European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T073605.20070628 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 28 Juni 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0736/05 | ||||||||
Anmeldenummer: | 99964501.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08L 69/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Polycarbonat-Formmassen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften | ||||||||
Name des Anmelders: | Bayer MaterialScience AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | GENERAL ELECTRIC COMPANY | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Einspruchsgründe - Erweiterung (nicht zugelassen) Zulässigkeit verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel (verneint) Neuheit (Haupt- und 2. Hilfsantrag: bejaht) Klarheit und Stützung der geänderten Ansprüche (1. Hilfsantrag: verneint) Erfinderische Tätigkeit - Aufgabe und Lösung (Hauptantrag: verneint; 2. Hilfsantrag: bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents Nr. 1 137 710 mit dem Titel "Polycarbonat-Formmassen mit verbesserten mechanischen Eigenschaften" auf die europäische Patentanmeldung Nr. 99 964 501.3 erfolgte am 26. März 2003 (Patentblatt 2003/13). Diese Patentanmeldung ging zurück auf die am 25. November 1999 unter Beanspruchung der Priorität einer deutschen Voranmeldung (19856485) vom 8. Dezember 1998 eingereichte und am 15. Juni 2000 als WO-A-00/034389 veröffentlichte internationale Patentanmeldung Nr. PCT/EP99/09104. Die Ansprüche 1, 2, 6, 11 und 12 des Patents betrafen den folgenden Gegenstand:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die restlichen abhängigen Ansprüche 3 bis 5 und 7 bis 10 betrafen weitere Ausgestaltungen der thermoplastischen Formmassen gemäß Anspruch 1.
Im folgenden beziehen sich Hinweise in unterstrichenen eckigen Klammern auf entsprechend bezeichnete Ansprüche bzw. Absätze des Streitpatents (z.B. Anspruch [1], § [0001]). Die verwendete Abkürzung PC steht für Polycarbonat, SAN für Styrol/Acrylnitril-Copolymer und ABS für ein Acrylnitril/Butadien/Styrol-Pfropfcopolymer.
II. Gegen das Streitpatent wurde am 29. Dezember 2003 ausweislich des verwendeten Formblatts 2300 mit den Einspruchsgründen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit unter Hinweis auf die Artikel 100(a), 54 und 56 EPÜ Einspruch eingelegt, der in der beigefügten Einspruchsbegründung auf der Grundlage von zehn Entgegenhaltungen D1 bis D10 begründet wurde:
D1: Englische Übersetzung der JP-A-4-258 662,
D2: US-A-5 849 827 (am 15. Dezember 1998 publiziert),
D3: US-A-3 130 177,
D4: US-A-4 772 655,
D5: Sharad S. Parikh, "Zinc sulfide as a Pigment for Fiberglass Reinforced Thermoplastics", Reinforced Plastics/Composites Institute, The Society of the Plastics Industry, Inc., Proceedings of the 39th Annual Conference 16 to 19 January 1984, Session 13-B, Seiten 1 bis 4,
D6: US-A-5 153 247,
D7: Schreiben der Firma Sachtleben Chemie GmbH vom 29.12.2003,
D8 und D9: zwei undatierte technische Informations blätter der Firma Sachtleben Chemie GmbH über Sachtolith® (ZnS-Pigment) und
D10: WO-A-98/12 271.
Als "Summary" enthielt die Einspruchsbegründung auf Seite 1 noch die folgende Formulierung, allerdings ohne Nennung von Gründen für den letztgenannten Einwand:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Darüber hinaus wurden mit Schreiben vom 11. Februar 2005 von der Einsprechenden noch zusätzlich eingereicht:
D11: Saechtling, Kunststoff-Taschenbuch, 27. Ausgabe (völlig überarbeitet und erweitert), Carl Hanser Verlag München Wien, 1998, Seiten 482 bis 485,
D12: Bayer AG, "Guide Data for Bayblend, Engineering Thermoplastics", Edition 10/93, Seiten 1 bis 6 und 8 bis 14 und
D13: ein Versuchsbericht der Einsprechenden, datiert 8. Februar 2005.
III. In der am Ende einer mündlichen Verhandlung am 15. März 2005 verkündeten Entscheidung, deren Begründung am 8. April 2005 zur Post gegeben wurde, wurde der Einspruch von der Einspruchsabteilung zurückgewiesen.
(1) Gemäß dem zusammen mit der Entscheidung übersandten Protokoll der mündlichen Verhandlung waren die beiden Entgegenhaltungen D11 und D12 und der Versuchsbericht D13 in der Verhandlung unter Hinweis auf Artikel 114 (2) EPÜ als verspätet eingereicht nicht zugelassen worden. Im einzelnen wurden (i) der Inhalt von D11 und D12 zudem als nicht relevanter als der der Entgegenhaltungen D1 bis D10 und (ii) der Versuchsbericht D13 wegen zu vieler Ungenauigkeiten und zu später Einreichung als für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit irrelevant betrachtet (vgl. die jeweils vorletzten Absätze der Seiten 4 und 5 des Protokolls).
In der angefochtenen Entscheidung selbst wurde weder ein Bezug von D11 zur Lehre von D1 festgestellt, noch eine Begründung für eine geltend gemachte Ähnlichkeit von in D12 beschriebenen Produkten mit dem Gegenstand des Streitpatents gesehen. Und D13 wurde für im Widerspruch zur Aussage im Einspruchsschriftsatz stehend (Seite 3 der Einspruchsgründe: "A comparison of Vergleichs beispiel 1 with example 2 of the Patent shows that the addition of 0.74 parts by weight of zinc sulfide to a PC/SAN/ABS (...) blend actually improves the tested properties") und auch für in sich widersprüchlich gehalten (Nummer 3.2 der Gründe).
(2) Die Neuheit des Patentgegenstands wurde anerkannt, da Druckschrift D1, die als einzige zum Neuheitseinwand zitiert worden war, die beanspruchte Zusammensetzung nicht offenbarte. So fehlten in der Entgegenhaltung sowohl Mengenangaben als auch die eindeutige Offenbarung einer Pfropfpolymere enthaltenden Mischung.
(3) Die gegenüber D3 (von 1964) als nächstliegendem Stand der Technik zu lösende technische Aufgabe wurde nicht im Ersatz anderer Pigmente und auch nicht nur in einer Verbesserung des Rohtons, der Helligkeit und der Schlagzähigkeit gesehen. Vielmehr sollte vor allem die Reißdehnung verbessert werden, und diese Aufgabe werde gemäß den Beispielen des Streitpatents durch den Zusatz der Zinkverbindung gelöst.
Aus D4 sei aber nur bekannt gewesen, dass ein Zusatz von ZnS zu verbesserten Farbwerten führe, aus D5, dass dabei die mechanischen Eigenschaften unverändert blieben, und aus D8, dass sie dadurch weniger geschwächt würden als mit anderen Pigmenten. Im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe sei der Fachmann aber eher geneigt, aus D5 bzw. D8 abzuleiten, dass eine Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften zu erwarten sei. Die gefundene Lösung werde folglich durch keine Kombination von D3 mit D4, D5 oder D8 nahegelegt.
Auch das Vorliegen eines Bonuseffektes auf Grundlage der Kenntnis, dass Zinksulfid neben Titandioxid das gebräuchlichste Weißpigment sei, wurde nicht anerkannt, da keine Einbahnstraßen-Situation vorgelegen habe.
Ingesamt folgerte die Einspruchsabteilung daraus, dass die Ansprüche des Streitpatents auch das Kriterium von Artikel 56 EPÜ erfüllten.
(4) Der im Einspruchsschriftsatz einmal erwähnte Einwand unzureichender Offenbarung (Abschnitt II, oben) wurde wegen fehlender Substantiierung verworfen.
(5) Folglich wurde der Einspruch gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen.
IV. Gegen diese Entscheidung erhob die Einsprechende/?Beschwerdeführerin unter Entrichtung der Beschwerde gebühr am 1. Juni 2005 Beschwerde und widersprach in der am 8. August 2005 eingegangenen Beschwerdebegründung ("BeschwB") unter Hinweis auf ihre Entgegenhaltungen und Versuche der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu den beiden Einwänden fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit.
(1) Hierbei ging sie noch über die im Einspruch erhobenen und mit Gründen versehenen Einwände hinaus und reichte einen weiteren als D15 bezeichneten Versuchsbericht ein, dem mit Schreiben vom 25. Mai 2007 noch ein weiterer Versuchsbericht als D19 folgte (Abschnitt VI (2), unten).
(2) Die Beschwerdeführerin sah ihren Neuheitseinwand auch weiterhin als durch D1 gestützt an. Den einzigen möglichen Unterschied sah sie in der An-/Abwesenheit von 0,5 bis 60 Gewichtsteilen ("GT") eines Pfropfcopolymers. In D1 sei auf den möglichen Gehalt von "rubber-reinforced styrene group resin" in der bekannten Zusammensetzung die Rede. Bei diesem Begriff würde der Fachmann aber an erster Stelle wegen der Zusammensetzung handelsüblicher auf PC beruhender Produkte an Pfropf copolymere vom ABS-Typ denken, und sie verwies zur Stützung dieser Behauptung auf D2, nach der Pfropfcopolymere von Vinylmonomeren auf Kautschuk als herausragendes Beispiel für ein "rubber-containing polymer" beschrieben seien. Außerdem verwies die Beschwerdeführerin auch erneut auf D11 als Beleg für diesbezügliches allgemeines Fachwissen, da dort angedeutet werde, dass ungefähr 15% allen produzierten PCs in Mischungen eingesetzt würden, insbesondere solchen mit 10 bis 50% ABS oder SAN (BeschwB: Seite 3).
(3) Zusätzlich erhob die Beschwerdeführerin einen weiteren Neuheitseinwand auf der Grundlage erstmals geltend gemachter offenkundiger Vorbenutzungen in den Jahren 1997 und 1998 durch die Firma LNP Engineering Plastics, die von ihr im Jahre 2002 erworben worden war. Zur Stützung dieses neuen Einwands reichte sie mit der BeschwB eine "Statutory Declaration" D14 von Dr. J.M. Finan sowie als "doc A" bis "doc K" bezeichnete Computerausdrucke und mit dem Schreiben vom 25. Mai 2007 eine weitere "Statutory Declaration" D18 von Herrn D.W. Massingham ein (Abschnitte VI (1) und VI (3), unten).
(4) Zur erfinderischen Tätigkeit formulierte die Beschwerdeführerin in der BeschwB mehrere von verschiedenen Entgegenhaltungen als nächstliegendem Stand der Technik ausgehende Argumentationsstränge.
(5) Beispielsweise könne als Unterschied zu D1 nur der Einsatz einer breit definierten Menge eines Pfropf copolymers anstelle der undefinierten Menge eines kautschukverstärkten styrolartigen Harzes ("rubber-reinforced styrene group resin") angeführt werden, ohne dass es im Streitpatent jedoch einen Hinweis darauf gebe, dass dieser spezielle Zusatz wesentlich sei, geschweige denn, dass er irgendeine überraschende Verbesserung hervorrufe. Es habe nur gegolten, eine Alternative für die aus D1 bekannten Zusammensetzungen zu finden. Im Lichte des z.B. in D11 festgestellten allgemeinen Fachwissens sei es allerdings naheliegend gewesen, 10 bis 50 Gew.-% ABS anstelle einer nicht offenbarten Menge von "rubber-reinforced styrene group resin" einzusetzen (BeschwB: Seite 6, Absätze 2 und 3). Sofern D11 nicht zugelassen werde, so verweise sie auf D3, aus deren Anspruch 5 PC/ABS-Gemische mit 90 bis 30 GT PC und 10 bis 70 GT ABS bekannt seien. Daher beruhe das Streitpatent gegenüber D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
(6) Ein anderer Einwand ging von "D7/D8/D9" als nächstliegendem Stand der Technik aus, wobei aus Abbildung 1 (wohl von D8) der Vorschlag hervorgehe, Sacholith® HD-S in Konzentrationen von 0,05 bis 2,0 % in Blends mit PC zu verwenden, und D9 zeige, dass dieses Produkt im Mittel eine Teilchengröße von 0,30 mym besitze. Es gebe aber weder einen Anhaltspunkt im Streitpatent noch ansonsten einen Grund anzunehmen, dass die Zugabe eines Pfropfcopolymers zu den Zusammensetzungen von D8 das eine oder andere überraschende Ergebnis hervorrufe. Vielmehr werde eine solche Zugabe zu diesen Zusammen setzungen dieselbe Änderung des Eigenschaftsprofils hervorrufen, wie die Zugabe eines Pfropfcopolymers, z.B. von ABS, zu bekannten PC/Polymer-Zusammensetzungen. Im Lichte des allgemeinen Fachwissens (wie aus D11 oder D3), sei die Lösung, ein Pfropfcopolymer zuzusetzen, daher naheliegend.
