T 0726/05 (Strukturviskoses Bleichmittel/HENKEL) of 24.1.2007

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2007:T072605.20070124
Datum der Entscheidung: 24 Januar 2007
Aktenzeichen: T 0726/05
Anmeldenummer: 99926391.6
IPC-Klasse: C11D 3/39
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Strukturviskoses wässriges Bleichmittel
Name des Anmelders: Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Name des Einsprechenden: The Procter & Gamble Company
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein): naheliegende Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 084 224 zu widerrufen.

Der angefochtenen Entscheidung lag ein aus den erteilten Patentansprüchen 1 bis 14 bestehender Anspruchssatz zugrunde, dessen Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:

"1. Flüssiges wasserhaltiges Bleich- beziehungsweise Wäschevorbehandlungsmittel, enthaltend 0,2 Gew.-% bis 25 Gew.-% Wasserstoffperoxid, Komplexbildner für Schwermetalle in einer Menge bis zu 5 Gew.-%, Tensid in einer Menge bis zu 15 Gew.-%, Radikalfänger in einer Menge bis zu 0,1 Gew.-% sowie Wasser in Mengen von 55 Gew.-% bis 90 Gew.-% und so viel eines polysaccharidischen Verdickungswirkstoffs, dass es bei 20ºC bei 20 Umdrehungen pro Minute (Brookfield Rotationsviskosimeter) eine Viskosität im Bereich von 200 mPa.s bis 5000 mPa.s, und bei 5 Umdrehungen pro Minute (Brookfield Rotationsviskosimeter) eine mindestens um den Faktor 1,5 höhere Viskosität aufweist als bei 50 Umdrehungen pro Minute."

II. Der Einsprechende hatte den Widerruf des Patents in vollem Umfang unter anderem aufgrund von Artikel 100 (a) EPÜ, insbesondere wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes, beantragt und auf das Dokument

(1): EP-A-0842604

gestützt.

III. Die Einspruchsabteilung stellte in ihrer Entscheidung unter anderem Folgendes fest:

- Dokument (1) habe bereits die nach der Beschreibung des Streitpatents zugrunde liegende technische Aufgabe gelöst;

- daher bestehe die der beanspruchten Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe nur in der Festlegung einer bestimmten Strukturviskosität für die aus dem Dokument (1) bekannten Zusammensetzungen;

- die Verdickungswirkung von Xanthan sei dem Fachmann bekannt gewesen;

- es wäre für den Fachmann naheliegend gewesen, die eingesetzten Mengen an Xanthan zu variieren, um eine bestimmte Viskosität zu erreichen;

- daher beruhe der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin reichte einen experimentellen Bericht zusammen mit der Beschwerdebegründung ein.

Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer wurde am 24. Januar 2007 abgehalten.

V. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich und mündlich unter anderem Folgendes vorgetragen:

- die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe sei nicht gewesen, eine bestimmte Strukturviskosität einzustellen, sondern eine Schädigung von den mit dem flüssigen peroxidischen Bleichmittel behandelten Textilien zu vermeiden;

- die Einstellung der Viskosität des Bleichmittels sei daher nur als wesentlicher Teil der Lösung dieser Aufgabe anzusehen;

- es sei ersichtlich aus dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten experimentellen Bericht, dass die mit einem erfindungsgemäßen Bleichmittel behandelten Textilien einen geringeren Nasskraftverlust aufweisen als Textilien, die mit einem ähnlichen Bleichmittel nach dem Dokument (1) behandelt worden sind, welches Mittel einen Polyurethan der Marke Acrysol statt Xanthan enthält;

- da diese Verringerung des Nasskraftverlustes angesichts der Lehre des Standes der Technik nicht zu erwarten gewesen sei, beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin hat unter anderem Folgendes vorgetragen:

- das in dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten experimentellen Bericht eingesetzte Polymer der Marke Acrysol sei nicht genau definiert und zeige außerdem kein scherverdünnendes visköses Verhalten; daher sei dieses Polymer kein Polymer nach der Lehre des Dokuments (1);

- die eingereichten Vergleichsversuche seien daher nicht relevant und nicht zu berücksichtigen;

- das im Dokument (1) beschriebene Bleichmittel enthalte vorzugsweise einen Xanthan, d.h. einen scherverdünnenden polysaccharidischen Verdickungswirkstoff wie das Streitpatent; die im Beispiel V dieses Dokuments offenbarte Formulierung unterscheide sich vom beanspruchten Gegenstand nur insofern als sie eine größere Menge an Wasser enthalte und ihres Viskositätsverhalten bei verschiedenen Schergeschwindigkeiten nicht beschrieben sei;

