mal darin benutzte Ausdruck "derartige Klemmfilze" sich, wie der zum ersten Mal in Satz 5 verwendete Ausdruck, auf die in den Sätzen 1 bis 4 dieses Absatzes erwähnten und somit sich auch auf die erfindungsgemäßen Klemmfilze bezieht. Durch diesen Ausdruck wird den erfindungsgemäßen Klemmfilzen explizit ein Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% zugeschrieben.
2.11 Die Kammer stellt weiterhin fest, dass für dieses Erfordernis eines Bindemittelanteils von 6 bis 7 Gew.-% für die erfindungsgemäßen Klemmfilze keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung zu finden ist. Diese Tatsache wurde seitens der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
2.12 Somit ist die Anmeldung, in Widerspruch zu den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ, in der Weise geändert, dass neue Information zur Erfindung hinzugefügt worden ist, die dazu führt, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
2.13 Das von der Beschwerdeführerin vorgetragene Argument, dass die Sätze 5 bis 9 des Absatzes [0002] sich eindeutig ausschließlich auf den Inhalt der darin erwähnten deutschen Patentschrift beziehen, kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht folgen:
Durch den Satzanfang mit dem Begriff "Derartige Klemmfilze", sowohl in Satz 5 als auch in Satz 9, wird erstens klar der Bezug zu den vorangehenden Sätzen 1 bis 4, d.h. zu den erfindungsgemäßen Klemmfilzen hergestellt. Zweitens stehen diesem Argument die gegenteiligen Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegen, die sie im Einspruchsverfahren, bzw. im Beschwerdeverfahren schriftlich gemacht hat. Im Schriftsatz vom 30. November 2006 (Einspruchsverfahren) heißt es auf Seite 2, 2. Absatz dazu: "Wie auch ... werden kann". In der Beschwerdebegründung vom 18. April 2008 auf Seite 10, 2. Absatz heißt es: "Seit ... zwingend ist".
3. Artikel 123 (3) EPÜ - Hilfsantrag 1a, geänderter Hilfsantrag 1b und Hilfsanträge 1 bis 3
3.1 In der Beschreibung des Patents nach Hilfsantrag 1a wurden die vier letzten Sätze (6 bis 9) des Absatzes [0002] gestrichen, sodass nunmehr das Vorhandensein eines Bindemittelgehalts im Bereich von 6 bis 7 Gew.-% bei den Klemmfilzen nicht mehr erwähnt wird. In der Beschreibung zum geänderten Hilfsantrag 1b sowie zu den Hilfsanträgen 1 bis 3 wurde der letzte Satz (9) des Absatzes [0002] umformuliert, sodass dieser Bindemittelgehalt nur als optionales Merkmal dargestellt wird.
3.2 Gemäß den Punkten 2.9 und 2.10 oben erachtet die Kammer das in Satz 9 des Absatzes [0002] des erteilten Patents angegebene Vorhandensein eines Bindemittelanteils von 6 bis 7 Gew.-% bei den erfindungsgemäßen Klemmfilzen als ein übergeordnetes Erfordernis der beanspruchten Erfindung. Nach Artikel 123 (3) EPÜ darf das Patent nicht in der Weise geändert werden, dass sein Schutzbereich erweitert wird. Nach Artikel 69 EPÜ und das dazugehörige Protokoll wird der Schutzbereich durch die Ansprüche bestimmt, sind jedoch die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen. In Betracht der Ausführungen in den Punkten 2.9 bis 2.13 oben hat dies die Wirkung, dass der Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% in den Klemmfilzen nach Anspruch 1 als den Schutzumfang dieses Anspruchs weiter einschränkendes Erfordernis gesehen werden muss.
3.3 Durch die Streichung bzw. Veränderung des letzten Satzes (9) des Absatzes [0002] in dem Hilfsantrag 1a bzw. in dem geänderten Hilfsantrag 1b sowie in den Hilfsanträgen 1 bis 3 wird jedoch auf dieses Erfordernis verzichtet bzw. wird dieses als ein fakultatives Erfordernis dargestellt.
3.4 Die vorgenommene Streichung bzw. Veränderung des letzten Satzes des Absatzes [0002] bewirkt daher, dass unter dem Begriff Klemmfilz im jeweiligen Anspruch 1 der o.g. Anträge auch Dämmstoffbahnen begriffen sind, welche keinen Bindemittelanteil von 6 bis 7 Gew.-% aufweisen. Da dadurch der Schutzumfang des jeweiligen Anspruchs 1 dieser Anträge gegenüber den Schutzumfang des erteilten Anspruchs 1 erweitert wird, erfüllt der jeweilige Anspruch 1 aller dieser Anträge die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ nicht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.