European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2012:T198707.20120111 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 Januar 2012 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1987/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03778246.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 9/50 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rechnersystem in einem Fahrzeug | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, zugestellt mit Schreiben vom 10. Juli 2007, die Anmeldung 03 778 246 zurück zuweisen.
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags wurde als nicht erfinderisch erachtet über das Dokument:
D1 WO 99 48021 A, 23. September 1999 .
Außerdem wurden folgende Dokumente für die Hilfsanträge benutzt:
D4 WO 99 64952 A, 16. Dezember 1999
D5 H. Hagedoorn: "Vodoo2 - What is it and what can it do? The Q&A"; 1999; Seiten 1-12; XP002347311; heruntergeladen aus dem Internet: http://web.archive.org/web/20000831022005/http://guru3d.com/vodoo2.htm.
II. Beschwerde wurde am 17. September 2007 eingelegt. Die Gebühr wurde am selben Tag entrichtet. Die Begründung ist am 15. November 2007 eingegangen. Mündliche Verhandlung wurde hilfsweise beantragt.
III. In einer Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer dem Beschwerdeführer ihre vorläufige Meinung mit, wonach die Entscheidung zu bestätigen sei.
IV. In einem Schreiben vom 9. Dezember 2011, wurden ein neuer Hauptantrag und fünf Hilfsanträge eingereicht.
V. Am 11. Januar 2012 fand die mündliche Verhandlung statt.
VI. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Ent scheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Basis des Hauptantrags (Ansprüche 1-10) oder der Hilfsanträge I-V (I: Ansprüche 1-9; II, III: Ansprüche 1-8; IV: Ansprüche 1-10; V: Ansprüche 1-9), eingereicht mit Schreiben vom 9. Dezember 2011, als Beschreibung Seiten 1-7 in der ursprünglichen Fassung, Seite 1a eingegangen am 21. Dezember 2006 per Fax, und als Zeichnung Blatt 1 in der ursprünglichen Fassung.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Rechnersystem im Fahrzeug, welches wenigstens zwei Rechner (10, 13) aufweist, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen, wobei die Aufteilung der Aufgaben auf die wenigstens zwei Rechner (10, 13) nach Bedeutung der Funktionen für das Führen des Fahrzeugs erfolgt, wobei im wesentlichen fahrbezogene Funktionen in einem ersten Rechner (10), nicht fahrbezogene Funktion in einem zweiten Rechner (13) realisiert sind, dadurch gekennzeichnet, dass beide Rechner (10, 13) mit jeweils einem Grafikprozessor (11, 14) verbunden sind, wobei die beiden Rechner (10, 13) über eine vorgegebene Schnittstelle miteinander kommunizieren."
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet wie folgt (Kursiv schrift hinzugefügt zum Markieren der Unterschiede zum Hauptantrag):
"1. Rechnersystem im Fahrzeug, welches wenigstens zwei Rechner (10, 13) aufweist, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen, wobei die Aufteilung der Aufgaben auf die wenigstens zwei Rechner (10, 13) nach Bedeutung der Funktionen für das Führen des Fahrzeugs erfolgt, wobei im wesentlichen fahrbezogene Funktionen in einem ersten Rechner (10), nicht fahrbezogene Funktion in einem zweiten Rechner (13) realisiert sind, dadurch gekennzeichnet, dass beide Rechner (10, 13) mit jeweils einem Grafikprozessor (11, 14) verbunden sind, dass die beiden Rechner (10, 13) samt Grafikprozessor (11, 14) unterschiedliche Leistung haben, dass die beiden Rechner (10, 13) über eine vorgegebene Schnittstelle miteinander kommuni zieren, dass der zweite Rechner ein Multimedia prozessor mit hoher Rechenleistung ist, und dass der dem zweiten Rechner (13) zugeordnete Grafik prozessor (14) ein Hochleistungsprozessor ist, der hochauflösende Grafik verarbeiten kann."