(7) Bereits zum Zeitpunkt (1964) der Veröffentlichung von D3 sei es als durchaus naheliegend angesehen worden, den aus D3 bekannten PC/ABS-Blends, so wie sie auch in den Beispielen des Streitpatents und in D11 als die bestbekannten kommerziellen Blends dieses Typs beschrieben worden seien, Pigment-Füllstoffe und dgl. zuzusetzen (D3: Spalte 4, Zeile 3). Gemäß D7, D8, D9 und D10 sei aber ZnS ein übliches Weißpigment gewesen, das zur Aufhellung von Polymeren verwendet werde. Abbildung 1 von D8 zeige sogar, dass es in Kombination mit Polycarbonaten verwendet worden sei. Zudem werde der sehr breite beanspruchte ZnS-Konzentrationsbereich nur durch ein einziges Beispiel mit einem Verhältnis von 0,74 Teilen ZnS zu 42,30 Teilen PC, also analog zu den Mengen in Abbildung 1 von D8, gestützt. Daher sei von der Patentinhaberin allenfalls ein Effekt für ZnS-Mengen im Bereich der Untergrenze des beanspruchten Bereichs gezeigt worden. Es sei höchst unwahrscheinlich, dass ein nützlicher Vorteil bei höheren ZnS-Konzentrationen erhalten werde. So sei von der Einsprechenden in ihren Versuchen gezeigt worden, dass der Zusatz von mehr als 2 % ZnS in Zusammensetzungen, die den in den Beispielen des Streitpatents verwendeten ähnelten, zu einer deutlichen Verschlechterung der in Betracht kommenden Eigenschaften führte. Entgegen den Anforderungen der gefestigten Rechtsprechung zur Frage erfinderischer Tätigkeit funktioniere der beanspruchte Gegenstand im größten Teil des beanspruchten Bereichs also nicht.
(8) Als Beleg für ihr Vorbringen reichte die Beschwerde führerin den bereits in Abschnitt IV (1) (oben) erwähnten weiteren Versuchsbericht D15 ein. Dafür sind die Versuche #5 bis #8 von D13 als Versuche 1 bis 4 erneut und zusätzliche Versuche 5 und 6 mit 10 bzw. 30 Gew.-% ZnS mit jeweils 20 Proben durchgeführt worden, um nach Aussage der Beschwerdeführerin in D15 den Einwänden der Einspruchsabteilung gegen die Ergebnisse in D13 (Abschnitt III (1), oben) durch mehr Einzelmessungen Rechnung zu tragen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin zeigten die Ergebnisse in D15, dass die im Streitpatent geltend gemachten Verbesserungen nicht erreicht würden.
(9) Darüber hinaus erhob die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die in Abschnitt II, oben, zitierte Zusammenfassung ihrer Einspruchsbegründung in Verbindung mit den Ergebnissen im Versuchsbericht D15 den Einwand unzureichender Offenbarung (Abschnitt III (4), oben).
V. Diesen Ausführungen widersprach die Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderung vom 22. Februar 2006 in jeder Hinsicht und legte ihrerseits einen als D17 bezeichneten Versuchsbericht mit zwei Versuchen mit 0 bzw. 2 GT ZnS vor. Zu den in Abschnitt IV (8), oben, erwähnten Versuchen der Beschwerdeführerin in D15 merkte die Beschwerdegegnerin an, dass die Ergebnisse der Berichte D13 und D15 im Widerspruch zueinander stünden und D13 durchaus das Auftreten der angestrebten Verbesserungen belege. Sie beantragte auch, den Einwand unzureichender Offenbarung nicht zuzulassen, da ursprünglich nur Artikel 100 a) EPÜ als Grundlage des Einspruchs genannt worden und auch keine Substantiierung eines solchen Einwandes während des Einspruchsverfahrens erfolgt sei.
(1) Zum Neuheitseinwand auf der Grundlage von D1 trug die Beschwerdegegnerin vor, dass diese Druckschrift weder offenbare, dass ihre Formmasse einen Anteil von 0,5 bis 60 GT Pfropfcopolymerisat enthalte, noch, dass die Zinkverbindung eine Teilchengröße innerhalb eines bestimmten beschränkten Größenbereiches besitzen müsse. Die von der Beschwerdeführerin angesprochene Komponente "rubber-reinforced styrene group resin" werde in § [0018] als ein mögliches weiteres Additiv innerhalb einer ganzen Reihe anderer Additiven zusammen mit z.B. Gleitmitteln und Entformungsmitteln erwähnt.
Da in D1 weder das einzusetzende Pfropfcopolymerisat eindeutig genannt werde, noch die relativen Mengen verhältnisse von PC und Pfropfcopolymerisat offenbart seien, sei der Streitgegenstand gegenüber D1 neu.
(2) Zum neuen Neuheitseinwand auf Grundlage der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung legte die Beschwerdegegnerin dar, dass die Akquisition der Firma LNP Engineering Plastics Inc. durch die Beschwerde führerin offensichtlich bereits im 1. Quartal 2002 abgeschlossen worden sei und dass die Beschwerdeführerin selbst ausgesagt habe, dass das Ausfindigmachen der behaupteten Vorbenutzungen einfach gewesen sei (D14: Seite 1, 7. Absatz). Überdies sei auch die Beweiskette in D14 lückenhaft. So habe die Beschwerdeführerin ausschließlich internes Datenmaterial aus einem Computersystem vorgebracht, nicht aber Dokumente über den Erhalt des Materials durch einen Kunden oder eine Bestätigung, dass keine Geheimhaltungsvereinbarung zwischen Lieferanten und Kunden bestanden habe. Auch seien die vorgelegten Rezepturen zur Stützung der jeweiligen Zusammensetzung in D14 unvollständig, da von den beiden Bayblend®-Komponenten FR-110 und FR-90 keine Analysen beigebracht worden seien. Damit sei nicht bewiesen worden, dass die angeblich verkauften Produkte die behauptete Zusammensetzung hatten. Eine Prüfung, ob der Einwand als prima facie hochrelevant anzusehen sei, könne daher nicht erfolgen. Daher solle der neue Einwand auch nicht zugelassen werden.
(3) Zur erfinderischen Tätigkeit nahm die Beschwerde gegnerin den Standpunkt ein, dass D1 sich mit einer gänzlich anderen Aufgabe als das Streitpatent befasse, nämlich Dampfbeständigkeit, Lichtstreuung und Kerb schlagzähigkeit einer reinen PC-Zusammensetzung zu verbessern, und daher nicht als nächstliegender Stand der Technik in Frage käme.
(4) D7/D8/D9, die sich nicht auf zusammenhängende Daten bezögen, stellten eine unzulässige Kombination dreier Dokumente als nächstliegender Stand der Technik dar. Für sich genommen beziehe D8 sich auf glasfaserverstärktes PC und belege keineswegs eine Steigerung der Kerbschlag zähigkeit durch Zinksulfid, sondern lediglich eine geringere Einbuße als bei Zugabe von TiO2.
(5) Im Einspruchsverfahren habe die Beschwerdeführerin zugestimmt, dass D3 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen sei. Darin seien Zusammensetzungen aus PC und Pfropfcopolymerisat vom ABS-Typ offenbart, die z.B. in Mengenverhältnisse von 30 bis 90 GT PC und 10 bis 70 GT Pfropfcopolymerisat vorliegen könnten (Ansprüche 4 und 5). Darüber hinaus offenbare D3 nur noch, dass diese Zusammensetzungen zusätzlich bekannte Additive, beispielsweise Pigmente oder Füllstoffe enthalten könnten.
(6) Dagegen habe die objektive Aufgabe darin bestanden, die aus D3 bekannten Formmassen so zu verbessern, dass neben dem Rohton auch mechanische Eigenschaften (insbesondere die Reißdehnung) verbessert würden.
Der Stand der Technik gebe aber keinerlei Anregungen, diese Aufgabe durch Zusatz der Komponente D, wie sie im Anspruch 1 definiert ist, zu lösen. So enthielten D7, D8, D9 und D10 überhaupt keine Ausführungen zur Reißdehnung, geschweige denn zur Reißdehnung von Zusammensetzungen aus PC und Pfropfcopolymerisat. Auch bezögen sich die bezüglich des Rohtons angezogenen Entgegenhaltungen D7, D8 und D9 ausschließlich auf reines PC, und D10 betreffe nur den Einsatz von ZnS-Pigmenten in aus synthetischen Polymeren gefertigten Formteilen und Beschichtungen, ohne dabei PC-haltige Zusammensetzungen zu erwähnen.
(7) Ergänzend zu ihren bereits erwähnten Einlassungen zu D13 und D15 (Abschnitt V, oben) legte die Beschwerde gegnerin ihrerseits den Versuchbericht D17 vor, um zu belegen, dass die angestrebten Verbesserungen nicht nur, wie Beispiel 2 des Streitpatents zu entnehmen, bei einem Zusatz von 0,74, sondern auch von 2 GT ZnS erreicht würden (d.h. entgegen der Behauptung der Beschwerde führerin auf Basis von D15, Versuch 3, aber in Übereinstimmung mit D13, Versuch #7; Seite 5 des Schreibens der Beschwerdegegnerin, untere Hälfte).
VI. In einem weiteren, in Abschnitt IV (1), oben, bereits erwähnten Schriftsatz vom 25. Mai 2007 (Abschnitt IV (1), oben) widersprach die Beschwerdeführerin wiederum den obigen Ausführungen der Beschwerdegegnerin.
(1) Hinsichtlich der geltend gemachten öffentlichen Vorbenutzung trug sie einige Gründe vor, weshalb der Einwand nicht bereits im Einspruchsschriftsatz erhoben worden war, widersprach unter Hinweis auf D14 und die dort beigefügten Unterlagen "doc A" bis "doc K" dem Vorwurf der Beschwerdegegnerin, sie sei auch ihrer Beweispflicht nicht nachgekommen, und fügte die bereits erwähnte Statutory Declaration D18 bei (Abschnitt IV (3), oben), der zufolge zwei in D14 und in "doc A" bis "doc K" genannte und definierte Materialien von der Firma APW Enclosures, Plastics Division bereits vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents ohne Geheimhaltungs verpflichtung erhalten worden seien. Da die Produkte Bayblend® FR-90 und FR-110 Produkte der Patentinhaberin seien und diese deren Zusammensetzung folglich kennen müsste, könnte der Vorwurf der Beschwerdegegnerin nicht durchgreifen, dass die gegebenen Beweismittel unvollständig seien und deshalb der Einwand nicht zugelassen werden sollte. Folglich sei der Verkauf zweier unterschiedlicher Produkte, die unter Anspruch 1 des Streitpatents fielen, bewiesen worden, und das Patent müsse daher widerrufen werden.
(2) Außerdem zweifelte die Beschwerdeführerin die Versuchsergebnisse der Beschwerdegegnerin in D17 auf Grundlage ihrer eigenen Versuche in D19 (Abschnitt IV (1), oben) an und stellte die über das in den entsprechenden Normen geforderte Maß hinausgehende Durchführung der Messungen der jeweiligen Parameter in D15 und D19 heraus. D19 beruhte gemäß Aussage der Beschwerdeführerin auf der Nacharbeitung der in D17 von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Versuche und bestätigte nach Ansicht der Beschwerdeführerin ihre vorherigen Versuchsergebnisse, dass nämlich die von der Patentinhaberin im Streitpatent angestrebten Verbesserungen nicht erreicht würden.
(3) In einem Schreiben vom 1. Juni 2007 ergänzte die Beschwerdeführerin noch die Funktion des Unterzeichners von D18 innerhalb seiner Firma ("purchasing manager for molding materials") und seine Dienst-Adresse.
VII. Per Fax vom 19. Juni 2007 beantragte die Beschwerde gegnerin die Nichtzulassung von D18 und D19 und reichte drei Hilfsanträge ein.
(1) In den Hilfsanträgen 1 und 2 wurde das Pfropf polymerisat der Komponente C jeweils in Anspruch 1 durch die Definition aus Anspruch 6 präzisiert. Hierdurch wurde Anspruch 6 in beiden Hilfsanträgen überflüssig und daher gestrichen.
