T 0484/07 () of 15.3.2013

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2013:T048407.20130315
Datum der Entscheidung: 15 März 2013
Aktenzeichen: T 0484/07
Anmeldenummer: 00949068.1
IPC-Klasse: H01M 8/02
C25B 9/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Membran-Elektroden-Einheit mit integriertem Dichtrand
Name des Anmelders: Heliocentris Energiesysteme GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Hauptantrag, 1. und 2. Hilfsantrag - Neuheit (nein)
3. Hilfsantrag - Erweiterung gegenüber ursprünglicher Fassung (ja)
4. Hilfsantrag - nicht zugelassen (verspätet)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1857/07
T 1634/09
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14.11.2006, das europäische Patent EP-B1-1 188 198 zu widerrufen.

II. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung war vor allem das folgende Dokument relevant:

E5: WO-A-9833225

wobei während des Einspruchsverfahrens unter anderem auch

E8: Virtual Chembook, Elmhurst College, Charles E. Ophardt, c. 2003

erwähnt wurde.

III. Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausging (Artikel 100(c)), der Gegenstand des Anspruchs 1 des ersten Hilfsantrags nicht neu sei gegenüber E5 (Artikel 54 EPÜ) und der Gegenstand des Anspruchs 1 des zweiten Hilfsantrags nicht klar sei (Artikel 84 EPÜ).

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 15.03.2007, eingegangen am 16.03.2007, Beschwerde ein. Die Einreichung der Beschwerdebegründung erfolgte mit Schreiben vom 25.05.2007.

V. Mit Schreiben vom 21.11.2007 erfolgte die Erwiderung der Einsprechenden.

VI. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 15.03.2013 wurde am 07.11.2012 verschickt.

VII. Mit Schreiben vom 05.02.2013 nahm die Einsprechende den Einspruch zurück.

VIII. Am 15.02.2013 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 3 ein.

IX. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 15.03.2013 statt. Darin reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag und einen Hilfsantrag 4 ein.

X. Die von der Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:

Das Merkmal, dass der Dichtrand ein thermoplastischer Dichtrand sei, sei im Anspruch 1 offenbart, sodass klar sei, dass es sich bei dem Schmelzkleber nur um einen thermoplastischen Schmelzkleber handeln könne. Zudem sei der Anspruch 1 gegenüber E5 neu, da E5 keine Haftung aufgrund einer Oberflächenwechselwirkung zwischen ionischen oder stark polaren Gruppen des Schmelzklebers und ionischen Gruppen der Elektrode erwähne und solche auch nicht nötig seien aufgrund der formschlüssigen Verbindung. Zudem sei nicht klar aus E5 zu entnehmen, dass das dort erwähnte Dichtmittel den Dichtrand bildet. Beidseitig aufgebrachter Schmelzkleber sei zudem nicht in E5 genannt. Ein Schmelzklebstoff sei ein Mehrkomponentensystem wie in

D15: Merkblatt Schmelzklebstoffe des Industrieverbandes Klebstoffe e.V., Düsseldorf, 2006

gezeigt und ein solches sei in E5 nicht offenbart.

Das Auflegen eines Schmelzklebers sei viel wirtschaftlicher, da keine Vergussform benötigt würde und zudem müsse, gemäß der Erfindung, der Schmelzkleber nicht in die Poren der Membran eindringen, sondern die Haftung würde durch Adhäsion der polaren oder ionischen Gruppen bewerkstelligt. E5 würde keinen Schmelzkleber offenbaren. Zudem sei nicht jedes Polyamid als Inhaltsstoff eines Schmelzklebers geeignet.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 3. Hilfsantrag würde aus einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 2, 5 und 8 hervorgehen. Obwohl die ursprünglichen Ansprüche 2, 5 und 8 sich jeweils nur auf Anspruch 1 rückbeziehen würden, sei es für den Fachmann eindeutig, dass sie verschiedene Alternativen darstellen würden, die kombiniert werden könnten. Zudem gehe aus der Beschreibung (Seite 4, Zeile 7) für den Fachmann eindeutig hervor, dass der Ausdruck "geeignete Schmelzkleber" sich auch auf die in den Ansprüchen der ursprünglichem Anmeldung erwähnten Möglichkeiten beziehe.

