European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2009:T025507.20090508 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 Mai 2009 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0255/07 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03018443.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60R 21/34 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anordnung einer Frontklappe an einem Fahrzeug | ||||||||
Name des Anmelders: | Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein) Befassung der Großen Beschwerdekammer (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 03 018 443.6 wurde mit der am 6. Oktober 2006 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen. Die Prüfungsabteilung befand, dass der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag im Hinblick auf die Kombination der Dokumente D3 (DE 42 39 908 C1) und D1 (DE 197 10 417 A1) naheläge. Dagegen wurde von der Anmelderin am 13. Oktober 2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ging am 21. November 2006 ein. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis des Anspruchs 1 wie ursprünglich eingereicht.
II. Mit Schreiben vom 24. März 2009 reichte die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag ein. Mit Fax vom 5. Mai 2009 stellte sie den Antrag, die Große Beschwerdekammer gemäß Art. 112 (1) a) EPÜ mit der Frage zu befassen, wie der nächste Stand der Technik zu bestimmen sei.
III. Am 8. Mai 2009 fand eine mündliche Verhandlung statt.
IV. Der Patentanspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung lautet: "1. Anordnung einer Frontklappe an einem Fahrzeug, mit zumindest einer - in Fahrtrichtung gesehen - hinten liegenden Scharniereinrichtung, um die die Frontklappe zum normalen Öffnen und Schließen verschwenkbar ist, mit zumindest einem vorne liegenden Klappenschloss, das die Frontklappe in der geschlossenen Stellung verriegelt, wobei das Klappenschloss mit der Karosserie des Fahrzeugs verbunden ist, während ein dem Klappenschloss gegenüberliegender Schließbügel über ein Halteelement an der Frontklappe angebracht ist, sowie mit zumindest einer Anhebevorrichtung, durch die bei einer von einer Sensoreinrichtung detektierten Kollision des Fahrzeugs mit einem Fussgänger oder Radfahrer die Frontklappe gegenüber der geschlossenen Stellung im hinteren Bereich angehoben wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Schließbügel drehbar um einer Achse in Fahrzeugquerrichtung am Halteelement angelenkt ist, um das Anheben der Frontklappe nicht zu behindern."
V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet wie folgt: "1. Verwendung eines Schließbügels (2), der um eine Achse (4) drehbar an einem Halteelement (5) an einer Frontklappe (1) an einem Fahrzeug angebracht ist, bei einer Anordnung einer Frontklappe (1) an einem Fahrzeug, die - in Fahrtrichtung gesehen - zumindest eine hinten liegende Schaniereinrichtung, um die die Frontklappe (1) zum normalen Öffnen und Schließen verschwenkbar ist, zumindest eine Anhebevorrichtung und zumindest ein vorne liegendes Klappenschloss (3) aufweist, das die Frontklappe (1) in der geschlossenen Stellung (a) verriegelt, und das mit der Karosserie des Fahrzeugs verbunden ist, wobei der Schließbügel (2) dem Klappenschloss (3) gegenüberliegend angebracht ist, wobei durch die Anhebevorrichtung bei einer von einer Sensoreinrichtung detektierten Kollision des Fahrzeugs mit einem Fussgänger oder Radfahrer die Frontklappe (1) gegenüber der geschlossenen Stellung (a) im hinteren Bereich angehoben wird, wobei der Schließbügel (2) drehbar um die Achse (4) in Fahrzeugquerrichtung am Halteelement (5) angelenkt ist, sodass eine Drehung der Frontklappe beim Anheben möglich ist, um das Anheben der Frontklappe (1) nicht zu behindern."
VI. Die Beschwerdeführerin argumentierte dabei im Wesentlichen wie folgt: Die Prüfungsabteilung sei fälschlich von Dokument D3 als nächstkommenden Stand der Technik ausgegangen. Dieses Dokument zeige zwar ein Schloss mit einem drehbar gelagerten Schließbügel, setze sich aber nicht mit Fußgängerkollisionen auseinander. Somit sei dieses Dokument aus einem anderen technischen Gebiet und daher nicht als nächster Stand der Technik anzusehen. Nur durch irrtümliche Kombination der Dokumente D3 als nächsten Stand der Technik mit D1 sei der Nachweis mangelnder erfinderischer Tätigkeit gelungen. Wäre die Prüfungsabteilung von Dokument D1 ausgegangen, wäre die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit positiv ausgefallen.
Daher solle auch die Große Beschwerdekammer mit der Frage befasst werden, wie der nächstliegende Stand der Technik zu bestimmen sei. Da diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei, solle sie in jedem Fall vorgelegt werden.
Was die erfinderische Tätigkeit selbst anginge, offenbare das Dokument D1 zur Realisierung einer Drehachse lediglich ein Spiel in der Verriegelungseinrichtung (Spalte 1, Zeilen 55-60), was aber in der Regel nicht ausreiche, wenn die Haube bei einer Fussgängerkollision windschutzscheibenseitig angehoben werde. Dieses Spiel könne man auch nicht beliebig groß gestalten; daher würde bei einer Vorrichtung gemäß D1 die Verriegelung verkanten.