(2) In Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 wurde darüber hinaus, die Obergrenze des Gehaltes der Zink-Komponente D unter Hinweis auf [Seite 2, Zeile 41] auf 5 GT herabgesetzt. Dieser Anspruch lautete folglich:
"1. Thermoplastische Formmassen enthaltend
A. 40 bis 98 Gew.-Teile aromatisches Polycarbonat,
B. 0 bis 50 Gew.-Teile Vinylcopolymerisat,
C. 0,5 bis 60 Gew.-Teile Pfropfpolymerisat, hergestellt durch Copolymerisation von 5 bis 95 Gew.-Teilen einer Mischung aus 50 bis 95 Gew.-Teilen Styrol, alpha-Methylstyrol, halogen- oder alkylkernsubstituiertem Styrol, C1-C8-Alkylmethacrylat, C1-C8-Alkylacrylat oder Mischungen dieser Verbindungen und 5 bis 50 Gew.-Teilen Acrylnitril, Methacrylnitril, C1-C8-Alkylmethacrylat, C1-C8-Alkylacrylat, Maleinsäureanhydrid, C1-C4-alkyl- bzw. phenyl-N-substituiertem Maleinimid oder Mischungen dieser Verbindungen auf
5 bis 95 Gew.-Teile Kautschuk mit einer Glasübergangs temperatur unter -10ºC.
D. 0,1 bis 5 Gew.-Teile Zinkverbindung mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 1 nm bis 20 mym ausgewählt aus Zinksulfid, Zinkphosphat, Zinkborat und/oder Zinksulfat."
(3) In Hilfsantrag 3 erhielten die Ansprüche 1 und 2 folgenden Wortlaut:
"1. Thermoplastische Formmassen enthaltend
A. 40 bis 98 Gew.-Teile aromatisches Polycarbonat,
B. 0 bis 50 Gew.-Teile Vinylcopolymerisat,
C. 0,5 bis 60 Gew.-Teile Pfropfpolymerisat,
D. 0,1 bis 30 Gew.-Teile Zinkborat mit einem mittleren Teilchendurchmesser von 1 nm bis 20 mym.
2. Formmassen gemäß Anspruch 1, wobei der mittlere Teilchendurchmesser des Zinkborats von 1 nm bis 10 mym beträgt."
Außerdem waren die Ansprüche [3] und [4] aus diesem Antrag gestrichen worden.
(4) Die verbleibenden Ansprüche waren in allen drei Hilfsanträgen an die jeweiligen Situationen angepasst worden.
VIII. Am 28. Juni 2007 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung in Gegenwart beider Parteien statt, in der die Parteien im wesentlichen ihre schriftlichen Argumente wiederholten bzw. ergänzten. Der Ablauf der Verhandlung und weitere von den Parteien vorgetragene entscheidungserhebliche Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen.
(1) Eingangs der Verhandlung wurden die jeweiligen schriftlich gestellten Anträge der Parteien verifiziert. Demnach beantragte die Beschwerdeführerin erneut den Widerruf des Streitpatents. Die Beschwerdegegnerin beantragte hingegen die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf Grundlage eines der Hilfsanträge (Abschnitt VII (1) bis VII (4), oben), weiter hilfsweise die Zurückverweisung des Falles an die erste Instanz, wenn einer der neuen Einwände der Beschwerdeführerin zugelassen werden sollte.
(2) Dann wurde die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den erstmals erhobenen Neuheitseinwand wegen vorgeblicher offenkundiger Vorbenutzung unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, z.B. die in T 1002/92 (ABl. EPA 1995, 605) formulierten strengen Grundsätze, aufgefordert darzulegen, weshalb die Kammer die neuen Tatsachen, Beweismittel und diesbezüglichen Argumente zu diesem späten Zeitpunkt noch zulassen sollte und wieso dieses Vorbringen so relevant sein soll, dass es höchst wahrscheinlich der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegenstünde.
(3) Die Beschwerdeführerin brachte dazu vor, sie sei bei der Formulierung des Einspruchsschriftsatzes im Hinblick auf das ursprünglich zitierte Material und ihre Versuche in D13 so überzeugt gewesen, dass sie den Einspruch gewinnen würde, dass sie keine Nachforschungen im neu erworbenen Unternehmen angestellt habe ("no reason to dig into any product when the company was acquired"). Daher habe sie dann erst nach der Zurückweisung ihres Einspruchs einen größeren Kreis ihrer Mitarbeiter gebildet, um mit "fresh eyes" den Fall zu betrachten, und sei dabei auf den mehrfachen Verkauf von Produkten der neu erworbenen Firma vor dem Prioritätstag des Streitpatents gestoßen. Anders als die einsprechende Muttergesellschaft selbst sei bei der kleineren und daher diesbezüglich flexibleren LNP Engineering Plastics schon damals eine breite Palette verschiedener Produkte auf dem Gebiet der PC-Blends mit vielen verschiedenen Rezepturen auch in kleinen Chargen produziert und angeboten worden. Dies sei auch ein Grund für die Akquisition gewesen.
(4) Zur Sache selbst trug die Beschwerdeführerin vor, die vorgelegten Unterlagen würden eindeutig zeigen, dass zumindest zwei verschiedene Produkte (785-999-675 und 785-999-734) in der fraglichen Zeit wiederholt an APW Enclosures, Plastics Division geliefert worden seien, und sie verwies auf 15 in "doc A" belegte Vorgänge. Diese beiden gelieferten Produkte erfüllten aber eindeutig die Bedingungen der in Rede stehenden Ansprüche, was durch die Rezepturblätter "doc B" bzw. "doc G" für die beiden genannten Produkte in Kombination mit den zugehörigen Produktionsblätter "doc C" bzw. "doc H" mit den Chargen-Nummern 2024119 bzw. 2026019 belegt werde. Diese Chargen-Nummern "Schd #", die individuell an jeden einzelnen in diskontinuierlichen Verfahren hergestellten Ansatz vergeben würden, fänden sich dann auch wieder auf den "QADMS Inquiry"-Formularen "doc D" mit dem Datum "Date Finished: 7/08/97" bzw. "doc I" mit dem Datum "Date Finished: 8/06/97" und als "Lot-#" auch auf "doc A" mit den zugehörigen Datums angaben für die Rechnungsstellung ("Invoice DT") "19970708" bzw. "19970806". Beim zweiten belegten Verkauf des Produktes 785-999-734 sei die Rechnungs stellung nicht am gleichen Tag wie der Abschluss des Vorganges auf "doc K" (1/27/98), sondern wenige Tage später am "19980204" erfolgt. Hierdurch und auch durch eine Reihe weiterer Verkäufe dieser beiden Produkte zu späteren Zeitpunkten des fraglichen Zeitraums werde das Argument der Beschwerdegegnerin widerlegt, dass diese Unterlagen keinen eindeutigen Beweis für die Lieferung an die Kundin darstellten.
Überdies habe sie durch D18 die Bestätigung beigebracht, dass diese Produkte bei der Kundin ohne Geheimhaltungs vereinbarung eingelangt seien. Dabei sei zu beachten, dass die "Statutory Declaration" D18 vom "Purchasing Manager" einer US-amerikanischen Firma unterzeichnet worden sei, der sich bei der Unterzeichnung der Konsequenz einer solchen Erklärung unter dem US-amerikanischen Recht sehr bewusst gewesen sei.
Auch der Unterzeichner von D14 habe die firmeninternen Vorgänge sehr genau untersucht und dokumentiert. So sei eine Rezeptur einmal abgespeichert und danach seinen Untersuchungen zufolge nicht mehr geändert worden, denn jede Änderung wäre im Computer dokumentiert worden. Ein solcher Eintrag sei aber eben nicht zutage getreten.
Außerdem trug die Beschwerdeführerin vor, dass jede Komponente einer Rezeptur, auch jedes Masterbatch eine eindeutige Identifikationsnummer erhalte, um die Zusammensetzung jeder durch eine Schd/Lot-Nummer eindeutig identifizierten Charge überprüfen zu können. Beispielsweise sei in den angesprochenen Chargen des Produktes 785-999-675 jeweils das Masterbatch LNP0-057-2 mit der Kenn-Nummer 910005720 eingesetzt worden, das das ZnS-Produkt 000-169-004 Sachtolith® L enthalten habe.
Die Kombination dieser Einzelheiten und die in D14 angegebenen Analysen der Bayer-PC-ABS-Blends Bayblend® FR-90 bzw. FR-110 zeigten eindeutig, dass Produkte innerhalb der Definition von Anspruch [1] öffentlich vorbenutzt worden seien. Zudem habe jedermann die auf dem Markt befindlichen Produkte analysieren können.
(5) Die Beschwerdegegnerin hielt daran fest, dass der Einwand eindeutig verspätet vorgebracht und auch kein Nachweis für die Identität der Produkte erbracht worden sei, der den Anforderungen der Rechtsprechung an den Nachweis offenkundiger Vorbenutzung entsprochen hätte, obgleich die Beweispflicht eindeutig der Beschwerde führerin oblegen sei. Daher sollten die beiden Declarations D14 und D18 sowie die Anlagen "doc A" bis "doc K" nicht ins Verfahren eingeführt werden.
Im Einzelnen machte die Beschwerdegegnerin geltend, dass die Beschwerdeführerin bei Einlegung des Einspruchs nicht das Portfolio ihres gesamten Unternehmens überprüft und damit das Gebot der "due diligence" nicht erfüllt habe. Die Computerausdrucke trügen alle das Datum vom 3. August 2005, nur einige zusätzlich ein früheres Datum, darunter jedoch weder die Rezeptur- noch die Produktionsblätter (wie z.B. "doc B" und "doc C"), so dass da kein Zeitbezug gegeben sei. Rezepturen würden den Kunden üblicherweise aber nicht zugänglich gemacht. Auch seien die Angaben zur Zusammensetzung von Bayblend® FR-110 in D14 mit einer sehr starken Schwankung behaftet ("about 60-80 parts PC and about 20-40 parts ABS"). Daraus resultiere auf Seite 3 (oben) von D14 sogar eine Angabe des PC-Gehaltes des Produktes 785-999-675, die teilweise außerhalb des Anspruchs liege ("about 37%"). Auch sei keine konkrete Analyse eines Bayblend®-Produktes, wie es 1997 in das angeblich verkaufte Produkt eingearbeitet worden sein soll, vorgelegt worden. Daher sei es fraglich, ob sich die Abgaben in D14 auf ein Produkt Bayblend® FR-110 vom Zeitpunkt der Declaration oder dem der behaupteten Vorbenutzung bezögen. Dies gelte auch für Bayblend® FR-90. Überdies fehlten jegliche Versendepapiere.
Zudem sei auch die Declaration D18 lückenhaft, denn offenbar seien dem Unterzeichner nur Daten der Einsprechenden/?Beschwerdeführerin zur Bestätigung vorgelegt worden. Überdies seien weder eigene Dokumente der vorgeblichen Kundin über den Kauf der Produkte vorgelegt worden, noch sei ersichtlich, seit wann der Unterzeichner von D18 bei dieser Firma beschäftigt sei.
(6) Nach Beendigung der Diskussion zu diesem Punkt wurde die Verhandlung zur Beratung der Kammer unterbrochen. Nach der Wiederaufnahme wurden die Parteien von der Entscheidung unterrichtet, dass die Entgegenhaltungen D14 und D18 samt Anlagen "doc A" bis "doc K" nicht berücksichtigt würden.
(7) Zur Neuheit des Hauptantrags gegenüber D1 erklärte die Beschwerdeführerin, sie sei sich bewusst, dass bei Anwendung der bisherigen Rechtsprechung durch die Kammer ihr Einwand nicht durchgreifen werde. Allerdings forderte sie die Kammer auf, "to review the case law", da dies zu unbefriedigenden Ergebnissen führe. Die Literatur wende sich nicht an die Öffentlichkeit, sondern an den Fachmann auf dem jeweiligen Gebiet. Dieser verstehe im konkreten Fall die Offenbarung von D1, insbesondere im Hinblick auf deren Absatz [0018] und das allgemeine Fachwissen, wie es z.B. in D11 dokumentiert sei, dahingehend, dass die darin beschriebenen PC-Blends ein kautschukverstärktes Polystyrolharz enthielten und dass der darin enthaltene Kautschuk üblicherweise ein Pfropfcopolymer sei, nämlich ABS, wie dies z.B. auch durch Spalte 3, Zeile 50 von D2 offenbar werde. Zwar seien in D1 keine Mengenangaben vorhanden, jedoch "who would consider other amounts than those claimed". Die in D1 gegebene Offenbarung gehe für den Fachmann in der Sache über die buchstäbliche Offenbarung hinaus. Würde in diesem Fall die Neuheit gegenüber D1 akzeptiert, so liefe dies der Absicht des Patentrechts zuwider.
