T 1093/05 (Multiplikationsschaltung/INFINEON TECHNOLOGIES) of 13.6.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T109305.20070613
Datum der Entscheidung: 13 Juni 2007
Aktenzeichen: T 1093/05
Anmeldenummer: 97111341.0
IPC-Klasse: G06F 7/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: A
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Fassungen: OJ | Published
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Infineon Technologies AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: Ergeht ein fehlerhafter Erteilungsbeschluss, so hat der Patentinhaber im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, worin der Fehler liegt und welcher Weg geeignet ist, ihn zu beheben. Liegt der Entscheidung über die Patenterteilung ein wesentlicher Verfahrensmangel zugrunde, so kann dies nur im Rahmen einer Beschwerde behoben werden. Ein Antrag auf Berichtigung nach Regel 89 EPÜ kann nur dann zum Erfolg führen, wenn klar erkennbar ist, dass die Prüfungsabteilung das Patent in dieser Form nicht erteilen wollte und in welcher Form sie tatsächlich beabsichtigte, das Patent zu erteilen (Nr. 12 der Entscheidungsgründe).
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 96(2)
European Patent Convention 1973 Art 97(2)
European Patent Convention 1973 Art 113(2)
European Patent Convention 1973 R 51(4)
European Patent Convention 1973 R 51(6)
European Patent Convention 1973 R 51(11)
European Patent Convention 1973 R 89
Schlagwörter: Auslegung einer Entscheidung über die Patenterteilung
Berichtigung einer Entscheidung über die Patenterteilung (nein)
Änderungen nach der Mitteilung gemäß Regel 51(4)EPÜ
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/91
G 0012/91
G 0008/95
G 0001/97
T 0371/92
T 0850/95
T 1081/02
T 0830/03
T 0121/06
T 0971/06
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0016/17
T 0079/07
T 0493/08
T 1349/08
T 1468/08
T 1495/09
T 2076/11
T 1869/12
T 0395/16
T 0289/23

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 97 111 341.0 wurde am 4. Juli 1997 eingereicht. Am 30. Juni 2003 erging die Mitteilung gemäß Regel 51 (4) EPÜ, mit der die Prüfungsabteilung von sich aus Änderungen in den Ansprüchen 1, 5 und 6 sowie in der Beschreibung auf Seite 4 vorgenommen hatte.

II. Mit am 4. November 2003 eingegangenem Schreiben erklärte die Anmelderin, dass die von der Prüfungsabteilung vorgeschlagenen Änderungen völlig inakzeptabel seien. Sie reichte eine überarbeitete Seite 4 der Beschreibung ein und beantragte, diese sowie die ursprünglichen Ansprüche der Patenterteilung zugrunde zu legen. Gleichzeitig wurde die englische und französische Übersetzung der ursprünglichen Ansprüche eingereicht und die Erteilungs- und Druckkostengebühr entrichtet.

III. Am 22. April 2004 erging die Entscheidung über die Patenterteilung mittels EPA Form 2006A 07.02. Hierin war enthalten, dass ein Patent mit den Unterlagen erteilt werde, die in der gemäß Regel 51 (4) EPÜ ergangenen Mitteilung vom 30. Juni 2003 aufgeführt seien. Darüber hinaus hieß es: "Die vom Anmelder beantragten und am 00.00.00 beim EPA eingegangenen Änderungen wurden berücksichtigt". Am 2. Juni 2004 wurde die Patentschrift ohne die beantragten Änderungen veröffentlicht.

IV. Mit Schreiben vom 23. Juni 2004 beantragte die Patentinhaberin, das Patent in der von ihr genehmigten Fassung (ursprünglich eingereichte Ansprüche und Beschreibung mit geänderter Seite 4) neu zu veröffentlichen, da diese in der veröffentlichten europäischen Patentschrift nicht berücksichtigt worden sei. Mit Schreiben vom 9. Juli 2004 beantragte die Patentinhaberin die Berichtigung der Entscheidung über die Erteilung gemäß Regel 89 EPÜ dahingehend, dass das Patent mit den am 4. November 2003 eingegangenen Änderungen erteilt wurde, und die Veröffentlichung einer dementsprechend berichtigten Patentschrift. Mit Entscheidung vom 8. Juni 2005 lehnte die um einen rechtskundigen Prüfer erweiterte Prüfungsabteilung diese Berichtigungsanträge ab.

