European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2008:T153006.20080910 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 September 2008 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1530/06 | ||||||||
Anmeldenummer: | 98100809.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01G 19/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse eines Fahrzeugs mit Hilfe von Gewichtsmessungen | ||||||||
Name des Anmelders: | VisiCon Automatisierungstechnik GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | LABORATORIUM VOOR ELECTRONISCHE TOEPASSINGEN NV | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 930 483 zurückzuweisen.
II. Im Einspruch wurde das gesamte Patent mit der Begründung angegriffen, sein Gegenstand sei wegen fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig; außerdem offenbare das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100(a) und (b) EPÜ 1973). Für die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100(a) EPÜ 1973 wurden im Einspruchsverfahren folgende Druckschriften zitiert:
E1: BE-1 011 706 A6
E2: Research Disclosure Vol. 203, Nr. 14, März 1981,
Havant GB "Centre of gravity indicator for load
vehicles"
E3: DE-A-2 641 652
E4: Patent Abstracts of Japan Vol. 007, Nr. 2 (P-166),
7. Januar 1983, & JP-A-57 163 826
E5: US-A-4 969 112.
III. Im Einspruchsverfahren bemängelte die Patentinhaberin, dass die Einspruchsgebühr nicht rechtzeitig eingegangen sei und dass der Einspruch deshalb als nicht eingelegt gelte.
In der am 27. Januar 2001 per Telefax eingegangenen Einspruchsschrift führte der Vertreter der Einsprechenden unter Punkt X des Einspruchsformblatts aus: "paid ... on account EPO at BBL Brussels 310-0963334-16" (in Deutsch: "eingezahlt ... auf das Konto des EPA bei BBL Brüssel 310-0963334-16"). Auf Seite 2 des Begleitschreibens zur Einspruchsschrift bemerkte er dazu: "The fee was payed on your Brussels account 310-0963334-16 (account number communicated by your customer service)" (in Deutsch: "Die Gebühr wurde auf Ihr Brüsseler Konto 310-0963334-16 eingezahlt (Kontonummer mitgeteilt von Ihrer Kundenbetreuung)").
In einem per Telefax am 18. Februar 2005 eingegangenen Schreiben erklärte der Vertreter, dass der eingezahlte Betrag von der Bank zurücküberwiesen worden sei, da die angegebene Kontonummer des Europäischen Patentamtes nicht korrekt gewesen sei. Bei einer Rücksprache mit der Buchhaltung des EPA in München habe ihm die Mitarbeiterin mitgeteilt, dass die angegebene Bankkontonummer nicht mehr aktuell sei und dass die Überweisung auf das Konto 310-0449878-78 bei der Bank ING hätte erfolgen sollen. Sie riet ihm, die Einspruchsgebühr unverzüglich auf das richtige Konto einzuzahlen. Die Zahlung auf das unzutreffende Konto und die Zurücküberweisung der Bank wurden durch Kopien der Kontoauszüge belegt. Zudem übermittelte der Vertreter eine Kopie einer auf 18. Februar 2005 datierten Bankanweisung zur Zahlung der Einspruchsgebühr auf das von der Buchhaltung genannte Konto. Die Einspruchsgebühr ging am 21. Februar 2005 beim EPA ein.
Die Beteiligten wurden mit Mitteilungen nach Regel 57(1) bzw. (2) EPÜ 1973 seitens des EPA u.a. davon in Kenntnis gesetzt, dass im vorliegenden Fall das Prinzip des guten Glaubens Anwendung finde, weshalb die Einspruchsgebühr als rechtzeitig eingegangen angesehen werde.
In Punkt 2 der Entscheidungsgründe stellte die Einspruchsabteilung fest, dass die Einsprechende bei der Überweisung der Einspruchsgebühr eine durchaus korrekte, aber überholte Bankkontonummer des Amtes verwendet hatte. Im Begleitschreiben zur Einspruchsschrift vom 27. Januar 2005, also vor der Aufdeckung des Irrtums, habe der Vertreter den "Customer Service" (Kundenbetreuung) des EPA als Auskunftsquelle für die verwendete Bankkontonummer auch genannt. Die Einspruchsabteilung war deshalb der Überzeugung, dass dem Vertreter die falsche Kontonummer von den "Customer Services" (Kundenbetreuung) des Amtes genannt worden war. Damit finde der Grundsatz des Vertrauensschutzes Anwendung. Folglich sei von Seiten der Formalprüfung zu Recht festgestellt worden, dass die Einspruchsgebühr als rechtzeitig eingegangen anzusehen sei.