(8) Diesem Vorbringen widersprach die Beschwerdegegnerin, die darlegte, dass der Absatz [0018] von D1 nur auf den möglichen Zusatz wohlbekannter, aber verschiedenartiger Additive verweise. In der beliebig langen Liste der Additive sei das kautschuk-verstärkte Polystyrol-Harz nur als eines unter vielen erwähnt. Auch gebe dort es keinerlei Hinweise auf Pfropfpolymerisate. Eine Kombination von D1 und D2 zum Nachweis fehlender Neuheit sei überdies schon deshalb nicht zulässig, da in D1 kein Hinweis auf D2 zu finden sei. In Absatz 1 auf Seite 4 von D1 mit der Überschrift "Effect/?result" würden zudem völlig andere Zwecke für die dortigen Massen angegeben, nämlich verbesserte Dampfbeständigkeit, thermische Stabilität und ausgezeichnete Transparenz, Lichtstreuung und Schlagzähigkeit. Zusammenfassend sei ihrer Ansicht nach festzuhalten, dass D1 weder eindeutig die Verwendung eines Pfropfcopolymerisats beschreibe, noch Angaben zur Menge eines solchen Additivs mache und folglich nicht neuheitsschädlich sein könne. Was D11 angehe, so sei dort auf Seite 482 auch schlagzäh-modifiziertes Polystyrol genannt (PS-HI), welches nicht notwendigerweise ein Pfropfcopolymerisat sei, sondern auch Blockcopolymere umfasse.
(9) Als nächster Punkt wurde die Frage erörtert, ob die nachgereichten Versuchsberichte beider Parteien ins Verfahren eingeführt werden sollten.
(10) Nach Ansicht der Beschwerdeführerin waren ihre Versuchsberichte für die Frage der erfinderischen Tätigkeit hochrelevant. Dazu verwies sie auf D13, der von der Einspruchsabteilung wegen der großen Streuung seiner Messwerte nicht zugelassen worden war, auf D15, der von ihr nach Erhalt einer die Messmethoden betreffenden Klarstellung der Patentinhaberin erstellt worden sei, und auf den als Gegen-Versuchsbericht zu D17 der Beschwerdegegnerin erstellten Bericht D19 (siehe die Abschnitte II, IV (1), IV (8) und VI (2), oben) und beantragte deren Berücksichtigung im Beschwerdeverfahren.
Mit diesen Versuchen habe sie unter Angabe sämtlicher Einzelmessungen gezeigt, dass bei der Wiederholung der Messungen der in Tabelle [1] angegebenen Parameter Kerbschlagzähigkeit und Reißdehnung, gleichgültig ob mit 5 oder 20 Proben, stets eine so gewaltige Streuung der Messwerte aufgetreten sei, dass der im Streitpatent neben der Verbesserung des Rohtons geltend gemachte Effekt (siehe die in § [0001] und § [0003] genannten zu verbessernden Eigenschaften), insbesondere die Verbesserung der Reißdehnung, im riesigen beanspruchten Bereich der ZnS-Menge in Anspruch [1], nicht erreicht werden könne. Zwar habe es bei einem Teil der Versuche (#5 bis #8) des Berichts D13 zunächst tatsächlich nach einer Verbesserung bei der Verwendung von ZnS-Mengen am unteren Rand des beanspruchten Mengenbereichs ausgesehen, aber dann hätten auch die weiteren auf der Vermessung von jeweils 20 Proben beruhenden Ergebnisse in D15 und D19 im Bereich von 0,74 bis 30 GT ZnS, wobei die Verhältnisse der Komponenten A, B und C zueinander konstant gehalten worden seien, mit steigender ZnS-Menge gegenüber dem Null-Versuch ohne ZnS eine deutliche Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften, d.h. der Kerbschlagzähigkeit und der Reißdehnung, gezeigt.
Bei der Erstellung von D15 habe man sogar sozusagen das "worst case scenario" angewandt, indem man die Versuche von D13 wiederholt habe, deren Ergebnisse die Position der Beschwerdegegnerin scheinbar unterstützt hatten.
Die Versuche der Beschwerdegegnerin hätten nach ihrer Meinung ebenso riesige Streuungen zeigen müssen, was sich aus dem Vergleich des Einflusses verschiedener Kautschukgehalte in den Blends im Streitpatent, in D13 und D17 abschätzen lasse. Jedoch habe die Beschwerde gegnerin bis dahin weder dazu Aussagen gemacht, noch zu den allein angegebenen Mittelwerten mitgeteilt, auf wievielen Einzelmesswerten jeder dieser Mittelwerte beruhte. Folglich seien die Versuchsdaten der Beschwerdeführerin weitaus glaubwürdiger als die der Beschwerdegegnerin. Darauf habe auch die Tatsache keinen Einfluss, dass bei ihren Versuchen jeweils Gemische zweier Polycarbonate verwendet worden seien, da diese alle in gleicher Weise hergestellt würden und sich ausschließlich durch ihre Lösungsviskosität unterschieden. Das Mischen nach Bedarf aus bestimmten PC-Grundtypen sei auf diesem Fachgebiet bei allen Herstellern üblich. Diese Tatsache habe aber ohnehin keinen Einfluss auch die Zugabe von ZnS.
Insgesamt sei es nach Ansicht der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft, dass die zugrundeliegende und (bereits unter Hinweis auf § [0001] und §º[0003] erwähnte) zu lösende Aufgabe im Rahmen des Anspruch [1] tatsächlich gelöst werde. Daher müsse die Aufgabe umformuliert werden, nämlich dergestalt, dass eine Alternative zu den Zusammensetzungen von D3 bereitgestellt werden solle.
(11) Dieser Beurteilung der technischen Aufgabe und ihrer Lösung trat die Beschwerdegegnerin zur Gänze entgegen. Die angegebenen Mittelwerte der Parameter seien entsprechend der jeweils angewandten Norm bestimmt worden und bestätigten den Effekt. Da die Normen ausdrücklich nur die Angabe der jeweiligen Mittelwerte forderten, habe keine Notwendigkeit bestanden, auch einzelne Messwerte anzugeben. Der Fachmann müsse sich auf die Normen verlassen können, sonst brauche man solche Standards nicht. Inwieweit die Versuche der Beschwerdeführerin aussagekräftig seien, sei auch fraglich, da darin (wie hier schon erwähnt) im Gegensatz zu den Versuchen der Beschwerdegegnerin stets Gemische zweier voneinander unterschiedlicher Polycarbonate verwendet worden seien. Zudem könnten wegen unvermeidlicher Streuung der Produkteigenschaften bei verschiedenen Chargen eingesetzter Ausgangskomponenten Versuchsergebnisse ausschließlich innerhalb einer Versuchsreihe miteinander verglichen werden, nicht aber die absoluten Messwerte verschiedener Versuchsreihen. In anderen Worten, beim Vergleich zwischen verschiedenen Messreihen könnten nur die relativen Änderungen (Tendenzen) innerhalb einer Messreihe mit den relativen Änderungen (Tendenzen) in der anderen verglichen werden.
Hier widersprächen sich aber die Ergebnisse in D13 und D15 in eindeutiger Weise. So belegten die Versuche #5 bis #8 von D13 im Gegensatz zu den Versuchen 1 bis 4 von D15 den Effekt verbesserter Reißdehnung. Auch zeigten die Versuche #1 bis #4 in D13 keineswegs die behauptete eindeutige Verschlechterung dieser Eigenschaft, sondern widersprächen sogar innerhalb dieser einen Messreihe der Argumentation der Beschwerdeführerin. Zwar könne sie sich diese Diskrepanzen nicht erklären, dies sei aber ohnehin Aufgabe der einsprechenden Beschwerdeführerin gewesen, auf deren Seite die Beweispflicht liege, die aber nicht zweifelsfrei gezeigt habe, dass der geltend gemachte Effekt nicht auftrete. Vielmehr sei auch in D17 nachgewiesen worden, dass eine Verbesserung der Reißdehnung tatsächlich erreicht werde. Hinsichtlich der Versuche 5 und 6 von D15 bezweifelte die Beschwerde gegnerin, dass diese überhaupt innerhalb der Definition von Anspruch 1 lägen.
Zudem seien D15 und D19 ohnehin verspätet eingereicht worden, sie sollten daher nicht zugelassen werden.
(12) Auf die Aussage der Beschwerdegegnerin hin, dass die oben angesprochene Streuung bei einer Komponente z.B. durch Variationen in ihrer Herstellung, wie etwa die des verwendeten Initiators, beeinflusst werden könnte, machte die Beschwerdeführerin wegen diesbezüglich fehlender Offenbarung erneut ihren Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ geltend.
(13) Auf Grundlage dieser ausführlichen Diskussion der verschiedenen Versuchsberichte gab die Kammer dann nach Beratung bekannt, dass die Berichte D13, D15, D17 und D19 im Verfahren berücksichtigt werden.
(14) Nach Aufforderung durch die Kammer nahmen die Parteien dann zur Frage der erfinderischen Tätigkeit des Hauptantrags Stellung.
(15) Den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beschwerdeführerin zufolge stellte D3 die Basis-Publikation für thermoplastische PC/ABS-Formmassen dar, auf der auch alle Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet auch durch die hiesigen Parteien basierten und die sich deshalb als nächstliegender Stand der Technik anbiete. Aus ihr sei auch bereits bekannt gewesen, dass die Massen durch Zusatz von Pigmenten gefärbt werden konnten.
Nun sei ZnS als übliches Weißpigment bekannt und auch in D4 (Spalte 4, Zeilen 40 bis 43) bereits als Pigment für die dortigen PC-Massen erwähnt worden. Folglich könne die Farbwirkung der Verbindung keine Grundlage für die Anerkennung erfinderischer Tätigkeit bilden. Auch das Streitpatent habe unter anderem die Verbesserung des Rohtons angestrebt, also die Verwendung von ZnS als Weißpigment. Darüber hinaus sei für den Rahmen von Anspruch 1 aber kein positiver Effekt gezeigt worden, der eine Anerkennung erfinderischer Tätigkeit stützen könnte. Vielmehr sei von der Beschwerdeführerin gezeigt worden, dass der Zusatz von ZnS über den gesamten beanspruchten Bereich sich eher negativ als positiv auf die mechanischen Eigenschaften auswirke.
(16) Die Beschwerdegegnerin machte hingegen geltend, dass die Daten der Beschwerdeführerin in sich widersprüchlich seien, während ihre eigenen Daten eindeutig eine Verbesserung der Reißdehnung bei Zusätzen bis zu 2% nicht nur von ZnS, sondern auch von Zinkborat bewiesen hätten. Darauf sei ausweislich des Absatzes [0003] auch der Fokus des Streitpatents gerichtet gewesen. Auf Nachfrage bestätigte sie, dass sie keine Versuchs ergebnisse mit mehr als 2% Zinkverbindung vorgelegt oder verfügbar habe.
Aus dem Stand der Technik sei eine ganze Reihe von Weißpigmenten bekannt gewesen, so dass die in Anspruch 1 genannten Zinkverbindungen sich keineswegs unmittelbar angeboten hätten. Beispielsweise seien in D4, Spalte 4 seien neben Farbpigmenten und ZnS auch eine ganze Reihe anderer Weißpigmente aufgezählt worden.
(17) Nach Beendigung dieser Diskussion und nach Beratung der Kammer wurde die Zurückweisung des Hauptantrags verkündet. Außerdem wurde, nachdem die Beschwerde gegnerin den Hilfsantrag 1 vom 19. Juni 2007 zurückgezogen hatte, der gleichzeitig als Hilfsantrag 2 eingereichte Anspruchssatz (Abschnitte VII (2) und VII (4), oben) als neuer erster Hilfsantrag zugelassen.
(18) Gegen den Wortlaut des gegenüber der erteilten Fassung geänderten Anspruchs 1 dieses ersten Hilfsantrags erhob die Beschwerdeführerin formale Einwände nach Artikel 84 EPÜ und im Hinblick auf die Ergebnisse ihrer Vergleichsversuche mit ZnS-Gehalten von jeweils 4 GT in D13 (Versuche #4 und #8), D15 (Versuch 4) und D19 (Versuch 3) auch einen Einwand unter Artikel 56 EPÜ, da auch in diesen Versuchen die negativen Folgen eines Zusatzes von 4 GT ZnS klar überwogen hätten und auch zutage getreten seien.