- da Dokument (1) die im Streitpatent erwähnte technische Aufgabe bereits gelöst habe, könne die gegenüber Dokument (1) zugrunde liegende Aufgabe nur als die Bereitstellung eines alternativen Mittels angesehen werden;

- angesichts der Lehre des Dokuments (1) sei jedoch nahe liegend gewesen, die Menge an Wasser und die Viskosität des Mittels zu variieren;

- der beanspruchte Gegenstand beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit

1.1 Der Anspruch 1 des Streitpatents bezieht sich auf ein flüssiges wasserhaltiges Bleichmittel auf Wasserstoffperoxidbasis, das als Wäschevorbehandlungsmittel oder als Additiv beim Waschverfahren eingesetzt werden kann (siehe auch Seite 1, Absatz 0001).

Nach der Beschreibung des Streitpatents war es bereits bekannt, flüssige wasserhaltige Vorbehandlungsmittel auf Wasserstoffperoxidbasis zur Entfernung von hartnäckigen Flecken auf Textilien zu verwenden, indem ein solches Vorbehandlungsmittel direkt oder nach dem Verdünnen mit Wasser auf den Fleck gegossen wurde und, nach einer bestimmten Einwirkzeit, anschließend die vorbehandelten Textilien einem haushaltsüblichen Waschverfahren unterzogen wurden (Seite 2, Absatz 0002).

Jedoch kommt es bei diesem Reinigungsprozess aufgrund der niedrigen Viskosität und der hohen Netzwirkung solcher Vorbehandlungsmittel, die Wasser und Tenside enthalten, zu einem starken Verlauf des Produktes, der eine wesentlich größere Fläche als den Fleck selbst benetzt und dadurch vergeudet wird.

Außerdem, da das Wasser an den Rändern der Flüssigkeit stärker verdunstet, kommt es wegen eines chromatographischen Effekts zu einem Aufkonzentrieren der Flüssigkeitsinhaltsstoffe und der aus der Textiloberfläche stammenden Substanzen, z.B. Schwermetallionen, in den Randzonen. Diese höheren Konzentrationen an Schwermetallionen führen zu einer verstärkten Wasserstoffperoxidzersetzung im Randbereich, sodass das Textil an den Randzonen oxidativ belastet wird, was sich in bleibenden Farbveränderungen oder in der Faserschädigung äußern kann (Seite 1, Absatz 0003).

Daher nennt das Streitpatent als die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe die Bereitstellung eines Bleichmittels, insbesondere eines Vorbehandlungsmittels, das sowohl den technischen Problem der Vergeudung von Wasserstoffperoxid als auch den der erhöhten oxidativen Belastung des Textils löst (Seite 2, Absatz 0005).

1.2 Sowohl die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung als auch beide Parteien haben Dokument (1) als geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gewählt.

Die Kammer hat sich auch davon überzeugt, dass Dokument (1) der beste Ausgangspunkt unter dem zitierten Stand der Technik darstellt.

Das Dokument (1) offenbart ein flüssiges wasserhaltiges Bleichmittel, das 2,5% Wasserstoffperoxid, 0,2% Komplexbildner für Schwermetalle (HEDP), 1,7% Tenside, 0,1 Radikalfänger (BHT), 0,05% eines polysaccharidischen Verdickungswirkstoffs (Xanthan) und ca. 94% Wasser enthält (siehe Beispiel V).

Dieses Mittel unterscheidet sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nur insofern, als es mehr als 90% Wasser enthält und seine Viskosität bei 20ºC und 5, 20 und 50 Umdrehungen pro Minute, gemessen mit einem Brookfield Rotationsviskosimeter, nicht angegeben ist.

1.3 Die im Dokument (1) offenbarten Bleichmittel, die als Wäschevorbehandlungsmittel verwendet werden können, weisen eine desinfizierende Wirkung auf und schädigen nicht die damit behandelten Textilien, da sie keine Farbveränderung hervorrufen und die Textilkraft nicht beeinträchtigen (siehe Seite 2, Zeilen 5 bis 7 und 21 bis 30; Seite 2, Zeile 58 bis Seite 3, Zeile 2; Seite 4, Zeile 58; Seite 9, Zeile 57 bis Seite 10, Zeile 2).

