T 0919/06 () of 16.7.2009

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2009:T091906.20090716
Datum der Entscheidung: 16 Juli 2009
Aktenzeichen: T 0919/06
Anmeldenummer: 98962198.2
IPC-Klasse: H01L 29/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Hochspannungsfeste Randstruktur für Halbleiterbauelemente
Name des Anmelders: Infineon Technologies AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 15. November 2005, die Anmeldung Nr. 98 962 198 zurückzuweisen.

Die von der Anmelderin beantragte Entscheidung nach Lage der Akten beruht inhaltlich auf den Gründen des Bescheids der Prüfungsabteilung vom 21. April 2005, demzufolge die Anmeldung unzulässig erweitert wurde (Artikel 123(2) EPÜ 1973), der Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973 nicht erfüllt und der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973) beruht, und die Anmeldung somit die Erfordernisse des EPÜs nicht erfüllt.

II. Die Anmelderin und Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 15 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten neuen Hauptantrags zu erteilen.

III. Anspruch 1 lautet:

"Hochspannungsfeste Randstruktur im Randbereich (RB) eines Halbleiterbauelementes, das einen wannenförmiger pn-Übergang zwischen einer Basiszone (8) und einer Innenzone (2) aufweist,

— mit einem Halbleiterkörper (1), an dessen erster Oberfläche (3) im Randbereich (RB) mindestens die Innenzone (2) vom ersten Leitungstyp angrenzt,

- mit in der Innenzone (2) angeordneten floatenden Schutzringen (15) vom zweiten Leitungstyp im Randbereich (RB) des Halbleiterbauelementes,

— mit jeweils einer in der Innenzone (2) angeordneten und jedem floatenden Schutzring (15) paarweise zugeordneten Zwischenringzone (16) vom ersten Leitungstyp, die lateral derart angeordnet ist, dass sie jeweils zwei benachbarte floatende Schutzringe (15) voneinander beabstandet,

- wobei sich die freien Ladungsträger der floatenden Schutzringe (15) und der Zwischenringzonen (16) bei angelegter Sperrspannung ausräumen;

dadurch gekennzeichnet, dass

die floatenden Schutzringe (15) an der ersten Oberfläche (3) ansetzen und unter Bildung von vertikalen pn-Übergängen mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des wannenförmigen pn-Übergangs, in die Innenzone (2) hineinreichen, so dass unter vollständiger Ausräumung der genannten Ladungsträger das Feldstärkemaximum in die Tiefe des Halbleiterkörpers (1), in den Bereich der vertikalen pn-Übergänge gelegt ist, wobei die flächenbezogene Summe von in die Schutzringe (15) eingebrachten Dotierstoffen die Summe der Dotierung in den dazwischenangeordneten Zwischenzonen (16) übersteigt."

IV. Es wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:

D2: US 4 750 028 A

D5: PATENT ABSTRACTS OF JAPAN, vol. 096, no. 007, 31. Juli 1996 & JP 08 078661 A und Englische Übersetzung

D10: B.J. Baliga, "Power Semiconductor Devices", 1996, PWS Publishing Company, Seite 91

V. Die Beschwerdeführerin machte im Wesentlichen Folgendes geltend:

Dokument D2 sei der nächstliegende Stand der Technik und zeige eine Struktur, wie sie in Anspruch 1 definiert sei, jedoch mit dem (einzigen) Unterschied, dass gemäß Anspruch 1 die floatenden Schutzringe mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des wannenförmigen pn Übergangs in die Innenzone hineinreichen. In Dokument D2 seien die Schutzringe im Wesentlichen gleich oder gar weniger tief als der wannenförmige pn Übergang. Dokument D10 weise nur allgemein darauf hin, dass die Tiefe der floatenden Schutzringe größer oder kleiner als die Tiefe des pn-Übergangs sein könne, und gebe folglich keinerlei Hinweis darauf, die floatenden Schutzringe mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des pn-Übergangs zu gestalten. Das Dokument D5 zeige zwar floatende Schutzringe mit einer Tiefe größer als die Tiefe des pn Übergangs, es zeige jedoch nicht eine Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des pn Übergangs. Dabei führen die tiefen Schutzringe, insbesondere durch die längere Strecke an den vertikalen pn Übergängen, zu verbesserten Schutzeigenschaften und ermöglichen zudem, eine kompaktere und somit platzsparende Randstruktur zu konzipieren. Diese tieferen Schutzringe seien zudem nur mit aufwendigen Techniken, wie Epitaxie- und Grabenherstellungsverfahren, zu realisieren und können somit von den Dokumenten D2 oder D10 ausgehend nicht naheliegend gewesen sein, da diese Dokumente sich ausschließend mit herkömmlicher Implantation und Diffusion befassen, mit der Schutzringe der beanspruchten Tiefe nicht herstellbar seien.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1 Dokument D2

Dokument D2 zeigt ein hochspannungsfestes Halbleiterbauelement mit einem wannenförmigen pn Übergang und mit einer Randstruktur mit Schutzringen in dessen Randbereich zur Erhöhung der Hochspannungsfestigkeit.

Insbesondere zeigt D2, in der Terminologie des vorliegenden Anspruchs 1, eine hochspannungsfeste Randstruktur im Randbereich eines Halbleiterbauelementes, das einen wannenförmigen pn Übergang zwischen einer Basiszone (2) und einer Innenzone (1) aufweist, mit einem Halbleiterkörper (1), an dessen erster Oberfläche im Randbereich mindestens die Innenzone vom ersten Leitungstyp angrenzt, mit in der Innenzone (1) angeordneten floatenden Schutzringen (3) vom zweiten Leitungstyp im Randbereich des Halbleiterbauelementes, mit jeweils einer in der Innenzone (1) angeordneten und jedem floatenden Schutzring (3) paarweise zugeordneten Zwischenringzone vom ersten Leitungstyp, die lateral derart angeordnet ist, dass sie jeweils zwei benachbarte floatende Schutzringe (3) voneinander beabstandet, wobei sich die freien Ladungsträger der floatenden Schutzringe (3) und der Zwischenringzonen (16) bei angelegter Sperrspannung ausräumen (vgl. Figur 4 und Spalte 4, Zeilen 16 bis 25).

Dokument D2 zeigt somit eine Struktur gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

Zudem setzen in D2 die floatenden Schutzringe (3) an der ersten Oberfläche an und reichen unter Bildung von vertikalen pn-Übergängen in die Innenzone (1) hinein, so dass unter vollständiger Ausräumung der genannten Ladungsträger das Feldstärkemaximum in die Tiefe des Halbleiterkörpers (1) in den Bereich der vertikalen pn Übergänge gelegt ist (vgl. Figur 4 und zugehörige Beschreibung). Zudem erstreckt sich die Verarmungszone mehr in die Oberflächenzone (1) als in die Schutzringe (3), woraus sich ein leichter Überschuss an Dotierstoffen in den Schutzringen ableiten lässt. Damit ist folglich auch in D2 das im vorliegenden Anspruch 1 definierte Merkmal erfüllt, dass die flächenbezogene Summe von in die Schutzringe (3) eingebrachten Dotierstoffen die Summe der Dotierung in den dazwischen angeordneten Zwischenzonen übersteigt.

Die floatenden Schutzringe (3) in Dokument D2 reichen dagegen nicht mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des wannenförmigen pn-Übergangs (2) in die Innenzone hinein.

Damit zeigt Dokument D2 eine Struktur, die alle Merkmale des Anspruchs 1 aufzeigt, mit der einzigen Ausnahme, dass die floatenden Schutzringe mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des wannenförmigen pn Übergangs in die Innenzone hineinreichen.

Die Beschwerdeführerin stimmt dieser Bewertung zu.

Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument D2 neu (Artikel 54(1), (2) EPÜ 1973).

2.2 Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 ist auch gegenüber den weiteren im Verfahren zitierten Dokumenten gegeben.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Dokument D2 kann als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden.

Wie vorstehend dargelegt unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der aus Dokument D2 bekannten Struktur dadurch, dass die floatenden Schutzringe mit einer Tiefe eines Mehrfachen der Tiefe des wannenförmigen pn-Übergangs in die Innenzone hineinreichen.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass damit verbesserte Schutzeigenschaften sowie eine kompaktere, platzsparende Struktur geschaffen werden.

Was die behauptete Möglichkeit betrifft, eine kompaktere Randstruktur zu schaffen, ist jedoch zweifelhaft, ob dies in der Tat der Fall ist. Die laterale Ausdehnung der Schutzstruktur beruht nämlich im Wesentlichen auf der erforderlichen Zahl der Schutzringe sowie auf deren Breite und Zwischenabstand. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Zahl bzw. die Breite und/oder der Zwischenabstand der Schutzringe sich durch die beanspruchte Maßnahme reduzieren würde. Die Beschwerdeführerin hat hierzu auch nichts Konkretes vorgetragen.

Auch was die verbesserten Schutzeigenschaften anbelangt, wurde nicht konkret angegeben, welcher technische Effekt hierfür verantwortlich wäre. Bei den geltend gemachten, aber nicht weiter erläuterten "Volumeneffekten" bleibt unklar, was genau hierunter zu verstehen ist. Auch ist nicht erkennbar, was die durch die größere Tiefe erhaltene längere Strecke der vertikalen pn Übergänge für die Schutzeigenschaften bewirken würde.

Andererseits ist es dem Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens generell ersichtlich, dass durch die tiefen Schutzringe das Feldstärkemaximum, das sich grundsätzlich an dem stark gekrümmten unteren Rand des pn-Übergangs befindet und somit bereits "in der Tiefe" bzw. "im Volumen" des Halbleiterkörpers liegt, ggf. weiter in die Tiefe des Halbleiterkörpers verlagert wird, und damit die Hochspannungsfestigkeit verbessert wird.

Die zu lösende objektive Aufgabe kann ausgehend von D2 somit darin gesehen werden, die Hochspannungsfestigkeit des Halbleiterbauelements zu verbessern.

3.3 Die Aufgabenstellung an sich erfordert nach Auffassung der Kammer keine erfinderische Leistung, da sie für den Fachmann auf dem Fachgebiet der hochspannungsfesten Halbleiterbauteile selbstverständlich ist.

3.4 Dokument D10, ein Fachbuch auf dem Gebiet der Leistungshalbleiterbauteile, das sich insbesondere mit "floating" Schutzringen befasst, zeigt dass generell die Tiefe derartiger "floating" Schutzringe größer oder kleiner sein kann als die Tiefe des Haupt pn Übergangs (Seite 91, zweiter Absatz). Dokument D10 stellt anschließend fest, dass "floating" Schutzringe fast immer gleichzeitig mit dem Haupt pn Übergang hergestellt werden durch einfaches Aufnehmen eines den Haupt pn Übergang umringenden Diffusionsfensters. Dies ermöglicht die Herstellung des "floating" Schutzringes ohne zusätzliche Verfahrensschritte.

Damit aber ist es dem Fachmann überlassen, die Tiefe der Schutzringe nach Bedarf zu wählen. Da es, wie vorstehend dargelegt, dem Fachmann ohne Weiteres ersichtlich ist, dass mit tieferen Schutzringen das Feldstärkemaximum weiter in die Tiefe des Halbleiterkörpers verlagert und damit die Hochspannungsfestigkeit verbessert wird, würde er Schutzringe mit einer Tiefe größer als die Tiefe des Haupt-pn-Übergangs zur Steigerung der Hochspannungsfestigkeit in Betracht ziehen.

Es sei an dieser Stelle ergänzend noch auf das Dokument D5 hingewiesen. Dokument D5 zeigt ein Leistungshalbleiterbauteil, insbesondere einen Static-Induction-Thyristor, mit "floating" Schutzringen zur Reduzierung des Feldstärkemaximums. Gemäß der Lehre dieses Dokuments werden die Schutzringe tiefer als der Gate- und Kathodenbereich gebildet und damit das Feldstärkemaximum in die Tiefe verlagert, sodass die Wärmeableitungseigenschaften verbessert werden und eine Verbesserung der Hochspannungsfestigkeit erzielt werden kann (vgl. Übersetzung, Absatz [0007]). Insbesondere wird die Struktur hierdurch weniger durch elektrische Ladungen an der Oberfläche beeinflussbar und somit hochspannungsfest.

3.5 Es war somit am Anmeldetag der vorliegenden Anmeldung für den Fachmann naheliegend, zur Verbesserung der Hochspannungsfestigkeit die aus Dokument D2 bekannten Schutzringe tiefer als den Haupt pn Übergang zu gestalten. Die Ermittlung, wie tief die Schutzringe dabei genau zu bilden sind, fällt in den Bereich üblicher experimenteller Tätigkeiten des Fachmannes, zumal die Wirkung unterschiedlicher Tiefen auf die Hochspannungsfestigkeit sich unmittelbar und einfach überprüfen lässt. Dabei würde nach Auffassung der Kammer der Fachmann durchaus auch Tiefen um ein Mehrfaches der Tiefe des Haupt-pn-Übergangs in Betracht ziehen.

Zwar hat gemäß Dokument D10 eine Herstellung der Schutzringe gleichzeitig mit der Diffusion des Haupt-pn-Übergangs den Vorteil, keine zusätzlichen Verfahrenschritte zu erfordern. Geeignete Verfahrenschritte zur Herstellung solcher tieferen Schutzringe, wie etwa Verfahren, bei denen Gräben in der Oberfläche gebildet und anschließend mit dotiertem Material aufgefüllt werden, waren am Anmeldetag dem Fachmann jedoch bekannt. Der Fachmann hätte somit ohne erfinderisches Zutun zur Herstellung von tieferen Schutzringen auf diese bekannten Verfahren zurückgegriffen.

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass deshalb, weil tiefere Schutzringe nur mit aufwendigeren Techniken zu realisieren seien, diese von den Dokumenten D2 oder D10 ausgehend nicht naheliegend gewesen sein können, da letztere Dokumente sich ausschließend mit herkömmlicher Implantation und Diffusion befassen, mit der derartig tiefe Schutzringe nicht herstellbar seien, ist nicht überzeugend. Da, wie vorstehend dargelegt, der Fachmann sich von den tieferen Schutzringen eine Verbesserung der Hochspannungsfestigkeit verspricht, wird er die gegebenenfalls aufwendigere Herstellung solcher Schutzringe in Kauf nehmen.

3.6 Aus den vorstehenden Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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