T 1605/07 (Phosphorsäure-Epoxyester-Herstellung/DU PONT) of 10.12.2010

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2010:T160507.20101210
Datum der Entscheidung: 10 Dezember 2010
Aktenzeichen: T 1605/07
Anmeldenummer: 00983309.6
IPC-Klasse: C09D 5/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung, sowie Elektrotauchlacke
Name des Anmelders: E.I. DU PONT DE NEMOURS AND COMPANY
Name des Einsprechenden: PPG Industries, Inc.
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal R 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal R 13(3)
Schlagwörter: Hauptantrag: Neuheit (ja): Anspruch 1, spezifisches Merkmal nicht offenbart; Anspruch 5, Einbau des Lösungsmittels nicht unmittelbar und eindeutig offenbart
Haupt- und Hilfsantrag 1: erfinderische Tätigkeit (nein): verbesserte Eigenschaften nicht nachgewiesen; unterscheidende Merkmale lediglich Wahl aus vorgegebenem Rahmen
Hilfsantrag 2: verspätet, nicht zugelassen
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0020/81
T 0793/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 6. Juli 2007 das Europäische Patent Nr. 1 248 823 zu widerrufen Beschwerde eingelegt.

II. In der vorliegenden Entscheidung wird auf die folgenden Druckschriften Bezug genommen:

(1) US 4,957,952

(2) US 4,461,857

(3) US 5,344,858

(4) Inventor's Declaration vom 24 April 2008 von Herrn Zawacky

(5) Dictionary of Chemical Terms, McGraw Hill Publishing Company, Seite 277

(6) Auszüge aus dem Laborjournal der Beschwerdeführerin

III. Mit dem Einspruch war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Art. 100(a) EPÜ) angegriffen worden.

IV. Der angefochtenen Entscheidung lag der mit Schreiben vom 24. April 2007 eingereichte Anspruchssatz zugrunde. Die unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 5 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung von leitfähigen Oberflächen durch Eintauchen in ein wässriges anodisches Elektrotauchlackbad und Schalten als Anode, dadurch gekennzeichnet, dass man ein wässriges anodisches Elektrotauchlackbad verwendet, das 1 bis 15 Gew.%. bezogen auf den Bindemittelfestkörper des Elektrotauchlackbades eines oder mehrerer Phosphorsäure-Epoxyester und/oder Phosphonsäure-Epoxyester mit einer Säurezahl von 10 bis 40 enthält, die durch Umsetzung von einer oder mehreren monomeren, oligomeren oder polymeren Epoxidverbindung(en) mit Phosphorsäure oder Phosphonsäuren oder deren Estern oder Mischungen davon in Gegenwart von einem oder mehreren Alkoholen erhalten werden, die aus der Gruppe ausgewählt werden, die besteht aus n-Butanol, tert-Butanol, sec-Butanol, Isopropanol, n-Propanol, Methanol, Ethanol und Hexanol."

"4. Wässriges Elektrotauchlackbad mit einem Gehalt an einem oder mehreren filmbildenden Bindemitteln, sowie gegebenenfalls Vernetzern, Pigmenten, Füllstoffen, organischen Lösemitteln und/oder lacküblichen Additiven, dadurch gekennzeichnet, dass es 1 bis 15 Gew.-%, bezogen auf den Bindemittelfestkörper, eines oder mehrerer Phosphorsäure-Epoxiester und/oder Phosphonsäure-poxiester mit einer Säurezahl von 10 bis 40 enthält, die durch Umsetzung von einer oder mehreren monomeren, oligomeren oder polymeren Epoxidverbindung(en) mit Phosphorsäure und/oder Phosphonsäuren oder deren Estern in Gegenwart von einem oder mehreren Alkoholen hergestellt wurden, die aus der Gruppe ausgewählt werden, die besteht aus n-Butanol, tert-Butanol, sec-Butanol, Isopropanol, n-Propanol, Methanol, Ethanol und Hexanol."

"5. Verwendung von Phosphorsäure-Epoxiestern und/oder Phosphonsäure-Epoxiestern mit einer Säurezahl von 10 bis 40, die durch Umsetzung von einer oder mehreren monomeren, oligomeren oder polymeren Epoxidverbindung(en) mit Phosphorsäure und/oder Phosphonsäuren oder deren Estern in Gegenwart von einem oder mehreren Alkoholen, die aus der Gruppe ausgewählt werden, die besteht aus n-Butanol, tert-Butanol, sec-Butanol, Isopropanol, n-Propanol, Methanol, Ethanol und Hexanol, hergestellt wurden, als Additiv für Elektrotauchlackbäder."

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der beanspruchte Gegenstand neu sei, aber im Hinblick auf die Tatsache, dass die Druckschrift (1) bereits die Verwendung von Isopropanol und Butanol vorschlage, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

V. Mit der Beschwerdebegründung verfolgte die Beschwerdeführerin das Patent mit dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Antrag als Hauptantrag weiter und reichte zusätzlich den Hilfsantrag 1 ein. Die Beschwerdebegründung enthielt darüber hinaus Vergleichsdaten zur geltend gemachten Mischesterbildung, Badstabilität und Rücklösung des abgeschiedenen Lackmaterials.

Der Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 5 auf die Alkohole sec-Butanol, Methanol und Hexanol beschränkt sind.

VI. Mit ihrer Antwort auf die Beschwerdegründung reichte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) zur Stützung ihres Einwands mangelnder Neuheit des Anspruchs 5 eine Erklärung von Herrn Zawacky (Druckschrift (4)) sowie die Druckschrift(5) ein.

VII. In einem Bescheid der Kammer, der der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlage beigefügt war, hat die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit mitgeteilt. Insbesondere bezweifelte die Kammer, dass das vorgeblich unterscheidende Merkmal der Mischesterbildung belegt sei. Sie äußerte auch Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Vergleichsdaten.

VIII. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 reichte die Beschwerdeführerin den Hilfsantrag 2 und als Ergänzung zu den in der Beschwerdebegründung angeführten Vergleichsdaten Auszüge aus dem Laborjournal der Beschwerdeführerin (Druckschrift (6)) ein.

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung, die am 10. Dezember 2010 stattfand, nahm die Beschwerdeführerin den mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 eingereichten Hilfsantrag 2 zurück und legte einen neuen Hilfsantrag 2 vor, dessen unabhängige Ansprüche 1, 4 und 5 sich von den entsprechenden Ansprüchen des Hilfsantrags 1 dadurch unterscheiden, dass das Elektrotauchlackbad auf ein Polyester-Elektrotauchlackbad beschränkt ist.

In der mündlichen Verhandlung wurden im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit insbesondere die Vergleichsversuche der Beschwerdeführerin erörtert. Diese wurde dabei im Zusammenhang mit den kurz vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Auszügen aus dem Laborjournal auf Unstimmigkeiten und Abweichungen von den Angaben in der Beschwerdebegründung aufmerksam gemacht und diesbezüglich um Stellungnahme gebeten.

IX. Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags neu sei gegenüber der Druckschrift (1), da dort keine Mischester gebildet werden und auch der beanspruchte Säurebereich nicht offenbart werde. Der von der Beschwerdegegnerin angeführte Bereich beziehe sich nicht auf die Phosphorsäure-Epoxyester. Der Gegenstand des Anspruchs 5 sei neu gegenüber der Druckschrift (3), da dort die Zugabe von Butanol erst nach der Umsetzung der Epoxidverbindung mit der Phosphorsäure erfolge und daher keine Reaktion mehr mit der Phosphorsäure eingehe. Gegenteilige Beweise lägen nicht vor. Des Weiteren werde auch die Säurezahl in der Druckschrift (3) zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich erst nach der Neutralisation des Umsetzungsproduktes bestimmt.

