T 1727/07 () of 30.4.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T172707.20090430
Datum der Entscheidung: 30 April 2009
Aktenzeichen: T 1727/07
Antrag auf Überprüfung: R 0012/09, R 0012/09
Anmeldenummer: 00912365.4
IPC-Klasse: C22C 19/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Metallischer Werkstoff auf Nickelbasis und Verfahren zu dessen Herstellung
Name des Anmelders: Leibniz-Institut für Festkörper- und
Name des Einsprechenden: UT-Battelle, LLC
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Im Einspruchsverfahren war das europäische Patent Nr. EP-B-1208244 aus den Gründen der Artikel 100(a) EPÜ 1973 (Mangel an Neuheit und Mangel an erfinderischer Tätigkeit) angegriffen worden. Mit der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 31. Juli 2007 hat die Einspruchsabteilung das Patent wegen mangelnder Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 (in der Fassung vom 21. Juli 2007) gegenüber der Lehre von entweder

D2: Dillamore et al.: "Preferred Orientation in Wrought and Annealed Metals", Metallurgical Reviews, volume 10, 1965, Seiten 271 bis 380 oder

D12: K. Detert, P. Dorsch, H. Migge: "Texturbildung in rekristallisierten Blechen von Reinstnickel und Nickellegierung", Zeitschrift für Metallkunde Band 54(5), 1963, Seiten 263 bis 270

widerrufen.

II. Am 9. Oktober 2007 legte die Patentinhaberin gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein und entrichtete die vorgeschriebene Beschwerdegebühr am gleichen Tag. Die Beschwerdebegründung wurde am 10. Dezember 2007 eingereicht.

III. Außer den vorausgehend genannten Entgegenhaltungen waren im Beschwerdeverfahren auch noch folgende Druckschriften von Bedeutung:

D5: U.S. Department of Energy Superconductivity Program for Electric Systems; 1998 Annual Review Meeting Proceedings Volume 2, July 20-22, 1998, Washington D.C., Seiten 416 bis 514;

D6: 1999 Wire Development Workshop Proceedings, January 12-13, 1999, Cocoa Beach, Florida, Seiten 194 bis 204;

D11: I. V. Meshchaniniov und S, G. Khayutin: "Annealing Texture of Rolled Nickel Alloys", Fizika Metallov i Metalloverdinie (1976), 42(5), Seiten 1029 bis 1033;

D20: Brief von Energetics Inc., in welchem die öffentliche Zugänglichkeit der Konferenzen "USDOE Annual Peer Review Meeting" und "Wire Workshop Meetings" bestätigt wird, auf denen die in D5 und D6 vorgetragenen Informationen gezeigt wurden.

IV. Am 29. April 2009 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende die folgenden Anträge vorlagen:

- Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis von Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag oder gemäß einem der Hilfsanträge 1 und 2, alle eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer.

- Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Am Ende der mündlichen Verhandlung kündigte der Vorsitzende an, dass die Entscheidung im schriftlichen Verfahren erlassen wird.

V. Der einzige Anspruch des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Metallischer Werkstoff auf Nickelbasis, der eine Rekristallisationswürfelstruktur aufweist, und aus einer Nickellegierung besteht, deren Zusammensetzung der allgemeinen Formel

Nia(Mob,Wc)d

entspricht, mit

a = 100 Atom-% - (d),

b = 0 Atom-% bis 12 Atom-%,

c = 0 Atom-% bis 12 Atom-%,

d = b + c, und

und mit gegebenenfalls enthaltenen geringen herstellungstechnisch bedingten Verunreinigungen und,

in welchem der Gesamtgehalt an Mo und/oder W im Bereich von 0,01 Atom-% bis 0,3 Atom-% oder im Bereich von 3 Atom-% bis 12 Atom-% liegt."

Verglichen mit diesem Anspruch wurde im Wortlaut des einzigen Anspruchs des Hilfsantrags 1 das Merkmal nach ...und/oder W "im Bereich von 0,01 Atom-% bis 0,3 Atom-% oder" gestrichen.