Weiterhin sei zu bezweifeln, dass der Fachmann - ausgehend von Dokument D1 - überhaupt sein Augenmerk auf Frontklappenschlösser richten würde, da es doch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten gäbe, die näherlägen, wie z.B. das parallele Anheben der Frontklappe an beiden Enden.
Der Hinweis des Dokuments D1 auf eine Drehachse würde den Fachmann schon deshalb nicht zu der beanspruchten Erfindung führen, da die Erfindung mit dem Spiel und dem drehbaren Schließbügel nun zwei Drehachsen aufweise. Gerade die Einfachheit der Idee, den Schließbügel drehbar auszuführen, würde die Erfindung ausmachen; andere Lösungen wären komplizierter. Zum Hilfsantrag erklärte die Beschwerdeführerin, dass das Abstellen des Anspruchs 1 auf eine Verwendung dem recherchierten Stand der Technik besser gerecht werde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das Dokument D1, welches unstrittig den Stand der Technik gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag darstellt, offenbart, dass die vordere Verriegelungseinrichtung im Kollisionsfall die Drehachse für die Verlagerung der Frontklappe bildet. In Dokument D1 wird die Drehachse durch Spiel in der Verriegelung realisiert. Um zu verhindern, dass insbesondere bei kurzen Motorhauben die Verriegelung verkantet und ein Anheben der Haube erschwert, sucht die vorliegende Erfindung eine Alternative und wählt einen drehbaren Schließbügel aus. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Fachmann, der erkennen würde, dass die Fronthaube von D1 beim Anheben verkantet, im Rahmen seines fachüblichen Handelns diese Verkantung auf das nicht ausreichende Spiel in der Verriegelung zurückführen würde. Daher würde er sich vor allem Alternativen in der Schlosskonstruktion zuwenden, die ein größeres Spiel um die Drehachse erlauben und würde ohne weiteres auf die bekannten drehbaren Schließbügel der vorderen Verriegelung gemäß der Dokumente D2 und D3 stoßen. Ohne eine erfinderische Tätigkeit zu vollbringen, würde der Fachmann die Verwendbarkeit dieser Konstruktionen prüfen und sie in die Vorrichtung von D1 integrieren können. Dies kann ohne weitere Anpassung und lediglich unter Berücksichtigung von fachüblichen Dimensionierungsüberlegungen geschehen.
Das Argument der Einfachheit der Erfindung der Beschwerdeführerin kann die Kammer schon deshalb nicht überzeugen, da D1 den Hinweis auf eine Drehachse gibt und damit den Fachmann von komplizierten Konstruktionen, wie das beidseitige Anheben der Frontklappe, wegführt.
Daher stellt die Kombination der Vorrichtung aus Dokument D1 mit einem drehbaren Schließbügel eine naheliegende Alternative zum in D1 genannten Spiel in der Verriegelung dar. Damit sind die Voraussetzungen des Art. 56 EPÜ 1973 nicht erfüllt.
3. Nach Auffassung der Kammer ändert auch ein auf die Verwendung des bekannten Schließbügels abgestellter Anspruch gemäß Hilfsantrag nichts an der oben ausgeführten Begründung. Weder entsteht durch die Verwendung ein neuer Gegenstand, noch wird durch einen bekannten Gegenstand ein Problem auf besondere Weise gelöst. Daher kann auch die Verwendung eines drehbaren Schließbügels keine erfinderische Tätigkeit im Sinne von Art. 56 EPÜ 1973 begründen.
4. Da bereits die Kombination von Dokument D1 als nächster Stand der Technik mit einem der Dokumente D2 oder D3 zu einem Mangel an erfinderischer Tätigkeit führt, ist die Beantwortung der Frage, ob Dokument D3 ein geeigneter nächstkommender Stand der Technik ist, und ob die Auswahl von D3 als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit das Ergebnis des Prüfungsverfahrens zu Lasten der Beschwerdeführerin in unzulässiger Weise beeinflusst hat, vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Auch bei einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung befasst die Beschwerdekammer die Große Beschwerdekammer nur, wenn sie eine Entscheidung für erforderlich hält (Art. 112 (1) a) EPÜ 1973). Dies ist dann nicht der Fall, wenn die vorzulegende Rechtsfrage für die Entscheidung über die Beschwerde nicht entscheidungserheblich ist (s. z.B. J 16/90, ABl. EPA 1992, 260; T 583/89, nicht im ABl. veröffentlicht). Ein bloß allgemeines Interesse an der Klärung der Rechtsfrage genügt nicht (s. z.B. J 16/90, supra; T 835/90 nicht im ABl. veröffentlicht). Vielmehr muss die Beantwortung der Rechtsfrage für die Entscheidung notwendig sein. Da dies vorliegend aus den o.g. Gründen nicht der Fall ist, ist der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag, die Große Beschwerdekammer mit der Frage zu befassen, wie der nächstliegende Stand der Technik zu bestimmen ist, zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.