T 0033/07 () of 17.7.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T003307.20080717
Datum der Entscheidung: 17 Juli 2008
Aktenzeichen: T 0033/07
Anmeldenummer: 99917979.9
IPC-Klasse: F01L 1/344
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle zum Antriebsrad
Name des Anmelders: Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft, et al
Name des Einsprechenden: INA-Schaeffler KG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Zulassung später Anträge zum Verfahren - nein
Unzulässige Änderungen (Haupt- und Hilfsanträge 0, I, II, IV) - ja
Mangelnde erfinderische Tätigkeit (Hilfsanträge V, VI, VII) - ja
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1269/06
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1650/08

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 14. April 1999 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 27. Mai 1998 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 99917979.9 wurde das europäische Patent Nr. 1 025 343 mit 5 Ansprüchen erteilt.

II. Gegen das erteilte Patent wurde, gestützt auf die Einspruchsgründe der Artikels 100 a) EPÜ, Einspruch eingelegt mit dem Antrag auf Widerruf des Patents.

III. Die Einspruchsabteilung hielt das Patent mit ihrer am 31. Oktober 2006 zur Post gegebenen Entscheidung in geändertem Umfang aufrecht.

Sie kam zu dem Ergebnis, daß die Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle zum Antriebsrad nach dem zulässig geänderten (Artikel 123 (2) und (3) EPÜ) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) am 27. Dezember 2005 Beschwerde ein und bezahlte gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Mit ihrer am 5. März 2007 eingegangenen Beschwerdebegründung reichte sie neue Entgegenhaltungen zur Stützung ihres Antrags auf Widerruf des Patents ein.

V. Die Beschwerdeführerinnen II (Patentinhaberinnen) legten gegen die Entscheidung am 10. Januar 2007 Beschwerde ein und bezahlten die Beschwerdegebühr am gleichen Tag. Mit der am 3. März 2007 eingereichten Beschwerdebegründung verfolgen sie die Aufrechterhaltung des Patents mit einem Haupt- und vier Hilfsanträgen weiter.

VI. Die Beschwerdekammer teilte in ihrem Bescheid (Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. März 2008) ihre vorläufige Einschätzung der Sachlage mit. Es werde zu entscheiden sein, ob der neu genannte Stand der Technik zum Verfahren zugelassen werde. Der Haupt- und mehrere Hilfsanträge schienen die formalen Zulassungsvoraussetzungen nicht zu erfüllen, und die erfinderische Tätigkeit werde gegebenenfalls zu diskutieren sein.

VII. Am 17. Juli 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, in der u.a. die folgenden, für die Entscheidung wesentlichen Entgegenhaltungen behandelt wurden:

B1: JP-A-07-229408 (eine neue beglaubigte Übersetzung in der deutschen Sprache wurde von der Beschwerdeführerin I mit der Beschwerdebegründung eingereicht. B1 entspricht E7 aus dem Einspruchsverfahren)

B4: EP-A-0 821 139

Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 025 343.

Die Beschwerdeführerinnen II (Patentinhaberinnen) beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des Hauptantrages oder eines der Hilfsanträge O, I, II, IV, V und VI, jeweils eingereicht am 17. Juni 2008, oder auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2008 eingereichten Hilfsantrags VII.

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle (1) zum Antriebsrad (5), insbesondere einer Nockenwelle einer Brennkraftmaschine,

- mit einer Verstellvorrichtung (2), die radiale Stege (4) aufweist, mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen,

- mit einer Druckmittelpumpe (16),

- einem Druckmitteltank (17) und

- mindestens einem Steuerventil (13),

- wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist,

wobei ferner zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) verbunden wird, bevor der andere mit dem Druckmitteltank (17) verbunden wird."

Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag O wurde gegenüber dem des Hauptantrags in den Zeilen 4 bis 5 "die radiale Stege aufweist" ersetzt durch "die ein Zellenrad (5) aufweist".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I lautet:

"Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle (1) zum Antriebsrad (5) einer Nockenwelle einer Brennkraftmaschine,

- mit einer Verstellvorrichtung (2), die radiale Stege (4) aufweist, mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen,