Der 4. Hilfsantrag sei erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer gestellt worden, da es sich erst aus der Diskussion ergeben habe, dass ein Verfahrensanspruch die erhobenen Einwände möglicherweise beheben könnte.

XI. Anspruch 1 des Hauptantrages lautet wie folgt:

"1. Membran-Elektroden-Einheit mit integriertem thermoplastischen Dichtrand für elektrochemische Zellen, die aus einer Polymerelektrolytmembran und diese beidseitig bedeckenden Elektroden besteht, wobei der thermoplastische Dichtrand den Kantenbereich der Membran-Elektroden-Einheit ummantelt, dadurch gekennzeichnet, dass der thermoplastische Dichtrand (2) aus einer beidseitig aufgebrachten Schmelzkleberschicht besteht, die in einem über die Umfangskanten der Membran-Elektroden-Einheit überstehenden einstückigen Teilbereich (2a) Durchbrüche (3) zur Montage und/oder zur Medienführung in einem Brennstoffzellenstapel bildet und die aus einem Schmelzkleber mit ionischen oder stark polaren Gruppen zur Erzeugung einer Oberflächenwechselwirkung mit den ionischen Gruppen der Polymerelektrolytmembran und damit einer hohen Haftwirkung besteht."

Die abhängigen Ansprüche 2-8 betreffen weitere Ausführungsarten der Membran-Elektroden-Einheit nach Anspruch 1.

XII. Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags lautet wie folgt (Unterschied zum Hauptantrag durch die Kammer hervorgehoben).

"1. Membran-Elektroden-Einheit mit integriertem thermoplastischen Dichtrand für elektrochemische

Zellen, die aus einer Polymerelektrolytmembran und diese beidseitig bedeckenden Elektroden besteht, wobei der thermoplastische Dichtrand den Kantenbereich der Membran-Elektroden-Einheit ummantelt, dadurch gekennzeichnet, dass der thermoplastische Dichtrand (2) aus einer beidseitig aufgebrachten Schmelzkleberschicht besteht, die unter Wärme und Druckwirkung aus auf den Rand der Membran-Elektroden-Einheit beidseitig aufgelegtem Schmelzklebermaterial erzeugt ist, das sich während der schmelzflüssigen Phase in einem über die Umfangskanten der Membran-Elektroden-Einheit überstehenden Teilbereich zu einem einstückigen Teilbereich und ansonsten mit der Membran-Elektroden-Einheit fest verbunden hat, und die in einem über die Umfangskanten der Membran-Elektroden-Einheit überstehenden einstückigen Teilbereich (2a) Durchbrüche (3) zur Montage und/oder zur Medienführung in einem Brennstoffzellenstapel bildet und die aus einem Schmelzkleber mit ionischen oder stark polaren Gruppen zur Erzeugung einer Oberflächenwechselwirkung mit den ionischen Gruppen der Polymerelektrolytmembran und damit einer hohen Haftwirkung besteht."

Die abhängigen Ansprüche 2-8 sind identisch mit den abhängigen Ansprüchen 2-8 des Hauptantrags.

XIII. Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags wurde gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags durch Aufnahme des folgenden Merkmals am Ende des Anspruchs geändert:

"der ein aus einem Monomer und Carbonsäure oder deren Salzen oder deren polaren Derivaten gebildetes Copolymer ist."

XIV. Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags wurde gegenüber dem Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags durch Aufnahme eines weiteren Merkmals am Ende des Anspruchs geändert:

"und der in im Wesentlichen regelmäßigen Abständen in einem Polymergerüst Carbonsäureesterbindungen enthält."