Als nächster Stand der Technik sei das Beispiel 1 der Druckschrift (1) anzusehen. Ausgehend von diesem Stand der Technik liege die zu lösende Aufgabe darin, ein Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung bereitzustellen, das einen verbesserten Kantenschutz liefere, beliebige Einstellung des Mattierungsgrads ermögliche, und einen guten Umgriff ergebe, wobei die Bäder stabil seien und die Rücklösung verringert werde. Diese Aufgabe werde durch den Einsatz der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Mischester mit einer Säurezahl von 10-40 erreicht. Die Mischesterbildung werde durch die in der Beschwerdebegründung beschriebenen Vergleichsversuche belegt. Die verbesserte Badstabilität und geringere Rücklösung zeigten die Ergebnisse in den Tabellen auf Seite 12 und 14 der Beschwerdebegründung. Die Säurewerte belegten die Auszüge aus dem Laborjournal. Mischesterbildung, Badstabilität und Rücklösung werden in keiner der Entgegenhaltungen erwähnt. Die vorteilhafte Verwendung der durch den Einsatz der anspruchsgemäßen Alkohole entstehenden Mischester bei der Elektrotauchlackierung werde dem Fachmann daher durch keine der Druckschriften (1) bis (3) nahegelegt.

Bezüglich des Hilfsantrags brachte die Beschwerdeführerin vor, dass es sich hierbei unabhängig von einer möglichen Mischesterbildung um die Konkretisierung auf diejenigen Alkohole handle, für die eine verbesserte Badstabilität belegt sei. Im Stand der Technik finde sich kein Hinweis auf diese Alkohole.

Der Hilfsantrag 2 sei zwar verspätet, er sei aber eine Reaktion auf den von der Kammer in ihrem Ladungsbescheid erhobenen Einwand, dass in den Vergleichsversuchen andere Bindemittel verwendet wurden. Im Übrigen ändere sich dadurch die Sachlage nicht, da diese Bindemittelsysteme auch bislang von den Ansprüchen mitumfasst waren.

X. Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass der Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu sei, da es sich dabei lediglich um die Auswahl eines spezifischen Säurewertes aus der allgemeinen Offenbarung in der Druckschrift (1) handle. Als solche erfülle sie jedoch nicht die von den Beschwerdekammern für die Neuheit von Auswahlerfindungen angewendeten Grundsätze. Im übrigen können unter der Annahme, dass Mischesterbildung bei den anspruchsgemäß verwendeten Alkoholen zwangsläufig erfolge, bei Verwendung der im allgemeinen Teil offenbarten Alkohole Isopropanol und Butanol im Beispiel 1 der Druckschrift (1) Säurewerte unterhalb von 40 erreicht werden. Der Gegenstand des Anspruchs 5 werde durch die Druckschrift (3) vorweggenommen, die die Umsetzung einer Epoxidverbindung mit Phosphorsäure in Gegenwart von Butanol und die Verwendung dieses Produkts in einer Elektrotauchlackzusammensetzung offenbare. Der Säurewert des Umsetzungsproduktes liege mit 12.5 im beanspruchten Bereich.

In der mündlichen Verhandlung brachte die Beschwerdegegnerin vor, dass die technische Aufgabe lediglich darin lag, eine Alternative bereitzustellen. In der Druckschrift (1) werde die Verwendung von Isopropanol und Butanol bei der Herstellung von Phosphorsäure-Epoxyestern bereits beschrieben. Daher bestehe der einzige Unterschied zum beanspruchten Gegenstand im Säurewertebereich. Die vorgebliche Mischesterbildung sei nicht durch geeignete Versuche und analytische Daten belegt. Auch fehlten die Vergleichdaten mit 2-Butoxyethanol. Die nachgereichten experimentellen Unterlagen seien widersprüchlich und zeigten eine unterschiedliche Reaktionsführung in den einzelnen Versuchen. Es gebe auch keine Versuchsbeschreibung für den Versuch mit 2-Butoxyethanol. Des Weiteren seien die Vergleichsversuch nicht geeignet, einen besonderen technischen Effekt für den beanspruchten Säurewertebereich zu belegen. Aus der Druckschrift (1) gehe bereits hervorgehe, dass die Dispergierbarkeit mit dem Säurewert der Phosphorsäure-Epoxyester zusammenhänge. Einen geeigneten Säurewertebereich zu bestimmen, um die gewünschte Dispergierbarkeit in Wasser einzustellen gehöre zu den Routinemaßnahmen des Fachmanns.

Für den Hilfsantrag gelten im Wesentlichen die gleichen Argumente. Isopropanol und Butanol und ähnliche mit Wasser mischbare Lösungsmittel werden bereits in der Druckschrift (1) vorgeschlagen. Die Verwendung homologer oder isomerer Verbindungen sei für den Fachmann eine naheliegende Maßnahme. Überraschende technische Effekte der im Hilfsantrag ausgewählten Alkohole seien nicht ersichtlich.

Der Hilfsantrag 2 sei verspätet im Hinblick darauf, dass der Bescheid der Kammer bereits im September ergangen sei. Des Weiteren ändere sich dadurch die Sachlage. Das Bindemittel war bislang nicht Gegenstand der Ansprüche. Der bisherige Stand der Technik beziehe sich auf Bindemittelsysteme auf Basis von Acrylsäure. Durch das späte Einreichen hätte nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Vorlage diesbezüglich relevanten Standes der Technik bestanden.

XI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Basis des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags oder Hilfsantrags 1, oder des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten

XII. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

XIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen

Die Zulässigkeit der Änderungen im Anspruch 1 des Hauptantrags wurde weder von der Einspruchsabteilung noch von der Beschwerdegegnerin/Einsprechenden infragegestellt. Auch die Kammer sieht keine Veranlassung von sich aus die Zulassung der Änderungen in Zweifel zu ziehen, so dass sich eine Entscheidung hierüber erübrigt.

3. Neuheit

3.1 Die Beschwerdegegnerin hat die Neuheit des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Offenbarung der Druckschrift (1) bestritten.

Die Druckschrift (1) offenbart anionische Elektrotauchlackzusammensetzungen, die Phosphorsäure-Epoxyester enthalten, die durch Umsetzung von Phosphorsäure mit einem Epoxidharz erhalten wurden (Spalte 1, Zeilen 33-41 und Spalte 2, Zeilen 12-23). Die Umsetzung wird in einem mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel durchgeführt, wie beispielsweise Aceton, Butanol, Isopropanol und ähnlichen Lösungsmitteln. Bevorzugt werden jedoch Etheralkohole eingesetzt (Spalte 2, Zeilen 49-52). Beispiel 1 der Druckschrift (1) beschreibt die Herstellung eines Phosphorsäure-Epoxyesters in Gegenwart von 2-Butoxyethanol, Beispiel 5 ein Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung von Stahlpanelen als Anode unter Verwendung eines wässriges Elektrotauchlackbad, dass den in Beispiel 1 hergestellten Phosphorsäure-Epoxyester enthält.

Das Merkmal der Säurezahl von 10-40 für die Phosphorsäure-Epoxyester wird in der Druckschrift (1) jedoch nicht offenbart.

