T 1929/07 () of 3.3.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T192907.20100303
Datum der Entscheidung: 03 März 2010
Aktenzeichen: T 1929/07
Anmeldenummer: 97943782.9
IPC-Klasse: B60S 1/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Steuervorrichtung für einen optischen Sensor
Name des Anmelders: ROBERT BOSCH GMBH
Name des Einsprechenden: Leopold Kostal GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 871 579 wurde mit der am 6. November 2007 zur Post gegebenen Entscheidung von der Einspruchsabteilung zurückgewiesen. Dagegen wurde von der Einsprechenden am 23. November 2007 Beschwerde eingereicht und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 13. Februar 2008 eingereicht.

II. Es wurde am 3. März 2010 mündlich verhandelt. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der am 3. März 2010 in der mündlichen Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 3. Der ursprüngliche Hauptantrag sowie die mit Schreiben vom 4. Februar 2010 eingereichten Hilfsanträge I und II wurden zurückgenommen.

Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Steuervorrichtung (11,31) für einen optischen Sensor, insbesondere einem Regensensor (10,30) zur vorzugsweisen Verwendung bei Kraftfahrzeug-Scheibenwischanlagen, der feuchtigkeitsabhängige Messsignale abzugeben vermag und einen optischen Sender (12,32), vorzugsweise eine Leuchtdiode, aufweist wobei die Senderleistung in Abhängigkeit des Messsignales (19,39) des Sensors (10,30) zwischen voller Leistung und reduzierter Leistung umschaltbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass abhängig von dem Messsignal (19,39) bei Trockenheit der Scheibe (t1 < t < t2) erst nach einer vorgegebenen Zeit (Tv) der Sender (12,32) mit reduzierter Senderleistung zu betreiben ist und bei detektierter Feuchtigkeit (t < t1, t > t2 bzw. t > t3), insbesondere nach einem ersten Wischvorgang, der Sender (12,32) mit voller Leistung zu betreiben ist."

III. Die Beschwerdeführerin trug vor, dass das Dokument D1 (US-A-4 859 867) als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei. D1 offenbare die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs könnten nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen, da diese als für den Fachmann naheliegende technische Maßnahmen anzusehen seien, die insbesondere unmittelbar aus seinem Bestreben resultierten, die Lebensdauer des optischen Senders, speziell der Leuchtdiode, zu verlängern. Der Fachmann würde bei der Suche nach der Lösung dieser bereits aus D1 bekannten Aufgabe (D1, Spalte 5, Zeilen 60-61) erkennen, dass die für den optimalen Steuerzustand erforderliche größtmögliche Senderleistung lediglich bei detektierter Feuchtigkeit, sprich bei Regen, unbedingt notwendig ist, um die Empfindlichkeit des Regensensors nicht zu beeinträchtigen. Dies sei aber bei Trockenheit offensichtlich nicht notwendig, da die Scheibenwischanlage nicht in Betrieb sei. Somit würde der Fachmann zwei Betriebsmodi der Steuervorrichtung vorsehen, d.h. bei Regen und bei Trockenheit. Um einen ruhigen und stabilen Betrieb der Scheibenwischanlage zu gewährleisten, würde es sich in naheliegender Weise anbieten, bei Detektierung von Trockenheit erst nach einer vorgegebenen Zeit den Sender mit reduzierter Leistung zu betreiben. Insgesamt ergebe sich also der beanspruchte Gegenstand ausgehend von D1 im Hinblick auf die fachmännischen Fähigkeiten in naheliegender Weise.