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags II lautet wie folgt (Kursiv schrift hinzugefügt zum Markieren der Unterschiede zum Hilfsantrag I):
"1. Rechnersystem im Fahrzeug, welches wenigstens zwei Rechner (10, 13) aufweist, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen, wobei die Aufteilung der Aufgaben auf die wenigstens zwei Rechner (10, 13) nach Bedeutung der Funktionen für das Führen des Fahrzeugs erfolgt, wobei im wesentlichen fahrbezogene Funktionen in einem ersten Rechner (10), nicht fahrbezogene Funktion in einem zweiten Rechner (13) realisiert sind, dadurch gekennzeichnet, dass beide Rechner (10, 13) mit jeweils einem Grafikprozessor (11, 14) verbunden sind, dass die beiden Rechner (10, 13) samt Grafikprozessor (11, 14) unterschiedliche Leistung haben, dass die beiden Rechner (10, 13) über eine vorgegebene erste Schnittstelle miteinander kommuni zieren, dass der zweite Rechner ein Multimedia prozessor mit hoher Rechenleistung ist, dass der dem zweiten Rechner (13) zugeordnete Grafik prozessor (14) ein Hochleistungsprozessor ist, der hochauflösende Grafik verarbeiten kann, dass der dem ersten Rechner (10) zugeordnete Grafikprozessor (11) über eine weitere zweite Schnittstelle mit Anzeigemitteln für den Fahrer, dass der dem zweiten Rechner (13) zugeordnete Grafikprozessor (14) über eine weitere dritte Schnittstelle mit Anzeigemitteln für die Passagiere verbunden ist und dass die beiden Grafikprozessoren (11, 14) über eine vierte Schnittstelle, über die grafikintensive Anwendungen ausgetauscht werden, miteinander verbunden sind."
X. Die Hilfsanträge III-V sind unerheblich aufgrund der am Ende der mündlichen Verhandlung verkündeten Entscheidung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig, siehe obige Abschnitte I
und II.
2. Ursprüngliche Offenbarung
2.1 Hauptantrag
Anspruch 1 des Hauptantrags im Beschwerdeverfahren ist bis auf ein "n" bei "Schnittstelle[n]" identisch mit Anspruch 1 des zurückgewiesenen Haupt antrags. Er unterscheidet sich vom ursprünglichen Anspruch 1 im wesentlichen darin, dass am Ende folgendes hinzugefügt wurde:
"dadurch gekennzeichnet, dass beide Rechner (10, 13) mit jeweils einem Grafikprozessor (11, 14) verbunden sind, wobei die beiden Rechner (10, 13) über eine vorgegebene Schnittstelle miteinander kommunizieren."
Die Absätze 1 und 2 der ursprünglichen Beschreibungs seite 5 und Figur 1 sind eine Basis für diese Änderung.
Anspruch 2 wurde neu hinzugefügt. Der ursprüngliche Anspruch 7, Figur 1 und Abschnitt 1 der ursprünglichen Beschreibungsseite 5 sind eine Basis dafür.
Anspruch 4 des Hauptantrags unterscheidet sich vom ursprünglichen Anspruch 3 darin, dass der Begriff "das fahrerbezogene HMI" durch "eine Mensch-Maschine-Schnittstelle" ersetzt wurde. Dabei ist allgemein bekannt, dass "HMI" die Abkürzung für "human-machine interface" ist. Das Weglassen des Adjektivs "fahrer bezogen" ist deshalb möglich, da aus dem Kontext schon hervorgeht, dass es sich um fahrerbezogene Funktionen in dieser Mensch-Maschine-Schnittstelle handelt.
Analog wurde für den Anspruch 6 des Hauptantrags im ursprünglichen Anspruch 5 der Ausdruck "HMI-Logik bzw. ein HMI-Manager" durch "Mensch-Maschine-Schnittstelle" ersetzt.
Damit ist der Hauptantrag ursprünglich offenbart.
2.2 Hilfsantrag I
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags darin, dass gegen Ende folgendes eingefügt wurde:
"dass die beiden Rechner (10, 13) samt Grafik prozessor unterschiedliche Leistungen haben," und "dass der zweite Rechner ein Multimedia prozessor mit hoher Rechenleistung ist, und dass dem zweiten Rechner (13) zugeordnete Grafik prozessor (14) ein Hochleistungsprozessor ist, der hochauflösende Grafik verarbeiten kann."
Diese neu hinzugefügten Merkmale stammen aus der Beschreibung: Die Passagen der ursprünglichen Beschreibung auf Seite 4, Zeile 29 und Seite 5, Zeilen 16-18 offenbaren die Einfügungen.