3.2 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass es sich bei diesem Merkmal um eine spezifische Auswahl aus der allgemeinen Offenbarung der Druckschrift (1) handle. Als solche erfülle sie jedoch nicht die von den Beschwerdekammern in ständiger Rechtsprechung angewendeten Grundsätze zur Neuheit von Auswahlerfindungen. Insbesondere habe der ausgewählte Bereich von 10-40 nicht genügend Abstand von dem in Beispiel 1 der Druckschrift (1) genannten Wert von 41.5. Dieser werde sich zudem weiter verringern oder sogar unter die Obergrenze von 40 fallen, wenn das Beispiel 1 mit den in der Druckschrift (1) bereits vorgeschlagenen Alkoholen Isopropanol und Butanol durchgeführt werde, da ja gemäß den Angaben der Beschwerdeführerin mit den beanspruchten Alkoholen, unter die auch Butanol und Isopropanol fallen, im Gegensatz zu 2-Butoxyethanol Mischester gebildet würden. Mischesterbildung mit freien Hydroxygruppen der Phosphorsäure aber führe zur Senkung der Säurezahl. Des Weiteren gäbe es auch keine Belege dafür, dass mit dem ausgewählten Bereich von 10-40 neben dem aus der Druckschrift (1) bekannten Einfluss auf die Dispergierbarkeit ein besonderer Effekt verbunden sei.

Die Beschwerdegegnerin räumte ein, dass ein Säurebereich mit exakten Grenzen für die Phosphorsäure-Epoxyester nicht genannt werde, sie verwies jedoch auf die Spalte 4, Zeilen 4-14 der Druckschrift (1). Dort werde im Zusammenhang mit dem Bindemittelsystem eine für die Elektrotauchlackabscheidung bevorzugte Säurezahl von 12-60 genannt. Zwar werde dieser Bereich für andere Verbindungen offenbart, diese besäßen aber, ebenso wie die Phosphorsäure-Epoxyester, Säuregruppen, die dem gleichen Zweck dienten, nämlich die Dispergierbarkeit zu ermöglichen. Gleiche Säurewerte ließen sich daher auch für die Phosphorsäure-Epoxyester erwarten. Damit sei der erfindungsgemäß ausgewählte Bereich zusätzlich auch kein enger Teilbereich.

3.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht.

Die Druckschrift (1) offenbart für die Säurezahl der Phosphorsäure-Epoxyester keinen Bereich mit einer spezifischen Ober- und Untergrenze aus dem der beanspruchte Bereich eine Auswahl darstellt. Sie offenbart lediglich einen einzelnen Wert von 41.5 im Beispiel 1, der eindeutig außerhalb des beanspruchten Bereichs liegt. Ansonsten weist die Druckschrift (1) nur allgemein daraufhin, dass die Anwesenheit der Phosphorsäure(gruppe) zu einer messbaren Azidität führt, die für die Dispergierbarkeit und die spätere Vernetzung vorteilhaft ist oder sein kann (Spalte 2, Zeilen 57-68). Im vorliegenden Fall handelt es sich daher nicht um die Auswahl eines Teilbereichs numerischer Zahlenwerte aus einem größeren Bereich, sondern um die Wahl eines spezifischen Merkmals, nämlich einer Säurezahl von 10-40, aus einer generischen Offenbarung, nämlich einer allgemein offenbarten Azidität. Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern nimmt jedoch eine generische Offenbarung die spezifische Offenbarung nicht neuheitsschädlich vorweg.

Der von der Beschwerdeführerin angeführte Säurewertebereich von 12-60 in der Spalte 4 der Druckschrift (1) bezieht sich eindeutig auf den bevorzugten Bereich der dort genannten spezifischen Copolymere. Für eine Kombination dieses Bereichs mit den Phosphorsäure-Epoxyestern gibt es keinen Hinweis. Auch der sowohl für die Copolymeren als auch für die Phosphorsäure-Epoxyester erwähnte Begriff der Dispergierbarkeit kann nicht als ein solcher Hinweis aufgefasst werden. Bei den Copolymeren aus olefinischen Carboxylgruppen-haltigen Monomeren mit Hydroxygruppen-tragenden Substanzen und den Phosphorsäure-Epoxyestern handelt sich um zwei völlig verschiedene Substanzklassen, die folglich auch unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, zum Beispiel in ihrem Löse- oder Dispergierverhalten. Die Tatsache, dass gemäß der Druckschrift (1) beide Verbindungsgruppen in Wasser dispergierbar sein sollten, wobei eine gewisse Azidität offensichtlich von Vorteil ist, bedeutet daher nicht, dass deshalb die Säurewerte zwangsläufig identisch sein müssen. Die Druckschrift (1) offenbart daher nicht unmittelbar und eindeutig einen Säurebereich von 12-60 für die Phosphorsäure-Epoxyester. Die Übertragung des bevorzugten Bereichs der Säurewerte der Copolymere von 12-60 auf die Phosphorsäure-Epoxyester durch die Beschwerdeführerin ist das Ergebnis einer nachträglichen Auslegung der Druckschrift (1) in Kenntnis der Erfindung mit dem Ziel zu einem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zu gelangen.

Hinsichtlich der Behauptung der Beschwerdegegnerin, dass sich bei der Nacharbeitung des Beispiel 1 der Druckschrift (1) unter Verwendung der in Spalte 2 explizit genannten Alkohole Isopropanol und Butanol für das Umsetzungsprodukts ein Säurewert unterhalb von 40 ergeben könne, ist zu bemerken, dass die beweispflichtige Beschwerdegegnerin selbst keine Versuche vorgelegt hat, die ihre Behauptung belegen könnten. Vielmehr beruft sie sich auf Behauptungen der Beschwerdeführerin, nämlich die vorgebliche Mischesterbildung, die sie aber gleichzeitig als unbewiesen in Frage stellt. Der Kammer liegen keine Beweise vor, die klar und eindeutig belegen, dass die Nacharbeitung des Beispiels 1 mit Isopropanol oder Butanol zu einem Reaktionsprodukt mit einem Säurewert im beanspruchten Bereich führt. Die Behauptung der Beschwerdegegnerin bleibt daher reine Spekulation.

3.4 Die Beschwerdegegnerin hat auch die Neuheit des unabhängigen Anspruchs 5 im Hinblick auf die Offenbarung der Druckschrift (3), insbesondere des Teils 2 des Beispiels I, bestritten.

Beispiel I der Druckschrift (3) offenbart die Herstellung eines Elektrotauchlackbades unter Verwendung eines Phosphorsäure-Epoxyesters. Gemäß Teil 2 des Beispiels I wurde EPON 1007, ein Epoxidharz, mit Superphosphorsäure in 2-Butoxyethanol und Wasser unter Rückfluss umgesetzt. Dieser Mischung wird Butanol zugesetzt, gefolgt von Dimethylethanolamin und Wasser. Die Analyse des Reaktionsproduktes ergab unter anderem einen Feststoffgehalt von 30.4 und einen Säurewert von 0.067 Milliäquivalent.

