European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2005:T083304.20051202 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 Dezember 2005 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0833/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 96934387.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01L 21/48 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Lotdepotträger | ||||||||
Name des Anmelders: | Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (bejaht) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 96 934 387.0 wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) zurückzuweisen.
Folgende Dokumente wurden u. a. in der Entscheidung berücksichtigt:
D1: IBM Technical Disclosure Bulletin, Bd. 36, Nr. 3, März 1993, New York US, Seiten 103-104
D2: US 4 832 255 A
II. Der einzige unabhängige Anspruch lautet wie folgt:
"Lotdepotträger zur selektiven Belotung von Anschlussflächen eines Substrats, der auf einer elektrisch leitfähigen, benetzungsunfähigen oder benetzungshemmenden Beschichtung eine die Beschichtung im Bereich von Maskenöffnungen freigebende Übertragungsmaske aus einem elektrisch isolierenden, nicht lötfähigen Material aufweist, wobei die Maskenöffnungen zur Aufnahme von galvanisch auf der Beschichtung abgeschiedenen Lotdepots dienen,
dadurch gekennzeichnet,
dass auf eine Trägerstruktur (11) aufgebrachte Beschichtung (12) zwei übereinander angeordnete Metallschichten (15, 17) mit unterschiedlichen Materialien aufweist, derart, daß die den Maskenöffnungen (14) zugewandte Schicht (17) benetzungsunfähig ist oder benetzungshemmend wirkt, und die den Maskenöffnungen (14) abgewandt angeordnete Schicht (15) bei der galvanischen Abscheidung als stromführende Schicht wirkt."
III. Die Prüfungsabteilung begründete ihre Entscheidung wie folgt:
Der aus Dokument D1 bekannte Lotdepotträger bestehe aus einer Trägerstruktur aus Edelstahl, die eine Titanbeschichtung aufweise. Somit könne der "obere Teil" des Edelstahls-Substrats als die stromführende Schicht und die Titanbeschichtung als die benetzungsunfähige Schicht gemäß Anspruch 1 angesehen werden, wobei der "untere Teil" des Substrats die tatsächliche Trägerstruktur bilde. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu.
Der Einwand der Anmelderin, dass der Lotdepotträger des Dokuments Dl aus drei Schichten (nämlich Substrat, Beschichtung und Maske), der Lotdepotträger der Anmeldung hingegen aus vier Schichten bestehe, sei nicht überzeugend. Die Anmelderin vertrete ferner die Meinung, dass eine Beschichtung per Definition aus einem anderen Material als dem Trägermaterial bestehe. Dazu sei zu bemerken, dass das im Anspruch 1 definierte Merkmal "zwei übereinander angeordnete Metallschichten mit unterschiedlichen Materialien" lediglich bedeute, dass die Metallschicht 15 aus einem anderen Material bestehe als die Metallschicht 17. Der Ausdruck "Schicht" bezeichne in der Patentsprache normalerweise auch eine (schichtförmige) Region innerhalb eines einheitlichen Materials (z. B. eine Schicht an einer Oberfläche des Siliziumsubstrats). Deswegen sei die Prüfungsabteilung der Meinung, dass das Material der beanspruchten Metallschicht 15 sich nicht unbedingt vom Material der Trägerstruktur unterscheiden müsse. Ferner sei im Anspruch 1 das Material der Trägerstruktur nicht definiert, so dass das aus Dl bekannte "302 stainless steel" im Schutzbereich des Anspruchs 1 liege. Folglich sei die Prüfungsabteilung der Meinung, dass das aus Dl bekannte "302 stainless steel" Substrat, eine der Metallschicht 15 des Anspruchs 1 entsprechende Schicht und einen der Trägerstruktur 11 des Anspruchs 1 entsprechenden Träger, umfasse.
Die Prüfungsabteilung machte ferner geltend, dass der beanspruchte Lotdepotträger sich in naheliegender Weise aus einer Zusammenlegung der Dokumente D1 und D2 ergebe und deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ).