Der einzige Anspruch des Hilfsantrags 2 lautet:

"Metallischer Werkstoff auf Nickelbasis, der eine Rekristallisationswürfelstruktur aufweist, und aus einer Nickellegierung besteht, deren Zusammensetzung der allgemeinen Formel

NiaWd

entspricht mit

a = 100 Atom-% - (d), und

d = 3 Atom-% - 12 Atom-%,

und mit gegebenenfalls enthaltenen geringen herstellungstechnisch bedingten Verunreinigungen."

VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte wie folgt:

Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin seien die Gegenstände der vorliegenden Anträge gegenüber den aus D11 und D12 genannten Werkstoffen neu.

Die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung basiere lediglich auf dem Grund der mangelnden Neuheit. Weder sei die Frage der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchsgegenstands vor der 1. Instanz erörtert worden noch enthalte die Entscheidung ein diesbezügliches "obiter dictum". Daher werde beantragt, die Sache an die 1. Instanz zur Erörterung und Prüfung des neuen Sachverhalts der erfinderischen Tätigkeit zurück zuverweisen, wenn die Neuheit der Anspruchsgegenstände festgestellt werde.

Sollte die Frage der erfinderischen Tätigkeit trotzdem vor der Beschwerdekammer abgehandelt werden, so sei Folgendes zu berücksichtigen:

Bei D5 handele es sich um die Zusammenfassung von Folien, welche im Rahmen einer Konferenz bei einem Vortrag benutzt worden seien. Fraglich bleibe jedoch, ob der Vortragende alle in D5 enthaltenen Schaubilder in seinem Vortrag tatsächlich gezeigt habe. Die öffentliche Zugänglichkeit der in D5 enthaltenen Informationen sei deshalb unbewiesen.

Vom technischen Inhalt von D5 ausgehend sei es außerdem keineswegs so, wie die Beschwerdegegnerin unter Zuhilfenahme des Periodischen Systems der Elemente behaupte, dass bei den dort genannten Ni-Cr Legierungen das Cr in einfacher und naheliegender Weise durch W oder Mo ausgetauscht werden könne und der Fachmann dies mit der Erwartung auf ähnlich Eigenschaften auch tun würde. Dies sei eine zu einfache Argumentation, denn bei Legierungen lasse sich bei Änderungen der Zusammen setzung keinesfalls zuverlässig vorhersagen, in welcher Weise sich die Eigenschaften veränderten. Selbst bei der Einbeziehung der technischen Aussagen von D11 gelange der Fachmann nicht zu den für Mo und/oder W beanspruchten Konzentrationsbereichen, da D11 für NiMo und NiW Legierungen nur punktuelle Zusammensetzungen angebe, die außerhalb der beanspruchten Legierungs zusammensetzungen lägen. Die beanspruchten Gegenstände beruhten daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die technische Lehre von Druckschrift D11 als auch von Druckschrift D12 nehme die Anspruchsgegenstände aller Anträge neuheitsschädlich vorweg.

Sollte die Kammer die Neuheit des Anspruchsgegenstands gegenüber dem genannten Stand der Technik dennoch anerkennen, so werde beantragt, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die 1. Instanz zwecks Prüfung der erfinderischen Tätigkeit aus Gründen der Verfahrens ökonomie abzulehnen.

Keiner der vorgelegten Anspruchssätze betreffe einen Gegenstand, der auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. D5 bilde den nächstkommenden Stand der Technik, denn die dort auf den Seiten 500 und 502 genannten NiCr Legierungen lösten die im Patent in den Absätzen [0005] und [0017] genannte Aufgabe in ihrer Gesamtheit. Bei diesen bekannten Legierungen den Chromanteil durch entsprechende Anteile an Mo oder W zu ersetzen, liege für den Fachmann aufgrund der chemischen Ähnlichkeit dieser Elemente auf der Hand. Im Übrigen zeige auch die Tabelle auf Seite 113 von D11 zu NiCr sechs alternative binäre Ni-Legierungen mit ausgeprägter Würfelstruktur, u.a. auch NiMo und NiW Legierungen, wobei die Legierung Ni-3 Gew.-% W (= Ni-1 at% W) bei der im Patent in Bild 4 gezeigten Untersuchungsreihe ebenfalls getestet und in Betracht gezogen worden sei. Weitere Ni-W Legierungen mit unterschiedlichen Anteilen an W auszuprobieren sei für den Fachmann lediglich Routine. Der beanspruchte Ni-Mo oder Ni-W Werkstoff ergebe sich deshalb für den Fachmann in naheliegender Weise durch die Lehren von D5 und D11.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Antrag auf Zurückverweisung an die erste Instanz

Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die erste Instanz zur Prüfung der Anträge auf alle Patentierbarkeitsvoraussetzungen außer der Neuheit kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht stattgeben.