- wobei das Antriebsrad (5) als Zellenrad gestaltet ist,

- mit einer Druckmittelpumpe (16),

- einem Druckmitteltank (17) und

- mindestens einem Steuerventil (13),

- das mindestens drei verschiedene Schaltstellungen (I, II, III) aufweist

- wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist,

wobei ferner das Steuerventil (13) aus einer Neutralstellung (II) wahlweise in eine erste oder zweite Schaltstellung (I, III) überführbar ist,

und zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) verbunden wird, bevor der andere mit dem Druckmitteltank (17) verbunden wird."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II lautet:

"Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle (1) zum "Antriebsrad (5), insbesondere einer Nockenwelle" einer Brennkraftmaschine,

- mit einer Verstellvorrichtung (2), die radiale Stege (4) aufweist, mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen,

- wobei das Antriebsrad (5) als Flügelzellenrad gestaltet ist,

- mit einer Druckmittelpumpe (16),

- einem Druckmitteltank (17) und

- mindestens einem Steuerventil (13),

- das drei verschiedene Schaltstellungen (I, II, III) aufweist

- wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist,

wobei ferner das Steuerventil (13) aus einer Neutralstellung (II), die keine Kurzschlussstellung ist, wahlweise in eine erste oder zweite Schaltstellung (I, III) überführbar ist,

und zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) verbunden wird, bevor der andere mit dem Druckmitteltank (17) verbunden wird."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV lautet:

"Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle (1) zum Antriebsrad (5), insbesondere einer Nockenwelle einer Brennkraftmaschine,

- mit einer Verstellvorrichtung (2) mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen,

- wobei das Antriebsrad (5) als Zellenrad gestaltet ist, dessen Zellen durch radiale Stege (4) in die Druckräume unterteilt sind,

- mit einer Druckmittelpumpe (16),

- einem Druckmitteltank (17) und

- mindestens einem Steuerventil (13),

- wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist,

wobei ferner zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) verbunden wird, bevor der andere mit dem Druckmitteltank (17) verbunden wird, und

der Steuerquerschnitt der Verbindung (23, 24; 21, 20) des einen Druckraumes zum Druckmitteltank während des Verstellvorganges stets kleiner als der Öffnungsquerschnitt der Verbindung (21, 22; 22, 23) des anderen Druckraumes zur Druckmittelpumpe (17) ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V lautet:

"Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Welle, nämlich einer Nockenwelle (1) einer Brennkraftmaschine, zu ihrem Antriebsrad (5),

- mit einer Verstellvorrichtung (2) mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen wobei die Verstellvorrichtung (2) ein drehfest mit der Nockenwelle (1) verbundenes Innenteil (3) aufweist, das mit radialen Stegen (4) versehen ist,

- wobei das Antriebsrad (5) als Zellenrad ausgestaltet ist, dessen durch radiale Stege (6) begrenzte Zellen durch die radialen Stege (4) des Innenteils (3) der Verstellvorrichtung in die gegensinnig wirkenden Druckräume unterteilt sind,

- mit einer Druckmittelpumpe (16),

- einem Druckmitteltank (17) und

- mindestens einem Steuerventil (13),

- wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist,

- wobei ferner zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe (16) verbunden wird, bevor der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank (17) verbunden wird, und

- der Steuerquerschnitt der Verbindung (23, 24; 21, 20) des einen Druckraumes zum Druckmitteltank (17) während des Verstellvorganges stets kleiner als der Öffnungsquerschnitt der Verbindung (21, 22; 22, 23) des anderen Druckraumes zur Druckmittelpumpe (16) ist."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI wurde gegenüber dem des Hilfsantrags V wie folgt geändert:

in Zeile 9 wurde nach "als Zellenrad ausgestaltet" eingefügt "und mit einer Kurbelwelle der Brennkraftmaschine verbunden";

in Zeile 12 wurde "die gegensinnig wirkenden" ersetzt durch "jeweils zwei gegensinnige".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VII umfasst den Wortlaut des Hilfsantrags VI, an welchen angefügt wurde:

"und wobei

das Steuerventil (13) einen Druckanschluß (p) und einen Rücklaufanschluß (t) aufweist, wobei der Druckanschluß (p) über eine Druckleitung (14) und ein Rückschlagventil (15) mit der Druckmittelpumpe (16) der Brennkraftmaschine verbunden ist, die über eine Saugleitung mit dem Druckmitteltank (17) verbunden ist."

VIII. Die Beschwerdeführerin I (Einsprechende) brachte vor, der jeweilige Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie gemäß den Hilfsanträgen O, I, II und IV seien in unzulässiger Weise geändert worden, da Einzelmerkmale weggelassen oder aus dem Zusammenhang isoliert in den Anspruch aufgenommen worden seien.

