European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2006:T097804.20060808 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 08 August 2006 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0978/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 00991628.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05B 41/282 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Elektronisches Vorschaltgerät und elektronischer Transformator | ||||||||
Name des Anmelders: | TridonicAtco GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag) (verneint) Anwendbarkeit der Regel 86(4) (verneint) Wesentlicher Verfahrensfehler (bejaht) Billigkeit der Rückerstattung der Beschwerdegebühr (verneint) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 00 991 628.9 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen wurde. Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 wurden gemäß Regel 86(3) EPÜ nicht zugelassen.
II. Im Prüfungsverfahren wurden unter anderem die folgenden Dokumente aus dem Stand der Technik zitiert:
A1: WO 96 07297 A;
A2: DE 41 26 544 A;
A6: US 5 604 673 A;
A7: US 5 604 383 A und
A8: US 5 768 109 A.
III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die beschwerdeführende Anmelderin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag (eingereicht unter der Bezeichnung "Hilfsantrag 1" mit der Beschwerdebegründung)
oder
- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag (eingereicht unter der Bezeichnung "Hilfsantrag 2" mit der Beschwerdebegründung).
Hilfsweise wurde beantragt, die Angelegenheit zur weiteren Behandlung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen.
Weiter wurde beantragt, die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 gemäß Hauptantrag lauten wie folgt:
"1. Elektronisches Vorschaltgerät zum Betrieb einer Elektroden aufweisenden Entladungslampe (LA) mit einem mit Gleichspannung gespeisten und in seiner Ausgangsfrequenz variierbaren Wechselrichter (S1, S2) und einem an den Ausgang des Wechselrichters (S1, S2) angeschlossenen Lastkreis, der mindestens einen Serienresonanzkreis (L1, Cl) und mindestens eine Entladungslampe (LA) enthält,
dadurch gekennzeichnet,
- dass der Wechselrichter (S1, S2) zum Zünden und im Betrieb bei Frequenzen oberhalb von 200 kHz betrieben wird,
- dass das Vorschaltgerät mindestens eine Mehrlagenschaltung (13) aufweist, in die passive Bauelemente (20, 21) des Vorschaltgerätes integriert sind, wobei die Mehrlagenschaltung eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten (13) ist, und
- dass Halbleiterbaugruppen (15) auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung (13) mittels Flip-Chip-Technologie befestigt sind."
"4. Elektronischer Transformator zum Betrieb einer Niedervolt-Halogenlampe (7) mit einem mit Gleichspannung gespeisten und in seiner Ausgangsfrequenz variierbaren Wechselrichter (S1, S2) und einem an den Ausgang des Wechselrichters (S1, S2) angeschlossenen Lastkreis, der mindestens einen Transformator (4) und eine an die Sekundärwicklung des Transformators (4) angeschlossene Niedervolt-Halogenlampe (7) enthält,
dadurch gekennzeichnet,
- dass der Wechselrichter (S1, S2) bei Frequenzen oberhalb von 200 kHz betrieben wird,
- dass der elektronische Transformator eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten (13) aufweist, in die passive Bauelemente (20, 21) des elektronischen Transformators integriert sind,
und
- dass Halbleiterbaugruppen (15) auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung (13) mittels Flip-Chip-Technologie befestigt sind."
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 gemäß Hilfsantrag unterscheiden sich von Anspruch 1 bzw. 4 gemäß Hauptantrag dadurch, dass der kennzeichnende Teil jeweils wie folgt lautet (Hervorhebung durch die Kammer):
"dadurch gekennzeichnet,
- dass der Wechselrichter (S1, S2) zum Zünden und im Betrieb bei Frequenzen oberhalb von 200 kHz betrieben wird,
- dass das Vorschaltgerät mindestens eine Mehrlagenschaltung (13) aufweist, in die passive Bauelemente (20, 21) des Vorschaltgerätes integriert sind, wobei die Mehrlagenschaltung eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten (13) ist, und
- dass Halbleiterbaugruppen (15) auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung (13) mittels Flip-Chip-Technologie befestigt sind, wobei zwischen der Oberseite der Mehrlagenschaltung (13) und den Halbleiterbaugruppen (15) ein anisotrop elektrisch leitender Kunststoff (19) angeordnet ist."
"dadurch gekennzeichnet,
- dass der Wechselrichter (S1, S2) bei Frequenzen oberhalb von 200 kHz betrieben wird,
- dass der elektronische Transformator eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten (13) aufweist, in die passive Bauelemente (20, 21) des elektronischen Transformators integriert sind, und
- dass Halbleiterbaugruppen (15) auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung (13) mittels Flip-Chip-Technologie befestigt sind, wobei zwischen der Oberseite der Mehrlagenschaltung (13) und den Halbleiterbaugruppen (15) ein anisotrop elektrisch leitender Kunststoff (19) angeordnet ist."