XV. Anspruch 1 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten 4. Hilfsantrags lautet wie folgt:

"1. Verfahren zum Herstellen einer Membran-Elektroden-Einheit mit integriertem thermoplastischen Dichtrand für elektrochemische Zellen, die aus einer Polymerelektrolytmembran und diese beidseitig bedeckenden Elektroden besteht, wobei der thermoplastische Dichtrand den Kantenbereich der Membran-Elektroden-Einheit ummantelt, dadurch gekennzeichnet, dass der thermoplastische Dichtrand (2) aus einer beidseitig aufgebrachten Schmelzkleberschicht besteht, die in einem über die Umfangskanten der Membran-Elektroden-Einheit überstehenden einstückigen Teilbereich (2a) Durchbrüche (3) zur Montage und/oder zur Medienführung in einem Brennstoffzellenstapel bildet und die aus einem Schmelzkleber mit ionischen oder stark polaren Gruppen zur Erzeugung einer Oberflächenwechselwirkung mit den ionischen Gruppen der Polymerelektrolytmembran und damit einer hohen Haftwirkung besteht, wobei die Ausbildung des Dichtrandes unter Wärme und Druckwirkung auf das auf den Rand der Membran-Elektroden-Einheit aufgelegte Schmelzklebermaterial erfolgt, das sich während der schmelzflüssigen Phase in dem überstehenden Bereich miteinander und ansonsten mit der Membran-Elektroden-Einheit fest verbindet."

XVI. Anträge:

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des Hauptantrags in der Fassung wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2013 oder der Hilfsanträge 1 bis 3 in der Fassung wie eingereicht am 15.02.2013 oder des Hilfsantrags 4 in der Fassung wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2013.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

1.1 Artikel 54 EPÜ

1.1.1 Der unabhängige Anspruch 1 betrifft eine Membran-Elektroden-Einheit und ist somit ein Vorrichtungsanspruch. Der Dichtrand dieser Einheit wird durch die Schmelzkleberschicht definiert, wobei die Eigenschaften des Schmelzklebers durch folgende funktionelle Merkmale definiert werden: "mit ionischen oder stark polaren Gruppen zur Erzeugung einer Oberflächenwechselwirkung mit den ionischen Gruppen der Polymerelektrolytmembran und damit einer hohen Haftwirkung".

1.1.2 Der Patentinhaber hatte vorgetragen, dass es sich beim Schmelzkleber um eine spezifische Mischung handelt, in der neben einem Basispolymer andere Inhaltsstoffe vorhanden sein müssen. Laut Beschreibung (siehe z.B. Spalte 3, Zeilen 6-10) und den Ansprüchen 4 bis 6 des vorliegenden Streitpatents wird als Schmelzkleber ein Copolymer verwendet. Es geht nicht aus der Beschreibung hervor, dass die vom Patentinhaber vorgetragene Definition eines Schmelzklebers zutrifft und eine spezielle Mischung beinhaltet. Die Diktion der abhängigen Ansprüche 4-6 "dass der Schmelzkleber ein...Copolymer ist" widerspricht dieser Auffassung überdies (Hervorhebung durch die Kammer). Der Begriff "Schmelzkleber" kann angesichts der oben angegebenen Textstellen nur so ausgelegt werden, dass der Begriff "Schmelzkleber" auch nur ein (Co)Polymer sein kann.

1.1.3 E5 offenbart in Figur 10 eine Membran-Elektroden-Einheit, die einen Dichtrand (5,6,7) (siehe die Bezugszeichenliste auf Seite 22 der E5) enthält, der über beide Seiten die Einheit bedeckt (also ummantelt) und einstückig ist. Der Dichtrand enthält eine Durchführung 30 durch die z.B. Wasserstoff strömen kann (siehe Seite 20, Zeile 3 der E5).

1.1.4 Auf Seite 20, Zeilen 11-13 wird die Herstellungsweise einer in Figur 10 der E5 gezeigten Membran-Elektroden-Einheit erwähnt. An dieser Textstelle wird angegeben, dass die Membran-Elektroden-Einheit mit Durchführungen im Dichtrand so hergestellt werden kann, wie es für Dichtränder ohne Durchführung beschrieben wurde. Der Fachmann bekommt also an dieser Stelle der E5 unmittelbar und eindeutig den Hinweis, weiter oben in der Beschreibung der E5 nachzulesen, wie die Membran-Elektroden-Einheit gemäß Figur 10 erhalten werden kann.