3.5 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin wird damit ein Verfahren zur Herstellung eines Phosphorsäure-Epoxyesters in Gegenwart von Butanol beschrieben. Das Butanol werde bei noch immer hoher Temperatur zugesetzt, bei der eine Reaktion, zum mindestens teilweise, noch erwartet werden könne. Des Weiteren sei es allgemeines Fachwissen, das Veresterungen Gleichgewichtsreaktionen seien. Sobald aber eine Reaktion, wenn auch nur in geringem Umfang stattfinde, werde dies durch den Ausdruck "in Gegenwart von", der in seiner Bedeutung außerordentlich breit sei, mitumfasst. Der Säurewert des erhaltenen Reaktionsproduktes von 0.067 Milliäquivalent entspreche einem Säurewert von 12.4, wie die Berechnungen von Herrn Zawacky zeigten (Druckschrift (4)), und falle damit in den anspruchsgemäßen Bereich von 10-40.

3.6 Die Argumente der Beschwerdegegnerin können die Kammer nicht überzeugen.

Anspruch 5 des Hauptantrags ist auf die Verwendung eines Produktes gerichtet ist, dass durch ein Herstellungsverfahren gekennzeichnet ist. Wie von der Beschwerdeführerin gezeigt, werden durch dieses Verfahren Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte erhalten, in die zu einem bestimmten Anteil die erfindungsgemäß verwendeten Alkohole eingebaut sind, auch wenn durch die Anwesenheit verschiedener funktioneller Gruppen, mit denen der Alkohol reagieren kann, nicht klar ist, an welcher Stelle die Reaktion stattfindet (siehe Punkt 4.6 unten). Das bedeutet beispielsweise, dass bei der Umsetzung von Phosphorsäure mit Epoxidverbindung in Gegenwart von Butanol, das resultierende Produkt zwangsläufig eingebaute Butanolgruppen enthält.

In der Druckschrift (3) findet die Umsetzung jedoch in Gegenwart von 2-Butoxyethanol statt. Butanol wird erst am Ende der Umsetzung, nach Ansicht der Kammer als Verdünnungsmittel, zugegeben, unmittelbar gefolgt von der Zugabe von Dimethylethanolamin ("....charge IV was added. Following this and at 97**(o)C, Charge V was added"). Dass unter diesen Umständen zwangsläufig noch eine Reaktion von Epoxidverbindung mit Phosphorsäure in Gegenwart von Butanol stattfindet, bzw. ein Einbau des Butanols erfolgt, geht aus der Druckschrift (3) nicht unmittelbar und eindeutig hervor und wurde von der beweispflichtigen Beschwerdegegnerin auch nicht durch eigenes Nacharbeiten des Teils 2 des Beispiels I und der Vorlage geeigneter analytischer Daten belegt. Vielmehr argumentiert die Beschwerdegegnerin mit dem Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für eine Reaktion. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss jedoch bei der Beurteilung dessen was das zwangsläufige Ergebnis einer wörtlichen und expliziten Offenbarung ist, ein strengerer Maßstab als das Abwägen der Wahrscheinlichkeit angelegt werden, nämlich der der zweifelsfreien Erkenntnis (siehe T 793/93). Da im vorliegenden Fall nicht zweifelsfrei feststeht, ob bei der in der Druckschrift (3) beschriebenen Reaktionsführung eine Reaktion von EPON 1007 mit Superphosphorsäure nach Zugabe und unter Einbau von Butanol stattfindet, ist die Neuheit des Anspruchs 5 allein schon aus diesem Grund anzuerkennen. Eine Prüfung der Angaben der Beschwerdegegnerin bezüglich des Säurewertes erübrigt sich daher.

3.7 Die Kammer kommt aus den oben angeführten Gründen daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 5 nicht durch den Stand der Technik vorweggenommen wird. Aus den gleichen Gründen sieht die Kammer auch keine Veranlassung die Neuheit des unabhängigen Anspruchs 4 in Zweifel zu ziehen, die im Übrigen von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten wurde. Der Hauptantrag ist daher neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung, wobei das Elektrotauchlackbad Phosphor- oder Phosphonsäure-Epoxyester enthält, die das Reaktionsprodukt von Epoxidverbindung(en) mit Phosphor- oder Phosphonsäure in Gegenwart von bestimmten Alkoholen sind und eine Säurezahl von 10-40 aufweisen. Bei den Alkoholen handelt es sich um n-Butanol, tert-Butanol, sec-Butanol, Isopropanol, n-Propanol, Methanol, Ethanol und Hexanol. Das Streitpatent betrifft ebenfalls wässrige Elektrotauchlackbäder, die diese Reaktionsprodukte enthalten und die Verwendung dieser Reaktionsprodukte als Additive für Elektrotauchlackbäder.

4.2 Die Druckschrift (1) beschreibt anodische wässrige Elektrotauchlackzusammensetzungen die Phosphorsäure-Epoxyester enthalten, die das Reaktionsprodukt eines Epoxidharzes mit Orthophosphorsäure sind. Die Umsetzung wird in Gegenwart von Wasser und eines mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittels durchgeführt. Explizit genannt werden Lösungsmittel wie Aceton, Butanol, Isopropanol oder ähnliche Lösungsmittel und Etheralkohole. Besonders bevorzugt ist 2-Butoxy-ethanol (Druckschrift (1), Spalte 2, Zeilen 12-56, Beispiel 1). Die Druckschrift (1) beschreibt auch ein Verfahren zur Elektrotauchlackierung unter Verwendung derartiger Elektrotauchlackzusammensetzungen (Druckschrift (1), Beispiel 5).

Die Kammer betrachtet daher, in Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin, die Druckschrift (1) als nächstliegenden Stand der Technik und Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.

4.3 Auch die Beschwerdeführerin sah die Druckschrift (1) als den nächsten Stand der Technik an. Sie wollte deren Offenbarungsgehalt jedoch auf das Beispiel 1 beschränkt sehen. Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. Nach gängiger Rechtsprechung ist die Lehre einer Druckschrift nicht auf die Ausführungsbeispiele beschränkt, sondern umfasst den gesamten Offenbarungsgehalt einer Druckschrift (Rechtssprechung 6. Auflage 2010, I.C.2.7). Im vorliegenden Fall wird in der Spalte 2, Zeilen 12-56 der Druckschrift (1) ganz allgemein die Herstellung der gemäß dieser Druckschrift zu verwendenden Phosphorsäure-Epoxyester beschrieben. Das Beispiel 1 veranschaulicht lediglich eine, wenn auch bevorzugte, spezifische Ausführung dieser allgemeinen Lehre (Spalte 2, Zeilen 51-52 der Druckschrift (1)). Es besteht daher kein Grund, den Offenbarungsgehalt auf das Beispiel 1 der Druckschrift (1) zu beschränken.

4.4 Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstem Stand der Technik liegt der Erfindung nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Elektrotauchlackierung bereitzustellen, das eine Verbesserung des Kantenschutzes erziele, die Einstellung des Mattierungsgrades ermögliche, einen guten Umgriff ergebe, insbesondere aber eine höhere Badstabilität sowie eine geringere Rücklösung des abgeschiedenen Lackmaterials in den Spülzonen ermögliche (siehe auch die Patentschrift, Absatz [007]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent die Verwendung von Phosphor- oder Phosphonsäure-Epoxyestern mit einer Säurezahl von 10-40 vor, die das Reaktionsprodukt der Umsetzung von Phosphor- oder Phosphonsäuren mit Epoxidverbindungen in Gegenwart der anspruchsgemäßen Alkoholen sind.