Zum Einwand unter Artikel 84 EPÜ trug die Beschwerde führerin insbesondere vor, dass einerseits Anspruch 1 durch die Wortwahl "... Formmassen enthaltend ..." die Komponenten A, B, C und D and deren Mengenangaben als Gewichtsteile ohne Normierung völlig offen formuliert sei, andererseits aber die Summe aller Gewichtsteile der Komponenten A + B + C + D + E gemäß der Beschreibung in § [0008] den Wert 100 ergibt.
Dem widersprach die Beschwerdegegnerin mit dem Argument, dass der Anspruch die Mengenverhältnisse der einzelnen Komponenten eindeutig und klar definiere, und zum Einwand unter Artikel 56 EPÜ verwies sie auf die nach ihrer Ansicht widersprüchlichen Ergebnisse der Versuche der Beschwerdeführerin und auf ihre eigenen Ergebnisse.
Bei der Diskussion über den formellen Einwand ergab sich dann auch noch die Frage, inwieweit bei dieser Diskrepanz zwischen Anspruch 1 und Beschreibung Fragen unter Artikel 123 (2) EPÜ eine Rolle spielen könnten.
(19) Nach einer weiteren Beratung der Kammer wurde die Zurückweisung des ersten Hilfsantrags verkündet. Dann gab die Kammer ihre Zustimmung zur Diskussion des Hilfsantrags 3 vom 19. Juni 2007 (Abschnitt VII (3) und VII (4), oben) als neuen zweiten Hilfsantrag.
(20) Hierzu trug die Beschwerdegegnerin vor, dass dieser Antrag von ihr wegen der hinsichtlich des im Ergebnis bis dahin offenen Endes der Diskussion über den Zusatz von ZnS als Vorsichtsmaßnahme auf Basis der durch Zusatz von Zinkborat erreichten Verbesserung der Eigenschaften im Beispiel 4 des Streitpatents formuliert worden sei. Zudem sei von der Beschwerdeführerin weder einschlägige Literatur angezogen worden, noch lägen gegenteilige Versuchsergebnisse vor.
(21) Die Beschwerdeführerin erklärte daraufhin, sie habe keine weiteren Einwände gegen diesen Antrag. Daraufhin wurde die Debatte geschlossen und die mündliche Verhandlung für die Schlussberatung der Kammer erneut unterbrochen.
IX. Der Antrag der Beschwerdeführerin lautete unverändert auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des Streitpatents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag) oder die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis des 1. Hilfsantrages (Ansprüche 1 bis 11), eingereicht als Hilfsantrag 2 mit Schreiben vom 19. Juni 2007, oder auf Basis des 2. Hilfsantrages (Ansprüche 1 bis 10), eingereicht als Hilfsantrag 3 mit Schreiben vom 19. Juni 2007.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Einwand unzureichender Offenbarung
2. Abgesehen von der Erwähnung des Begriffs "insufficient disclosure" im Einspruchsschriftsatz (Abschnitt II, oben) und der diesbezüglichen Feststellung in Nr. 6 der Begründung der angefochtenen Entscheidung
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
(Abschnitt III (4), oben), ist ein Einwand unzureichender Offenbarung unter Artikel 100 b) EPÜ zweimal während des Beschwerdeverfahrens (Abschnitte IV (9) und VIII (12), oben) angesprochen und dann auch erhoben worden.
2.1 Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall sowohl von der Situation, die in der Entscheidung T 101/00 vom 3. Juli 2003 (nicht im ABl. EPA veröffentlicht) untersucht worden ist, wie auch von derjenigen, die der Entscheidung T 274/95 (ABl. EPA 1997, 99) zugrunde lag.
2.2 In der letztgenannten Entscheidung war der Einwand im Einspruchsschriftsatz substantiiert, dann aber im Einspruchsverfahren fallengelassen worden, woraufhin er von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung nicht behandelt worden war. Als der Einwand erneut in der Beschwerde erhoben wurde, kam die entscheidende Kammer zu dem Schluss, dass es sich dabei nicht um einen neuen Einspruchsgrund im Sinne der Stellungnahme G 10/91 der Große Beschwerdekammer (ABl. EPA 1993, 420) handelte und er daher zugelassen werden konnte.
2.3 Im Fall T 101/00 fand sich im Einspruchsschriftsatz einer der dortigen Beschwerdeführerinnen lediglich der folgende hier als Faksimile wiedergegebene Satz (siehe auch T 101/00, Abschnitt VI.(a)):
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Ein Einwand unzureichender Offenbarung war damals aber, ebenso wie im Einspruchsverfahren des vorliegenden Falles nicht substantiiert und daher auch, wie zuvor im Fall T 274/95 (oben), in der Entscheidung über den Einspruch nicht behandelt worden. In der mündlichen Verhandlung am Schluss des darauf folgenden Beschwerde verfahrens T 101/00 machte die damalige Beschwerde führerin dann unter Hinweis auf die obige Formulierung im Einspruchsschriftsatz geltend, dass der strittige Gegenstand unzureichend offenbart sei, und wollte diesen Einspruchsgrund im dortigen Beschwerdeverfahren auch behandelt wissen. Dieser Antrag wurde von der Kammer jedoch zurückgewiesen, da die obige Formulierung weder im Einspruchsschriftsatz eindeutig war, noch für sich genommen klar war, noch erkennen ließ, ob die obige Formulierung auf Irrtum oder Absicht beruhte.
In der Entscheidung T 101/00 (oben, Nr. 2.1 und 2.2 der Begründung) sind die gemäß G 9/91 bzw. G 10/91 (ABl. EPA 1993, 408 und 420) und weiterer darin zitierter Recht sprechung an die Substantiierung eines Einspruchsgrundes zu stellenden Erfordernissen referiert worden. Diese sind hier nicht erfüllt worden, denn weder das EPA noch die Patentinhaberin ist durch den Einspruchsschriftsatz in die Lage versetzt worden, auf objektiver Basis eindeutig festzustellen, dass sich der Einspruch tatsächlich auf Artikel 100 b) EPÜ hatte gründen sollen und welche Tatsachen und Beweismittel einen solchen Einwand hatten stützen sollen (vgl. Regel 55 c) EPÜ).
2.4 Im Gegensatz zum Fall T 101/00 enthält die angefochtene Entscheidung zwar das oben wiedergegebene Zitat (Abschnitt 2, oben), aber dennoch ist die Kammer im vorliegenden Fall auf Grundlage (i) des beim Einlegen des Einspruchs verwendeten EPA-Einspruchsformulars 2300, in dem in Abschnitt VI (Seite 2) als Einspruchsgründe lediglich fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit angekreuzt worden waren (Abschnitt II, oben), (ii) des von der Einspruchsabteilung festgestellten Fehlens jeder Begründung für einen Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ und (iii) der referierten Rechtsprechung zur Ansicht gelangt, dass der in der BeschB (Seite 12) unter Hinweis auf den miteingereichten Bericht D15 erhobene Einwand einen neuen Einspruchsgrund darstellt, zu dessen Berücksichtigung die Beschwerde gegnerin ihr Einverständnis hätte geben müssen. Diese hat einer Berücksichtigung jedoch widersprochen (Abschnitt V, oben).
2.5 Der Einspruchsgrund unzureichender Offenbarung wird daher gemäß Artikel 114(2) EPÜ zurückgewiesen (siehe G 9/91 und G 10/91, oben).
Hauptantrag
3. Aufgabe und Lösung
3.1 Das Streitpatent betrifft thermoplastische Formmassen, die als Polymerkomponenten A) aromatisches Polycarbonat und C) Pfropfpolymerisat sowie gegebenenfalls B) Vinyl copolymerisat enthalten. Durch den Zusatz bestimmter Zink-Verbindungen sollen der Rohton und die mechanischen Eigenschaften der Formmassen, insbesondere die Reißdehnung verbessert werden (Anspruch [1], § [0001] und § [0003]). In Tabelle [1] sind Messwerte des Rohtons (Yellowness Index), der Helligkeit, der Schmelzvolumen fließrate MVR, der Izod-Kerbschlagzähigkeit ak bei ?-40ºC und der Reißdehnung solcher Massen angegeben.
3.2 Thermoplastische Formmassen aus aromatischem PC und bestimmten Pfropfpolymerisaten, nämlich ABS, sind schon aus D3 bekannt. Der dortige Zusatz des ABS sollte die Thermoplastizität und die Fließcharakteristik des PC-Polymers verbessern (D3: Spalte 1, Zeilen 15 bis 21).
In der Beschreibung von D3 (Spalte 4, Zeile 1 ff.) wird dann angegeben, dass zusätzliche häufig in Harzen oder Harzmischungen verwendete Komponenten eingemischt werden können, darunter Pigmente, Füllstoffe und dergleichen. In Beispiel 2 wurde Calciumstearat zugesetzt. In den Tabellen I und II werden dann Eigenschaften der speziellen Formmassen der Beispiele 2 und 3 angegeben, nämlich die Izod-Schlagzähigkeit, der gemäß einer speziell angepassten Methode bestimmte Schmelzindex, die Zugfestigkeit, die Zugdehnung, die Biegetemperatur unter Belastung und die Rockwell-Härte.
3.3 Druckschrift D1 beschreibt dagegen eine Zusammensetzung aus 100 GT Polycarbonat, 0,1 bis 5 GT Calciumcarbonat und 0,01 bis 0,5 GT Zinksulfid (Anspruch 1). Der Zusatz der spezifischen Mengen dieser zwei Zusätze soll verbesserte Beständigkeit gegen Dampf und Lichtstreuung bewirken, ohne die ursprünglichen Eigenschaften von PC Transparenz, Wärmestabilität und Schlagzähigkeit zu beeinträchtigen (Seite 4, 1. Absatz und § [0004]). Im weiteren wird das PC dort als aromatisch beschrieben, und hinsichtlich der geforderten Eigenschaften der Zusammensetzung wird empfohlen, dass das CaCO3 Teilchengrößen von 0,1 bis 30 mym und das ZnS solche von 0,05 bis 1 mym besitzen sollten (§ [0012] und § [0013]).
Gemäß § [0018] von D1 können der Zusammensetzung je nach Erfordernis auch wohlbekannte Additive zugemischt werden. Dazu werden andere thermoplastische Harze, Entformungs mittel, Antistatika, Antioxidantien, UV-Absorber, Flammschutzmittel, Farbpigmente, kautschukverstärkte Harze der Styrol-Gruppe, Polyolefine, Polyamide, gesättigte Polyester, Acrylharze etc. gezählt.
In den Beispielen wurden die Beständigkeit gegen Dampf, die Hitzebeständigkeit (Yellowness Index-Differenz), die Gesamt-Lichtdurchlässigkeit, die Lichtstreuung (in der Übersetzung jedoch ohne die zugehörigen im japanischen Original enthaltenen Daten) und die Schlagzähigkeit verschiedener Mischungen angegeben. Jede der Mischungen enthielt eine von zwei PC-Typen und CaCO3. Weiterhin enthielten die anmeldungsgemäßen Blends ZnS und wurden mit Mischungen verglichen, die entweder CaCO3 und TiO2 oder CaCO3 in einer über der anspruchsgemäßen Obergrenze liegenden Menge oder aber nur CaCO3 enthielten.
3.4 Die Entgegenhaltungen D7, D8 und D9 betreffen nur die ZnS-Pigmente der Firma Sachtleben Chemie GmbH. Laut D8 führt Sachtolith® in "Polymersystemen (Polycarbonat, SAN) zu einer deutlich geringeren Einbuße der Schlagzähigkeit als bei der Zugabe von TiO2". Insbesondere wird in dieser technischen Information auf Sachtolith® HD-S hingewiesen.
Das Informationsblatt D9 erklärt Sachtolith® als fast reines Zinksulfid (97%), das in den Typen L (in "doc B" und "doc G" genannt), HD (im Streitpatent verwendet) und HD-S (in den Versuchen der Beschwerdeführerin eingesetzt) angeboten wird. Diese drei Typen unterscheiden sich teilweise in ihrem pH-Wert, ihrem Aufhellvermögen, ihrer Ölzahl, im Siebrückstand, in ihrer mittleren Teilchengröße und/?oder in ihrer Dispergierbarkeit.
3.5 Vor dem Hindergrund der Tatsache, dass D3 schon vor der Einspruchsabteilung von den Parteien als nächstliegender Stand der Technik akzeptiert worden war, sieht die Kammer trotz der verschiedenen Argumentationsstränge der Beschwerdeführerin (Abschnitte IV (4) bis IV (7), oben) keinen Grund, von dieser Beurteilung abzuweichen, da, wie in den Abschnitten 3.2 bis 3.4 (oben) festgestellt, lediglich D3 die Anwesenheit der beiden wesentlichen Polymer-Komponenten PC und Pfropfpolymerisat in den dortigen Zusammensetzungen eindeutig beschreibt.