1.1.5 Ein solches Verfahren zur Ausbildung des Dichtrands wird auf Seite 14, Zeilen 1-14 der E5 beschrieben. Hier wird angegeben (Hervorhebung durch die Kammer):

"Zur Ausbildung des Dichtrands wird beispielsweise ein in der passenden Größe zugeschnittenes oder ausgestanztes Stück eines Membran-Elektrodenmaterials in eine Vergussform eingelegt, wobei die Bereiche der Elektroden, an denen kein Dichtrand ausgebildet werden soll sowie ggf. die Bereiche, in denen Durchführungen vorgesehen sind, von der Vergussform abgegrenzt werden. Dann kann Kunststoff in flüssiger Form, z.B. ein durch Wärme verflüssigter Thermoplast, eingefüllt und durch Anwendung von Druck, bevorzugt bis ca. 200 bar, an den nicht abgegrenzten Bereichen der Elektroden in die Poren der Elektroden gepresst werden. Je nach dem, ob es gewünscht ist, Dichtränder mit bündigem Abschluss mit den Elektrodenoberflächen oder Dichtränder, die über die Elektrodenoberflächen überstehen, zu erhalten, muss die Ausbildung des Formwerkzeugs entsprechend gewählt werden."

Es wird explizit offenbart, dass für die Herstellung des Dichtrands ein verflüssigter Thermoplast als Kunststoff eingesetzt werden kann. Zudem ist es für den Fachmann eindeutig, dass durch das angegebene Verfahren überstehende Dichtränder erhalten werden, die einstückig sind.

1.1.6 Geeignete Kunststoffe sind auf Seite 14, Zeilen 30-32 der E5 offenbart, wobei explizit auch Polyamide als geeignete Thermoplaste angegeben werden. Es geht also unmittelbar und eindeutig hervor, dass zur Herstellung des in Figur 10 gezeigten Dichtrands Polyamide verwendet werden können. Es ist dem Fachmann bekannt, dass Polyamide ein stark polare Gruppen enthaltendes Polymer darstellen, da sie Amidgruppen enthalten, die als stark polar gelten (siehe auch E8, Summary of polarity).

1.1.7 Dass der in E5 beschriebene Dichtrand als Klebstoff angesehen wird, geht daraus hervor, dass auf Seite 20, Zeile 8 der E5 der Ausdruck "zusätzlicher" vor dem Substantiv "Klebstoff" verwendet wird, was darauf hindeutet, dass neben dem bereits vorhandenen Klebstoff (Dichtrand) noch ein anderer Klebstoff in die Aussparung 29 gefüllt werden kann. Diese Interpretation ist auch im Einklang mit der Textstelle auf Seite 13, Zeilen 1-6 der E5, wo erwähnt wird, dass das Dichtmittel zur Verklebung geeignet ist. Das Dichtmittel führt zur Ausbildung des Dichtrandes (siehe Seite 13, Zeilen 26-27). Angesichts dieser Ausführungen in E5 und der im Streitpatent gegebenen Definition für Schmelzkleber (siehe oben 1.1.2), müssen die in E5 erwähnten thermoplastischen Polyamide als Schmelzkleber im Sinne des Streitpatents angesehen werden.

1.1.8 Obwohl E5 nicht ausdrücklich erwähnt, dass das Polyamid eine Oberflächenwechselwirkung mit den ionischen Gruppen der Polymerelektrolytmembran erzeugt und damit eine hohe Haftwirkung besteht, ist die Beschwerdekammer der Ansicht, dass dies das unmittelbare und zwangsläufige Ergebnis der Anwesenheit des Polyamids ist, da das Polyamid die zur Erzeugung einer solchen Wechselwirkung erforderlichen stark polaren Gruppen besitzt.

1.1.9 Die Beschwerdekammer kommt deshalb zum Schluss, dass alle Merkmale des unabhängigen Anspruchs 1 des Hauptantrags unmittelbar und eindeutig aus E5 hervorgehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist somit nicht neu. Die Bedingungen des Artikels 54(1)(2) EPÜ sind nicht erfüllt. Der Hauptantrag ist nicht gewährbar.

2. Hilfsantrag 1

2.1 Artikel 54 EPÜ

2.1.1 Die gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags zusätzlich eingeführten Merkmale, schränken Anspruch 1 (Membran-Elektroden-Einheit) nicht ein, da es sich um Verfahrensmerkmale innerhalb eines Vorrichtungsanspruchs handelt, die im vorliegenden Fall keine Auswirkung auf den Aufbau der Vorrichtung haben. Wie bereits für den Hauptantrag erwähnt, geht aus Figur 10 und Seite 14, Zeilen 1-14 der E5 eindeutig und unmittelbar hervor, dass der Dichtrand übersteht, einstückig ist und sich mit der Membran-Elektroden-Einheit fest verbunden hat, da sogar ein Teil in die Poren der Elektroden eindringt.