2.1 Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin besteht kein absolutes Recht auf zwei Instanzen für die Prüfung aller Anträge. Vielmehr liegt es nach Artikel 111 (1) EPÜ im freien Ermessen der Kammer, ob sie über die Beschwerde selbst entscheidet oder an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverweist. Bei der Ausübung des Ermessens spielt die Verfahrensökonomie eine wichtige Rolle. Ist - wie im vorliegenden Fall - das rechtliche Gehör gewährt worden, kann aus Gründen der Verfahrensökonomie auf eine Prüfung durch zwei Instanzen verzichtet werden (siehe auch "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 5. Auflage, VII.D.9).

2.2 Eine Zurückverweisung würde das Verfahren unnötig verzögern. Eine solche Verzögerung könnte nur dann hingenommen werden, wenn der Schutz wichtigerer Interessen als die Verfahrensökonomie eine Zurückverweisung gebieten würde. Derartige Interessen sind im vorliegenden Fall aber nicht erkennbar.

Die vorliegenden Dokumente und Argumente sind außerdem einfach zu prüfen, und die Erörterung des Falles ist während des gesamten Verfahrens so ausführlich gewesen, dass sie ausreicht, den Fall unter Wahrung des rechtlichen Gehörs zu entscheiden.

Ferner hat die Beschwerdeführerin vor der ersten Instanz keinen Versuch unternommen, die dort im Hinblick auf mangelnde Neuheit erhobenen Einwände durch Änderungen, z.B. durch die Vorlage eingeschränkter Ansprüche, zu beheben, so dass auch die Frage der erfinderischen Tätigkeit zu prüfen gewesen wäre. Eine Rechtfertigung für dieses Verhalten wurde nicht gegeben.

2.3 Bei dieser Sachlage hat die Kammer entschieden, alle Anträge selbst zu prüfen und die abschließende Entscheidung zu treffen.

3. Der Gegenstand des Streitpatents

Das angefochtene Patent betrifft einen Nickelwerkstoff mit einer ausgeprägten (100)[001] Textur (Würfel struktur). Den Absätzen [0006], [0014] und [0015] der Patentschrift ist zu entnehmen, dass durch das Zulegierung von Mo und/oder W im Bereich von 0,01 bis 12 at% zu Nickel nach einer hochgradigen Kaltumformung, z.B. durch Walzen und anschließendem Glühung ein hoher Anteil an einer Rekristallisations-Würfelstruktur, welche bis ca. 1100ºC stabil bleibt, erreicht wird. Die Figuren 2 bis 4 belegen das Vorliegen dieser Struktur für beispielhafte Ni-Mo und Ni-W Legierungen. Aus diesem Werkstoff lassen sich unmagnetische Bänder mit erhöhter Festigkeit fertigen, welche als Substrate für Beschichtungen aus Supraleiter materialien dienen können (siehe Patentschrift, Absatz [0017]).

4. Aufgabe und Lösung, nächstkommender Stand der Technik

4.1 Das Patent hat sich die Aufgabe gestellt, einen Werkstoff auf Nickelbasis zu entwickeln, der im Vergleich zu technisch reinem Nickel eine höhergradige und thermisch stabilere Würfelstruktur aufweist (siehe Absatz [0005] der Patentschrift). Außerdem kann aus Absatz [0017] der Patentschrift abgeleitet werden, dass der gesuchte Werkstoff gegenüber reinem Nickel eine höhere Festigkeit aufweisen und unmagnetisch sein soll, so dass er sich als Substratwerkstoff für Supraleiter eignet. Bei seiner Suche nach technischen Informationen wird der Fachmann sich deshalb solchen Druckschriften zuwenden, welche Nickelwerkstoffe mit der oben genannten Kombination von Eigenschaften benennen.