IV. Die Beschwerdegegnerin vertrat den Standpunkt, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Gegenstand des Anspruchs 1 ausschließlich auf eine rückschauende Betrachtungsweise basierten. Aus der Gesamtheit der Dokumente aus dem Stand der Technik sei kein Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs zu entnehmen, und ein Hinweis in diese Richtung ergebe sich daraus ebenfalls erkennbar nicht. Insbesondere gehe auch die Offenbarung von D1 hinsichtlich der Lösung der gestellten erfindungsgemäßen Aufgabe nicht über die Angabe hinaus, wonach die Sendedioden gepulst betrieben würden. Angesichts dieser Sachlage sei auch nicht nachvollziehbar wie der Fachmann, ausgehend von D1, in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen könnte. Folglich beruhe dieser Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ, da dieser sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 4 zusammensetzt.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu, da sich dieser durch die Merkmalskombination des kennzeichnenden Teils des Anspruchs sowohl von D1 unterscheidet als auch von den weiteren Dokumenten D3 (EP-A1-520 302) und D4 (DE-U1-93 09 837), die in der angefochtenen Entscheidung die Grundlage für die Diskussion der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit bilden.

4. D1 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar, von dem sich die Erfindung durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 unterscheidet. Ausgehend von D1 stellt sich für den Fachmann die Aufgabe, die Lebensdauer des optischen Senders, insbesondere der Leuchtdiode, zu verlängern. Die Beschwerdeführerin hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass dieser Aspekt bereits bei D1 eine Rolle spielt (Spalte 5, Zeilen 60-61), da dort zur Verlängerung der Lebensdauer der Leuchtdiode einen gepulsten Betrieb offenbart wird. Jedoch findet sich in D1 keine weitere Angabe oder gar einen Hinweis, die es dem Fachmann ermöglichen würden, zur beanspruchten Lösung zu gelangen. D1 geht in der Tat auch von einer anderen Aufgabenstellung aus, deren Ziel es ist, verschiedene störende Effekte, wie z.B. Fahrzeuglichter oder Tageslicht als störende Infrarotstrahlungsquellen, sowie Alterungseffekte oder Temperatur, weitestgehend zu unterdrücken oder zu kompensieren (D1, Spalte 1, Zeile 26-Spalte 2, Zeile 27).

Die Offenbarung der weiteren Dokumente D3 und D4 ist für den Fachmann im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe gleichfalls nicht hilfreich. D3 betrifft lediglich die Einstellung der Senderleistung, d.h. die Möglichkeit der Umschaltung von einer vollen zu einer reduzierten Leistung, womit die Umschaltung nicht bei Detektierung von Trockenheit bzw. Feuchtigkeit erfolgt, sondern zum Zwecke der Einstellung der Steuervorrichtung auf sich verändernde Messbedingungen, wie z.B. bei verschiedenen Dämpfungsfaktoren von unterschiedlichen Scheibentypen (D3, Spalte 4, Zeilen 3-43). Gemäß D4 findet bei Detektierung der Feuchtigkeit auf der Windschutzscheibe, als inhärentes Bestandteil des Messvorgangs, eine Veränderung der Senderleistung statt. Folglich besteht auch hier keinen direkten Bezug zur gestellten Aufgabe und zudem tritt die Veränderung der Leistung nicht nach einer durch die Steuerung vorgebbaren Zeit ein. Insgesamt würde also der Fachmann ausgehend von D1 zur Lösung der gestellten Aufgabe D3 und D4 nicht in Betracht ziehen, und falls er dies tun sollte, würde dies auch nicht zur beanspruchten Lösung führen.

Schließlich ist noch festzustellen, dass ausgehend vom Stand der Technik gemäß D1 die beanspruchte Lösung der gestellten Aufgabe gemäß dem Anspruch 1 nicht ohne weiteres im Rahmen der fachmännischen Fähigkeiten liegt, zumal sich hierfür aus dem gesamten Stand der Technik keine Anhaltspunkte ergeben und die Beschwerdeführerin hierzu keine überzeugende Argumente oder Beweise liefern konnte. Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ 1973).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 bis 3 eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibungsseiten 1, 2, 2a, 2b, 3 bis 11 eingereicht in der mündlichen Verhandlung;

- Zeichnungen wie erteilt.

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