Die restlichen Ansprüche unterscheiden sich vom Hauptantrag nur durch Streichung von Anspruch 7 des Hauptantrags (und die dadurch erforderliche Umnummerierung).
Damit ist Hilfsantrag I ursprünglich offenbart.
2.3 Hilfsantrag II
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags I darin, dass am Ende folgendes eingefügt wurde (im wesentlichen die letzten Zeilen des zurückgewiesenen Hilfsantrags II):
"dass der dem ersten Rechner (10) zugeordnete Grafikprozessor (11) über eine weitere zweite Schnitt stelle mit Anzeigemitteln für den Fahrer, dass der dem zweiten Rechner (13) zugeordnete Grafik prozessor (14) über eine weitere dritte Schnittstelle mit Anzeigemitteln für die Passagiere verbunden ist und dass die beiden Grafikprozessoren (11, 14) über eine vierte Schnittstelle, über die grafikintensive Anwendungen ausgetauscht werden, miteinander verbunden sind."
Diese Merkmale sind auf Seite 5, Zeilen 10-14, 23-27 und Seite 6, Zeile 21 offenbart.
Die restlichen Ansprüche unterscheiden sich von Hilfsantrag I nur durch Streichung von Anspruch 2 des Hilfsantrags I (und die dadurch erforderliche Umnummerierung).
Damit ist Hilfsantrag II ursprünglich offenbart.
3. Erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1
Im ganzen erstinstanzlichen Verfahren wurde D1 unstrit tig als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.
3.1 Hauptantrag
3.1.1 Der Beschwerdeführer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass der wesentliche Unterschied zwischen Anspruch 1 und D1 darin liegt, dass es in der Erfindung einen zweiten Grafikprozessor gibt und dass beide Rechner mit jeweils einem Grafikprozessor verbunden sind (Beschwerdebegründung, Seite 2, Absatz 3). Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. In D1 hingegen kommunizieren beide Rechner mit einem einzigen Grafikprozessor, und zwar über einen DMA-Kontroller (Absatz 5; siehe auch D1, Figur 1).
3.1.2 Nun wird in der Beschwerdebegründung (Absatz 4) argumentiert, dass die Aufgabe der Erfindung nicht sei, eine performante Grafikverarbeitung zu erreichen, sondern dass "sowohl sicherheitskritische fahrbezogene Funktionen als auch schnellen Entwicklungen unterworfenen Unterhaltungsfunktionen durchgeführt werden können". Dafür werde das Rechnersystem in ein offenes und in ein geschlossenes System softwaremäßig, funktionsmäßig und hardwaremäßig partitioniert. Der fahrzeug bezogene Teil sei geschlossen, d.h. nicht veränderbar; der Unterhaltungsteil sei offen, d.h. durch Software-Updates veränderbar (Seite 3, Absatz 2). In der Beschreibung wird dies nach Meinung der Kammer noch klarer definiert (Seite 2, Zeile 6):
"Unter einem offenen System wird hier ein System verstanden, welches zur Kommunikation mit der Außenwelt eingerichtet ist und beispielsweise auch Änderungen der eigenen Software bzw. Konfiguration durch den Benutzer erlaubt, während ein geschlossenes System diese Möglichkeiten nicht eröffnet."
3.1.3 Die Kammer kann der Argumentation in der Beschwerde begründung nicht folgen. Zum einen findet mit dem Hinzufügen eines zweiten Grafikprozessors tatsächlich eine Steigerung der Grafikleistung des Systems gegenüber dem System in D1 statt. Es ist also schlüssig, diese Wirkung in die Formulierung einer objektiven technischen Aufgabe aufzunehmen.
3.1.4 Zum andern kommt die Kammer nicht umhin festzustellen, dass in dem in Anspruch 1 des Hauptantrags beschriebenen System keine Merkmale sind, die den ersten oder zweiten Rechner als "offen" oder "geschlossen" charakterisieren könnten. Beide Rechner könnten durch entsprechende weitere Merkmale mit der Außenwelt kommunizieren. Genauso könnten auch die Teilsysteme aus D1 als "offen" oder "geschlossen" ausgestaltet werden. Insbesondere sieht die Kammer nicht, wie der hinzugefügte zweite Grafik prozessor die Kommunikationsfähigkeit der Teilsysteme (d.h. ihr Offensein) beein flussen sollte.