Die jeweiligen Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen V, VI und VII beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da sie sich für den einschlägigen Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergäben. Aus B4 sei es bereits bekannt, für die Nockenwellenverstellung alternativ die axiale oder die radiale Bauart einer Verstellvorrichtung zu verwenden, wobei die hydraulische Steuerung in gleicher Weise funktioniere. Die hydraulische Verspannung durch Voreilen des Verstelldruckes gegenüber der Ablaufseite sei durch B1 nahegelegt, und das Vorsehen eines Rückschlagventils sei schließlich eine fachübliche Maßnahme ohne erfinderische Qualität.

IX. Die Beschwerdeführerinnen II (Patentinhaberinnen) argumentierten unter Hinweis auf die Entscheidung T 1269/06, die Änderungen des jeweiligen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie gemäß den Hilfsanträgen O, I, II und IV seien zulässig, da sich aus der Beschreibung durchgängig und eindeutig ergebe, dass die Verstellvorrichtung ein Zellenrad aufweise. Der Fachmann erkenne diesen Sachverhalt ohne weiteres aus den Begriffen "radiale Stege", "Druckräume", "Zellenrad" oder "Flügelzellenrad", welche für diese Art von Verstellvorrichtungen typisch seien.

Die neue Übersetzung des Dokuments B1 weiche vom Wortlaut des Dokuments E7 in wesentlichen Einzelheiten ab, so dass die Offenbarung widersprüchlich sei. Deshalb dürfe dieser Stand der Technik nur insoweit berücksichtigt werden als die Übersetzungen wörtlich übereinstimmten.

Zudem gehe es in B1 wegen der dort gezeigten axialen Verstellvorrichtung um eine andere Problematik als bei der Erfindung, denn ein Zahnflankenspiel trete bei einer radialen Verstellvorrichtung nicht auf. Dort werde mit einem dreifach höheren Druck gearbeitet als bei einem Flügelzellenversteller, und anhand der während der mündlichen Verhandlung gezeigten Steuerkennlinien lasse sich auch erkennen, dass die Ventilsteuerung der bekannten Vorrichtung auf unterschiedliche Weise arbeite.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulassung neuer Anträge

2.1 Nach Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl.11/2007 537, 542) steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Die neuen Anträge wurden spät, nämlich einen Monat vor der mündlichen Verhandlung (Hilfsanträge O, I, II, IV, V und VI), bzw im Lauf der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer (Hilfsantrag VII) eingereicht. Die Zulassung neuer Anträge in einem so späten Verfahrensstadium ist nur dann verfahrensökonomisch, wenn sie nicht von vornherein ungeeignet sind, die Zweifel an der Gewährbarkeit von Ansprüchen auszuräumen.

2.2 Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ

Die von den Patentinhaberinnen zitierte Entscheidung T 1269/06 ist hier nicht einschlägig, denn dort ging es um die Einfügung von "nur dann, wenn (eine Triggerbedingung erfüllt ist)" wobei ohne das Vorhandensein dieser Bedingung die Berechnung der auszugebenden Bewertungsgröße gar nicht möglich wäre. Im vorliegenden Fall handelt es sich dagegen um Anspruchsänderungen durch Formulierungen, die einem konkret beschriebenen Ausführungsbeispiel entnommen wurden.

2.3 Hauptantrag

Im Anspruch 1 wurde in Zeile 4 nach "Verstellvorrichtung (2)" der Ausdruck "die radiale Stege (4) aufweist" eingefügt. Zur ursprünglichen Offenbarung verweisen die Patentinhaberinnen auf die Figurenbeschreibung (Spalte 3, Zeilen 31 bis 36, A-Dokument Seite 3, Zeilen 24 bis 27), wo es heißt: "Diese Verstellvorrichtung 2 hat ein drehfest mit der Nockenwelle verbundenes Innenteil 3, das mit radialen Stegen versehen ist. Diese unterteilen die durch radiale Stege 6 begrenzten Zellen eines Zellenrades 5 in jeweils zwei gegensinnig wirkende Druckräume".