IV. Die Beschwerdeführerin führte im Wesentlichen folgendes aus:
Es sei nicht möglich, die in Dokument D1 offenbarte Struktur so zu interpretieren, dass es sich bei dem "oberen Teil des Substrats aus "302 stainless steel"" um eine der beiden Schichten der Beschichtung gemäß Anspruch 1 handele. Der völlig eindeutige Bedeutungsinhalt des Begriffs "beschichten" bzw. "Beschichtung" lasse tatsächlich überhaupt keinen Raum für derartige Interpretationen, da eine Beschichtung wortsinngemäß immer auf einer Oberfläche angeordnet sei. Der Anspruch 1 beziehe sich auf eine Beschichtung, die zwei übereinander angeordnete Metallschichten aufweise und die auf die Oberfläche der Trägerstruktur aufgebracht sei. Dies sei jedoch weder in Dokument D1 noch D2 offenbart.
V. Die Beschwerdeführerin hat beantragt ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche:
Ansprüche 1 bis 9, in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Beschreibung:
Seiten 1, 1a, 1b, 3, 3a und 3b, eingereicht mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1999
Seite 2 und 4 bis 10, in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Figuren:
Seite 1/1, in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Anmeldung betrifft einen Lotdepotträger, bestehend in dieser Reihenfolge aus einer Trägerstruktur 11, einer zweilagigen Beschichtung 15, 17 und einer Maske mit entsprechenden Maskenöffnungen 14 (vgl. Fig. 1). Das Lotdepot wird durch ein galvanisches Verfahren in die Maskenöffnungen abgeschieden. Zur Übertragung des Lotdepots auf die Anschlussflächen eines Substrats wird der Träger so oberhalb des Substrats angeordnet, dass sich die Lotdepots in einer Überdeckungslage mit den zu belotenden Anschlussflächen befinden. Durch Aufwärmen über die Schmelztemperatur des Lotes fließt dieses und benetzt die Anschlussflächen. Eine Ablösung des flüssigen Lotdepots von der Beschichtung am Grunde der Maskenöffnungen wird dadurch ermöglicht, dass die obere Schicht der Beschichtung aus einem benetzungshemmenden Material besteht. Die darunter liegende Schicht wird aus einem leitfähigen Material hergestellt, das während des galvanischen Verfahrens die stromführende Funktion übernimmt.
3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
3.1 Dokument D1 offenbart einen Lotdepotträger mit einer aus Edelstahl geformten Trägerstruktur, die mit einer Titanschicht beschichtet ist. Wie in der Anmeldung wird das Lotdepot durch ein galvanisches Verfahren in die auf der Titanschicht vorhandenen Maskenöffnungen abgeschieden. Die in diesem Dokument explizit offenbarte Funktion der Titan-Beschichtung ist einer Wasserstoff-Gasblasenbildung bei der elektrolytischen Abscheidung des Lotmaterials entgegenzuwirken (vgl. Seite 103, 3. Absatz). Eine Titanbeschichtung hat jedoch, wie in der Anmeldung dargestellt, auch eine benetzungshemmende Wirkung (vgl. die vorliegende Anmeldung, Anspruch 2).
3.2 In ihrer Entscheidung hat die Prüfungsabteilung argumentiert, dass das Edelstahl-Substrat dieses bekannten Lotdepotträgers als aus zwei Teilen bestehend angesehen werden könne. Dadurch könne man den "oberen Teil" des Substrats mit der dem Substrat zugewandten Schicht der Beschichtung gemäß Anspruch 1 und den "unteren Teil" mit dem tatsächlichen Substrat gleichsetzen. Die zweite Schicht der Beschichtung werde dann durch die der Maske zugewandten Titanschicht gebildet.
3.3 Die Kammer kann dieser Argumentation jedoch nicht folgen. Wie die Anmelderin zutreffend dargelegt hat, erfordert der Anspruch 1 eine Beschichtung, die aus zwei Schichten besteht. Eine Beschichtung ist jedoch eine Tätigkeit, durch die eine Schicht auf einer Oberfläche aufgebracht wird. Sinngemäß kann von so einer "beschichteten" Schicht nur gesprochen werden, wenn sie wenigstens durch eine Eigenschaft vom Träger unterscheidbar ist. Es ist nicht sinngemäß, ein massives Teil willkürlich in zwei von sich aus nicht unterscheidbare Teile aufzutrennen und als einen beschichteten Träger anzusehen.