3.6 Während die Beschwerdegegnerin die gegenüber D3 zu lösende technische Aufgabe in der Verbesserung des Rohtons und insbesondere der Reißdehnung gesehen hat (Abschnitt V (6), oben), diese Aufgabe auch in den Beispielen des Streitpatents und in ihrem Versuchs bericht D17 als erfüllt ansah (Abschnitte V, V (7) und VIII (11), oben) und beantragte, D13, D15 und D19 als verspätet nicht zuzulassen, trug die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Ergebnisse dieser Versuchsberichte vor (Abschnitte IV (1), IV (8) und VIII (10), oben), dass diese Aufgabe nicht im gesamten Bereich von Anspruch 1 gelöst worden sei, da mit jeder höheren Zugabe von ZnS die mechanischen Eigenschaften sich verschlechtert hätten. Ihrer Ansicht nach könne daher die technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung von Alternativen zu den Formmassen von D3 gesehen werden.
3.6.1 Die gegensätzlichen Ansichten über die Relevanz der nachgereichten Versuche und ihre mögliche Entscheidungs erheblichkeit wurden wegen des erwähnten Antrags der Beschwerdegegnerin, sie nicht zuzulassen, in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert (Abschnitte VIII (9) bis VIII (13), oben).
3.6.2 Nach Ansicht der Kammer ist die Nichtzulassung von D13 in der angefochtenen Entscheidung unter den damaligen Gegebenheiten nicht zu beanstanden (Abschnitte II und III (1), oben). Jedoch trifft ein wesentlicher Grund für die damalige Entscheidung, die Kurzfristigkeit der Einreichung vor der mündlichen Verhandlung im jetzigen Beschwerdeverfahren nicht mehr zu. Offensichtlich als Reaktion auf die D13 betreffenden Nichtzulassungsgründe in der Streitentscheidung wurde daraufhin der ergänzende Versuchsbericht D15 der Beschwerdeführerin zusammen mit der BeschwB eingereicht, genau wie D19 als Reaktion auf den zwischenzeitlichen Versuchsbericht D17 der Beschwerdegegnerin. Außerdem zeigte die Diskussion in der mündlichen Verhandlung, dass die Ergebnisse in D13, D15, D17 und D19 als hochrelevant und vermutlich entscheidungserheblich einzuschätzen waren. Demzufolge hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung entschieden, diese Versuchsberichte zu berücksichtigen (Abschnitte VIII (9) bis VIII (11) und VIII (13), oben).
3.6.3 Was die Messergebnisse in Tabelle [1] und in diesen Versuchsberichten angeht, so ist ersichtlich, dass die von den Parteien daraus gezogenen Schlussfolgerungen streitig sind.
Zudem decken die in D15 beschriebenen Versuche einen Bereich des fraglichen Zusatzes ab, der von null über 0,74 (wie in Beispiel 2 des Streitpatents), zwei, vier und zehn bis dreißig Gew.-% ZnS reicht, gegenüber zwei Versuchen der Beschwerdegegnerin mit ZnS in Mengen von 0,74 und 2 GT (Beispiel [2] bzw. D17/Beispiel 6, bei Gesamtmengen aller Komponenten von 100 bzw. 102 GT).
3.6.4 Zu den Versuchen der Beschwerdeführerin bleibt auch festzuhalten, dass die Definition von Komponente A in Anspruch 1 nur verlangt, dass aromatisches PC verwendet wird, gemäß § [0014] gegebenenfalls auch ein Gemisch verschiedener solcher Polycarbonate. Daher geht der Einwand der Beschwerdegegnerin gegen den Einsatz solcher Gemische in D13, D15 und D19 fehl. Wie von der Beschwerdegegnerin verlangt (Abschnitt VIII (11), oben), werden im Folgenden zudem nur Messwerte innerhalb einer Versuchsreihe direkt miteinander verglichen. Nur die dabei gefundene Tendenz wird dann der Tendenz in einer anderen Messreihe gegenübergestellt.
3.6.5 Nun enthält die angefochtene Entscheidung einen Hinweis auf eine Aussage der Einsprechenden im Einspruchs schriftsatz ("S. 3, Z. 3-6"), die in Abschnitt III (1), oben, zitiert worden ist und in der der geltend gemachte Effekt auf Basis von Beispiel 2 des Streitpatents zumindest für den Zusatz von 0,74 GT ZnS zu einer PC/SAN/?ABS-Zusammensetzung anerkannt worden war. Die Aussage zu diesem Beispiel ist auch weder in der BeschwB noch in einem späteren Schreiben der Beschwerdeführerin widerrufen worden (BeschwB, Seite 7, drittletzter Absatz: "So at best patentee has demonstrated that an effect occurs around the minimum quantity of ZnS." (Abschnitte IV (7) und VI (2), oben).
3.6.6 Damit im Einklang stehen auch die Ergebnisse der Versuche #1 und #2 bzw. #5 und #6 (jeweils mit 0 bzw. 0,74 GT ZnS) der beiden Versuchsreihen in D13, die übereinstimmend den geltend gemachten Effekt verbesserter Reißdehnung durch ZnS zu bestätigen scheinen. Für die restlichen Ergebnisse von D13 mit höheren ZnS-Werten gilt dies nicht, da divergieren die Resultate beider Versuchsreihen deutlich. Während in den Versuchen #6 bis #8 der zweiten Versuchsreihe von D13 die geltend gemachte Verbesserung der Reißdehnung gegenüber der Nullprobe #5 durch die angegebenen Mittelwerte bis zum ZnS-Gehalt von 4 Gew.-% bestätigt wurde, waren die Resultate der weiteren Versuche der ersten Versuchsreihe von D13 sowie die aller übrigen Versuchsreihen in D15 und D19 schlechter als die jeweiligen Nullproben und innerhalb der ZnS-haltigen Proben jeweils um so schlechter, je mehr ZnS enthalten war. Übrigens findet man diese Tendenz in den Versuchen der Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Izod-Kerbschlagzähigkeit bei -40ºC, allerdings mit der Abweichung, dass dabei ein besserer Mittelwert bei der Probe gemäß Versuch #2 von D13 auftrat. Diese Beobachtung deckt sich übrigens weitgehend mit den graphischen Darstellungen in D5 und D8, die eher auf die Herausstellung der Vorteile eines ZnS-Einsatzes in einzelnen Polymeren, z.B. in PC, gerichtet waren.
In D17 machte die Beschwerdegegnerin allerdings geltend, dass auch mit 2 GT ZnS verbesserte Eigenschaften erreicht worden seien (Abschnitt 3.6.3, oben).
3.6.7 Während also die Ergebnisse in den von den beiden Parteien vorgelegten Versuchsreihen bei Versuchen mit bis zu 4 GT ZnS kein einheitliches Bild ergeben, zeigen hingegen die der Kammer vorliegenden Versuche der Beschwerdeführerin mit höheren ZnS-Gehalten deutliche Verschlechterungen der mechanischen Eigenschaften Izod-Kerbschlagzähigkeit und Reißdehnung der jeweiligen Proben (D15: Tabellen 5, 9 und 10). Deren Ergebnisse als solche sind von der Beschwerdegegnerin auch nicht durch Gegenversuche in Frage gestellt, geschweige denn erschüttert worden. Hierzu hätte sie aber, wie die Einreichung von D17 zeigt, durchaus Gelegenheit gehabt. Die einzigen Ausführungen der Beschwerdegegnerin zu den Versuchen in D15 mit den höheren Mengen zugesetzten Zinksulfids betrafen die Frage, ob diese Versuche innerhalb der durch den Anspruchswortlaut gezogenen Grenzen liegen (Abschnitt VIII (11), oben).
3.6.8 Nach Ansicht der Kammer lässt sich dies zumindest für Versuch 5 (10 GT ZnS/D bei 38,48 GT PC/A) von D15 klar bejahen, denn die Umrechnung der Angaben in D15/?Tabelle 4 auf 40 GT PC/A (wie in Anspruch [1]) ergibt 30,7 GT SAN/B, 22,3 GT ABS/C und 10,4 GT ZnS/D; vgl. die Abschnitte 3.8 bis 3.8.3, unten). Zudem ist der Abfall des Mittelwerts der Reißdehnung (33,7) bei diesem Versuch bei einer vergleichsweise geringen Streuung der 20 Einzelwerte auf weniger als die Hälfte des Mittelwertes von D15/Versuch 4 (77,4 bei 4 GT ZnS) so groß, dass er nach Ansicht der Kammer als glaubhaft und signifikant zu betrachten ist (D15, Tabelle 10). Hier sei auch nochmals an die Bemerkungen zur Izod-Schlagzähigkeit in Abschnitt 3.6.6, oben, erinnert.
3.7 Aus diesen Gründen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass die verschiedenen Aspekte der zu lösenden technischen Aufgabe, wie sie von der Beschwerdegegnerin formuliert worden ist (Abschnitte V (6) und 3.6, oben), allenfalls innerhalb eines kleinen Bereichs am unteren Ende des Umfanges von Anspruch 1 als gelöst betrachtet werden kann, wie dies auch von der Beschwerdeführerin schon zum Ausdruck gebracht worden war (Abschnitt 3.6.5, oben), nicht jedoch im Gesamtbereich des Anspruchs. Die Aufgabe ist folglich im Hinblick auf den Gesamtbereich von Anspruch 1 weniger ehrgeizig zu formulieren, wie dies auch von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen worden ist (Abschnitt VIII (10), oben). Sie kann nur in der Bereitstellung einer Alternative zu den aus D3 bekannten PC/Pfropfpolymerisat-Formmassen gesehen werden.
3.8 Die in Abschnitt 3.6.8 (oben) erwähnte Umrechnung der Mengenangaben in Versuch 5 von D15 steht im Einklang mit dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, die im Rahmen der Diskussion über den ersten Hilfsantrag ausführte (Abschnitte VIII (18), oben, und 6 ff., unten), dass die Grenzen in Anspruch 1 nur Gewichtsverhältnisse der einzelnen Komponenten zueinander definierten, die in sich klar und eindeutig seien.
3.8.1 Diese Darstellung der Beschwerdegegnerin verdeutlicht jedoch den klaren Widerspruch zwischen Anspruch [1] (Abschnitt I, oben) und der eindeutigen Aussage in § [0008] der Beschreibung:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Eine Komponente E ist aber in keinem Anspruch definiert. Während also die Beschreibung in § [0008] die in Gewichtsteilen ausgedrückten Mengenangaben der fünf in § [0006] und § [0007] aufgezählten Komponenten PC (a), Copolymer (b), Pfropfpolymerisat (c), Zinkverbindung (d) und Zusatzstoffe/Additive (e) (vgl. Tabelle [1]) auf das daraus gebildete Gesamtgewicht normiert, also GT mit Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht, gleichsetzt, geht die von der Beschwerdegegnerin vertretene Definition weit darüber hinaus. Das bedeutet aber, dass diese von der Beschwerdegegnerin vertretene Interpretation des Anspruchs nicht durch die Beschreibung gestützt wird.
3.8.2 Die den Artikel 84 EPÜ betreffenden Fragen können allerdings, da sie keine Einspruchsgründe darstellen, in diesem Rahmen von der Kammer nicht in Betracht gezogen werden (vgl. die in Nr. 2 ff. der Begründung von T 381/02 vom 26. August 2004, nicht im ABl. EPA veröffentlicht, zusammengefasste Rechtsprechung).
3.8.3 Allerdings muss die Patentinhaberin die aus einer in einem derartigen Fall notwendigen Interpretation der Ansprüche eventuell resultierenden Nachteile gegen sich gelten lassen.
4. Neuheit
4.1 Mit der BeschwB ist unter Hinweis auf D14 und D18 sowie die Anlagen "doc A" bis "doc K" erstmals offenkundige Vorbenutzung des Patentgegenstands geltend gemacht worden. Daraufhin hat die Beschwerdegegnerin den Antrag gestellt, diesen Einwand als verspätet vorgebracht nicht ins Verfahren einzuführen, da er die Anforderungen der ständigen Rechtsprechung an die dafür vorzulegenden Beweise nicht erfülle (Abschnitte IV (3), V (2), VI (1) und VIII (2) bis VIII (5), oben).