IV. In der Sache war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass der beanspruchte Gegenstand für den Fachmann ausführbar sei (Artikel 83 EPÜ 1973) und sowohl neu sei (Artikel 54(1) und (2) EPÜ 1973) als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ 1973), weshalb der Einspruch zurückzuweisen sei.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
VI. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wurde nicht gestellt.
VII. Anspruch 1 des erteilten Patents lautet wie folgt:
"Verfahren zur Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse eines Fahrzeugs mit mindestens drei Rädern, wobei
- das Fahrzeug (7) auf Stützplatten (1) abgestellt wird, wobei jedes der Räder (8) auf einer Stützplatte (1) zu stehen kommt, dadurch gekennzeichnet,
- dass für jedes der Räder (8) die horizontale Lage eines Schwerpunkts (9) einer von dem Rad (8) auf die jeweilige Stützplatte (1) übertragenen Gewichtskraft des Fahrzeugs (7) bestimmt wird, wozu horizontale Koordinaten und Ausgangssignale (18) von unterhalb der jeweiligen Stützplatte angeordneten Kraftmesszellen (2, 3, 14, 15) verwendet werden, die die jeweilige Stützplatte (1) tragen und von denen mindestens zwei einen unterschiedlichen Abstand zu der Längsachse (6) aufweisen".
Anspruch 10 lautet wie folgt:
"Vorrichtung für die Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse (6) eines Fahrzeugs (7) mit mindestens drei Rädern (8), gemäß dem Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9, mit Stützplatten (1) für jedes der Räder (8), mit unterhalb jeder Stützplatte angeordneten Kraftmesszellen (2, 3, 14, 15), die die jeweilige Stützplatte (1) tragen und von denen mindestens zwei einen unterschiedlichen Abstand zu der Längsachse (6) aufweisen, und mit einer Auswerteeinheit (16) für die Ausgangssignale (18) der Kraftmesszellen (2, 3, 14, 15),
dadurch gekennzeichnet, dass
die Auswerteeinheit (16) zur getrennten Auswertung der Ausgangssignale (18) der einzelnen Kraftmesszellen (2, 3, 14, 15) vorgesehen ist und einen Speicher (17) für die Koordinaten der einzelnen Kraftmesszellen (2, 3, 13, 14) unterhalb jeder Stützplatte (1) aufweist".
Die Ansprüche 2 bis 9 sind abhängige Ansprüche.
VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Zur Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ 1973) wird beanstandet, dass die Einspruchsabteilung in Punkt 4 der Entscheidung einen wesentlichen Mangel betreffend die Verwendbarkeit und Umsetzbarkeit der beanspruchten Erfindung nicht angesprochen hat: Der Anspruch 1 definiert nicht, wie die Lage einer horizontalen Längsachse eines Fahrzeugs tatsächlich bestimmt werden soll, sondern gibt lediglich einen belanglosen und offensichtlichen Verfahrensschritt an (siehe auch die nachfolgenden Ausführungen zu Artikel 56 EPÜ 1973), laut welchem für jedes der Räder die Lage eines Schwerpunkts einer von dem Rad auf eine jeweilige Stützplatte übertragenen Gewichtskraft des Fahrzeugs mittels mindestens zwei unterhalb der Stützplatte für das jeweilige Rad angeordneter Kraftmesszellen bestimmt wird. Dazu liefern auch die Ansprüche 2 und 3 keine Hilfe, da die Schnittpunkte (11, 12) mit der Längsachse nicht bestimmt werden können, wenn diese Längsachse nicht definiert ist. In Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe wird dieser begründete Einwand betreffend wesentliche Mängel der Ansprüche und der Patentanmeldung übersehen. Dies gilt ebenso für Punkt 4.2 der Entscheidungsgründe, wo eingeräumt wird, dass die angegriffene Erfindung, um mit nur zwei Kraftmesszellen pro Stützplatte erfolgreich ausführbar sein zu können, eine äußerst genaue symmetrische Positionierung des Schwerpunkts des Rads zu diesen Kraftmesszellen erfordert. Es ist offensichtlich, dass diese Anforderung mit der dem Anmeldungsgegenstand zugrunde liegenden Aufgabe und einer praktischen Anwendung in Widerspruch steht. Zu Punkt 4.3, wonach die Einsprechende nicht gezeigt habe, wo der Patentschrift zu entnehmen sei, dass bei Verwendung dreier Kraftmesszellen je Stützplatte diese in einem gleichschenkligen Dreieck angeordnet sein müssten, wird auf Absatz [0025], Zeilen 34 - 40 verwiesen: Fraglos impliziert auch diese zusätzliche Bedingung einen unzumutbaren Aufwand für den Durchschnittsfachmann. Als weitere Punkte, die Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Erfindung aufkommen lassen, seien die erforderliche Genauigkeit und geringe Toleranz bei der Positionierung der Scheinwerfer, die unbestimmte Stelle des Schwerpunkts für jedes Rad, die Radunwucht und die Abhängigkeit der Lage der Vorderachse von der Winkelstellung des Lenkrads genannt. Das angegriffene Patent erfüllt daher nicht die Anforderungen des Artikel 83 EPÜ 1973.