VI. Die Prüfungsabteilung hat ihre Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 4 gemäß dem (derzeitigen) Hauptantrag unterscheide sich von dem aus Dokument A1 bzw. A4 bekannten Vorschaltgerät nur dadurch, dass (i) es eine LTCC-Mehrlagenschaltung aufweise, in die passive Bauelemente integriert seien, und dass (II) Halbleiterbaugruppen auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung mittels Flip-Chip-Technologie befestigt seien.
Die Merkmale "Halbleiterbauelemente in Flip-Chip-Technologie" und "LTCC Technologie" könnten unabhängig voneinander eingesetzt werden und seien somit als eine Aneinanderreihung von Merkmalen anzusehen, die die Benutzung dreier Dokumente bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit rechtfertige, so dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 im Hinblick auf die Dokumente A1, A6 und A8 bzw. A2, A6 und A8 naheliegend sei.
b) Das zusätzliche Merkmal der unabhängigen Ansprüche 1 bzw. 4 des (derzeitigen) Hilfsantrags - ein anisotrop elektrisch leitender Kunststoff zwischen der Oberseite der LTCC-Mehrlagenschaltung und den Halbleiterbaugruppen - sei aus der Beschreibung entnommen worden. Es stelle eine Schwerpunktverschiebung des Anmeldungsgegenstandes weg von den ursprünglich beanspruchten Flip-Chip- und LTCC-Technologien dar, die bei der Recherche im Hinblick auf die Richtlinien (B-III, 3.6) nicht berücksichtigt worden sei. Wäre dies in der ursprünglichen Anmeldung beansprucht worden, hätte dies eine getrennte umfangreiche Recherche erforderlich gemacht, die eine zusätzliche Recherchengebühr gerechtfertigt hätte.
Damit verstießen die Ansprüche gemäß Hilfsantrag gegen Regel 86(4) EPÜ und würden deshalb gemäß Regel 86(3) EPÜ nicht zugelassen.
VII. Die Argumente der beschwerdeführenden Anmelderin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Die vorliegende Erfindung beziehe sich auf ein spezielles Gebiet der Leistungselektronik, nämlich elektronische Vorschaltgeräte (Anspruch 1) bzw. elektronische Transformatoren (Anspruch 4), jeweils zum Betrieb von Lampen, die auch bei großen Temperaturschwankungen über eine sehr lange Zeitdauer fehlerfrei funktionieren sollten.
b) Aufgabe der Erfindung sei es, die thermisch und mechanisch langfristige Verlässlichkeit eines verkleinerten Betriebsgeräts sicherzustellen. Diese Aufgabe werde durch ein Gesamtpaket gelöst, bei dem die verschiedenartigen Aspekte zahnradartig ineinander griffen und somit synergistisch wirkten.
- Durch eine Betriebsfrequenz des Wechselrichters von mehr als 200 kHz würden die in einem Resonanzkreis vorhandenen Bauteile (Spule, Kondensator) verkleinert.
- Weiterhin vorteilhaft sei es, eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten zu verwenden, die eine Integration der bei der genannten hohen Betriebsfrequenz verkleinerten passiven Bauelemente ermögliche.
- Ein weiterer Aspekt der Miniaturisierung sei die Verbindung der vorgesehenen Halbleitergruppen auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung mittels Flip-Chip-Technologie.
c) Diese oben genannten Merkmale wirkten wie folgt zusammen: Bei der Flip-Chip-Technologie würden die Halbleiterbauteile ungehäust montiert. Dies ermögliche eine geringere Bauhöhe und eine verbesserte Wärmeabfuhr, die durch die ebenfalls gute Wärmeabfuhr einer LTCC-Mehrlagenschaltung weiter verstärkt werde.
d) Ausgehend von Dokument A1 bzw. A2 löse die Erfindung gemäß Hauptantrag das Problem, die bekannte Schaltung thermisch derart zu optimieren, dass eine Verringerung der Abmessungen der Bauteile und des Betriebsgeräts insgesamt erzielt werden könne.