4.2 Die in dem öffentlichen Vortrag 1998 genannten und in Druckschrift D5 zusammengefassten technischen Information lehren, dass Ni-Cr Substrate aus Ni-7 at% Cr und Ni-13 at% Cr gegenüber reinem Nickel eine deutlich erhöhte Festigkeit besitzen, nach dem Umformen und Glühen eine Würfelstruktur aufweisen, unmagnetisch sind und sich für Supraleitersubstrate eignen (siehe D5, Seiten 502, 503, 505, 514). Da diese Ni-Legierungen das gleiche Eigenschaftsprofil besitzen und für den gleichen Anwendungszweck wie im Patent vorgesehen sind, kann sich die Kammer der Ansicht der Beschwerdegegnerin anschließen, wonach Druckschrift D5 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen ist.

Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin hat die Kammer keine Zweifel an der öffentlichen Zugänglichkeit der in D5 enthaltenen technischen Informationen. Zum einen wurden diese vom gleichen Autor (A. Goyal) auf einer weiteren Konferenz 1999 vorgestellt (siehe D6), und zum anderen wurde die öffentliche Zugänglichkeit der Vorträge während der genannten Konferenzen durch das Affidavit D20 bestätigt. Beide Druckschriften wurden von der Beschwerdegegnerin bereits im Schriftsatz vom 30. April 2008 als nächstkommender Stand der Technik dargestellt. Die Beschwerdeführerin hat weder substantiiert dargelegt, inwiefern sich der Vortrag auf den Konferenzen von den Konferenzunterlagen unterschieden haben soll, noch konkrete Elemente geliefert, die die Glaubwürdigkeit des Affidavit in Frage stellen würden. Somit erachtet die Kammer es als bewiesen, dass die in D5 enthaltenen technischen Informationen vor dem Prioritätsdatum öffentlich zugänglich waren.

4.3 Auf der Suche nach alternativen Werkstoffen zu den in D5 untersuchten NiCr - Legierungen wird der Fachmann unzweifelhaft Druckschrift D11 in Betracht ziehen, denn diese nennt in der Tabelle auf Seite 113 (in Gew.-%) neben Ni-Cr 1-2% als weitere binäre Legierungen noch Ni-Al 0,5-4%, Ni-Cu 0,5-2%, Ni-Mn 0,5-4%, Ni-Mo 2%, Ni-W 3%, und Ni-Ti 1-2%, die alle nach der Rekristallisation eine (100)[001] Textur (Würfelstruktur) aufweisen. Im ersten vollen Absatz auf Seite 116 bekräftigt D11 noch einmal ausdrücklich, dass - entgegen den Ergebnissen anderer Forscher - bei den eigenen Untersuchungen gefunden wurde, dass das Zulegieren von W (und Al) zu Ni zu einem verstärkten Auftreten der (100)[001] Textur führt. Es bedarf keiner erfinderischen Tätigkeit, die in D11 genannten sechs alternativen Nickellegierungen mit unterschiedlichen Anteilen an den aufgelisteten Legierungselementen auf das gewünschte Eigenschafts profil zu untersuchen. Eine solche Vorgehensweise bedeutet nichts anderes als übliches ingenieurmäßiges Handeln. Dem Hintergrundwissen des Werkstofffachmanns ist auch zuzurechnen, dass chemische Elemente der gleichen Gruppe des Periodensystems ähnliche physikalische Eigenschaften besitzen. Dies bedeutet, dass die Metalle Cr, Mo und W, welche zusammen die Gruppe VIA des Periodensystems der Elemente bilden, beim Zulegierung zu Ni einen annähernd ähnlichen Einfluss auf die Eigenschaften von Ni erwarten lassen, im Gegensatz zu den Elementen Ti (Gruppe VA), Cu (Gruppe IA) oder Mn (Gruppe VIIA), die alle verschiedenen Gruppen des PSE angehören. Der Fachmann wird aufgrund dieser Überlegungen bei seiner Suche nach Alternativen zu den bekannten NiCr Legierungen sich verstärkt den Legierungselementen Mo und W zuwenden und die Wirkung verschiedener Konzentrationen an diesen Elementen auf die Eigenschaften ausprobieren. Dabei wird er ohne erfinderische Überlegungen NiMo und NiW Legierungen in dem in Anspruch 1 genannten Konzentrationsbereichen oberhalb und unterhalb des in D11 genannten Beispiels von ca. 1 at% Mo oder W untersuchen, denn diese lassen am ehesten ähnliche Ergebnisse wie NiCr erwarten. Die Zusammenschau der Lehren von D5 und D11 führt deshalb in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand des Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 und 2.