4.1.1 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss der Einsprechende seine Behauptungen beim Einwand offenkundiger Vorbenutzung normalerweise lückenlos ("up to the hilt") beweisen, wenn der Patentinhaber nur wenige oder gar keine Möglichkeiten hat, das Gegenteil zu beweisen, nämlich dass eine offenkundige Vorbenutzung nicht stattgefunden hat (T 472/92, ABl. EPA 1998, 161, Nr. 3.1 der Begründung; T 97/94, ABl. EPA 1998, 467, Nr. 5.1 der Begründung).
4.1.2 Außerdem ist bei Erheben eines neuen Einspruchseinwands nach Ablauf der Einspruchsfrist auch der Stand des Verfahrens zu diesem Zeitpunkt in Betracht zu ziehen.
Gemäß G 9/91 und G 10/91 (oben, vgl. Nr. 6, 16 und 18 der Begründung) ist Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens nämlich, der unterlegenen Partei die Möglichkeit zu geben, die Entscheidung der Einspruchsabteilung innerhalb des rechtlichen und faktischen Rahmens, wie er (einschließlich der zeitlichen Grenzen) durch die Erfordernisse der Artikel 99 und 100 und Regel 55 EPÜ festgelegt wird, sachlich anzufechten (T 982/02 vom 11. Mai 2005, Nr. 2 der Begründung, nicht im ABl. EPA veröffentlicht).
Die Kriterien für die Zulassung nachträglichen Vorbringens sind darüber hinaus in T 1002/92 (ABl. EPA 1995, 605; Nr. 3.1 bis 3.5 der Begründung) beschrieben. Danach soll ein solches Vorbringen im Beschwerdestadium nur ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn die neu vorgebrachten Unterlagen prima facie so hochrelevant sind, dass sie der Aufrechterhaltung des Streitpatents höchstwahrscheinlich entgegenstehen.
4.1.3 Im Hinblick auf diesen Aspekt hat die Beschwerdegegnerin mehrfach beantragt, den Einwand nicht zu berücksichtigen (Abschnitten V (2), VIII (5) und 4.1, oben).
4.1.4 Daraus und aus der oben referierten Rechtsprechung ergibt sich somit die Notwendigkeit, auch in diesem Fall zunächst die Relevanz der vorgelegten Dokumente, wie sie bereits in Abschnitt 4.1, IV (3), V (2), VI (1) und VIII (2) bis VIII (6) (oben) angesprochen worden sind, zu untersuchen. Zu Einzelheiten wird auf diese Passagen Bezug genommen.
4.1.5 Als primäre Belege für die Identität der Produkte und ihre öffentliche Verfügbarkeit sind die internen Computerausdrucke "doc A" bis "doc K" benannt worden, insbesondere unter Hinweis auf den ersten und den dritten der folgenden vier Vorgänge, die die Produkte 785-999-675 bzw. 785-999-734 mit den handschriftlichen Indices 1 bzw. 3) betrafen (Auszüge aus "doc A"):
Die beiden "Statutory Declarations" D14 und D18 können bestenfalls der weiteren Erläuterung des Inhalts dieser Anlagen dienen.
4.1.6 Die Computerausdrucke "doc B" bis "doc K" tragen alle ein Datum "8/03/05", welches, wie aus den Angaben "Date Finished" in den "doc F" (10/29/97) und "doc K" (1/27/98) abzuleiten ist, offenbar dem 3. August 2005 entspricht. Im Hinblick auf das Datum der BeschwB handelt es sich dabei wohl um das Erstellungsdatum der Computerausdrucke.
Die Rechnungen der beiden in Abschnitt 4.1.5, oben besonders erwähnten Vorgänge mit den Indices 1 und 3 tragen gemäß den Angaben in "doc A" wohl die Daten 8. Juli 1997 bzw. 6. August 1997.
4.1.7 Das Datenblatt "Product Formulation Breakdown" (Anlage "doc B") gibt die nach D14 "most recent" Formulierung des Produktes 785-999-675, das der Anlage "doc G" die des Produktes 785-999-734 wieder. Beide Blätter sind abgesehen vom oben genannten Druckdatum undatiert. Zum ersten Produkt ist in D14 (Seite 2) unten die folgende Erläuterung gegeben worden, zudem findet sich auf Seite 3 von D14 eine entsprechende Aussage zum Produkt 785-999-734:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
In beiden Rezepturen ("doc B" bzw. "doc G") ist jedes eingesetzte Material (Ausgangsmaterial oder Masterbatch) genau wie das jeweilige Endprodukt und auch jeder einzelne Ansatz (Charge/Lot) durch eine Kennzahl, jedes eingesetzte Material zusätzlich auch noch durch den Namen bezeichnet. Gemäß der Aussage der Beschwerde führerin erhält jede Komponente einer Rezeptur bzw. jedes Masterbatch eine eigene Identifikationsnummer (Abschnitt VIII (4), oben), damit jede Änderung im Endprodukt bis zu den Ausgangsstoffen zurückverfolgt werden kann. Somit ist nach Aussage der Beschwerde führerin die Identität jeder einzelnen Komponente eindeutig festgelegt. Zudem werde die Zusammensetzung des Produktes (Charge 2024119) durch Vergleich von "doc C" ("Material Issue to Production") mit der Rezeptur ("doc B") und sein Verkauf an den in "doc A" genannten Kunden zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Vergleich mit "doc D" ("QADMS Inquiry" mit dem "Date Finished 7/08/97" und dem Kundennamen) eindeutig bewiesen. Gleiches gilt gemäß Beschwerdeführerin auch für die andere Charge dieser Rezeptur ("doc B", "doc E" und "doc F" mit Datum 10/29/97) sowie für die Chargen der andere Rezeptur gemäß "doc G" bis "doc K".
Diese Angaben der Beschwerdeführerin scheinen auch durch die folgenden Daten bestätigt zu werden. Danach ist die Komponente '141-080 Johns Manville 718 1/8"' der Rezeptur ("doc G") in den Ansätzen mit den Lot-Nummern 2026019 und 2040793 des Produktes 785-999-734 ("doc H" bzw. "doc J") jeweils durch eine andere Komponente mit der Bezeichnung 'PPG 3790 1/8" 141063' ersetzt worden. In der Rezeptur von "doc B" ist ebenfalls die obige Komponente '141-080 Johns Manville 718 1/8"' genannt, jedoch ist dann in der Charge 2024119 (vgl. "doc C" und "doc D" mit Datum 8. August 1997) von 'Schuller 718 1/8" 141080' die Rede und in der späteren Charge mit der Nummer 2034591 mit Schlussdatum 29. Oktober 1997 ("doc F") von 'Manville 718 1/8" 141 080' ("doc" E").
Diese Ungereimtheiten geben den von der Beschwerde gegnerin aufgeworfenen Fragen zum Zeitbezug der Rezepturen sowie zur Zusammensetzung der in den identifizierten Chargen eingesetzten und der analysierten Bayblend®-Komponenten (Abschnitt VIII (5), oben) nach Ansicht der Kammer besonderes Gewicht und stehen offensichtlich nicht im Einklang mit der Aussage der Beschwerdeführerin zur eindeutigen Zuordnung einer Material-Identifikationsnummer zu einem bestimmten Material. Überdies blieb seitens der Beschwerdeführerin auch die Frage unbeantwortet, ob die Angaben zur Zusammensetzung der beiden Bayblend®-Typen in D14 sich auf Produkt-Zusammensetzungen zum Zeitpunkt der in den Anlagen "doc A" bis "doc K" beschriebenen Lieferungen oder auf von zum Zeitpunkt der Anfertigung von D14 aktuellen Bayblend-Produkten bezogen. Im Hinblick auf die im vorigen Absatz gemachten Beobachtungen lassen sich aus den identischen Material-Nummern dieser PC-Komponenten nach Ansicht der Kammer folglich keine verlässlichen Rückschlüsse für die tatsächlichen Zusammensetzung bestimmter Produktchargen ziehen.
Nun hat die Beschwerdeführerin angegeben, jedermann habe die im Markt befindlichen Produkte analysieren können (Abschnitt VIII (4), oben). Jedoch geben die in den letzten Absätzen angesprochenen Fragen zur Identität der in den Anlagen "doc A" bis "doc K" benannten Materialien Anlass, diese Aussage der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen. Gerade die eingereichten Anlagen zu D14 zeigen, dass offenbar jede Bestellung individuell bearbeitet wurde. Dabei muss das einzelne Produkt aber keineswegs die Mengenvorgaben in Anspruch 1 stets erfüllt haben, worauf die Beschwerdegegnerin anhand der Angabe im Kasten auf Seite 3, oben, von D14 ("between about 37 %" ... and about 50 % by weight of PC") hingewiesen hat (Abschnitt VIII (5), oben).
4.1.8 Was die "Statutory Declaration" D18 angeht, so kann die Kammer nicht verhehlen, dass die Art der Angaben zur Person des Unterzeichners, vorgegebene leere formular artige Felder, die nur teilweise per Hand ausgefüllt worden sind, starke Zweifel an der Aussagekraft von D18 begründen. Erst in einem nachgeschobenen Schreiben (Abschnitt VI (3), oben) wurde von der Beschwerdeführerin, nicht vom Unterzeichner selbst, z.B. dessen derzeitige Funktion mitgeteilt, nicht aber, ob er diese Position bei der Firma Accurate Metal Fabrication, Inc. bereits zum Zeitpunkt der fraglichen Einkäufe bekleidet hat und ob bzw. inwieweit das Geschäftsfeld der Firma APW Enclosures (der Kundin gemäß den Anlagen zu D14) zur fraglichen Zeit bereits zu seinem Aufgabenbereich gehört hat. Auch die weiteren Aussagen stellen offensichtlich großenteils nur Bestätigungen von Vorgaben von Seiten der Beschwerdeführerin dar bzw. geben Anlass zu weiteren Zweifeln: "Ms. Diana Snider-Henson of ... General Electric Company has given me a copy ... I have been informed that GE ... Ms Snider has informed me that .... GE has further requested me to verify if we at APW Enclosures had freedom to do whatever we wanted with the bought products. ... Second, AWP Enclosures had complete freedom to do whatever they wanted with the bought goods..." (Unterstreichungen durch die Kammer).
4.1.9 Angesichts dieser Tatsachen und Feststellungen hat die Kammer nach Beratung entschieden, Dokument D14 mit seinen Anlagen "doc A" bis "doc K" und Dokument D18 in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigen.
4.2 Bis zur Einreichung der BeschwB hatte die Einsprechende/?Beschwerdeführerin die Neuheit des Patentgegenstands allein mit Hinweis auf D1 verneint. Dabei war ihr offenbar auch bewusst, dass der Einwand im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung nicht durchgreifen würde, weshalb sie die Kammer auch aufforderte, von dieser Rechtsprechung abzuweichen (Abschnitt VIII (7), oben).
4.2.1 Unterschiede zwischen den Offenbarungen in D1 und im Streitpatent sind schon von der Einspruchsabteilung festgestellt worden (Nr. 4.2 der Entscheidungsgründe). Zwar zählt D1 eine Vielzahl unterschiedlicher optionaler Additiven auf, jedoch fehlen z.B. Hinweise auf den Einsatz von Pfropfpolymerisaten völlig (Abschnitte VIII (8) und 3.3, oben). Auch schweigt sich D1 über die jeweiligen Mengen der einzelnen Additive aus. Beides hat die Beschwerdeführerin selbst bestätigt (Abschnitte IV (2) und IV (5), oben). Pfropfpolymerisate können daher nach Ansicht der Kammer allenfalls in Kenntnis dessen, was in Anspruch 1 des Streitpatents definiert ist, in die Aufzählung der optionalen Additive, wie sie in § [0018] von D1 aufgezählt sind, hineingelesen werden.
4.2.2 In Kenntnis der fehlenden Merkmale in der Offenbarung von D1 hat sich die Beschwerdeführerin auf das allgemeine Fachwissen am in Anspruch genommenen Prioritätsdatum berufen, nämlich auf D11 und auch D2.
4.2.3 Zweifellos wäre D11 als Repräsentant der allgemeinen Fachkenntnis geeignet, jedoch muss dabei in Betracht gezogen werden, dass D11 in einer völlig überarbeiteten und erweiterten Fassung vorliegt, die im Jahr 1998 veröffentlicht worden ist, in dem auch der Prioritätstag des Streitpatents (8. Dezember 1998) lag.
Aber abgesehen davon, gibt das von der Beschwerde führerin zitierte Kapitel auch eine ganze Reihe verschiedener auch thermoplastischer Polymere an, die zum Verschneiden mit PC eingesetzt werden können. Diese Liste umfasst neben einigen Styrol enthaltenden Pfropfpolymeren wie etwa ABS auch "PS-HI", d.h. "high impact polystyrene", welches laut unwidersprochen gebliebener Darlegung der Beschwerdegegnerin auch als Blockcopolymer vorliegen kann (Abschnitt VIII (8), oben).