2.1.2 Wie der einstückige Dichtrand erhalten wird, ist letztlich nicht entscheidend, da Anspruch 1 nicht das Verfahren betrifft, sondern die Vorrichtung. Das im Anspruch 1 erwähnte beidseitige Aufbringen der Schmelzkleberschicht ist eine Möglichkeit; eine andere ist das in E5 beschriebene Verfahren mit der Vergussform. In beiden Fällen jedoch wurde eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 erhalten.

2.1.3 Die Beschwerdekammer kommt deshalb zum Schluss, dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags unmittelbar und eindeutig aus E5 hervorgeht. Somit ist auch der 1. Hilfsantrag nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag 2

3.1 Artikel 54

3.1.1 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Spezifizierung des Schmelzklebers dahingehend, dass er ein aus einem Monomer und einer Carbonsäure oder deren Salzen oder deren polaren Derivaten gebildetes Copolymer ist.

3.1.2 Polyamide, die in E5 offenbart sind, können z.B. aus Diaminen und Dicarbonsäuren hergestellt werden und stellen auf jeden Fall ein aus einem Monomer und einer Carbonsäure oder deren Salzen oder deren polaren Derivaten gebildetes Copolymer dar. Somit geht das in diesen Antrag eingeführte Merkmal auch eindeutig und unmittelbar aus E5 hervor.

3.1.3 Die für den Hauptantrag vorgebrachte Argumentation hat also weiterhin Bestand und der Gegenstand des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags ist nicht neu gegenüber E5. Somit ist auch der 2. Hilfsantrag nicht gewährbar.

4. Hilfsantrag 3

4.1 Artikel 123(2)

4.1.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 3. Hilfsantrags ist eine Kombination der ursprünglich offenbarten Ansprüche 1, 2, 5 und 8. Es muss überprüft werden, ob die Kombination der Merkmale dieser Ansprüche unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglichen Anmeldung hervorgeht.

4.1.2 Die ursprünglichen Ansprüche 2, 5 und 8 beziehen sich alle ausschließlich auf Anspruch 1, sodass die Kombination der Merkmale dieser Ansprüche nicht aus den ursprünglichen Ansprüchen hervorgeht (siehe auch T 1857/07, Gründe 2.4.2). Der Fachmann hätte die abhängigen Ansprüche 2, 5 und 8 als bevorzugte Ausführung der Membran-Elektroden-Einheit gemäß Anspruch 1 erkannt, ohne jedoch daraus unmittelbar und eindeutig zu schließen, dass diese Ausführungen miteinander kombiniert werden können.

Die ursprüngliche Beschreibung beschreibt auf Seite 3 die Membran-Elektroden-Einheit gemäß Figuren 1 bis 3. Die dort gezeigte Einheit enthält die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2 (siehe Seite 3, Zeilen 17-22). Auf Seite 4, Zeilen 5-17 wird erklärt, dass es eine wichtige Voraussetzung ist, dass ein geeigneter Schmelzkleber bereitgestellt wird, um die geeignete Wechselwirkung mit den ionischen Gruppen des Membranmaterials zu erhalten. Dabei heißt es (Hervorhebung durch die Kammer):

"In der vorliegenden Ausführungsform wird als Schmelzklebstoff ein Copolymer aus Ethylen und Methacrylsäure verwendet, das sich aufgrund der Carbonsäuregruppen hervorragend mit der Polymerelektrolytmembran verbindet."

4.1.3 Für den Fachmann geht dabei eindeutig und unmittelbar hervor, dass für die in den Figuren 1 bis 3 gezeigte Ausführungsform ein Copolymer aus Ethylen und Methacrylsäure eingesetzt werden muss, um die geeignete Wechselwirkung mit der Membran zu erhalten. Es geht nicht hervor, dass für die spezifische Ausführungsform andere Schmelzkleber geeignet sind. Der Fachmann liest diese Stelle so, dass eine Membran-Elektroden-Einheit mit einem Dichtrand, der Durchbrüche enthält, den Einsatz eines Copolymers aus Ethylen und Methacrylsäure erfordert, um die geeignete Haftung zu erreichen.