Das Dokument A6 nenne zwar die Verwendung von LTCC-Mehrlagenschaltung, in die passive Bauteile integriert werden könnten, gebe aber hinsichtlich der auf der Oberseite angegebenen Bauteile ausdrücklich an, dass diese durch klassisches Bonden zu befestigen seien. Erst die Erfindung habe in überraschender Weise festgestellt, dass auch im Bereich der Leistungselektronik ein Betriebsgerät kompakter ausgestaltet werden könne, indem die auf der Oberfläche befindlichen Bauteile in der Flip-Chip-Technologie auf einer LTCC-Leiterplatte befestigt werden. Dies sei auch nicht durch die Dokumente A7 und A8 nahegelegt. Denn einerseits beziehe sich Dokument A7 auf übliche PCB-Leiterplatten und nicht etwa auf LTCC-Mehrlagenschaltungen, andererseits sei die Lehre des Dokuments A8, in der grundsätzlich Flip-Chip-Technologie mit LTCC-Technologie als kombinierbar dargestellt werde, auf die reine Signalübertragung beschränkt. In Dokument A8 fehle zudem ein direkter Hinweis, der die Übertragung von der Signaltechnik auf die Leistungselektronik nahelege. Es entspreche einer unzulässigen expost-Betrachtung der Erfindung bezüglich der Gegenstände der unabhängigen Ansprüche gemäß Hauptantrag die Dokumente aneinanderzureihen.
e) Es werde die Rückerstattung der Beschwerdegebühr beantragt, da die Prüfungsabteilung ihre Ermessensentscheidung hinsichtlich des Hilfsantrags auf nicht zutreffende Tatsachen begründet habe, so dass sie den ihr zustehenden Ermessensspielraum unzulässig überschritten habe.
Die Prüfungsrichtlinien (C-VI, 5.2(ii)) illustrierten Regel 86(4) EPÜ dahingehend, dass die Vorschrift nicht angewandt werden solle, wenn Merkmale zur Weiterbildung des recherchierten Gegenstands in einen geänderten Anspruch aufgenommen werden, um damit einem Einwand der mangelnden Neuheit/Erfindungshöhe auszuweichen, wie es in der vorliegenden Sache der Fall gewesen sei. Die ursprünglich beanspruchte Flip-Chip-Technologie sei durch das Zufügen des Merkmals 'anisotroper Kleber' enger gefasst worden.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag
2.1 Dokument A1 offenbart ein elektronisches Vorschaltgerät für eine Entladungslampe (vgl. Figuren 1 und 2; Seite 7, Zeilen 6 bis 14), das einen mit Gleichspannung gespeisten und in seiner Ausgangsfrequenz variierbaren Wechselrichter Q1,Q2 aufweist, dessen Arbeitsfrequenz 2.65 MHz beträgt. An den Ausgang des Wechselrichters ist ein Lastkreis angeschlossen, der mindestens einen Serienresonanzkreis und mindestens eine Entladungslampe enthält.
2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von dem aus Dokument A1 bekannten Vorschaltgerät dadurch,
a) dass das Vorschaltgerät eine LTCC-Mehrlagenschaltung mit gesinterten Keramikschichten aufweist, in die passive Bauelemente des Vorschaltgerätes integriert sind, und
b) dass Halbleiterbaugruppen auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung mittels Flip-Chip-Technologie befestigt sind.
2.3 Die kennzeichnenden Merkmale haben die technische Wirkung, dass das beanspruchte Vorschaltgerät sich besonders kompakt gestalten lässt, da LTCC-Mehrlagenschaltungen die Wärme relativ gut leiten, und Induktivitäten und Kapazitäten neben den Leiterbahnen in die Mehrlagenschaltung integriert werden können (vgl. Anmeldung, Seite 4, Zeilen 26 bis 30). Die Verwendung von Flip-Chip-Technologie ermöglicht eine weitere Miniaturisierung des beanspruchten Vorschaltgeräts (ibid Seite 5, Zeilen 2 bis 7).
2.4 Die beschwerdeführende Anmelderin hat in diesem Zusammenhang argumentiert, dass die kennzeichnenden Merkmale zahnradartig ineinandergreifen und somit synergetisch wirken (siehe Punkt VII b) oben).
2.4.1 Die Kammer ist vom diesen Argument nicht überzeugt, da erstens Dokument A1 die Vorteile einer hohen Arbeitsfrequenz in Form von niedrigeren Kapazitäts- und Induktionswerten erwähnt, die durch eine erhöhte Arbeitsfrequenz eine Miniaturisierung des Vorschaltgeräts ermöglichen (vgl. Seite 2, Zeilen 7 bis 12). Zweitens ist es im Gebiet der Elektronik ein durchaus bekanntes Phänomen, dass die Miniaturisierung eines elektronischen Geräts zu Problemen bei der Wärmeableitung führt, da die Wärmedichte im Gerät sich mit zunehmender Miniaturisierung erhöht. Die Kammer schließt sich vielmehr der Meinung der Prüfungsabteilung an, dass keine besondere Wechselwirkung zwischen den kennzeichnenden Merkmalen zu erkennen ist, so dass die oben genannten Merkmale a) und b) bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit getrennt behandelt werden dürfen.