Der geänderte Ausdruck ist in diesem Ausführungsbeispiel also in einem bestimmten Zusammenhang, nämlich einem drehfest mit der Nockenwelle verbundenen Innenteil offenbart. Für die Änderung, dass nur die Verstellvorrichtung radiale Stege aufweist, gibt es keine Offenbarung. Es wird folglich ein Gegenstand beansprucht, der in Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht vorhanden war und damit über deren Inhalt hinausgeht. Infolge einer Verletzung des Artikels 123 (2) EPÜ ist dieser Anspruch schon formal nicht zulässig, so dass der Antrag nicht zum Verfahren zugelassen wird.

2.4 Hilfsantrag O

Im Anspruch 1 wurde in Zeile 4 nach "Verstellvorrichtung (2)" der Ausdruck "die ein Zellenrad (5) aufweist" eingefügt. Zur ursprünglichen Offenbarung verweisen die Patentinhaberinnen auf die Beschreibung des Standes der Technik in der Beschreibungseinleitung, auf die Beschreibung allgemein, wo der Begriff "Zellenrad" immer wieder erwähnt ist, sowie dieselbe Stelle der Figurenbeschreibung wie oben zitiert.

Aus der Beschreibung des Standes der Technik kann eine ursprüngliche Offenbarung der Erfindung nicht hergeleitet werden, da es sich dort um Gegenstände handeln muss, die sich von der beanspruchten Erfindung unterscheiden. In der Figurenbeschreibung ist das Zellenrad nur im Zusammenhang mit den durch radiale Stege begrenzten Zellen offenbart, so dass mit diesem Antrag ein Gegenstand beansprucht wird, der in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht vorhanden war. Daher ist dieser Antrag ebenfalls nicht zum Verfahren zuzulassen.

2.5 Hilfsantrag I

Anspruch 1 enthält dieselbe Änderung wie der Hauptantrag, indem in Zeile 4 nach "Verstellvorrichtung (2)" der Ausdruck "die radiale Stege aufweist" eingefügt wurde. Dieser Antrag kann daher aus demselben Grund wie der Hauptantrag nicht zugelassen werden.

2.6 Hilfsantrag II

Mit der Einfügung des Ausdrucks "die radiale Stege (4) aufweist" enthält Anspruch 1 dieses Antrags neben anderen Änderungen dieselbe wie sie im Hauptantrag vorgenommen wurde. Da auch die weiteren Änderungen nicht die Offenbarung des Ausführungsbeispiels im dortigen Zusammenhang, nämlich einem drehfest mit der Nockenwelle verbundenen Innenteil wiedergeben, kann dieser Antrag ebenso wie der Hauptantrag nicht zugelassen werden.

2.7 Hilfsantrag IV

Im Anspruch 1 wurde in Zeile 6 nach dem Merkmal "Verstellvorrichtung (2) mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen", der Ausdruck "wobei das Antriebsrad (5) als Zellenrad gestaltet ist, dessen Zellen durch radiale Stege (4) in die Druckräume unterteilt sind" eingefügt.

Zur ursprünglichen Offenbarung verweisen die Patentinhaberinnen auf die zitierte Stelle der Figurenbeschreibung. Im Ausführungsbeispiel sind über das hinzugefügte Merkmal hinaus die radialen Stege nur im Zusammenhang mit dem drehfest mit der Nockenwelle verbundenen Innenteil offenbart, so dass auch hier ein Gegenstand beansprucht wird, der in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht vorhanden war und somit über deren Inhalt hinausgeht. Der Antrag wird daher ebenfalls nicht zugelassen.

2.8 Hilfsanträge V, VI und VII

Gegen die formale Zulässigkeit im Hinblick auf die ursprüngliche Offenbarung wurde von der Einsprechenden kein Einwand erhoben. Auch die Kammer kommt zu dem Ergebnis, dass die vorgenommenen Änderungen im jeweiligen Zusammenhang in den ursprünglichen Unterlagen ausreichend offenbart sind.

3. Neuheit

Die Neuheit der Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen V, VI und VII wurde von der Einsprechenden nicht bestritten. Auch nach Auffassung der Kammer sind diese Gegenstände neu, denn sie unterscheiden sich vom Stand der Technik gemäß B1 durch die Ausgestaltung der Verstellvorrichtung mit einem Zellenrad und von B4 durch die Art der Verbindung der Druckräume mit der Druckmittelpumpe und dem Druckmitteltank sowie des Verhältnisses der Steuerquerschnitte gemäß den Merkmalen des jeweiligen Anspruchs.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Stand der Technik

Die von den Patentinhaberinnen aufgezeigte Verwendung unterschiedlicher Begriffe in den Übersetzungen der JP 7-229408 in E7 und B1 sind nicht so wesentlich, dass ein fachkundiger Leser tatsächliche technische Unterschiede erkennen würde, denn es handelt sich lediglich um unterschiedliche Begriffe oder Symbole für denselben technischen Sachverhalt, z.B. "Aussparungen" für "Vertiefungen", "d" für "delta". Der technische Inhalt erschließt sich dem Fachmann gleichermaßen aus beiden Dokumenten, ohne dass hierbei die behaupteten Widersprüche erkennbar wären.