3.1.5 Auch sieht die Kammer nicht, warum ein gemeinsam genutzter Grafik prozessor es nicht erlauben sollte, die Software des ersten Rechners wegen seiner sicherheits kritischen fahrbezogenen Funktionen stabil zu halten, die Software des zweiten Rechners aber wegen schneller Entwicklungen unterworfener Unterhaltungs funktionen ständig zu aktualisieren. Eine Unabhängigkeit von Software-Innovations zyklen, wie sie in der Beschreibung (Seite 2, Zeilen 20-23) behauptet wird, kann also nicht zugestanden werden.
3.1.6 Allein die Unabhängigkeit von Hardware-Innovationszyklen (Seite 2, Zeilen 24-26) wird zugestanden. Diese Wirkung kommt aber durch die hardware mäßige Partitionierung des Systems zustand, und nicht durch die Ausgestaltung in ein "offenes" und ein "geschlossenes" Teil system. Es ist tatsächlich so, dass das Hinzufügen eines zweiten Grafikprozessors zu dem vorher gemeinsam benutzten einzigen Grafikprozessor es ermöglicht, für den ersten Rechner einen älteren Grafikprozessor zu benutzen als für den zweiten. Dadurch hätte man dann auch eine Unabhängigkeit in der den Grafikprozessoren zugehörigen Software erreicht, aber nicht durch die angebliche Fähigkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren oder nicht.
3.1.7 Diese Möglichkeit, einen älteren und bewährten Grafikprozessor und dessen Systemsoftware zu benutzen ist jedoch eine direkte Folge des Hinzufügens des zweiten Grafikprozessors. In einer Zeit, in der sich die Grafikprozessoren für Multimedia-Anwendungen ständig weiterentwickeln, da solche Anwendungen (z.B. Spiele, Videowidergabe) sehr "leistungshungrig" sind, während die Grafik prozessoren für fahrzeugbezogene Anwendungen (wie die Bedienoberfläche der Klimasteuerung und des Navigationssystems) ausgereift sind, liegt es für einen Fachmann nahe, den neuesten, leistungsstärksten Grafikprozessor für die Multimedia-Anwendungen einzubauen, aber den alten, bewährten Grafikprozessor für die fahrzeugbezogenen Funktionen gleichzeitig beizubehalten, um nicht die Software für z.B. die Benutzeroberfläche der Klimasteuerung oder des Navigations systems an eine gegebenenfalls geänderte Programmierschnitte anpassen zu müssen.
3.1.8 Auf die Frage der Kammer während der mündlichen Verhand lung, welche technische Aufgabe durch den zweiten Grafik prozessor gelöst werde, antwortete der Beschwerde führer, diese sei die Erhöhung der Sicherheit, da die Multimedia-Anwendung nicht die fahrbezogene Grafik-Verarbeitung stören könne. Dies überzeugt die Kammer jedoch nicht, da auf Seite 3, Zeile 31 der Beschreibung der fahrbezogene erste Prozessor nur "ggf. zusammen mit einem Grafik prozessor" die fahrbezogenen Aufgaben übernimmt.
3.1.9 Daher sieht die Kammer die Steigerung der Performanz der Grafikverarbeitung als objektive technische Aufgabe von Anspruch 1 gegenüber D1 an.
3.1.10 Zwar lehrt D1 auf Seite 8, Absatz 2, wie vom Beschwerde führer in der mündlichen Verhandlung eingewendet, dass eine Performanzsteigerung durch Einbau eines geeignet schnelleren Modells geschehen könne. Jedoch ist es allgemein bekannt, dass das Hinzufügen eines zweiten Grafikprozessors "eine von mehreren naheliegenden Möglichkeiten" darstellt, wie in der angefochtenen Entscheidung, Seite 5, Absatz 3 gesagt. Zusätzlich legt es allein schon die Existenz eines zweiten Prozessors in D1 nahe, einen zweiten Grafikprozessor hinzufügen, um die Grafik performanz zu steigern. Damit würde außerdem das in D1 angestrebte Ziel der Entkopplung von multimedialen und sicherheitsrelevanten Aufgaben (D1, Seite 2, Absätze 2, 4) in noch weiterem Maße erreicht werden.