2.5 Dokument A6 offenbart eine LTCC-Mehrlagenschaltung für Leistungskonverter (AC-DC, DC-DC, DC-AC oder AC-AC "power converter") mit einer internen Arbeitsfrequenz von bis zu 30 MHz (Spalte 7, Zeilen 29 bis 46). Passive Komponenten werden sofern möglich in die Mehrlagenschaltung integriert, und die aktiven Komponenten werden durch "surface mounting" auf der Mehrlagenschaltung befestigt und kontaktiert. In Figur 1 wird ein Halbleiterbauelement in einem Gehäuse 22 gezeigt, das durch klassisches Bonden befestigt ist. Es wird jedoch auch die Möglichkeit erwähnt, ungehäuste Leistungshalbleiterbauelemente direkt auf der Oberfläche der LTCC-Mehrlagenschaltung zu befestigen (Spalte 5, Zeilen 34 bis 36).
2.6 Die Beschwerdeführerin hat weiter argumentiert, dass, obwohl Dokument A6 eine LTCC-Mehrlagenschaltung für einen Leistungskonverter betreffe, darunter lediglich Schaltungen zu verstehen sein sollten, die in der Signalverarbeitung zum Einsatz kommen. In Dokument A6 würden durchgehend Betriebsfrequenzen im hohen MHz-Bereich (bis zu 30 MHZ) angesprochen, die nicht in der Leistungselektronik zum Einsatz kommen könnten. Daher würde der Fachmann aus Dokument A6 nicht die Anregung gewinnen, bei elektronischen Vorschaltgeräten bzw. elektronischen Transformatoren LTCC-Mehrlagenschaltungen einzusetzen.
2.6.1 Die Kammer vermag diesem Argument nicht zu folgen, da erstens die Angabe "30 MHz" eine Obergrenze darstellt, die auch im Hinblick auf die Tatsache gesehen werden muss, dass Dokument A6 nicht nur Leistungskonverter wie AC-DC, DC-DC, DC-AC und AC-AC betrifft (siehe Spalte 7, Zeilen 37 bis 44), sondern auch einen RF-Verstärker offenbart (siehe Figur 5). Zweitens wird in Dokument A6 hervorgehoben, dass LTCC-Mehrlagenschaltungen gute thermische Eigenschaften besitzen, so dass Halbleiterkomponenten auf der Oberfläche der Mehrlagenschaltung vor Überhitzung geschützt werden können (vgl. Spalte 5, Zeilen 34 bis 53). Daher ist die Kammer der Meinung, dass der Fachmann bei der Suche nach einer kompakteren Gestaltung des aus Dokument A1 bekannten Vorschaltgeräts die Lehre aus Dokument A6 in Betracht ziehen würde, eine LTCC-Mehrlagenschaltung zu verwenden.
2.7 Wie auch die Beschwerdeführerin festgestellt hat, offenbart Dokument A6 keine Flip-Chip-Technologie sondern klassisches Bonden der Halbleiterbauelemente. Die Kammer teilt aber die Meinung der Prüfungsabteilung, dass ein Fachmann angesichts der Tatsache, dass die Flip-Chip-Technologie mit LTCC-Technologie aus Dokument A8 bekannt ist (siehe Spalte 10, Zeilen 42 bis 65) die Verwendung von Flip-Chip-Technologie in Erwägung ziehen würde, um Halbleiterbaugruppen eines Vorschaltgeräts bzw. elektronischen Transformators auf einer LTCC-Mehrlagenschaltung zu kontaktieren und befestigen.
2.8 Wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt hat, betrifft Dokument A8 ein Signaltechnikbauelement und kein Leistungsbauelement. Dieses Argument wurde aber schon in der angefochtenen Entscheidung dadurch überzeugend entkräftet, dass Flip-Chip-Technologie auch in der Leistungstechnik bekannt war, wenn auch nicht in Kombination mit LTCC-Technologie (siehe Dokument A7, Spalte 6, Zeilen 57 bis 65). Da zudem Dokument A6 die guten thermischen Eigenschaften (gute Wärmeleitung sowie ein an Silizium angepasster thermischer Ausdehnungskoeffizient) der LTCC-Mehrlagenschaltungen hervorhebt und die Möglichkeit erwähnt, ungehäuste Leistungshalbleiterbauelemente direkt auf der Oberfläche der LTCC-Mehrlagenschaltung zu befestigen, sieht die Kammer triftige Gründe für den Fachmann die Verwendung von Flip-Chip-Technologie für ein Vorschaltgerät auf einer LTCC-Mehrlagenschaltung zu berücksichtigen (siehe Spalte 5, Zeilen 23 bis 28 und 34 bis 53).