V. Zur Begründung führte die Prüfungsabteilung aus, die Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents enthalte keine offenbare Unrichtigkeit, da die Prüfungsabteilung die am 4. November 2003 eingereichten Änderungen nicht vorgelegt bekommen und folglich auch nicht gewusst habe, dass nach Erlass der Mitteilung gemäß Regel 51 (4) EPÜ noch Änderungen eingereicht worden seien. Deshalb sei es am Tag der Entscheidung die tatsächliche Absicht der Prüfungsabteilung gewesen, ein Patent mit den in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ aufgeführten Unterlagen zu erteilen. Es stimme zwar, dass die Entscheidung nicht hätte erfolgen dürfen, da die Anmelderin der erteilten Fassung nicht zugestimmt habe. Ein Verfahrensfehler sei jedoch kein Fehler, der nach Regel 89 EPÜ berichtigt werden könne. Durch eine verfahrensfehlerhafte Entscheidung seien vielmehr sowohl die Prüfungsabteilung als auch die Anmelderin gebunden. Allerdings sei die Anmelderin durch die Entscheidung beschwert und hätte diese daher mit einer Beschwerde anfechten können.

VI. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) mit am 1. August 2005 eingegangenem Schreiben Beschwerde ein und beantragte, die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 8. Juni 2005 aufzuheben und die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Patenterteilung vom 22. April 2004 dahingehend zu berichtigen, dass der Satz

"Die vom Anmelder beantragten und am 00.00.00 beim EPA eingegangenen Änderungen wurden berücksichtigt."

ersetzt werde durch

"Die vom Anmelder beantragten und am 04.11.03 beim EPA

eingegangenen Änderungen wurden berücksichtigt".

Darüber hinaus beantragte die Beschwerdeführerin eine entsprechende Berichtigung der Patentschrift.

VII. In der ebenfalls am 1. August 2005 eingegangenen Beschwerdebegründung trug die Beschwerdeführerin vor, dass die Prüfungsabteilung ein Patent mit den beantragten Änderungen erteilt habe. Im Erteilungsbeschluss heiße es wörtlich:

"Die vom Anmelder beantragten ... Änderungen wurden berücksichtigt."

Es sei lediglich nicht das richtige Datum angegeben. Die Verwendung eines nicht existierenden Datums rechtfertige nicht die Schlussfolgerung, dass keine Änderungen berücksichtigt worden seien. Bei dem im Erteilungsbeschluss angegebenen Datum 00.00.00 handele es sich zweifellos um eine offenbare Unrichtigkeit, denn es sei klar, dass am 00.00.00 nichts beim EPA eingegangen sein könne. Diese Unrichtigkeit sei auch nach Regel 89 EPÜ berichtigungsfähig, denn es seien im gesamten Prüfungsverfahren nur ein einziges Mal, nämlich nur in dem am 4. November 2003 beim EPA eingegangenen Schreiben, Änderungen beantragt worden. Deshalb und weil im Erteilungsbeschluss ausdrücklich erwähnt sei, dass die beantragten Änderungen berücksichtigt worden seien, könne kein Zweifel daran bestehen, dass die im Erteilungsbeschluss erwähnten Änderungen die am 4. November 2003 beim EPA eingegangenen Änderungen seien.

Darüber hinaus könne auch nach dem Akteninhalt kein Zweifel daran bestehen, dass es der tatsächliche Wille der Prüfungsabteilung gewesen sei, ein Patent mit den beantragten Änderungen zu erteilen. Gemäß Artikel 97 (2) a) EPÜ könne der Erteilungsbeschluss nur dann erfolgen, wenn nach der Ausführungsordnung feststehe, dass der Anmelder mit der Fassung, in der die Prüfungsabteilung das europäische Patent zu erteilen beabsichtige, einverstanden sei. Ein Einverständnis habe aber nur in Bezug auf die am 4. November 2003 eingegangenen Änderungen vorgelegen. Hätte die Prüfungsabteilung durch den Erteilungsbeschluss ein Patent mit den Unterlagen erteilen wollen, die der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ beigelegen haben, so hätte sie gemäß Regel 51 (6) EPÜ vor der Herausgabe des Erteilungsbeschlusses die Zustimmung zu den von der Prüfungsabteilung für erforderlich gehaltenen Änderungen einholen müssen. Hieraus ergebe sich, dass es eindeutig die Absicht der Prüfungsabteilung gewesen sei, das Patent mit den am 4. November 2003 eingegangenen Änderungen zu erteilen.