Das Dokument B4 wurde von der Einsprechenden in Reaktion auf geänderte Ansprüche eingereicht und ist prima facie für den vorliegenden Fall relevant, da es die alternative Anwendung von Axial- und Radial-Verstellvorrichtungen jeweils im Zusammenhang mit Öldruckversorgung und Steuerventil offenbart.

Beide Entgegenhaltungen werden daher zum Verfahren zugelassen.

4.2. Hilfsantrag V

4.2.1 B1 offenbart eine Einrichtung zur relativen Drehlagenänderung einer Nockenwelle 1 einer Brennkraftmaschine zu ihrem Antriebsrad 13, mit einer Verstellvorrichtung mit zwei gegeneinander wirkenden Druckräumen 26, 27,

mit einer Druckmittelpumpe 41,

einem Druckmitteltank 42 und

einem Steuerventil 44,

wobei während des Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe 41 und der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank 42 verbunden ist,

wobei zu Beginn eines Verstellvorganges der eine Druckraum mit der Druckmittelpumpe 41 verbunden wird, bevor der andere Druckraum mit dem Druckmitteltank 42 verbunden wird, und

der Steuerquerschnitt der Verbindung des einen Druckraumes zum Druckmitteltank 42 (delta3, delta4) während des Verstellvorganges stets kleiner als der Öffnungsquerschnitt der Verbindung des anderen Druckraumes zur Druckmittelpumpe 41 (delta1, delta2) ist (Abbildungen 2, 3; Seite 18, Zeilen 13 bis 19).

4.2.2 Gemäß der Patentschrift (Spalte 2, Zeilen 14 bis 21) liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Einrichtung zur Drehlagenänderung einer Welle zum Antriebsrad dahingehend zu verbessern, dass diese einfacher und kostengünstiger aufgebaut ist und eine schwankungsfreie Drehlagenänderung ermöglicht. Dabei soll vor allem auf die Verwendung mehrerer aufwändiger und teurer Steuerventile verzichtet werden.

4.2.3 Gelöst wird dieses technische Problem mit einer Verstellvorrichtung, die ein drehfest mit der Nockenwelle verbundenes Innenteil aufweist, das mit radialen Stegen versehen ist, wobei das Antriebsrad als Zellenrad ausgestaltet ist, dessen durch radiale Stege begrenzte Zellen durch die radialen Stege des Innenteils der Verstellvorrichtung in die gegensinnig wirkenden Druckräume unterteilt sind.

4.2.4 Eine Einrichtung zur Drehlagenänderung einer Nockenwelle 12 zu ihrem Antriebsrad ist auch in D4 offenbart. In einer Ausführungsform weist die Verstellvorrichtung ein drehfest mit der Nockenwelle 100 verbundenes Innenteil 110 auf, das mit zwei radialen Stegen versehen ist, wobei das Antriebsrad 114 als Zellenrad 112 ausgestaltet ist, dessen durch radiale Stege begrenzte Zellen durch die radialen Stege des Innenteils 110 der Verstellvorrichtung in die gegensinnig wirkenden Druckräume 116, 118; 120, 122 unterteilt sind (Figur 5, Spalte 9, Zeilen 37 bis 54).

4.2.5 Da diese radiale Verstellvorrichtung genauso arbeitet wie die im ersten Ausführungsbeispiel von B4 gezeigte axiale Verstellvorrichtung (Spalte 9, Zeilen 53 bis 54), erhält der Fachmann die Anregung, die aus B1 bekannte axiale Verstellvorrichtung gegen die alternative radiale Bauart nach B4 auszutauschen, so dass er ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

4.3 Hilfsantrag VI

4.3.1 Anspruch 1 dieses Antrags enthält das weitere Merkmal, dass das als Antriebsrad ausgestaltete Zellenrad mit einer Kurbelwelle der Brennkraftmaschine verbunden ist.

4.3.2 Da sich sowohl B1 als auch B4 auf die Nockenwellenverstellung einer Brennkraftmaschine beziehen, bleibt die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durch diese Einschränkung unverändert. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich für den Fachmann folglich ebenfalls ohne erfinderische Tätigkeit.

4.4 Hilfsantrag VII

4.4.1 Anspruch 1 dieses Antrags enthält gegenüber dem Hilfsantrag VI die weiteren Merkmale, dass das Steuerventil einen Druckanschluss und einen Rücklaufanschluss aufweist, wobei der Druckanschluss über eine Druckleitung und ein Rückschlagventil mit der Druckmittelpumpe der Brennkraftmaschine verbunden ist, die über eine Saugleitung mit dem Druckmitteltank verbunden ist.

4.4.2 B1 zeigt ein entsprechendes hydraulisches Schaltbild (Abbildung 5), welches diese Merkmale mit Ausnahme eines Rückschlagventils enthält.

Bei der Konzeption einer Nockenwellenverstellung in einem Kraftfahrzeug muss der Konstrukteur immer berücksichtigen, dass die Brennkraftmaschine nicht dauernd läuft, sondern sowohl während des Fahrbetriebs, beispielsweise zur Treibstoffeinsparung, als auch bei längerem Stillstand des Fahrzeugs abgeschaltet wird. In diesen Fällen vergeht nach erneutem Start der Maschine eine gewisse Zeit, bis die von der Maschine angetriebene Druckmittelpumpe den erforderlichen Betriebsdruck liefert und die Nockenwellenverstellung wieder programmgemäß arbeitet. Der Fachmann erkennt dieses Problem aufgrund seines Fachwissens und ergreift geeignete Maßnahmen, um einen möglichst schnellen Druckaufbau zu gewährleisten. Als eine fachübliche naheliegende Lösung bietet sich an, den Rückfluss mittels eines allgemein bekannten Rückschlagventils zu unterbinden. Daher beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag VII nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

4.5 Das Argument der Patentinhaberinnen, das Steuerventil nach B1 könne ganz unterschiedliche Steuerquerschnitte aufweisen, die zu einer grundlegend anderen Drucksteuerung führten, ist nicht überzeugend. Der fachkundige Leser entnimmt aus dem Gesamtzusammenhang dem Dokument B1 eindeutig, dass mit den größeren Steuerquerschnitten delta1, delta2 beim Verstellvorgang zunächst im einen Druckraum Druck aufgebaut wird, der zu einer hydraulischen Verspannung führt, und erst danach die Steuerquerschnitte delta3, delta4 geöffnet werden, die einen gedrosselten Abfluss aus dem anderen Druckraum ermöglichen. Der Einwand, es könnte sich um einen asymmetrischen Ventilaufbau handeln, kann ebenfalls nicht durchgreifen, denn nach der beschriebenen Wirkungsweise der Verstellvorrichtung ergibt sich für den Fachmann in eindeutiger Weise ein symmetrischer Ventilaufbau, wie er auch in den Abbildungen 3 und 4 dargestellt ist.

Dass bei einer axialen Verstellvorrichtung höhere Drücke erforderlich sind als bei der radialen Bauart, ändert nichts an der prinzipiellen Wirkungsweise der aus B1 bekannten Verstellvorrichtung und deren Anwendbarkeit bei einer Zellenrad-Verstellvorrichtung. Wie der Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnis ohne weiteres erkennt, kommt es unabhängig von der Bauart der Verstellung auf die hydraulische Verspannung an, die sowohl bei einem Axialversteller als auch bei einem Zellenrad-Versteller in der gleichen Weise wirkt. Infolge des Druckaufbaus im "Verstell-Druckraum" vor dem gedrosselten Druckabbau im "Entlastungs-Druckraum" wird zwischen den mechanischen Steuerelementen ein Spiel in Umfangsrichtung vermieden. Diese Wirkungsweise ergibt sich ganz unabhängig von dem Betriebsdruck, mit dem das System arbeitet.

5. Nachdem die Hilfsanträge V, VI und VII mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sind, werden auch diese späten Anträge nicht zum Verfahren zugelassen (siehe Abschnitt 2.1 oben).

Da kein zulässiger Antrag vorliegt, kann das Patent nicht aufrecht erhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das europäische Patent wird widerrufen.

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