Zur Frage der Neuheit (Artikel 54 EPÜ 1973), angesprochen in Punkt 5 der Entscheidung, wird nach Auffassung der Beschwerdeführerin die Vorrichtung aus Anspruch 10 durch die Offenbarung der Druckschrift E5 neuheitsschädlich vorweggenommen. In Punkt 5.2 der Entscheidung wird behauptet, dass die Einsprechende die Neuheit der Anspruchsgegenstände eingeräumt hätte. Dies trifft jedoch nur auf das Verfahren aus Anspruch 1 zu. Wie schon in Punkt 3d1 des Antwortschreibens vom 18. November 2005 ausgeführt, offenbart die Druckschrift E5, siehe Abbildungen 1 - 3 und Spalte 4, Zeilen 21 - 32 und 45 und 46, eine Wägevorrichtung z.B. für einen Rennwagen mit einem Wägemodul für jedes Rad und weiter eine zentrale Auswerteeinheit, welche mit allen Wägemodulen verbunden ist. Diese Vorrichtung beinhaltet oder impliziert deshalb alle Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 10. Da der kennzeichnende Teil dieses Anspruchs lediglich eine funktionelle, als Desideratum formulierte Definition der Auswerteeinheit enthält ("...zur ... vorgesehen ist"), kann dieses Merkmal nicht als ein deutlicher (Artikel 84 EPÜ 1973) Unterschied für die Frage der Neuheit und ebenso wenig für die Frage der erfinderischen Tätigkeit betrachtet werden. Deshalb nimmt die Vorrichtung aus der E5 auch den unbestimmten kennzeichnenden Teil des Anspruchs 10 vorweg.
In Punkt 6 der Entscheidung widerspricht die Einspruchsabteilung der Auffassung der Einsprechenden, dass das Verfahren aus Anspruch 1 bzw. die Vorrichtung aus Anspruch 10 auf naheliegende Weise aus der Kombination der Lehren der Druckschriften E5 und E4 hervorgeht. Nach ihrer Ansicht gibt eine solche Kombination dem Fachmann weder einen Hinweis, die Messwerte der Kraftmesszellen zur Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse eines Fahrzeugs zu verwenden (Anspruch 1), noch einen Anhaltspunkt, zu diesem Zweck eine Auswerteeinheit vorzusehen (Anspruch 10). Dem kann nicht zugestimmt werden: Da, wie bereits vorher betont, Anspruch 1 kein einziges konkretes technisches Merkmal im Sinne der angestrebten Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse definiert, muss die naheliegende Kombination der E5 und E4 zweifellos zu den beanspruchten jeweiligen Bestimmungen der Gewichtskräfte der Räder führen, welche tatsächlich die "einzigen" konkreten Schritte in Anspruch 1 sind. Anders ausgedrückt definieren die Ansprüche 1 und 10 in Anbetracht ihrer technischen Merkmale "im Wesentlichen" ein triviales Verfahren und eine triviale Vorrichtung zur Bestimmung der Größe der Gewichtskraft und der Position des Schwerpunkts der Gewichtskräfte des Fahrzeugs, die auf die jeweiligen vier Räder wirken, wozu bekannte Stützplatten mit Kraftmesszellen benutzt werden (siehe die Druckschrift E4). Wenn jetzt, wie im Streitpatent, eine "gewünschte" horizontale Längsachse eines Fahrzeugs durch eine Symmetrieachse bezüglich der Angriffspunkte der Gewichtskraft, die auf die Stützplatten durch die Räder wirkt, definiert ist, ist es selbstverständlich und naheliegend, die gemessene Position der Angriffspunkte für die Bestimmung einer Symmetrieachse bezüglich der Gewichtsverteilung des Fahrzeugs zu benutzen und dazu die berechneten Punkte der Gewichtskraft mittig zwischen den Rädern der Vorder- bzw. Hinterachse zu verbinden. Deshalb folgt der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 10 auf naheliegende Weise aus der Anwendung des üblichen fachmännischen Könnens.