3.1.11 Der Einwand in der Beschwerdebeschreibung (Seite 3, Absatz 3), es wäre für einen Fachmann im Automobilbau unüblich, "mit Blick auf den bestehenden Kostendruck", ein weiteres Bauelement (d.h. den zweiten Grafik prozessor) hinzuzufügen, kann dann nicht überzeugen, wenn das Entwicklungsziel nicht das preisgünstigste Auto ist, sondern z.B. das luxuriöseste oder multimedia-performanteste. Die Bereitschaft, mehr Kosten für ein System zu tolerieren als der nächste Stand der Technik kann hier nicht die erfinderische Tätigkeit begründen.
3.1.12 Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3.2 Hilfsantrag I
3.2.1 Was das erste zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags I betrifft, nämlich die unterschiedliche Leistung der "beiden Rechner samt Grafikprozessor", ist dieses auch in D1 offenbart, und zwar für die beiden Rechner (in D1 gibt es nur einen Graphikprozessor), siehe Seite 5, Absatz 3, Zeile 4 bis Seite 6, Zeile 2:
"... so ist es möglich, jede einzelne Baugruppe soweit auszubauen, daß eine individuelle Anpassung an die jeweils gestellt Aufgabe möglich ist ... Diese Anpassung kann dadurch erfolgen, daß je nach gewünsch ter Anwendung die eine oder andere Prozessor-Baugruppe oder auch die Baugruppen, die für Grafik anwendungen zuständig sind, z.B. mit besonders schnellen Prozessoren, Controllern, ... ausgerüstet werden."
Eine analoge Stelle findet sich auf Seite 8, Absatz 2. Diese Stellen lassen es für den Fachmann offensichtlich sein, auch für den hinzugefügten zweiten Grafikprozessor die gleiche Herangehensweise der angepassten Leistungs werte zu benutzen.
3.2.2 Auch das zweite zusätzliche Merkmal (zweiter Rechner ist ein Multimediaprozessor mit hoher Rechenleistung) ist in D1 offenbart, siehe Seite 9, Zeile 1:
"Die Figur 2 zeigt eine mögliche maximale Ausbaustufe des KFZ-tauglichen Computersystems. Hier ist insbe sondere die für Multimedia-Anwendungen ausgestattete Prozessor-Baugruppe mit einem 200 MHz-schnellen Prozessor ausgerüstet."
Die Formulierung "maximale Ausbaustufe" zeigt, dass zum Entstehungszeitpunkt von D1 im Jahr 1999 eine Rechen leistung von 200 MHz als hoch angesehen wurde.
3.2.3 Das dritte zusätzliche Merkmal (zweiter Grafikprozessor ist ein Hochleistungs grafik prozessor) ist in D1 dadurch nahegelegt, dass der in D1 einfach vorhandene Grafik prozessor laut Seite 8, Absatz 3 für besonders rechen intensive grafische Anwendungen eingesetzt werden kann. Laut Seite 4, Absatz 3 ist er z.B. für besonders schnelles Zeichnen von Linien zuständig, d.h. er erbringt hohe Leistung.
3.2.4 In der mündlichen Verhandlung wandte der Beschwerde führer ein, dass der Fachmann keine Veranlassung sehen würde, einen stärkeren zweiten Grafikprozessor einzu bauen, sondern das gleiche Modell wie beim ersten Grafik prozessor wählen würde. Dies überzeugt die Kammer nicht, da es wohlbekannt ist, dass Multimedia-Anwendungen "leistungshungrig" sind und der Fachmann das leistungsstärkste Modell wählen würde. Außerdem würde dies in noch stärkerem Maße die Aufgabe der Grafikperformanzsteigerung lösen.
3.2.5 Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfs antrags I nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
3.3 Hilfsantrag II
3.3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags II enthält gegenüber dem Hauptantrag und Hilfsantrag I zusätzlich ein zweites Anzeigemittel (z.B. Bildschirm) für die Passagiere, das über eine dritte Schnittstelle mit dem zweiten Grafik prozessor (d.h. derjenige für die Multimedia-Anwendungen) verbunden ist, und eine vierte Schnittstelle, über welche die beiden Grafikprozessoren grafikintensive Anwendungen austauschen.