Auch bei der Veröffentlichung der Patentschrift ohne die Änderungen handele es sich um einen offensichtlichen Fehler, der nach Regel 89 EPÜ berichtigt werden könne. Die Patentschrift gebe ganz offensichtlich nicht die durch den Erteilungsbeschluss erteilte Fassung des Patents wieder.

VIII. Am 18. Oktober 2006 erging eine Mitteilung der Beschwerdekammer, in der sie die vorläufige Auffassung vertrat, dass die Entscheidung über die Erteilung dahingehend zu verstehen sei, dass ein Patent in der Fassung erteilt wurde, die der Regel 51 (4) EPÜ-Mitteilung zugrunde lag, und dass dies nicht nach Regel 89 EPÜ berichtigt werden könne.

IX. Die Beschwerdeführerin nahm mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 hierzu Stellung. Am 13. Juni 2007 fand auf ihren Antrag eine mündliche Verhandlung statt, in der die Entscheidung der Beschwerdekammer verkündet wurde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde erfüllt die Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ und ist deshalb zulässig.

2. Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Berichtigung der Entscheidung über die Patenterteilung (im folgenden Erteilungsbeschluss oder Patenterteilungsbeschluss). Bevor über die Berichtigung entschieden werden kann, ist zu klären, wie der Erteilungsbeschluss auszulegen ist, d. h. mit welchem Inhalt das Patent erteilt worden ist. Die Fassung, in der das europäische Patent erteilt wird, wird im Patenterteilungsbeschluss abschließend festgelegt und ist dort ausdrücklich anzugeben (Regel 51 (11) EPÜ). In dem Erteilungsbeschluss, bei dem es sich nach der Praxis des Europäischen Patentamts um ein elektronisch erstelltes Formblatt handelt, wird auf die gemäß Regel 51 (4) EPÜ mitgeteilten Unterlagen Bezug genommen. In ihm ist enthalten, dass ein Patent mit den Unterlagen erteilt wird, die in der gemäß Regel 51 (4) EPÜ ergangenen Mitteilung aufgeführt sind. Hierdurch werden die nach Regel 51 (4) EPÜ mitgeteilten Unterlagen Bestandteil des Erteilungsbeschlusses, wie wenn sie in dem Beschluss selbst wiederholt würden (T 850/95, ABl. EPA 1997, 152, Nr. 2 der Gründe). Werden nach Erlass der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ Änderungen beantragt, und stimmt die Prüfungsabteilung diesen Änderungen zu, erlässt sie keine zweite Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ, sondern beschließt die Erteilung des Patents gemäß Artikel 97 (2) EPÜ (Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt C-VI, 15.4). In dem Erteilungsbeschluss kommt dies durch den weiteren Satz "Die vom Anmelder beantragten und am (Datum) beim EPA eingegangenen Änderungen wurden berücksichtigt" zum Ausdruck. Dabei ist dann das konkrete Datum des Eingangs der Änderungen eingefügt. Wurden keine Änderungen eingereicht oder berücksichtigt, ist nach der Praxis des EPA dieser Satz ebenfalls enthalten. Allerdings ist dann kein konkretes Datum eingetragen, sondern stattdessen sind die Ziffern 00.00.00 vorhanden. Damit wird lediglich auf die der Regel 51 (4) EPÜ-Mitteilung zugrunde liegende Fassung verwiesen und das Patent mit diesem Inhalt erteilt.

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass sie, trotz der Angabe 00.00.00 hinsichtlich des Eingangsdatums der Änderungen im Erteilungsbeschluss, diesen nur so verstehen konnte, dass das Patent mit den am 4. November 2003 eingereichten Änderungen erteilt wurde. In der mündlichen Verhandlung räumte der Vertreter der Beschwerdeführerin ein, dass ihm aufgrund seiner Erfahrung mit der Praxis des EPA bekannt sei, dass sich der fragliche Satz mit den Ziffern 00.00.00 in jedem Erteilungsbeschluss befindet, wenn keine Änderungen beantragt wurden. Es stelle sich hier aber die Frage, von welchem Empfängerhorizont bei der Interpretation der Entscheidung auszugehen sei. Man könne keinen unterschiedlichen Maßstab anwenden je nachdem, ob die Entscheidung an einen zugelassenen Vertreter oder einen Einzelanmelder ergangen sei. Maßstab müsse vielmehr die Allgemeinheit sein, da auch diese von einem Patenterteilungsbeschluss betroffen sei.

4. Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass bei der Frage, wie eine Entscheidung zu verstehen ist, darauf abzustellen ist, wie ein verständiger Adressat, der am Rechtsverkehr mit dem EPA teilnimmt, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass die Entscheidung ausschließlich so verstanden werden konnte, dass den Änderungen stattgegeben wurde, da die Prüfungsabteilung das Patent ansonsten nicht hätte erteilen dürfen. Dem kann sich die Beschwerdekammer nicht anschließen. Bei der Auslegung einer formularmäßigen Aussage in der Entscheidung einer Behörde ist zunächst von deren Bedeutung unter den normalen Umständen auszugehen. Wie oben bereits dargelegt, bedeutet dieser Satz, dass nach der Mitteilung gemäß Regel 51 (4) EPÜ keine Änderungen berücksichtigt wurden. Von einer Person, die am Rechtsverkehr mit dem EPA teilnimmt, kann erwartet werden, dass sie mit der gängigen Praxis des Amtes vertraut ist oder sich mit ihr vertraut macht, sodass diesem formularmäßigen Satz die Bedeutung gegeben werden kann, die er üblicherweise hat. Diese Praxis ist auch nach außen offenkundig, da sich dieser Satz in jedem Erteilungsbeschluss befindet. Der Erklärungsinhalt kann nicht von dem rein subjektiven Verständnis eines einzelnen Empfängers abhängen, da ansonsten derselbe Inhalt bei verschiedenen Empfängern unterschiedliche Bedeutung erlangen würde.

5. Selbst wenn der verständige Empfänger nicht mit der Praxis des EPA vertraut war, durfte er sich nicht darauf verlassen, dass seinem Änderungsantrag tatsächlich stattgegeben wurde. Bei dem Erteilungsbeschluss handelt es sich erkennbar um ein computergeneriertes Formblatt und nicht um eine individuell abgefasste Entscheidung. Bei derartigen Formblättern ist es generell nicht unüblich, dass sie mehrere Standardsituationen abdecken und im Bedarfsfall entsprechend anzupassen sind. Es ist auch nicht unüblich, dass die Ziffern 00.00.00 als Platzhalter für ein gegebenenfalls einzutragendes Datum verwendet werden. Wurde kein Datum eingetragen, obwohl nach den Umständen des Falles eine Eintragung erforderlich gewesen wäre, deutet dies auf einen Fehler hin, dergestalt, dass entweder trotz Berücksichtigung der Änderungen eine Anpassung des Datums unterblieb, oder dass das Datum nicht angepasst wurde, weil der Änderungsantrag nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Damit liegt aber nicht dasjenige fest, das richtiger Weise hätte erklärt werden sollen. In einem solchen Fall kann nicht darauf vertraut werden, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist, sondern es muss auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass der Antrag nicht zur Kenntnis genommen wurde, was der weiteren Aufklärung durch den Empfänger bedurft hätte. Ein Fehler, der auf mehrfachen Ursachen beruhen kann, kann nicht dadurch korrigiert werden, dass der Entscheidung aufgrund der subjektiven Wunschvorstellungen des Empfängers ein diesen Vorstellungen entsprechender eindeutiger Inhalt gegeben wird. Demgemäß konnte die Patentinhaberin nach dem Inhalt der Entscheidung nicht davon ausgehen, dass die Prüfungsabteilung das Patent mit den von ihr beantragten Änderungen erteilt hat. Dies gilt umso mehr, als die Patentschrift, die der Patentinhaberin innerhalb der noch laufenden Beschwerdefrist gegen den Erteilungsbeschluss zugestellt worden war (siehe ihr Schreiben vom 23. Juni 2004), diese Änderungen in der verbindlichen Verfahrenssprache ebenfalls nicht berücksichtigt hat.