IX. Die Beschwerdegegnerin hatte sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Rechtzeitige Einlegung des Einspruchs
2.1 Nach Artikel 99 (1) Satz 1 EPÜ 1973 kann innerhalb von neun Monaten nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäische Patent Einspruch einlegen. Gemäß Satz 3 gilt der Einspruch erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. Wird die Einspruchsgebühr nicht gezahlt, liegt kein gültiger Einspruch vor. Der Einspruch gilt auch dann als nicht eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr nach Ablauf der Einspruchsfrist gezahlt wird (siehe T 152/85, ABl. 1987, 191).
2.2 Die Einspruchsabteilung hat unter Punkt 2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung eingehend begründet, warum nach ihrer Auffassung vorliegend der Grundsatz des Vertrauensschutzes Anwendung findet und der Einspruch daher als rechtzeitig eingegangen anzusehen ist (siehe oben, unter Punkt III). Sie hat in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hingewiesen, dass der Vertreter der Einsprechenden zu einem Zeitpunkt, der vor der Aufdeckung des Irrtums lag, den "Customer Service" des EPA als Auskunftsquelle für die verwendete Kontonummer genannt hat. Die Patentinhaberin hat hierauf nichts erwidert. Die Kammer schließt sich der Auffassung der Einspruchsabteilung an. Der Einspruch gilt daher als rechtzeitig eingelegt.
3. Einspruchsgrund des Artikels 100(b) EPÜ 1973
3.1 Die Beschwerdeführerin hat zum Einwand mangelnder Ausführbarkeit vorgetragen, die Erfindung, so wie sie im unabhängigen Anspruch 1 definiert sei, sei nicht anwendbar oder umsetzbar, da der Anspruch wesentliche Merkmale nicht definiere. Wie schon im Einspruchsverfahren von der Patentinhaberin ausgeführt (siehe ihr Schreiben vom 31. August 2005, Seite 3, 2. Absatz), betrifft der Einspruchsgrund des Artikels 100(b) eine mangelnde Offenbarung der Erfindung des europäischen Patents. Der Einwand der Beschwerdeführerin betrifft jedoch fehlende technische Merkmale des unabhängigen Anspruchs. Ein solcher Einwand bezieht sich auf Artikel 84 EPÜ 1973; ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist kein Einspruchsgrund. Die Kammer kann deshalb diese Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilen.
3.2 Der weitere gemäß Artikel 100(b) EPÜ 1973 geäußerte Einwand betrifft den Absatz [0025] der Patentschrift, insbesondere die Anforderungen der Positionierung der Räder auf den Stützplatten in einer Anordnung mit jeweils nur zwei Kraftmesszellen (Punkt 4.2 der Entscheidungsgründe), bzw. die Ausführungsform mit drei Kraftmesszellen unter jeder Stützplatte (Figur 3, Punkt 4.3 der Entscheidungsgründe). Nach dem Verständnis der Kammer spricht die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang eher einen gegebenenfalls fehlenden technischen Erfolg bei einem industriellen Einsatz an ("requires a most precise symmetric positioning", "extra requirement that is impracticable", "workability of the invention", "industrially workable", "in the general industrial context"). Dies würde jedoch den Einspruchsgrund gemäß Artikel 57 EPÜ 1973 (gewerbliche Anwendbarkeit) betreffen. Da dieser Einspruchsgrund in der Einspruchsschrift nicht aufgeführt wurde, hätte die Kammer mangels vorliegender Zustimmung der Patentinhaberin ohnehin keine Möglichkeit, den Einspruchsgrund gemäß Artikel 57 EPÜ 1973 zum Beschwerdeverfahren zuzulassen (siehe G 10/91, ABl. 1993, 420, Leitsatz 3).