3.3.2 Dieser Austausch grafikintensiver Anwendungen stellt einen Lastenausgleich zwischen den beiden Grafik prozessoren dar und trägt ebenfalls zur Lösung der technischen Aufgabe der Grafikperformanz-Steigerung bei. Allerdings ist der zweite Bildschirm von dieser Aufgabe unabhängig und erfordert die Formulierung einer weiteren (Teil-)Aufgabe, nämlich wie man die Bilder der zwei Grafikprozessoren gleichzeitig darstellen kann.
3.3.3 In der angefochtenen Entscheidung wurde in Abschnitt 4.2 argumentiert, dass die Verbindung zwischen zwei Grafikkarten eine naheliegende Möglichkeit sei und dass D5 die Verbindung der Grafik karte Voodoo2 mit einer anderen über "Scan Line Inter leaving" (SLI) offenbare.
3.3.4 In der mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass D5 zwar eine vierte Schnitt stelle und eine Verbindung von zwei Grafikkarten untereinander offenbare, allerdings nur zwischen zwei identischen (D5, Seite 8, Frage 7.: "The only way to get SLI is to have 2 identical cards") und nicht von zwei mit unterschiedlicher Leistung wie im Anspruch. Diese vierte Schnittstelle (SLI) dient überdies nicht zum Austausch von grafikintensiven Anwendungen zwischen den beiden Grafikprozessoren, sondern zur gemeinsamen Darstellung von zwei Halbbildern eines ganzen Bildes auf einem Bildschirm (Seite 8, Frage 6.: "One of the cards would display the odd number fields, and the other the even number fields."). Das bedeutet auch, dass beide Grafik prozessoren gemeinsam die Daten nur eines Prozessors (Rechners) verarbeiten, da insgesamt nur ein Bild erzeugt wird. Im Anspruch hingegen verarbeitet jeder der beiden Grafikprozessoren die Daten des eigenen Prozessors.
3.3.5 Weiterhin offenbart D5 zwar als theoretische Möglichkeit auch die Verwendung von zwei Grafikkarten mit je einem Bildschirm, allerdings zur Erzeugung eines doppelt so breiten Bildes, dessen linke Hälfte auf einem Bildschirm und dessen rechte Hälfte auf einem andern Bildschirm angezeigt wird, siehe Seite 3, Frage 5., Zeilen 3-7 ("Effectively two boards can produce two images ..."). Dabei gibt es aber im Gegensatz zum Anspruch keine Verbindung der Grafikkarten untereinander. Vielmehr erhalten beide Grafikkarten dieselben Daten (Zeile 5: "each loaded with the same data"). D.h. im Gegensatz zum Anspruch ist wiederum nur ein Prozessor (Rechner) für beide Grafikkarten vorhanden.
3.3.6 Zusammengefasst offenbart eine Kombination aus D1 und D5 entweder ein System mit zwei Bildschirmen, in denen die Grafik prozessoren nicht verbunden sind, oder ein System mit einem Bildschirm, in dem die Grafikprozessoren zwar verbunden sind, aber nicht zum Lastenausgleich sondern zur Berechnung von zwei Halbbildern eines Bildes. In beiden Fällen fehlt der Kombination der Austausch grafikintensiver Anwendungen. Außerdem würde der fehlende zweite Prozessor in D5 einer Hinzufügung dieses Dokuments zu D1 entgegenstehen.
3.3.7 Was den Austausch angeht, sagt zwar die angefochtene Entscheidung auf Seite 8, Abschnitt 5.2, Absatz 4, dass es wohl bekannt sei, Aufgaben zwecks Lastenausgleichs oder aufgrund mangelnder Kapazität auf mehreren Prozessoren zu verteilen (siehe auch D4, Zusammen fassung), aber sowohl D1 als auch D5 geben aus sich heraus gar keinen Anlass einen Lastenausgleich durchzuführen, da in D1 nur ein Graphikprozessor vorhanden ist und in D5 nur ein Bild zu berechnen ist.
3.3.8 Daher liegt es nicht nahe, durch eine Kombination von D1
mit D5 und D4 zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfs antrags II zu gelangen und das Erfordernis von Artikel 56 EPÜ ist somit erfüllt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein europäisches Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1-8, eingereicht als Hilfsantrag II mit Schreiben vom 9. Dezember 2011, und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen.