T 0744/06 () of 2.10.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T074406.20081002
Datum der Entscheidung: 02 October 2008
Aktenzeichen: T 0744/06
Anmeldenummer: 97904387.4
IPC-Klasse: B29C 47/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung einer füllstoffhaltigen biaxial orientierten Polymerfolie
Name des Anmelders: Brückner Maschinenbau GmbH
Name des Einsprechenden: Reifenhäuser GmbH & Co. KG Maschinenfabrik
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nein
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die am 13. März 2006 zur Post gegeben wurde und mit der der Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. 0 879 129 zurückgewiesen worden war, Beschwerde eingelegt.

Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) angegriffen worden.

II. Am 2. Oktober 2008 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden, am 2. September 2008 eingereichten Unterlagen aufrechtzuerhalten:

(i) Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag; oder

(ii) Ansprüche 1 bis 4 gemäß 1. Hilfsantrag; oder

(iii) Ansprüche 1 bis 4 gemäß 2. Hilfsantrag.

IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie aus einem kristallisierbaren thermoplastischen Polymer, die wenigstens eine füllstoffhaltige Lage aufweist, bei dem man

- wenigstens eine Schmelze aus einem homogenen Gemisch des thermoplastischen Polymeren mit einem oder mehreren Füllstoffen sowie ggf. weiteren üblichen Additiven herstellt, die ein solches Gewichtsverhältnis von thermoplastischem Polymer zu Füllstoff(en) aufweist, wie es für die füllstoffhaltige Polymerfolie oder die Lage einer mehrschichtigen Polymerfolie vorgesehen ist,

- die Schmelze durch eine Breitschlitzdüse unter Bildung einer einschichtigen Vorfolie oder einer Schichtlage für eine mehrschichtige Vorfolie extrudiert,

- die ein- oder mehrschichtige Vorfolie durch Abkühlen verfestigt und sie auf den für die nachfolgende Verstreckung erforderlichen Kristallisationsgrad und eine für das Verstrecken geeignete Temperatur bringt

- und diese Vorfolie dann auf an sich bekannte Weise in Längs- und Querrichtung unter Bildung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Polymerfolie verstreckt, diese thermofixiert und aufwickelt,

dadurch gekennzeichnet, dass man die füllstoffhaltige Schmelze dadurch herstellt, dass man in einem Zweischneckenextruder eine füllstofffreie Schmelze des Polymeren herstellt und dieser Schmelze in einer Zugabezone des Zweischneckenextruders, in der die Polymerschmelze drucklos gefördert wird, den oder die pulverförmigen Füllstoff(e) zusetzt und die füllstoffhaltige Schmelze in dem Zweischneckenextruder homogenisiert und extrudiert."

Anspruch 1 gemäß erstem Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass nach dem Ausdruck "dass man die füllstoffhaltige Schmelze" der Ausdruck ", bei der der Füllstoffgehalt in der Schmelze im Bereich von 20 bis 80 Gew.-% liegt" eingefügt worden ist. Ferner wurde der Ausdruck "zusetzt und" im letzten Halbsatz durch "zusetzt," ersetzt.

Anspruch 1 gemäß zweitem Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß erstem Hilfsantrag dadurch, dass vor dem letzten Wort "extrudiert" der Ausdruck "entgast und unter Verwendung einer dem Zweischneckenextruder nachgeschalteten Schmelzpumpe" eingefügt worden ist.

V. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf folgende Druckschriften Bezug genommen:

D1 EP-A 0 220 433

D5 Aufgaben der Aufbereitungstechnik; ... , In-Line-Compoundierung (Direktextrusion), Schuler, W., in: VDI-K-Buch 1995, Herausgeber: Verein Deutscher Ingenieure, VDI-Gesellschaft Kunststofftechnik, Düsseldorf, Januar 1995, Seiten 102 bis 131.

D8 Herstellung technischer Folien in einem einstufigen Extrusionsverfahren mit Automatisierungskonzept, G. A. Martin und D. Ernst, siehe Tagungsunterlage der IK-Fachtagung Fortschritte bei der Folienproduktion und -verarbeitung, Darmstadt, 21. - 22. Februar 1991, Seiten 3.1 bis 3.28.

VI. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Streitpatent gehe in seiner Beschreibungseinleitung von der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik aus. Diese Druckschrift beschreibe ein Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie, welches sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Hauptantrags aufweise. Im Gegensatz zum Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags erfolge bei diesem bekannten Verfahren die Zugabe der Füllstoffe über sogenannte Masterbatches, d.h. eine vorab hergestellte Stammmischung aus dem Kunststoffrohstoff mit hohen Mengen an Füllstoffen, die dann mit entsprechenden Mengen füllstofffreien Kunststoffgranulats zu einer Schmelze aufbereitet werden, siehe Druckschrift D1, Seite 3, Zeilen 18 bis 25. Das bekannte Verfahren weise die Nachteile auf, dass das Polymer bei der gesonderten Masterbatchherstellung und bei der nachfolgenden Schmelzebereitung und Extrusion thermisch belastet werde, dass das Masterbatch-Granulat gesondert hergestellt bzw. von Herstellern vorgefertigt bezogen werden müsse und dass dem endgültigen Füllstoffgehalt Obergrenzen gesetzt seien, siehe Absatz [0014] des Streitpatents. Ausgehend von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren liege das objektiv zu lösende Problem im Bereich der Herstellung der Vorfolie und nicht im Streckprozess, und die Aufgabe bestehe darin, eine Alternative zur Herstellung einer füllstoffhaltigen Schmelze zu schaffen.

Die Druckschrift D8 beschreibe die Direkteinspeisung von pulverförmigen Füllstoffen in der Schmelze (In-Line Compoundierung oder Direktextrusion genannt) und die damit verbundenen Vorteile, siehe insbesondere Abschnitt 3.3 auf Seiten 3.3 und 3.4 der Druckschrift D8. Gemäß dieser Druckschrift werden die Füllstoffe in einer Zugabezone eines Zweischneckenextruders der Schmelze zugesetzt, in der dieser drucklos gefördert werde, siehe die Abschnitte 3.4.1 und 3.4.1.3 auf Seite 3.4 bzw. 3.5. Der Fachmann würde, ausgehend von dem Verfahren nach der Druckschrift D1, die Lehre der Druckschrift D8, nämlich die Füllstoffe während der Förderung der Schmelze im Extruder zuzusetzen, heranziehen, um die mit der Masterbatchtechnik verbundenen Nachteile zu überwinden, und somit ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gelangen.

Die Gegenstände des Anspruchs 1 des ersten bzw. des zweiten Hilfsantrags beruhten ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die hinzugefügten Merkmale dem Fachmann bereits aus der Druckschrift D5 (siehe Seite 112, Zeilen 16 bis 18) bzw. aus der Druckschrift D8 (siehe Bild 3-2 auf Seite 3.18, das eine Entgasungseinrichtung 5 sowie eine Zahnradpumpe 6 zeige) bekannte Maßnahmen seien.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die vorliegende Erfindung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags betreffe ein Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie, die wenigstens eine füllstoffhaltige Lage aufweise. Das Verfahren müsse in seiner Gesamtheit betrachtet werden, d.h. als ein Verfahren zur Herstellung biaxial gereckter Folien. Die Druckschrift D1 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar, da diese Druckschrift ein Verfahren zur Herstellung biaxial gereckter Folien betreffe. Vor der Einführung der Masterbatchtechnik sei die Schmelze, aus denen solche Folien hergestellt werden, aus einheitlichem Granulat mit dem jeweiligen Endfüllstoffgehalt aufbereitet worden. Bei der Masterbatchtechnik werde ein Granulat mit einem Gehalt an Füllstoffen, der höher sei als der Endgehalt, mit einem füllstofffreien Granulat der entsprechenden Menge zu einer Schmelze aufbereitet. Das füllstoffhaltige Granulat werde anwendungsbezogen maßgeschneidert von Herstellern für diese Granulate bezogen. Gemäß dem beanspruchten Verfahren ist nun der Hersteller für biaxial gereckte Folien selbst für die Beimischung der Füllstoffe zuständig. Dies komme einem Paradigmawechsel gleich. Die Abkehr von der Masterbatchtechnik für die Herstellung biaxial gereckter Folien - wie im Streitpatent vorgeschlagen - sei Neuland gewesen. Erhebliche Entwicklungsarbeiten und Automatisierungsschritte seien erforderlich gewesen, um ein kontinuierliches Extrusions- und Reckverfahren durchführen zu können. Anlagen zur Herstellung biaxial gereckter Folien müssten über 7000 Stunden unterbrechungsfrei laufen und diese Standfestigkeit müsse auch im Bereich der Schmelzeaufbereitung und Extrusion gewährleistet sein. Unterbrechungen und Wiederaufnahme des gesamten Prozesses seien weitgehendst zu vermeiden. Die Anforderungen an die Standfestigkeit der bei der Herstellung von füllstoffhaltigen Granulaten und Masterbatches verwendeten Extruder seien geringer, da hier Produktionsunterbrechungen keinen Einfluss auf einen nachfolgenden Schritt hätten. Die Patentinhaberin habe Mut gezeigt, das technisch zuverlässig laufende und wegen seiner Produktivität wirtschaftlich erfolgreiche Masterbatchverfahren durch einen anderen Prozess mit Pioniercharakter zu ersetzen, dessen Durchführbarkeit als sehr viel unsicherer für die Herstellung von gereckten Folien einzustufen gewesen sei. So würden bei der Herstellung gereckter Folien große Anforderungen an die Homogenisierung gestellt, da Unregelmäßigkeiten, größere Partikel sowie Lufteinschlüsse bei der Verstreckung zu Fehlern führten und die Folie aufreißen könnten. Die Direkteinspeisung von Füllstoffen in eine Polymerschmelze sei im Stand der Technik ausschließlich im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten, wie Flachfolien, beschrieben, die nicht verstreckt oder gereckt würden, siehe die Druckschriften D5 und D8. Das biaxiale Recken von Folien sei eine hochkomplexe Technik. Für den Fachmann auf dem Gebiet der Herstellung füllstoffhaltiger biaxial gereckter Folien habe es aus obigen Gründen nicht nahegelegen, eine Direkteinspeisung der Füllstoffe in Erwägung zu ziehen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Gegenstände des Anspruchs 1 des ersten bzw. des zweiten Hilfsantrags seien noch weiter von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren entfernt und beruhten ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit

1.1 Nächstliegender Stand der Technik und die objektiv zu lösende Aufgabe

Die in den Absätzen [0007], [0010] und [0011] des Streitpatents gewürdigte Druckschrift D1, die den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, offenbart ein Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 des Streitpatents. Nach dem Verfahren gemäß der Druckschrift D1 wird die Zugabe der Füllstoffe zum füllstofffreien Polymer, das als Granulat vorliegt, in Form eines Masterbatches vorgenommen, siehe Druckschrift D1, Seite 3, Zeilen 18 bis 20.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren dadurch, dass "man die füllstoffhaltige Schmelze dadurch herstellt, dass man in einem Zweischneckenextruder eine füllstofffreie Schmelze des Polymeren herstellt und dieser Schmelze in einer Zugabezone des Zweischneckenextruders, in der die Polymerschmelze drucklos gefördert wird, den oder die pulverförmigen Füllstoff(e) zusetzt und die füllstoffhaltige Schmelze in dem Zweischneckenextruder homogenisiert und extrudiert".

Die Vorteile dieser Maßnahmen bzw. die Nachteile des aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren, bei dem ein Masterbatch gesondert hergestellt wird, sind dem Absatz [0013] des Streitpatents zu entnehmen.

Nach Auffassung der Kammer besteht die in Hinblick auf der Druckschrift D1 zu lösende Aufgabe darin, die füllstoffhaltige Polymerschmelze auf eine Art und Weise herzustellen, dass einerseits die Nachteile der aus der Druckschrift D1 bekannten Masterbatchtechnik vermieden werden, andererseits die für einen Streckprozess erforderliche Homogenität und Blasenfreiheit in der füllstoffhaltigen Polymerschmelze erreicht werden

1.2 Die Druckschrift D8 betrifft ein Referat über die "Herstellung technischer Folien in einem einstufigen Extrusionsverfahren mit Automatisierungskonzept". Die Integration des Verfahrensschritts des "Compoundierens" in den Extrusionsprozess, wie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 des Hauptantrags vorgeschlagen, und die damit zu erreichenden Vorteile sind unbestritten identisch aus der Druckschrift D8 bekannt (siehe Seite 3.3, letzter Absatz und Seite 3.4, erster Absatz, insbesondere Zeilen 7 bis 9 und 14 bis 16).

Die Frage, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sich in naheliegender Weise aus den Lehren der Druckschriften D1 und D8 ergibt oder nicht, reduziert sich im vorliegenden Fall auf die Frage, ob der Fachmann, ausgehend von dem Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie gemäß der Druckschrift D1, die Druckschrift D8 in Betracht ziehen würde, um die in Punkt 1.1 genannte Aufgabe zu lösen.

Der Gegenstand der Druckschrift D8 war Bestandteil einer Fachtagung zum Thema "Fortschritte bei der Folienproduktion und -verarbeitung", welche am 21. und 22. Februar 1991 in Darmstadt stattfand, und ist ein dem Fachgebiet der Herstellung biaxial gereckter Folien zumindest benachbarten Fachgebiet zuzuordnen. Da auch bei der Herstellung von Flachfolien mit Füllstoffen versehene Kunststoffe verarbeitet und extrudiert werden, wird der Fachmann, auch wenn er sich mit der Herstellung von biaxial gereckten Folien beschäftigt, Entwicklungen und Erfahrungen aus diesem Gebiet in seine Überlegungen einbeziehen und diese nicht grundsätzlich ausschließen.

Es liegt ferner kein Nachweis vor, dass irgendwelche Vorurteile bzw. scheinbar unüberwindbare Probleme bestanden haben, die aus der Druckschrift D8 bekannte Maßnahme der In-Line Compoundierung zur Herstellung einer füllstoffhaltigen Polymerschmelze im Verfahren zur Herstellung einer ein- oder mehrlagigen biaxial orientierten Folie gemäß der Druckschrift D1 anzuwenden, Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Lehre der Druckschrift D8 zum Prioritätstag der Druckschrift D1, 14. September 1985, der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht worden war, so dass aus dem Zeitrang der Druckschriften D1 (1985) und D8 (1992) keine Rückschlüsse auf ein solches Vorurteil geschlossen werden können. Andererseits liegen zwischen der Fachtagung und dem Prioritätstag des Streitpatents (6. Februar 1996) nur knapp 5 Jahre, so dass hieraus ebenfalls nicht geschlossen werden kann, dass die Fachwelt die aus der Druckschrift D8 bekannte Herstellung einer füllstoffhaltigen Polymerschmelze (In-Line Compoundierung) über eine "lange" Zeit zwar kannte, aber nicht zur Herstellung einer biaxial orientierten Folie herangezogen habe.

1.3 Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, dass es für den Fachmann, der ausgehend von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren bestrebt war, die bekannten Nachteile der Masterbatchtechnik zu vermeiden, naheliegend war, die Lehren der Druckschrift D8 in Betracht ziehen und diese für seine Zwecke einzusetzen. Er wird hierbei die in diesem Zusammenhang gegebenen Hinweise berücksichtigen, wie die Verwendung eines Zweischneckenextruders und die Zugabe der Füllstoffe in einem Abschnitt mit vergrößertem Volumen, also einer Zone in der die Schmelze drucklos gefördert wird (siehe die Kapitel 3.3, 3.4.1 und 3.4.1.3 der Druckschrift D8). Der Fachmann musste somit nicht erfinderisch tätig werden, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags zu gelangen, Artikel 56 EPÜ.

Es mag zwar sein, dass beim Einsatz der Inline-Compoundierung in einer Anlage zur Herstellung biaxial gereckter Folien spezifische Maßnahmen zur Lösung spezieller Probleme notwendig waren, diese waren jedoch nicht Gegenstand des Streitpatents, insbesondere nicht der Patentansprüche.

Erster und zweiter Hilfsantrag

2. Der in Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags zusätzlich angegebene Füllstoffgehalt von 20 bis 80 Gew.-% entspricht den üblichen Werten für Talkum und Calciumcarbonat, die auch gemäß dem Streitpatent als Füllstoff dienen, siehe Streitpatent, Seite 3, Zeilen 29 bis 34 bzw. Druckschrift D5, Seite 112, Zeilen 17 und 18. Letztere betrifft ebenso wie die Druckschrift D8, die Inline-Compoundierung (die im Bild 7.11 dargestellte Anlage zur Herstellung von talkumgefüllten PP-Folien auf Seite 124 der Druckschrift D5 stimmt weitgehend mit der im Bild 3-2 gezeigten Anlage auf Seite 3-18 der Druckschrift D8 überein).

Die in Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags zusätzlich beanspruchten Maßnahmen wie Entgasung und Verwendung einer dem Zweischneckenextruder nachgeschalteten Schmelzepumpe sind aus der Druckschrift D8 bekannte und als vorteilhaft dargestellte Maßnahmen, siehe Kapitel 3.4.3 sowie die im Bild 3-2 gezeigte Anlage auf Seite 3-18.

Die Gegenstände des Anspruchs 1 des ersten bzw. des zweiten Hilfsantrags beruhen somit ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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