4.5 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass in Anwesenheit der anspruchsgemäß genannten Alkohole, im Unterschied zu dem in Beispiel (1) der Druckschrift (1) verwendeten 2-Butoxyethanol, ein anderer Verbindungstyp, nämlich Mischester, gebildet werden; d.h. die anspruchsgemäßen Alkohole fungieren nicht nur als Lösungsmittel, sondern reagieren mit freien Hydroxygruppen der Phosphorsäure-Gruppierung in den Phosphorsäure-Epoxyestern. Als Beleg für ihre Behauptung verwies die Beschwerdeführerin auf die in der Beschwerdebegründung beschriebenen Vergleichsversuche. Diese seien analog zu dem Beispiel 1 der Druckschrift (1) mit den anspruchsgemäßen Alkoholen durchgeführt worden. Anschließend wurde der Anteil an Alkohol in der resultierenden Reaktionsmischung gaschromatographisch bestimmt (GC % LM) und die Differenz (Delta GC LM) zwischen der theoretischen Menge an Alkohol, die am Ende der Umsetzung zurückbleiben sollte, wenn keine Mischesterbildung erfolgt, und dem tatsächlichen gemessenen Anteil (GC % LM), ermittelt. Umgerechnet ergebe sich daraus die Menge des eingebauten Alkohols in mol-% (Deltan % GC LM). Die Ergebnisse dieser Versuche mit den ermittelten Werten sind in der Tabelle auf Seite 10 der Beschwerdebegründung zusammengestellt und zeigten eine deutliche Mischesterbildung, die für die anspruchsgemäßen Alkohole zwischen 12.53 mol % für Isobutanol (kein anspruchsgemäßer Alkohol; Anmerkung der Kammer) bis zu 35 mol % für Isopropanol liege (Beschwerdeschrift, Seite 10 - Seite 11, Zeile 3).

Im Gegensatz dazu käme es bei der Verwendung des im Beispiel 1 der Druckschrift (1) genannten 2-Butoxy-ethanols nicht zu einer Mischesterbildung. Dies gehe direkt aus den Angaben in Spalte 2, Zeilen 41-46 der Druckschrift (1) hervor, in denen auf die Reaktionstemperatur Bezug genommen wird und die eindeutig beschreiben, dass bei den genannten Temperaturen im wesentlichen nur eine der Hydroxygruppen der Orthophosphorsäure (mit der Epoxidverbindung) reagiere. Dies könne auch nicht durch die Angaben in Spalte 3, Zeilen 44-54, auf die die Kammer in ihrem Bescheid verwiesen hat und die die Möglichkeit der Esterbildung erwähnt, in Frage gestellt werden, da sich diese Angaben auch auf die Reaktion des im Überschuss eingesetzten Epoxids mit dem Alkohol beziehen könne. Eine Nacharbeitung des Beispiels 1, um die nichtvorhandene Mischesterbildung für 2-Butoxyethanol zu belegen, sei im Rahmen der von der Beschwerdeführerin durchgeführten Vergleichsversuche daher nicht nötig gewesen.

4.6 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin bezüglich der geltend gemachten Mischesterbildung nicht.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass die Beschwerdebegründung hinsichtlich der Vergleichsversuche keine detaillierten Versuchsbeschreibungen enthält, die es erlaubten, die Angaben der Beschwerdeführerin bezüglich der Reaktionsführung, d.h. gemäß Beispiel 1 der Druckschrift (1), objektiv nachzuvollziehen. Dies sowie die Frage inwieweit die nachgereichten Auszüge aus dem Laborjournal der Beschwerdeführerin als Beleg geeignet sind, kann an dieser Stelle jedoch unberücksichtigt bleiben, da ganz unabhängig davon die obengenannten analytisch ermittelten und daraus berechneten Werte nicht geeignet sind, eine Mischesterbildung eindeutig zu belegen.

Aus den Werten in der Tabelle auf Seite 10 der Beschwerdebegründung ist ersichtlich, dass in den von der Beschwerdeführerin durchgeführten Versuchen, der Anteil an Alkohol in der Mischung nach der Umsetzung von Epoxidverbindung mit Phosphorsäure in Gegenwart der anspruchsgemäßen Alkohole Methanol, Ethanol, n-Propanol, n-Butanol, tert-Butanol und Hexanol offensichtlich geringer ist als er sein sollte, wenn diese Alkohole lediglich als Lösungsmittel fungierten. Für sec-Butanol und Isopropanol wird an dieser Stelle auf die Eingabe vom 23. April 2007 verwiesen. Diese Messergebnisse lassen zwar den Schluss zu, dass ein Teil des Alkohols während der Umsetzung reagiert hat, sie belegen jedoch keineswegs, dass der Alkohol mit freien Hydroxygruppen der Phosphorsäure-Gruppierung des Phosphorsäure-Epoxyesterprodukts unter Ausbildung von Mischestern reagiert hat oder reagiert haben muss. Das gleiche Ergebnis, nämlich die Verringerung des Alkohols in der Reaktionsmischung, lässt sich auch durch die ebenfalls mögliche Reaktion des Alkohols mit den Epoxygruppen des Reaktionsprodukts bzw. des Ausgangsepoxids erklären. Damit lägen dann wie in der Druckschrift (1) ebenfalls Monoester vor. Die beobachtete Abnahme an Alkohol in der Reaktionsmischung ist daher kein geeigneter Nachweis für das Vorliegen von Mischestern in den erfindungsgemäß zu verwendenden Phosphor- oder Phosphonsäure-Epoxyestern. Weitere Daten, die eindeutig belegen könnten, dass der Alkohol mit einer Hydroxygruppe der Phosphor- oder Phosphonsäure-Gruppierung reagiert hat, wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

Entscheidend ist auch, dass die entsprechenden Ergebnisse eines Versuchs mit dem in der Druckschrift (1) verwendete 2-Butoxyethanol fehlen, die die Behauptung der Beschwerdeführerin belegen können, dass dieser Alkohol, im Gegensatz zu den anspruchsgemäßen Alkoholen, tatsächlich nur als Lösungsmittel fungiert und dass daher erfindungsgemäß eine andere Art von Reaktionsprodukt entsteht. Dies umso mehr, als in der Druckschrift (1) bereits auf die Möglichkeit einer Reaktionsbeteiligung des Alkohols hingewiesen wird (Spalte 3, Zeilen 49-51). Ob es sich dabei um eine Esterbildung (mit der Phosphorsäure-Gruppierung) oder um eine (fälschlicherweise als Esterbildung bezeichnete) Reaktion des Alkohols mit vorhandenen Epoxygruppen des Reaktionsprodukt oder des Ausgangsmaterials handelt, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da auch die Versuchsdaten der Beschwerdeführerin keine Aussage darüber zulassen, mit welcher Gruppierung der Alkohol reagiert hat.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die von der Beschwerdeführerin im Unterschied zu der Druckschrift (1) geltend gemachte Mischesterbildung nicht belegt ist. Diese kann daher nicht als ein unterscheidendes Merkmal angesehen werden.

4.7 Hinsichtlich der geltend gemachten Vorteile bei der Verwendung der anspruchsgemäß hergestellten Phosphorsäure-Epoxyester ist zunächst festzustellen, dass keine Daten vorliegen, die einen verbesserten Kantenschutz, Einstellung des Mattierungsgrades oder guten Umgriff belegen könnten. Das Streitpatent enthält zwar Testergebnisse zu Flächen- und Kantenrost- sowie Glanzgradmessung. Es liegen dazu aber keine Vergleichsversuche mit dem nächsten Stand der Technik, d.h. mit den Phosphorsäure-Epoxyestern der Druckschrift (1), vor. Im Streitpatent wurde lediglich ein Elektrotauchlack mit und ohne Phosphorsäure-Epoxyester miteinander verglichen. Des Weiteren wird in der Druckschrift (1) bereits auf einen verbesserten Korrosionsschutz und die Kontrolle des Mattierungsgrad durch den Anteil an Phosphorsäure-Epoxyestern hingewiesen (Druckschrift (1), Spalte 1, Zeilen 41-51). Von der Beschwerdeführerin wurden diesbezüglich auch keine weiteren Argumente oder Belege vorgebracht.