Die Tatsache, dass laut D11 ca. 15% des produzierten PC zur Herstellung von Blends verwendet wurde, taugt zudem nach Ansicht der Kammer nicht zum Beleg dafür, dass der Fachmann bei der Lektüre von D1 in unzweideutiger und klarer Weise ein PC/Pfropfpolymerisat-Blend gemäß der Definition in Anspruch 1 mitgelesen hätte, da dort als andere Komponente nicht nur ABS namentlich erwähnt ist, sondern als Alternative dazu auch SAN, ein Copolymer.
4.2.4 Druckschrift D2 hingegen gibt als Patentdokument kein allgemeines Fachwissen wieder. Zudem enthält D1 keinerlei Hinweis auf diese Druckschrift (vgl. T 153/85, ABl. EPA 1988, 001, insbesondere Nr. 4.2 der Begründung), und überdies ist D2 nachveröffentlicht, gehört also nicht zum Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
4.2.5 In der Zusammenschau dieser Fakten und Feststellungen kann die Kammer entgegen der Argumentation der Beschwerdeführerin (Abschnitt VIII (7), oben) in D1 keine Offenbarung erkennen, in der der Fachmann bei der Lektüre der Druckschrift auch im Lichte allgemeinen Fachwissens die klare und eindeutige Offenbarung des Patentgegenstandes erkennen könnte.
4.3 Aus diesem Gründen hat die Kammer keine Veranlassung, von der ständigen Rechtsprechung zur Neuheit abzuweichen, sondern kommt zu dem Schluss, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 1 die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ erfüllt.
5. Erfinderische Tätigkeit
Es bleibt zu entscheiden, ob sich die gefundene Lösung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem im Einspruchsverfahren zitierten Stand der Technik ergibt.
5.1 Wie in Abschnitt 3.2, oben dargestellt, sind aus D3 PC/ABS-Formmassen bekannt, denen z.B. auch Pigmente zugesetzt werden können. Davon unterscheidet sich die beanspruchte thermoplastische Formmasse nur dadurch, dass in D3 die in Anspruch 1 aufgezählten Zinkverbindungen nicht genannt werden.
5.2 Einer der in § [0003] angesprochenen Aspekte, die im Rahmen der Frage der zu lösenden Aufgabe untersucht worden sind (Abschnitte 3 bis 3.7, oben), ist die Verbesserung des Rohtons.
5.3 Bereits in der BeschwB hat die Beschwerdeführerin dargelegt, dass ZnS als Weißpigment für Polymere bekannt war (was z.B. auch durch D5 "Results and Discussion" und "Conclusion" bestätigt wird), und hat dazu auch auf D8 und D9 sowie auf D7, ein Schreiben des Produzenten der in D8 und D9 beschriebenen ZnS-Typen, verwiesen. In D9 ist unter anderem die Teilchengröße dieser Produkte angegeben. Eines davon (Sachtolith® HD) besitzt laut D9 eine mittlere Teilchengröße von 0,35 mym/350 nm und wurde auch in Beispiel 2 des Streitpatents eingesetzt (siehe § [0107]).
5.4 Entgegenhaltung D5 befasst sich ausdrücklich mit Zinksulfid als Pigment in glasfaserverstärkten Thermoplasten, darunter ist auch PC in Absatz 3 der Einleitung genannt. Glasfasern können auch in der beanspruchten Formmasse enthalten sein (§ [0096]). In Tabelle II von D5 werden PC-Zusammensetzungen mit ZnS-Konzentrationen von 0,05 bis 2 % angegeben.
5.5 Außerdem hat die Beschwerdeführerin zum Nachweis, dass schon zum Einreichungszeitpunkt des Streitpatents Zinkverbindungen als Weißpigment in PC-Massen bekannt und üblich waren, unter anderem auf D4, Spalte 4, Zeilen 40 bis 43 hingewiesen, wo unter anderem ZnS namentlich genannt wird (Abschnitt VIII (15), oben).
5.6 Im Hinblick auf die am Ende von Abschnitt 3.7, oben, formulierte Aufgabe, eine Alternative zu den aus D3 bekannten PC/Pfropfpolymerisat-Zusammensetzungen bereitzustellen, ist der Einsatz von ZnS einer Teilchengröße im Bereich von 350 nm als Weißpigment in den Massen von D3 daher nach Ansicht der Kammer naheliegend. Folglich beruht die thermoplastische Formmasse von Anspruch 1 im Lichte von D3 und der weiteren in den Abschnitten 5.3 bis 5.5, oben genannten Entgegenhaltungen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
5.7 Der Hauptantrag muss daher zurückgewiesen werden.
Erster Hilfsantrag
6. Wie in den Abschnitten VIII (17), oben, dargelegt, entspricht dieser Hilfsantrag dem Hilfsantrag 2 vom 19. Juni 2007 (Abschnitt VII (2) und VII (4), oben) und unterscheidet sich von der erteilten Fassung durch den Wortlaut von Anspruch 1, die Streichung von Anspruch 6 und die Anpassung der weiteren Ansprüche.
6.1 In Anspruch 1 dieses Antrags sind die Mengenverhältnisse der Komponenten durch Änderung des Mengenbereichs von Komponente D geändert worden. Daher treffen die Abschnitt 3.8.2, oben, angesprochenen Beschränkungen hinsichtlich einer Prüfung von Einwänden unter Artikel 84 EPÜ hier nicht zu. Vielmehr ist bei diesem Antrag der von der Beschwerdeführerin unter Artikel 84 EPÜ erhobene Einwand (Abschnitte VIII (18), 3.8.1 und 3.8.3, oben) sowie die Frage der Erfüllung der Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ gemäß G 9/91 bzw. G 10/91 (oben, Nr. 19 der Begründung) zu prüfen.
6.2 Wie in Abschnitt VIII (18), oben, erwähnt, wies die Beschwerdeführerin auf die offene Formulierung von Anspruch 1 und die dazu in klarem Widerspruch stehenden Angaben in § [0006] in Verbindung mit § [0008] hin, während die Beschwerdegegnerin darlegte, dass im Anspruch 1 die Mengenverhältnisse zwischen den einzelnen Komponenten klar und eindeutig definiert seien.
6.3 Die Änderung des Mengenbereiches der Komponente D wurde unter Hinweis auf Seite 2, Zeile 41 der Beschreibung auf 0,1 bis 5 GT beschränkt (Abschnitt VII (2), oben). Dies entspricht Seite 2, Zeile 26 der ursprünglichen Unterlagen. Da diese Änderung genau wie die engere Definition der Komponente C aus Anspruch [6] eine Beschränkung des Schutzbereichs von Anspruch 1 bedeutet, werden die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ erfüllt.
6.4 Was nun die ebenfalls zu untersuchende Frage unter Artikel 123 (2) EPÜ angeht, so spielen hier insbesondere die im Zusammenhang mit dem formalen Einwand der Beschwerdeführerin unter Artikel 84 EPÜ vorgetragenen Fakten in der Streitpatentschrift unmittelbar mit herein. Daher wird diese Frage zunächst zurückgestellt.
6.5 Wie in Abschnitt VIII (18), oben, dargelegt, hat die Beschwerdeführerin Widersprüche geltend gemacht zwischen einerseits den die Komponenten betreffenden Mengenangaben in Anspruch 1, worin die Summe der Gewichtsteile aller Komponenten nicht definiert ist, und andererseits der Beschreibung in den Absätzen § [0006], § [0007] und § [0008], die nach Ansicht der Kammer eine Einheit bilden, worin die Einzelkomponenten und ihre Kombination in der beanspruchten Formmasse beschrieben sind und wonach die Summe der Gewichtsteile aller Komponenten 100 GT beträgt.
6.6 Die Richtigkeit des Hinweises auf diese Widersprüche ist bereits in anderem Zusammenhang in Abschnitt 3.8.1, oben, dargelegt worden. Dies bedeutet für den Fall des vorliegenden Hilfsantrags, dass die nun in Anspruch 1 eingefügte Obergrenze von 5 GT der Komponente D (der Zinkverbindung) völlig unterschiedliche Bedeutungen besitzt und damit verschiedene Bereiche begrenzt, je nachdem, ob die Summe der Mengen aller Komponenten im Sinne der Beschreibung in § [0008] auf 100 GT normiert ist (5 GT der Komponente = 5 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Formmasse) oder aber ob damit eine Zusammensetzung definiert wird, die sich in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, dass in Anspruch 1 nur Mengenverhältnisse angegeben sein sollen (Abschnitt VIII (18), oben), z.B. aus 40 GT PC (a), 0 GT Vinylpolymerisat (b), 0,5 GT Pfropfpolymerisat (c), 5 GT Zinkverbindung (d) und 0 GT Additiv (e) zusammensetzt. Im letzteren Fall sind die 5 GT einem Wert von knapp 11 Gew.-%, bezogen auf Gesamtgewicht, gleichzusetzen.
6.7 Diese beispielhafte Erläuterung zeigt, dass der vom Anspruchswortlaut umfasste Bereich bei Außerachtlassung der Beschreibung völlig anders interpretiert werden kann als bei Berücksichtigung der oben genannten Passage der Beschreibung. Die Bedeutung des vorliegenden Wortlauts des Anspruchs ist demzufolge nach Ansicht der Kammer völlig unklar.
Zudem bleibt auch festzustellen, dass der Anspruch bei Anwendung der Interpretation der Beschwerdegegnerin im Widerspruch zur Beschreibung steht, in anderen Worten, nicht durch die Beschreibung gestützt wird.
6.8 Dies bedeutet nichts anderes, als dass zwei der Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt werden.
6.9 Zur Frage des Artikels 123 (2) EPÜ ergibt sich aus diesen Betrachtungen, dass im Lichte der oben wiedergegebenen Argumentation der Beschwerdegegnerin der Bereich von 0,1 bis 5 GT der Komponente D in der Beschreibung (Seite 2, Zeile 41) eine völlig andere Bedeutung besitzt als in Anspruch 1, d.h. ein aliud darstellt. Die Einführung dieser Grenze in Anspruch 1 verstößt damit aber auch gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
6.10 Aus diesen Gründen muss der erste Hilfsantrag daher zurückgewiesen werden.
Zweiter Hilfsantrag
7. Der zweite Hilfsantrag entspricht dem vorherigen Hilfsantrag 3 (Abschnitt VIII (19), oben).
7.1 Wie in den Abschnitten VII (3) und VII (4), oben, gezeigt, ist die Komponente D in den Ansprüchen 1 und 2 auf Zinkborat beschränkt worden. Ansonsten blieb Anspruch 1 gegenüber der erteilten Fassung unverändert. Die übrigen Ansprüche 3 bis 10 (vormalig Ansprüche [5] bis [12]) sind an diese Situation lediglich angepasst worden.
7.2 Gegen diese Beschränkung sind von der Beschwerdeführerin keine formalen Bedenken erhoben worden. Auch seitens der Kammer bestehen dahingehend in Anbetracht von Seite 13, Zeilen 24 und 25 der ursprünglichen Unterlagen (vgl. auch Anspruch [3]) sowie wegen des engeren beanspruchten Bereichs keine Bedenken hinsichtlich der Erfordernisse von Artikel 123 (2) und 123 (3) EPÜ.
7.3 Da von Seiten der Beschwerdeführerin weder Einwände hinsichtlich der Neuheit bzw. der erfinderischen Tätigkeit erhoben worden sind, noch Entgegenhaltungen zitiert wurden, die als Grundlage solcher Einwände dienen könnten, sieht die Kammer keine Grundlage, ihrerseits diese Fragen selbst aufzuwerfen.
Zudem enthält das Streitpatent einen direkten Vergleich einer zinkboratfreien mit einer zinkborathaltigen PC/?Pfropfpolymerisat-Formmasse (Tabelle [1]: Vergleich 3 und Beispiel 4), so dass auch keine Grundlage für Bedenken hinsichtlich der Lösung der von der Einspruchsabteilung formulierten technischen Aufgabe (Abschnitt III (3), oben) vorhanden ist.
7.4 Daraus ergibt sich, dass auch die Erfordernisse der Artikel 54 und 56 EPÜ durch diesen Hilfsantrag erfüllt werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Der Hauptantrag sowie der 1. Hilfsantrag werden zurückgewiesen.
3. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent auf der Basis des Hilfsantrags 2 (Patentansprüche 1 bis 10) und einer daran anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.