T 1166/06 () of 18.11.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T116606.20081118
Datum der Entscheidung: 18 November 2008
Aktenzeichen: T 1166/06
Anmeldenummer: 00104433.8
IPC-Klasse: B41F 13/008
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Kompensation der Drehschwingungen einer Druckmaschine
Name des Anmelders: Heidelberger Druckmaschinen AG
Name des Einsprechenden: manroland AG
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 040 917 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Am 18. November 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, hilfsweise das Patent gemäß Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht am 28. Juli 2006, oder gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht am 17. Oktober 2008, aufrechtzuerhalten.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Die erteilten Ansprüche 1 und 8 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Kompensation der Drehschwingungen einer Druckmaschine (1) durch Einbringung von Drehmomenten, die die Schwingungsanregung kompensieren, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens eine der Eigenformen (2, 2', ...) einer Druckmaschine (1) bestimmt wird, daß für mindestens einen Ort (3, 3') des Antriebsstranges (4) der Druckmaschine (1), an dem die Eigenform (2, 2', ...) nicht Null (5) ist, das jeweilige Gegenmoment für die Kompensation der Momente, die zur Schwingung in der Eigenform (2, 2', ...) anregen, ermittelt und hinterlegt wird und daß das Gegenmoment am entsprechenden Ort (3, 3') derart aufgebracht wird, daß durch die Aufbringung des mindestens einen Gegenmoments die Schwingung maximal reduziert wird."

"8. Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 mit mindestens einem Mittel (8) zur Einbringung von Drehmomenten in den Antriebsstrang (4) einer Druckmaschine (1), zur Kompensation von Schwingungsanregungen, dadurch gekennzeichnet, daß das mindestens eine Mittel (8) an einem Ort (3, 3') des Antriebsstranges (4) angeordnet ist, an dem die Eigenform (2,2', ...), deren Anregung zu kompensieren ist, nicht Null ist, daß das Moment für die Kompensation der Momente, die zur Schwingung in der Eigenform (2,2', ...) anregen, dem mindestens einen Mittel (8) eingegeben ist und das mindestens eine Mittel (8) das Gegenmoment dem Antriebsstrang (4) vermittelt."

VI. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf das Dokument

D1: DE-A-44 12 945

verwiesen.

VII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Dokument D1 gehe von einer anderen Aufgabe aus als das Streitpatent. In Dokument D1 werde zwar erkannt, dass die Druckmaschine Eigenschwingungen aufweisen könne, es würden aber allgemein alle auftretenden Schwingungen erfasst und gedämpft. Es gebe in diesem Dokument keine besondere Lehre hinsichtlich der Behandlung von Eigenformen. Diese würden nicht gesondert betrachtet. Gemäß der Lehre von Dokument D1 werde eine Globalkorrektur vorgenommen. Beim Verfahren gemäß Anspruch 1 werde hingegen gezielt eine Eigenform ermittelt und diese Eigenform gezielt gedämpft. Es werde also nicht wie bei Dokument D1 eine Analyse des Frequenzraums gemacht, sondern eine Analyse einer bestimmten Eigenform. Dokument D1 gebe somit keine Anregung, gezielt hinsichtlich einer Eigenform vorzugehen. Das Verfahren des Anspruchs 1 sei auch nicht als eine Auswahl aus der Globalkorrektur des Dokuments D1 zu betrachten. Die Hinterlegung einer einmal ermittelten Eigenform sei ein durch Dokument D1 nicht nahegelegtes Element. Somit beruhe das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit. Für die Vorrichtung des Anspruchs 8 des Streitpatents gelte das Entsprechende.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Dokument D1 gebe dem Fachmann den Hinweis, die Eigenschwingungen besonders zu betrachten, siehe Spalte 1, Zeilen 38 bis 42. Da der durch die Aufgabe des Streitpatents angesprochene Fachmann wisse, dass man an den Stellen der Druckmaschine, wo Eigenschwingungen auftreten, die Schwingungsdämpfung besonders effektiv betreiben könne, führe dieser Hinweis dazu, eine Eigenform der Druckmaschine herauszugreifen und diese zu dämpfen. Der durch das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents ausgewählte Spezialfall der Dämpfung einer Eigenform sei bei dem Verfahren gemäß Dokument D1 mit enthalten. Insofern könne man das Verfahren des Anspruchs 1 als eine Optimierung der grundsätzlichen und globalen Schwingungsermittlung und Schwingungsdämpfung des Dokuments D1 betrachten. Der Fachmann werde also durch Dokument D1 nicht nur darauf hingewiesen, bei der Schwingungsdämpfung einer Druckmaschine die Eigenschwingungen besonders zu berücksichtigen. Da diese Schwingungen ohnehin durch die in Dokument D1 gezeigte Vorgehensweise mit erfasst würden, werde es ihm auch nahegelegt, gerade diese Schwingungen, also die Eigenformen, zu dämpfen. Das Verfahren des Anspruchs 1 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Gleiches gelte für die Vorrichtung des Anspruchs 8.