4.8 Bezüglich der behaupteten verbesserten Badstabilität und geringeren Rücklösung des abgeschiedenen Lackmaterials verwies die Beschwerdeführerin auf ihre in der Beschwerdebegründung angegebenen Vergleichsversuche. Gemäß diesen Versuchen seien Zusammensetzungen, die sich lediglich durch den eingesetzten Phosphorsäure-Epoxyester unterschieden, in ein Tauchlackbad gegeben worden. Anschließend wurde, als Maß für die Stabilität des Tauchlackbades, der Siebrückstand gemessen. Aus der Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung gehe eindeutig hervor, dass für einen Elektrotauchlack mit einem Phosphorsäure-Epoxyester hergestellt in Gegenwart von n-Hexanol, sec-Butanol oder Methanol eine deutliche höhere Badstabilität beobachtet werde als für einen Elektrotauchlack mit einem Phosphorsäure-Epoxyester hergestellt in Gegenwart von 2-Butoxyethanol gemäß dem Beispiel 1 der Druckschrift (1). Ebenso zeige der Vergleich einer Lackformulierung, in der ein anspruchsgemäßer, nämlich mit sec-Butanol hergestellter, Phosphorsäure-Epoxyester verwendet wurde, eine deutlich geringere Rücklösung als eine Lackformulierung in der ein gemäß der Druckschrift (1) mit 2-Butoxyethanol hergestellter Phosphorsäure-Epoxyester verwendet wurde. Die Säurezahlen dieser Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte seien aus den mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 eingereichten Auszügen aus dem Laborjournal der Beschwerdeführerin ersichtlich.

4.9 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin kann die Kammer nicht überzeugen.

Die Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung listet für vier Tauchlackbäder die einzelnen Komponenten mit den entsprechenden Mengenangaben auf. Drei der Tauchlackbäder wurden mit erfindungsgemäßen Phosphorsäure-Epoxyesterprodukten hergestellt, eines mit einem Phosphorsäure-Epoxyesterprodukt gemäß dem Stand der Technik (Druckschrift (1)). Laut Angaben in der obengenannten Tabelle unterscheiden sich die vier Tauchlackbäder anscheinend nur durch die verwendeten Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte. Entscheidend für die Aussagekraft der Vergleichsversuche ist jedoch vor allem die Herstellungsweise der eingesetzten Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte. Für einen lauteren Vergleich sollten alle verwendeten Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte unter vergleichbaren Bedingungen hergestellt worden sein und sich nur durch den eingesetzten Alkohol unterscheiden.

4.9.1 Bezüglich der Herstellung der Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte verweist die Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung lediglich auf die Versuchsnummern AU 978 (n-Hexanol, erfindungsgemäß), AU 980 (sec-Butanol, erfindungsgemäß), AU 983 (BG = Butylglycol = 2-Butoxyethanol, Stand der Technik) und AU 986 (Methanol, erfindungsgemäß). Detaillierte Angaben zur Reaktionsführung jedes einzelnen dieser Versuche fehlen an dieser Stelle. Auf die Versuche AU 978 und AU 986 wurde in der Beschwerdebegründung bereits im Zusammenhang mit der Mischesterbildung verwiesen (Punkt II.4. auf den Seiten 8-10 der Beschwerdebegründung). Eine detaillierte und verifizierbare Versuchsbeschreibung gibt es aber auch dort nicht. Detaillierte Angaben über die Durchführung des erfindungsgemäßen Versuchs AU 980 fehlen in der Beschwerdebegründung ebenso wie detaillierte Angaben zu dem Versuch AU 983, der gemäß dem Stand der Technik durchgeführt worden sein sollte.

4.9.2 Von der Beschwerdeführerin wurden zwar für die Versuche AU 978, AU 980, AU 986 nachträglich Auszüge aus dem Laborjournal der Beschwerdeführerin (Druckschrift (6)) eingereicht, diese enthalten jedoch keinerlei Angaben für den Versuch AU 983, der dem Stand der Technik entsprechen soll. Eine genaue Versuchsbeschreibung wäre jedoch erforderlich gewesen, um zu objektiv nachvollziehbar zu belegen, dass dieser Versuch einer exakten Nacharbeitung des Beispiel 1 der Druckschrift (1) entspricht und damit die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorteile der mit den anspruchsgemäßen Alkoholen hergestellten Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte auf die Tauchlackbäder gegenüber dem mit 2-Butoxyethanol hergestellten Phosphorsäure-Epoxyesterprodukt stützen könnte. Die bloße Feststellung der Beschwerdeführerin (siehe Schreiben vom 1. Dezember 2010), dass der Versuch AU 983 in Analogie zu den auf Seite 9 der Beschwerdebegründung beschriebenen Herstellungsverfahren erfolgte, insbesondere unter Einhaltung der jeweiligen Stoffmengen, reicht dafür nicht aus. Allein schon wegen der fehlenden Versuchsbeschreibung für den Versuch AU 983 mit Angaben des unter gleichen Bedingungen gemessenen Säurewerts, sind die Ergebnisse der Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung nicht geeignet, die geltend gemachten Vorteile zu belegen.

4.9.3 Ungeachtet der fehlenden Angaben zu dem Versuch AU 983, geben aber auch die von der Beschwerdeführerin gemachten Angaben zu der Versuchdurchführung der Versuche AU 978, AU 980 und AU 986 Anlass zu berechtigten Zweifeln, ob diese Versuche geeignet sind, die gegenüber dem Stand der Technik geltend gemachten Vorteile zu belegen.

Die Auszüge aus den Laborjournalen für die Versuche AU 978, AU 980 und AU 986 bestehen aus zwei Teilen: einem Deckblatt, das in gedruckter Form die Mengenangaben der für die Phosphorsäure-Epoxyesterherstellung einzusetzenden Komponenten angibt, und einem handgeschriebenen Versuchsprotokoll, das relativ fragmentarisch den Reaktionsablauf beschreibt. Die Mengen auf dem Deckblatt sollten dabei nach Angaben der Beschwerdeführerin den gleichen Stoffmengen entsprechen, wie sie in Beispiel 1 der Druckschrift (1) verwendet wurden, jedoch mit einer um das 6,656-fache reduzierten Ansatzgröße (Tabellen auf Seite 9 und 10 der Beschwerdeschrift in Verbindung mit den Erklärungen der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 1. Dezember 2010). Es ist jedoch ersichtlich, dass die Angaben auf dem Deckblatt der einzelnen Versuche, die durch die entsprechenden Versuchsnummern gekennzeichnet sind, im Widerspruch stehen zu den handschriftlichen Angaben, die durch die gleichen Versuchsnummern gekennzeichnet sind, insbesondere in Bezug auf die Angaben zu dem Posten 5. Laut handhandschriftlicher Aufzeichnung werden in allen drei Versuchen deutlich höhere Mengen des Postens 5, dem als Verdünnungsmittel am Ende der Reaktion eingesetzten 2-Butoxyethanols (BG), eingesetzt als im Deckblatt angegeben. Inwieweit im Hinblick auf diese offensichtliche Abweichung, die Mengenangaben der anderen Komponenten mit den Angaben auf dem Deckblatt übereinstimmen bleibt völlig offen, da es dazu in den handschriftlichen Aufzeichnungen keine Angaben gibt. Es wird lediglich angegeben, dass die Posten 1-3 (Alkohol, Phosphorsäure und Wasser) vorgelegt und der Posten 4 (Epoxidverbindung) zugegeben wird.