3.3 Aus diesen Gründen können die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente die überzeugende Begründung der grundsätzlichen Ausführbarkeit der Erfindung in der angegriffenen Entscheidung nicht in Frage stellen.
4. Neuheit
4.1 In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin unter Bezug auf Punkt 5.2 der Entscheidungsgründe die Neuheit der Vorrichtung des Anspruchs 10 verneint. In diesem Punkt hatte die Einspruchsabteilung ausgeführt, dass sich der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche von der Vorrichtung aus der Druckschrift E5 zumindest darin unterscheidet, dass unter jeder Stützplatte Kraftmesszellen verwendet werden, die die jeweilige Stützplatte tragen und von denen mindestens zwei einen unterschiedlichen Abstand zur Längsachse aufweisen (Hervorhebung durch die Kammer). Die Kammer konnte weder in der Beschwerdebegründung noch in dem von der Beschwerdeführerin genannten Antwortschreiben vom 18. November 2005 Angaben finden, wo dieses Merkmal der E5 offenbart sein sollte, noch konnte sie bei Durchsicht dieser Druckschrift dieses Merkmal finden.
4.2 Ebenso wenig ist dieses Merkmal aus den anderen Druckschriften bekannt.
4.3 Das im Anspruch 1 definierte Verfahren und die Vorrichtung aus Anspruch 10 sind daher neu.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Unter Bezugnahme auf Punkt 6.1 der Entscheidung hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, dass die Ansprüche 1 und 10 mangels technischer Merkmale im Wesentlichen lediglich ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bestimmung der Gewichtskraft und der Position des Schwerpunkts der Gewichtskräfte eines Fahrzeugs mittels unter Stützplatten befindlicher Kraftmesszellen definieren. Solche Stützplatten und Kraftmesszellen seien aus der Druckschrift E5 bekannt, und die Bestimmung der Position der Schwerpunkts sei in der E4 offenbart. Deshalb führe eine Kombination der Lehren dieser Druckschriften in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand.
5.2 Dazu hatte die Einspruchsabteilung in Punkt 6.1 erklärt, dass die Kombination der Lehren der Druckschriften E5 und E4 zu einer Vorrichtung gemäß Druckschrift E5 führe, bei der zusätzlich der Schwerpunkt der von jedem Rad auf die jeweilige Stützplatte übertragenen Gewichtskraft gemessen werde. Laut Einspruchsabteilung "erhält der Fachmann jedoch keinen Hinweis, die Lage der horizontalen Längsachse des Fahrzeugs aus diesen Werten zu bestimmen bzw. eine Auswerteeinrichtung vorzusehen, welche die Bestimmung der Längsachse des Fahrzeugs durchführen kann". Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.
5.3 Die Kammer stellt weiter fest, wie oben unter Punkt 4.1 bemerkt, dass keine der vorliegenden Druckschriften das Merkmal aus den unabhängigen Ansprüchen definiert, dass unter jeder Stützplatte Kraftmesszellen verwendet werden, die die jeweilige Stützplatte tragen und von denen mindestens zwei einen unterschiedlichen Abstand zur Längsachse aufweisen.
5.4 Schließlich spricht gegen eine Kombination der Druckschriften E5 und E4 das von der Patentinhaberin in ihrem Schreiben vom 31. August 2005 auf Seite 4, 4. Absatz, vorgebrachte Argument: "Da sich keine der beiden Druckschriften mit einem Verfahren zur Bestimmung der Lage der horizontalen Längsachse eines Fahrzeugs befasst, fehlt es an jedem Anlass, irgendeine Zusammenschau der beiden Druckschriften in Hinblick auf die vorliegende Erfindung vorzunehmen".
5.5 Aus dem Vorstehenden schließt die Kammer, dass eine Kombination der Lehren der Druckschriften E4 und E5 nicht zu dem Verfahren aus Anspruch 1 oder der Vorrichtung aus Anspruch 10 führen würde. Nachdem auch die übrigen Druckschriften die spezielle Anordnung der Kraftmesszellen mit unterschiedlichem Abstand zur Längsachse nicht offenbaren, wird der Gegenstand dieser Ansprüche daher durch die sich im Verfahren befindlichen Druckschriften aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt.
Das Gleiche gilt für den Gegenstand der Ansprüche 2 bis 9 aufgrund ihrer Rückbeziehung auf Anspruch 1.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.