Entscheidungsgründe

1. Dokument D1 ist als der nächstliegende Stand der Technik zu betrachten. Dieses Dokument lehrt, zur Schwingungsdämpfung bei einer Druckmaschine an einer Stelle der Druckmaschine die dort auftretenden Schwingungen zu erfassen und durch ein an der Druckmaschine angebrachtes Betätigungsglied zu dämpfen oder die auftretenden Schwingungen durch mehrere über den Antriebsstrang der Maschine angeordnete Schwingungsaufnehmer zu erfassen und ihnen durch ebenfalls über den Antriebsstrang der Maschine verteilte Betätigungsglieder entgegenzuwirken (vgl. Spalte 1, Zeile 52 bis Spalte 2, Zeile 4, und Spalte 2, Zeilen 46 bis 54). Der Hinweis in Spalte 1, Zeilen 38 bis 42, des Dokuments D1 auf die Eigenschwingungen der Druckmaschine kann nicht so verstanden werden, dass es genügen würde, nur eine solche Eigenschwingung zu betrachten, deren Eigenform zu ermitteln und an einer geeigneten Stelle der Maschine zu dämpfen. Unabhängig davon, ob bei Dokument D1 nur ein oder mehrere Schwingungsaufnehmer vorgesehen werden, enthält dieses Dokument keine Aussage, dass damit eine Eigenform der Druckmaschine ermittelt wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass am Ort des Schwingungsaufnehmers bzw. an den Orten der Schwingungsaufnehmer alle dort auftretenden Schwingungen erfasst werden. Da weiterhin davon auszugehen ist, dass die Druckmaschine nicht so betrieben wird, dass eine Resonanzschwingung auftritt, erfasst der bzw. erfassen die Schwingungsaufnehmer jeweils eine Summe von Schwingungen. Eine Anregung, aus dieser Summe von Schwingungen eine Eigenform herauszufiltern und dann Gegenmaßnahmen zu dieser Eigenform zu treffen, findet sich in Dokument D1 nicht. Es findet sich in Dokument D1 auch kein Hinweis, unabhängig von den Schwingungsaufnehmern, etwa durch Berechnungen, eine Eigenform der Druckmaschine zu ermitteln.

Dokument D1 führt den Fachmann also zu einer Betrachtung aller auftretenden Schwingungen und somit weg von der beim Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgenommenen Ermittlung einer Eigenform. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass das Verfahren des Anspruchs 1 des Streitpatents durch das Dokument D1 nicht nahegelegt wird und somit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2. Der unabhängige Anspruch 8 des Streitpatents definiert eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens des Anspruchs 1. Diese Vorrichtung enthält ein Mittel, dem das Moment für die Kompensation der Momente, die zur Schwingung in der Eigenform anregen, eingegeben ist. Die Vorrichtung beruht somit auf demselben Gedanken wie das Verfahren, das damit durchgeführt werden soll, nämlich eine Eigenform der Druckmaschine zu ermitteln. Aus den gleichen Gründen wie das Verfahren des Anspruchs 1 beruht somit auch die Vorrichtung des Anspruchs 8 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.

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