2.9 Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
Dokument A2 betrifft einen elektronischen Transformator mit einer Wechselfrequenz von 200 kHz (vgl. Spalte 3, Zeilen 35 bis 39), von dem sich der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4 gemäß Hauptantrag durch die oben erwähnten Merkmale a) und b) unterscheidet. Die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 4 sind, abgesehen davon, dass sie auf einen Transformator statt auf ein Vorschaltgerät abheben, identisch mit denjenigen des Anspruchs 1. Somit beruht aus den gleichen Gründen wie zu Anspruch 1 ausgeführt wurde, der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
3. Hilfsantrag
3.1 Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 gemäß dem Hilfsantrag enthalten das zusätzliche Merkmal, dass zwischen der Oberseite der Mehrlagenschaltung (13) und den Halbleiterbaugruppen (15) ein anisotrop elektrisch leitender Kunststoff (19) angeordnet ist. Die Prüfungsabteilung hat diesen Antrag nach Regel 86(3) EPÜ nicht zugelassen mit der Begründung, dass dieser Antrag gegen Regel 86(4) EPÜ verstieße.
3.2 Regel 86(4) EPÜ schreibt vor, dass geänderte Patentansprüche sich nicht auf nicht recherchierte Gegenstände beziehen dürfen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind.
3.3 Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe T 708/00 (Abl EPA 2004, 160), Entscheidungsgründe 7, und T 141/04, Entscheidungsgründe 5.4) ist Regel 86(4) EPÜ nicht anzuwenden, wenn ein Anmelder durch die Aufnahme eines ursprünglich nur in der Beschreibung offenbarten Merkmals in einen Anspruch versucht, den Einwand mangelnder Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit durch Konkretisierung der beanspruchten Erfindung auszuräumen (siehe auch Prüfungsrichtlinien C-VI, 5.2(ii)).
3.4 Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass die Regel 86(4) EPÜ nicht hätte angewandt werden dürfen, da die Verwendung von anisotrop leitendem Klebstoff eine besondere Ausgestaltung der ursprünglich beanspruchten Flip-Chip-Technologie ist. Dies ist auch den Anmeldungsunterlagen zu entnehmen (siehe Seite 10, Zeile 38 bis Seite 11, Zeile 12), in denen Flip-Chip-Technologie aussch1ießlich in Verbindung mit anisotrop leitendem Klebstoff offenbart ist. Daher hätte der Begriff "Flip-Chip-Technologie" im ursprünglich eingereichten Anspruch 12 bei der Recherche nach Artikel 92 (1) EPÜ in diesem Sinne interpretiert werden müssen. Somit war die Nichtzulassung der geänderten Ansprüche nach Regel 86(3) fehlerhaft, weil die Voraussetzungen nach Regel 86(4) zweiter Halbsatz EPÜ nicht vorgelegen haben.
4. Verfahrensmängel und Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Nach Regel 67 EPÜ wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Obwohl die Kammer festgestellt hat, dass die Anwendung der Regel 86(4) EPÜ im vorliegenden Fall verfahrensfehlerhaft ist, entspricht es dennoch nicht der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, da der Verfahrensfehler (das Ablehnen des zweiten Hilfsantrags) nicht ursächlich für die Einlegung der Beschwerde war. Die Anmelderin hat im Beschwerdeverfahren nämlich nicht nur den im Prüfungsverfahren verfahrensfehlerhaft nicht zugelassenen zweiten Hilfsantrag gestellt sondern auch die beiden vorhergehenden Anträge, denen aber wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht stattgegeben wurde. Somit hätte die beschwerdeführende Anmelderin in jedem Fall Beschwerde einlegen müssen, um eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung in den anderen Punkten zu erreichen, die Gegenstand dieser Beschwerde waren aber keinen Anlass zur Beanstandung eines Verfahrensmangels gegeben haben. Es wäre nicht billig, der Beschwerdeführerin eine "gebührenfreie" Beschwerde gegen Einzelpunkte der angefochtenen Entscheidung zu ermöglichen, die im erstinstanzlichen Verfahren ordnungsgemäß behandelt worden sind und gegen die die Beschwerdeführerin ohnehin hätte Beschwerde einlegen müssen (siehe T 4/98 (ABl EPA 2002, 139, Entscheidungsgründe 13.3)).
Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird daher zurückgewiesen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Behandlung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.