6. Wenn das Patent in einer Fassung erteilt wird, der die Anmelderin nicht zugestimmt hat, liegt ein Verstoß gegen Artikel 97 (2) a) und Artikel 113 (2) EPÜ und somit ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern und der Großen Beschwerdekammer ist die Prüfungsabteilung an ihre Entscheidung gebunden, wenn sie abschließend über die Anmeldung entschieden hat, und eine fehlerhafte Entscheidung kann nur im Rahmen einer zulässigen und begründeten Beschwerde aufgehoben werden (siehe G 12/91, ABl. EPA 1994, 285, Nr. 2 der Gründe; G 4/91, ABl. EPA 93, 707, Nr. 7 der Gründe; T 371/92, ABl. EPA 1995, 324, Nr. 1.4 und 1.5 der Gründe; T 1081/02 vom 13. Januar 2004, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 1.1.3 der Gründe; T 830/03 vom 21. September 2004, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 1.1 und 1.2 der Gründe). Die Beschwerdekammer kann sich aufgrund dieser etablierten Rechtsprechung nicht der in der Entscheidung T 971/06 vom 21. März 2007 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) vertretenen Auffassung anschließen, wonach eine fehlerhafte Entscheidung als nichtig anzusehen sei und es deshalb keiner Beschwerde bedürfe.

Eine Beschwerde gegen den Erteilungsbeschluss wurde im vorliegenden Fall aber nicht eingereicht.

7. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr den Weg des Berichtigungsantrags nach Regel 89 EPÜ gewählt. Die Voraussetzungen dieser Regel liegen jedoch nicht vor. Gemäß Regel 89 EPÜ können in Entscheidungen des Europäischen Patentamts nur sprachliche Fehler, Schreibfehler und offenbare Unrichtigkeiten berichtigt werden. Eine offenbare Unrichtigkeit in einem Erteilungsbeschluss liegt dann vor, wenn der für die Erteilung zugrunde gelegte Text nicht der Text ist und offensichtlich auch nicht sein kann, der die tatsächliche Absicht der Prüfungsabteilung wiedergibt. Der irrtümlich angegebene Text kann durch den Text ersetzt werden, den die Prüfungsabteilung ihrem Beschluss tatsächlich zugrunde legen wollte (siehe T 850/95, a. a. O. Nr. 3 der Gründe). Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine Berichtigung nur dann möglich, wenn eine Unrichtigkeit offenbar ist, sodass keine nachteiligen Wirkungen für Dritte entstehen (siehe G 1/97, ABl. EPA 2000, 322, Nr. 3 c) der Gründe). Dies bedeutet, dass zum einen klar erkennbar sein muss, dass die Prüfungsabteilung das Patent in dieser Form nicht erteilen wollte, zum anderen aber auch, in welcher Form sie tatsächlich beabsichtigte, das Patent zu erteilen.

8. Selbst wenn man den Erteilungsbeschluss für sich genommen unter den gegebenen Umständen als zweideutig ansehen sollte, so ist dessen Bedeutung aus der Anmeldungsakte und dem dort dokumentierten Verfahrensverlauf zweifelsfrei erkennbar, nämlich dahingehend, dass die Prüfungsabteilung das Patent mit den Unterlagen erteilen wollte, die der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ zugrunde lagen. Für eine Willensbildung, das Patent mit den Unterlagen zu erteilen, die am 4. November 2003 eingegangen sind, ergeben sich aus der Akte keine Anhaltspunkte. Wie die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung ausführt, wurden ihr diese Änderungen nicht vorgelegt. Zwar hätte dies nicht passieren dürfen, es kann der Prüfungsabteilung unter diesen Umständen aber nicht unterstellt werden, sie habe etwas erteilen wollen, was sie nicht gesehen, geschweige denn geprüft hat. Davon ist umso mehr auszugehen, als die Beschwerdeführerin mit den Änderungen ein Patent auf der Basis der ursprünglichen Ansprüche beantragte, die die Prüfungsabteilung aber gerade nicht erteilen wollte. Entgegen ihrem Vortrag konnte die Beschwerdeführerin auch nicht ohne weiteres annehmen, dass ihre Argumente die Prüfungsabteilung überzeugten und die Abteilung deshalb das Patent mit den ursprünglichen Ansprüchen erteilen wollte. Diese Überlegungen sind rein hypothetischer Natur und in keinster Weise offenbar.

9. Auch das Argument, dass der Prüfungsabteilung zu unterstellen sei, dass sie kein verfahrensfehlerbehaftetes Patent erteilen wollte und deshalb den Änderungen zugestimmt habe, greift in diesem Zusammenhang nicht durch. Es ist sicherlich davon auszugehen, dass die Prüfungsabteilung keinen Verfahrensfehler begehen wollte. Daraus allein kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sie den Änderungen zustimmen wollte. Angesichts der Tatsache, dass die Prüfungsabteilung die Änderungen nicht kannte, ist dies jedenfalls nicht offenbar und kann deshalb im Rahmen eines Berichtigungsantrags nach Regel 89 EPÜ nicht berücksichtigt werden.

10. Die Große Beschwerdekammer hat in ihrer Entscheidung G 8/95 (ABl. EPA 1996, 481) zwei Situationen unterschieden, in denen der Erteilungsbeschluss nicht dem Antrag des Anmelders entsprach, und deutlich gemacht, welche Fehler im Rahmen einer Berichtigung nach Regel 89 EPÜ und welche im Rahmen einer Beschwerde behoben werden können (Nr. 3.1 bis 3.3 der Gründe). Sie führte dazu aus, dass sowohl eine Beschwerde als auch ein Berichtigungsantrag nach Regel 89 EPÜ auf eine "Änderung" des Erteilungsbeschlusses abzielten. Ein Berichtigungsantrag nach Regel 89 EPÜ könne jedoch nicht mit der Behauptung begründet werden, die Erteilung stimme nicht mit dem überein, was der Beteiligte beantragt habe, sondern nur mit dem Vorliegen eines sprachlichen Fehlers, eines Schreibfehlers oder einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit. Der Unterschied zwischen einer Beschwerde und einem Antrag auf Berichtigung einer Entscheidung könne somit in dem Umstand gesehen werden, dass sich der Rechtsbehelf im ersten Fall gegen den Inhalt und im zweiten Fall gegen die Form der Entscheidung richte. In der Entscheidung G 1/97 (a. a. O., Nr. 2 c) der Gründe) führte die Große Beschwerdekammer aus, dass ein wesentlicher Verfahrensfehler nicht nach Regel 89 EPÜ berichtigt werden könne.

11. Im vorliegenden Fall wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Inhalt des Erteilungsbeschlusses, der so nicht hätte erlassen werden dürfen. Dies hätte aber im Rahmen einer Beschwerde gegen den Erteilungsbeschluss geltend gemacht werden müssen. Der Berichtigungsantrag hingegen kann nicht zum Erfolg führen, da sich dieser gegen die Form richtet und die Prüfungsabteilung, wie oben ausgeführt, den Erteilungsbeschluss in dieser Form erlassen wollte.

12. Ergeht ein fehlerhafter Erteilungsbeschluss, so hat der Patentinhaber im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, worin der Fehler liegt und welcher Weg geeignet ist, ihn zu beheben. Liegt der Entscheidung über die Patenterteilung ein wesentlicher Verfahrensmangel zugrunde, so kann dies nur im Rahmen einer Beschwerde behoben werden. Ein Antrag auf Berichtigung nach Regel 89 EPÜ kann nur dann zum Erfolg führen, wenn klar erkennbar ist, dass die Prüfungsabteilung das Patent in dieser Form nicht erteilen wollte und in welcher Form sie tatsächlich beabsichtigte, das Patent zu erteilen.

13. Die Beschwerdekammer möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass sich Fehler im Rahmen des Verfahrens nach Regel 51 (4) EPÜ unmittelbar im Erteilungsbeschluss niederschlagen können, wie der vorliegende Fall zeigt. Die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ soll den inhaltlichen Abschluss des Verfahrens bilden und grundsätzlich auf der Basis einer vom Anmelder genehmigten Fassung ergehen. Schlägt die Prüfungsabteilung in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ Änderungen vor, so hat sie, bevor der Erteilungsbeschluss ergeht, sicherzustellen, dass eine genehmigte Fassung vorliegt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass keine zweite Mitteilung gemäß Regel 51 (4) EPÜ erfolgt, wenn der Anmelder seinerseits mit Änderungen reagiert, die die Prüfungsabteilung für gewährbar erachtet. Um derartige Probleme zu vermeiden, sollte die Prüfungsabteilung in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ nur solche Änderungen anbringen, von denen sie mit Grund annehmen kann, dass ihnen der Anmelder zustimmt, wie dies in den Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, Teil C-VI, 15.1 vorgesehen ist. Ansonsten ist ein Prüfungsbescheid nach Artikel 96 (2) EPÜ erforderlich (siehe hierzu auch T 121/06 vom 25. Januar 2007, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, Nr. 14 der Gründe).

14. Da die Patentschrift den Inhalt des Erteilungsbeschlusses widerspiegelt, kann auch die Patentschrift nicht berichtigt werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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