Außerdem enthalten diese Mittel einen scherverdünnenden polymerischen Verdickungswirkstoff, der dem Mittel verschiedene Viskositäten bei verschiedener Scherkraft verleiht, insbesondere eine niedrigere Viskosität bei höherer Scherkraft (Seite 3, Zeilen 47 bis 51).

Daher besitzen die Mittel des Dokuments (1) ein strukturvisköses Verhalten wie die Mittel des Streitpatents und verdicken sobald sie die Oberfläche, z.B. Textilflecken, erreichen; damit wird ein Verlauf des aufgebrachten Bleichmittels verhindert (siehe Seite 2, Zeilen 45 bis 48; Seite 3, Zeilen 27 bis 28 und 47 bis 55).

Daher findet die Kammer, dass ein Mittel nach dem Dokument (1), z.B. das in Beispiel V offenbarte Mittel, die im Streitpatent erwähnte technische Aufgabe bereits gelöst hat.

1.4 Die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Vergleichsversuche sollten nach Auffassung der Beschwerdeführerin zeigen, dass ein erfindungsgemäßes Mittel M1 das behandelte Textil weniger schädigt als ein Mittel V3 nach dem Dokument (1).

Die Formulierung V3 unterscheidet sich von der Formulierung M1 insofern als sie 0,2 Gew.% eines Polyurethan-Polymers der Marke Acrysol statt 0,4 Gew.-% Xanthan enthält. Acrysol ist jedoch ein generischer Name für verschiedene Klassen von Polymeren und daher kann er die Struktur und Art des verwendeten Polymers nicht genau bezeichnen. Außerdem erläutert der Versuchsbericht nicht die rheologische Eigenschaften der Formulierung V3 und seine Viskosität bei verschiedener Schergeschwindigkeit und bezeichnet das Acrysol-Polymer als scherverdickend (Seite 4, Zeile 3 der Beschwerdebegründung).

Das Viskositätsverhalten dieses Polymers konnte auch während der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden.

Daher kann die Kammer nur daraus schließen, dass das verglichene Mittel kein scherverdünnendes Polymer enthält, wie nach der Lehre des Dokuments (1) erforderlich ist. Das verglichene Mittel stellt daher kein Mittel nach dem Dokument (1) dar.

Die Kammer schließt daraus, dass die eingereichten Versuche nicht geeignet sind zu beweisen, dass das beanspruchte Mittel die behandelten Textilien weniger schädigt als ein Mittel nach dem Dokument (1).

1.5 Daher ist die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe gegenüber der Lehre des Dokuments (1) nur als die Bereitstellung eines alternativen flüssigen wasserhaltigen scherverdünnenden Bleichmittels auf Wasserstoffperoxidbasis anzusehen.

Die Kammer hat keine Gründe zu bezweifeln, dass der beanspruchte Gegenstand diese Aufgabe gelöst hat.

1.6 Dokument (1) lehrt, dass die dort offenbarten Mittel Mengen an Tensiden bis zu 20 Gew.-%, an Verdickungsmittel bis zu 10 Gew.-%, an Komplexbildner bis zu 3 Gew.-% und an Radikalfänger bis zu 5 Gew.-% enthalten können (siehe Seite 4, Zeilen 37 bis 39; Seite 7, Zeilen 56 bis 57; Seite 8, Zeilen 35 bis 37 und 49 bis 51).

Daher war für den Fachmann angesichts der Lehre des Dokuments (1) naheliegend, die Formulierung des Beispiels V so zu variieren, dass größere Mengen an einem oder mehreren der obigen Bestandteile und zwangsläufig kleinere Mengen an Wasser, z.B. weniger als 90 Gew.-%, enthalten sind.

Außerdem, da das Viskositätsverhalten und die Verdickungseigenschaften von Xanthan bereits bekannt waren, war es für den Fachmann naheliegend, die Viskosität des gewählten Mittels durch geeignete Mengen an Xanthan wie gewünscht einzustellen.

Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, dass es für den Fachmann angesichts der Lehre des Dokuments (1) naheliegend war, Mittel, die dem von Beispiel V dieses Dokuments ähnlich sind, aber ein Gehalt an Wasser unter 90 Gew.-% und eine Viskosität wie im Anspruch 1 des Streitpatents haben, auszuprobieren.

Daher beruht der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2. Da die Beschwerde bereits aus diesen Gründen kein Erfolg haben kann, ist es nicht erforderlich, zu den weiteren von der Beschwerdegegnerin erhobenen Einwänden Stellung zu nehmen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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