Für den Versuch AU 986 stimmen selbst die Angaben auf dem Deckblatt nicht mit den in der Beschwerdebegründung gemachten Angaben überein. Wie bereits gesagt, sollte der Versuch AU 986 gemäß dem Beispiel 1 der Druckschrift (1) jedoch mit einer 6.656-fache reduzierten Ansatzgröße durchgeführt worden sein. Laut Deckblatt ist der Ansatz für die Posten 1, 3 und 4 um das 4.6-fache, der Posten 2, die Phosphorsäure, jedoch nur um das 3.9-fache reduziert, d.h. selbst wenn für diesen Versuch, unabhängig von der inkorrekten Mengenangabe für den Posten 5, die Komponenten 1-4 den Angaben auf dem Deckblatt entsprächen, würde auch die eingesetzte Menge an Phosphorsäure von der in der Druckschrift (1) angegebenen Menge abweichen.

Des Weiteren ist in den handschriftlichen Aufzeichnungen erkennbar, dass sich die Reaktionszeiten der einzelnen Versuche sowohl untereinander als auch im Hinblick auf die Reaktionszeit von Beispiel 1 der Druckschrift (1) und damit dem Versuch AU 983 unter der Annahme, dass dieser entsprechend diesem Beispiel durchgeführt wurde, unterscheiden. Gemäß dem Stand der Technik beträgt die Reaktionszeit 3 Stunden. Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen für die Versuche AU 978 und AU 980 ist jedoch ersichtlich, dass die Reaktionsmischung für mehr als 4 Stunden bei Reaktionstemperatur gehalten wurde bevor mit 2-Butoxyethanol verdünnt wurde.

4.9.4 Für die beobachteten Unstimmigkeiten und Abweichungen hatte die Beschwerdeführerin keine Erklärungen.

4.9.5 Ergänzend ist auch zu bemerken, dass es zu den Versuchen bezüglich einer verbesserten Rücklösung keinerlei Angaben bezüglich der Herstellung der eingesetzten Phosphorsäure-Epoxyester gibt.

4.9.6 Zusammenfassend ergibt sich daher, dass aufgrund des Fehlens der Angaben zur genauen Durchführung des Versuchs AU 983 sowie der obengenannten Unstimmigkeiten und Abweichungen nicht belegt ist, ob die Phosphorsäure-Epoxyester aus den Versuchen AU 978, AU 980, AU 986 und AU 983 unter vergleichbaren Bedingungen hergestellt wurden. Demzufolge vermögen auch die Ergebnisse in der Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung nicht glaubhaft zu machen, dass die behauptete verbesserte Badstabilität bzw. geringere Rücklösung des Lackmaterials ursächlich mit der Auswahl der anspruchsgemäßen Alkohole bei der Herstellung der zu verwendenden Phosphor- und Phosphorsäure-Epoxyestern verbunden ist.

4.10 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern können Vorteile, auf die sich die Beschwerdeführerin gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beruft, die aber nicht hinreichend belegt sind, bei der Ermittlung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (siehe z. B. Entscheidung T 20/81, ABl. EPA 1982, 217, Nr. 3 der Entscheidungsgründe).

Aus diesen Gründen ist es erforderlich, die unter Punkt 4.4 genannte Aufgabenstellung umzuformulieren. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent lediglich die objektive Aufgabe zugrunde, ein weiteres Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung bereitzustellen.

4.11 Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen lieferte, die genannte Aufgabe durch die Verwendung von Phosphor- oder Phosphonsäure-Epoxyestern mit einer Säurezahl von 10-40, die durch Umsetzung von Phosphor- oder Phosphonsäuren mit Epoxyverbindungen in Gegenwart der anspruchsgemäßen Alkohole erhalten wurden, zu lösen.

4.11.1 In der Druckschrift (1) wird die Verwendung von organischen, mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln, darunter auch Alkohole wie Butanol oder Isopropanol, als geeignete Lösungsmittel bei der Umsetzung von Phosphorsäure mit Epoxidharzen zu Phosphorsäure-Epoxyestern bereits vorgeschlagen (Spalte 2, Zeilen 49-50). Unter dem Begriff "Butanol" versteht der den Fachmann dabei n-Butanol, für das Butanol in der Regel als Synonym verwendet wird. Ebenso lehrt die Druckschrift (1) bereits, dass eine gewisse Azidität der Phosphorsäure-Epoxyesterprodukte erwünscht ist, da diese hilft die Phosphorsäure-Epoxyester im Elektrotauchlack zu dispergieren bzw. die spätere Vernetzung des Lacks zu katalysieren (Spalte 2, Zeilen 57-64).

4.11.2 Um zu der beanspruchten Lösung zu kommen, musste der Fachmann im Rahmen der Lehre der Druckschrift (1) lediglich bestimmte Alkohole unter den in dieser Druckschrift bereits als Lösungsmittel angeregten Alkoholen und einen beliebigen geeigneten Bereich für die Säurezahl auswählen. Ohne ein überraschendes oder unvorhersehbares Ergebnis, stellt eine solche Vorgehensweise lediglich eine willkürliche Wahl des Lösungsmittels und der Säurezahl innerhalb des von der Druckschrift (1) vorgegebenen allgemeinen Rahmens dar. Eine solche willkürliche Wahl liegt im Bereich der Routinetätigkeit des Fachmanns, zu der es keiner erfinderischen Tätigkeit bedarf.

4.11.3 Die Beschwerdeführerin, die die Aufgabe in einem verbesserten Verfahren zur Elektrotauchlackierung sah, hat zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit eines lediglich alternativen Verfahren einzig vorgebracht, dass nicht alle der im Anspruch 1 genannten Lösungsmittel in der Druckschrift (1) offenbart werden.

4.11.4 Dieses Argument kann jedoch nicht überzeugen, da der Hauptantrag auch die Verwendung der Lösungsmittel Isopropanol und n-Butanol enthält. Isopropanol wird jedoch in der Druckschrift (1) explizit genannt, ebenso Butanol, das wie bereits in Punkt 4.11.1 erwähnt für den Fachmann in der Regel n-Butanol bedeutet.

Des Weiteren wird in der Druckschrift (1) ganz allgemein auf mit Wasser mischbare Lösungsmittel verwiesen, darunter Aceton, Butanol, Isopropanol und ähnliche Verbindungen ("like acetone, butanol, isopropanol and the like"; Druckschrift (1), Spalte 2, Zeilen 49-50). Die Verwendung ähnlicher mit Wasser mischbarer Alkohole, z.B. Methanol, oder das Isomere eines bereits genannten Alkohols, z.B. n-Propanol oder sec-Butanol, in der Herstellung der anspruchsgemäß zu verwendenden Phosphorsäure-Epoxyester, kann daher als eine für den Fachmann naheliegende Maßnahme zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe angesehen werden, die lediglich darin liegt ein weiteres Verfahren zur anodischen Elektrotauchlackierung bereitzustellen.