4.1.4 Es geht weder aus dieser Textstelle noch aus einer anderen Textstelle der ursprünglichen Beschreibung hervor, dass der für das Ausführungsbeispiel geeignete Schmelzkleber auch ein aus einem Monomer und Carbonsäure oder deren Salzen oder deren polaren Derivaten gebildetes Copolymer sein kann, das gleichzeitig in im Wesentlichen regelmäßigen Abständen im Polymergerüst Carbonsäureesterbindungen enthält.

4.1.5 Auch aus der spezifischen Offenbarung des Copolymers aus Ethylen und Methacrylsäure kann der Fachmann nicht erkennen, dass dieses Polymer im Ausführungsbeispiel durch irgendein allgemeineres Polymer enthaltend die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 5 und 8 ersetzt werden kann. Dazu gibt es auch in der Beschreibung keinen Hinweis.

4.1.6 Die Beschwerdekammer kommt deshalb zum Schluss, dass Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags nicht eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Anmeldung hervorgeht und damit gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verstößt.

5. Hilfsantrag 4

5.1 Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern.

5.1.1 Gemäß Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern liegt es im Ermessen der Kammer, Änderungen zuzulassen, die nach der Einreichung der Beschwerdebegründung vorgebracht wurden. Beim Ausüben des Ermessens sollten insbesondere die Komplexität, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrenökonomie berücksichtigt werden.

5.1.2 Gemäß T 1634/09 kann ein nach dem Anberaumen der mündlichen Verhandlung vorgelegter Antrag angenommen werden, wenn

i) es gute Gründe gibt diesen Antrag so spät zu stellen (z.B. die Entwicklung der Diskussion und des Verfahrens), wenn

ii) der Antrag nicht zu neuen Problemen führt und wenn

iii) der Antrag eindeutig gewährbar ist.

5.1.3 Im vorliegenden Fall wurde der vierte Hilfsantrag während der mündlichen Verhandlung eingereicht und stellte das erste Mal den Versuch dar, die erhobenen Einwände durch einen Verfahrensanspruch zu beheben.

5.1.4 Das Argument, dass Verfahrensmerkmale nicht unbedingt in Vorrichtungsansprüchen einschränkend sind, wurde bereits von der ursprünglichen Einsprechenden im Schreiben vom 21.11.2007 vorgebracht (siehe Seite 6, letzter Absatz-Seite 7, erster Absatz dieses Schreibens). Zudem ging, gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung, die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung nicht auf ein sogenanntes "Product-by-Process" Merkmal ein. Die Beschwerdekammer ist der Meinung, dass dies darauf hindeutet, dass es als nicht unterscheidendes Merkmal angesehen wurde.

5.1.5 Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass es spätestens nach der Erwiderung der ursprünglichen Einsprechenden auf die Beschwerdeschrift absehbar war, dass im Vorrichtungsanspruch enthaltende Verfahrensmerkmale nicht wirklich einschränkend sind und ein Verfahrensanspruch die erhobenen Einwände möglicherweise beseitigen könnte. Die Diskussion in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer hat diesbezüglich keine neue Position geschaffen.

5.1.6 Zudem ist die Beschwerdekammer der Meinung, dass der vorgelegte Anspruch neue Fragen z.B. unter Artikel 123(2) und 84 EPÜ aufwirft, da ein Verfahrensanspruch bis jetzt nicht im Verfahren vorhanden war.

5.1.7 Außerdem kann die Beschwerdekammer nicht erkennen, dass der gestellte Antrag eindeutig gewährbar ist.

5.1.8 Somit kommt die Beschwerdekammer zum Schluss, dass keine der in Entscheidung T 1634/09 erwähnten Bedingungen i) bis iii) erfüllt ist. Es sind auch keine sonstigen Gesichtspunkte erkennbar, die die Zulassung des späten Vorbringens dringend nahelegen würden.

5.1.9 Deshalb übt die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, den Hilfsantrag 4 nicht ins Verfahren zuzulassen (Artikel 13(1) VOBK).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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