4.4 Nach Ansicht der Kammer wird der Fachmann selbst ohne die Anspruchnahme von Druckschrift D5 allein durch die Lehre von Druckschrift D11 in naheliegender Weise zum Anspruchs gegenstand geführt. Bei der Suche nach der Lösung der unter Punkt 5.1 beschriebenen patentgemäßen Aufgabe findet der Fachmann in der Tabelle auf Seite 113 von Druckschrift D11 insgesamt 7 Nickellegierungen, welche nach einer 95%igen Umformung und einer Glühung bei 800ºC die gewünschte (100)[001] Textur (Würfel struktur) aufweisen. In "Experimental Results", 3. Absatz, Seite 113 werden Zusätze von Cu, W, Cr, Mo und Mn als besonders wirkungsvoll zur Entwicklung der Würfeltextur genannt und wodurch bei 800ºC andere Gefüge orientierungen als die (100)[001] Textur unterdrückt werden. Die Durchführung von Testunter suchungen mit diesen Werkstoffen in den in D11 genannten Konzentrations bereichen und auch darüber hinaus gehenden Konzentrationen auf die nach der Rekristallisations glühung entstandenen Texturen bewegt sich für den Fachmann im zumutbaren Rahmen und bedarf keiner erfinderischen Tätigkeit. Insbesondere nennt die Tabelle auf Seite 113 eine Nickel legierung mit 1 at% Wolfram. Eine solche Legierung (mit Ni + 1 at% W) hat auch die Patentinhaberin gemäß den Angaben von Figur 4 selbst in ihre Untersuchungen einbezogen, bei der im Temperatur bereich zwischen 700ºC und 1000ºC zwischen ca. 90 bis nahezu 100% Würfelstruktur (ausgedrückt durch den Lotgeringfaktor I100) erzielt wurde. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Angaben in D11. Oberhalb und unterhalb von ca. 1 at% W noch weitere Wolframanteile von ca. 0,1 at%, 5,0 und 10 at% auf die erreichte Textur nach dem Glühen zu untersuchen bedeutet für den Fachmann lediglich Routine.

Auch ist aus der Patentschrift nicht erkennbar, welche besonderen Vorteile mit der Beschränkung des ursprüng lich breiten Bereichs von Ni - 1 bis 12 at% (W oder Mo) auf 0.01 bis 0.3 at% und 3 bis 12 at% (Mo oder W) verbunden sind. So zeigt Figur 4 für Wolframzusätze, dass bis ca. 5 at% W eine stabile Würfelstruktur von über 95% nach einer Glühung bis ca. 1000ºC vorliegt, wohingegen W-Anteile von 10 at% zu deutlich niedrigeren Anteilen an Würfelstruktur führen und dieser Konzentrations bereich deshalb eher weniger in Betracht zu ziehen ist. In den Beschränkungen des Konzentrations bereich von W (und auch Mo) auf 0,1 - 0,3 at% und 3 - 12 at% kann deshalb kein patentbegründendes Merkmal gesehen werden.

4.5 Damit enthält keiner der Anspruchsgegenstände des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 technische Merkmale, die eine erfinderische Tätigkeit rechtfertigen.

5. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin davon ausgeht, dass die Anträge im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ und Artikel 84 EPÜ 1973 zulässig sind und der Anspruchsgegenstand aller Anträge neu ist, so ist er wegen Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Der Antrag auf Zurückverweisung wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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