4.12 Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass die Verwendung der in Gegenwart der anspruchsgemäßen Alkohole hergestellten Phosphorsäure-Epoxyester in der Elektrotauchlackierung eine naheliegende Lösung der patentgemäßen Aufgabe darstellt. Der Gegenstand der Ansprüche 1, 4 und 5 des Hauptantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Hilfsantrag 1

5. Änderungen und Neuheit

Hinsichtlich des negativen Ausgangs im Hinblick auf die erfinderischer Tätigkeit (siehe Punkt 6) kann sich die Kammer auf die Beurteilung dieses Einwands beschränken.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags lediglich dadurch, dass die anspruchsgemäß zu verwendenden Alkohole auf sec-Butanol, Methanol und Hexanol beschränkt wurden.

6.2 Die im Hilfsantrag 1 beanspruchten Lösungsmittel sind, obwohl eingeschränkt, noch immer die gleichen wie im Hauptantrag und der Säuregehalt ist unverändert geblieben. Daher gelten hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit des Hilfsantrags 1 die gleichen Überlegungen und Schlussfolgerungen wie für den Hauptantrag (Punkte 4.11 - 4.12 supra). Folglich beruht auch der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 5 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

6.3 Zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdeführerin argumentiert, dass der Gegenstand des Hilfsantrags 1 auf einer anderen Auswahl der bei der Herstellung des Phosphor- oder Phosphonsäure-Epoxyester eingesetzten Alkohole beruhe. Unabhängig von einer möglichen Mischesterbildung handle es sich bei diesen Alkoholen um diejenigen Alkohole für die gemäß der Tabelle auf Seite 12 der Beschwerdebegründung ein geringerer Siebrückstand belegt wurde. Des Weiteren lasse sich der Druckschrift (1) keinerlei Hinweis auf die jetzt anspruchsgemäß zu verwendenden Alkohole entnehmen. Dort werde ganz klar die Verwendung von 2-Butoxyethanol bevorzugt und nicht die Verwendung von Butanol.

6.4 Dieser Auffassung der Beschwerdeführerin kann sich die Kammer nicht anschließen.

Wie bereits unter Punkt 4.9 supra ausführlich dargelegt, sind die Versuche gemäß der Tabelle 12 der Beschwerdebegründung nicht geeignet Vorteile der anspruchsgemäß hergestellten Phosphorsäure-Epoxyester bezüglich der Badstabilität zu belegen. Die gestellte Aufgabe liegt demnach, ebenso wie für den Hauptantrag, nicht in der Bereitstellung eines verbesserten Verfahrens zur Elektrotauchlackierung, sondern in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens bzw. weiterer in einem solchen Verfahren einsetzbarer Elektrotauchlackbäder.

Des Weiteren wird in der Druckschrift (1) neben 2-Butoxyethanol Butanol bereits explizit als geeignetes Lösungsmittel für die Herstellung von Phosphorsäure-Epoxyestern vorgeschlagen. Die Verwendung eines Butanol-Isomeren wird, wie bereits erörtert (Punkt 4.11.4 supra), als naheliegende Maßnahme angesehen. Auch wenn weder n-Butanol noch eines seiner Isomere in einem expliziten Beispiel benutzt wurden, so gibt es doch keinen Grund, an ihrer Tauglichkeit für Herstellung der Phosphorsäure-Epoxyester zu zweifeln. Auch die Wahl ähnlicher Alkohole, wie beispielsweise Methanol, ist eine für den Fachmann naheliegende Lösung (Punkt 4.11.4 supra). Die Argumente der Beschwerdeführerin können daher nicht überzeugen.

Hilfsantrag 2

7. Zulässigkeit

7.1 Von der Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 1. Dezember 2010, eingegangen mit Fax am 3. Dezember 2010, d.h. eine Woche vor der mündlichen Verhandlung, der Hilfsantrag 2 eingereicht, in dem der unabhängige Anspruch 1 geändert wurde. Dieser Hilfsantrag wurde zu Beginn der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin durch einen geänderten Hilfsantrag 2 ersetzt, in dem das in den unabhängigen Anspruch 1 eingeführte Merkmal auch in die unabhängigen Ansprüche 4 und 5 aufgenommen wurde.

Als Begründung für das späte Einreichen dieses Hilfsantrags verwies die Beschwerdeführerin auf die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern sowie darauf, dass sich durch diesen Antrag die Sachlage nicht geändert habe.

7.2 Die Beschwerdegegnerin rügte diesen Antrag als verspätet und beantragte, ihn nicht in das Verfahren zuzulassen, da ihr nicht ausreichend Zeit für eine angemessene Stellungnahme zur Verfügung stand.

7.3 Die Zulassung von Anträgen in das Verfahren, die in einem sehr späten Stadium eingereicht wurden, liegt im Ermessen der Kammer (Regel 13(1) und (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern). In der Ausübung dieses Ermessens sind gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern entscheidende Kriterien, ob diese Anträge eindeutig gewährbar sind, ob sie im Hinblick auf die Beurteilung der Patentierbarkeit neue Fragen aufwerfen, mit denen die Gegenpartei(en) nicht vernünftigerweise rechnen konnte(n), und ob sich die Kammer ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung damit befassen kann.

7.4 Die unabhängigen Ansprüche 1, 4 und 5 des Hilfsantrags 2 unterscheiden sich vom Hilfsantrag 1 durch das Merkmal, dass das Elektrotauchlackbad ein Polyester-Elektrotauchlackbad ist. Dieses Merkmal findet sich lediglich in der Beschreibung des Streitpatents, nicht aber in dessen Ansprüche und auch nicht in einem der bisher im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren vorgelegten Anspruchssätze. Seine Aufnahme beschränkt den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche nunmehr auf die Kombination bestimmter Alkohole mit einem bestimmten Bindemittel. Während jedoch bislang die Art des Bindemittels bei der Beurteilung der Patentierbarkeit von keinerlei Bedeutung war, könnte es jetzt zu einem mitentscheidenden Faktor werden, insbesondere da die von der Beschwerdegegnerin bereits mit der Einspruchsschrift eingereichten Druckschriften dieses Merkmal nicht zu offenbaren scheinen. Damit wurde die Beschwerdegegnerin wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung, bzw. für die unabhängigen Ansprüche 4 und 5 erst in der mündlichen Verhandlung mit einer Sachlage konfrontiert, die sie vernünftigerweise nicht erwarten konnte. Die Zulassung des Hilfsantrags in das Verfahren hätte die Verschiebung der mündlichen Verhandlung zur Folge gehabt, da aus Gründen der Fairness gegenüber der Beschwerdegegnerin diese die Möglichkeit hätte erhalten müssen, auf diese neue Sachlage gegebenenfalls durch weitere Recherchen und das Einreichen neuer Druckschriften zu reagieren.

7.5 Des Weiteren ist festzustellen, dass der Beschwerdeführerin zwischen der Mitteilung der Kammer und der mündlichen Verhandlung einige Monate zur Verfügung standen. Es war kein triftiger Grund ersichtlich und von der Beschwerdeführerin wurde diesbezüglich auch keiner geltend gemacht, der die Beschwerdeführerin daran gehindert hätte, geänderte Ansprüche rechtzeitig und nicht erst zu Beginn der mündlichen Verhandlung einzureichen.

7.6 Unter diesen Umständen entschied die Kammer, den Hilfsantrag 2 nicht in das Verfahren zuzulassen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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