3.4 Anspruch 1 fordert deshalb, im Verständnis der Kammer, eine Struktur, die aus vier unterscheidbaren Teilen besteht, nämlich einem Träger, einer aus zwei unterschiedlichen Metallschichten bestehende Beschichtung und einer Maske. Dokument D1 offenbart jedoch eine Struktur, die nur aus drei unterscheidbaren Teilen besteht, nämlich Träger, Beschichtung und Maske.
Der Lotdepotträger gemäß Anspruch 1 ist folglich neu.
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
4.1 Nach Auffassung der Kammer ist Dokument D2 der nächstliegende Stand der Technik.
Dokument D2 offenbart einen Lotdepotträger, der aus einem elektrisch nicht leitendem Polyimidträger 10, einer einlagigen, nicht benetzenden Beschichtung 12 und einer Maske 14 besteht (vgl. Spalte 2, Zeile 55 bis Spalte 3, Zeile 17 und Fig. 2).
Der in diesem Dokument beschriebene Lotdepotträger entspricht im Wesentlichen der Struktur, die in der Anmeldung im Hinblick auf die US Patentschrift 5 217 597 beschrieben ist. Diese besteht nämlich auch aus einem nicht leitendem Träger, einer benetzungshemmenden Metallbeschichtung und einer Maske.
4.2 Der Lotdepotträger des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesen bekannten Trägern dadurch, dass die Metallbeschichtung aus zwei unterschiedlichen Metallen gebildet ist, wobei die dem Substrat zugewandte Schicht als stromführende Schicht und die dem Substrat abgewandte Schicht benetzungshemmend wirkt.
Hierdurch wird ermöglicht, die Eigenschaften beider Schichten optimal auf die eigentliche Funktion abzustellen (Benetzungsfähigkeit einerseits und Leitfähigkeit andererseits) und einer Kompromisslösung hinsichtlich des Metalls der Beschichtung, wie dies beim Stand der Technik notwendig, auszuweichen (vgl. die vorliegende Anmeldung Seite 3, Zeilen 14 bis 30).
4.3 Somit entspricht die im Hinblick auf D2 objektiv gelöste Aufgabe der ursprünglich in der Anmeldung gestellten Aufgabe, nämlich einen Lotdepotträger vorzuschlagen, der optimal für großflächige Substrate zu verwenden ist (vgl. Seite 3, Zeilen 2 bis 4).
4.4 Eine gute Leitfähigkeit der Trägerstruktur ist bei großflächigen Substraten nämlich eine Voraussetzung um während des galvanischen Verfahrens eine gleichmäßige Abscheidung des Lotdepots in den Maskenöffnungen zu ermöglichen (vgl. Seite 2, Zeilen 15 bis 22). Diese verbesserte Leitfähigkeit kann jedoch weder durch das Substrat noch durch die einlagige Beschichtung gewährleistet werden, da das Substrat nicht leitend ist und Metallbeschichtungen mit hoher Leitfähigkeit nicht benetzungshemmend wirken.
4.5 Auch hinsichtlich der Offenbarung des Dokuments D1 ist der beanspruchte Lotdepotträger nicht naheliegend. Dieses Dokument offenbart nämlich einen Edelstahlträger, der mit einer Titanbeschichtung versehen ist. Das Hinzufügen einer stromführenden Schicht im Sinne der Anmeldung zwischen Träger und Beschichtung bedeutet jedoch, dass bei der galvanischen Abscheidung der Strom im Wesentlichen durch diese, die stromführende, Schicht geleitet wird. Bei Verwendung eines leitfähigem Trägers (wie z. B. im Fall der D1 eines Edelstahlträgers) wird gemäß den Erfordernissen des Anspruchs 1 der Strom nicht durch den Träger, sondern im Wesentlichen durch die Schicht 15 geführt. Dies verbessert die gesamte Leitfähigkeit des Lotdepotträgers hinsichtlich des Stands der Technik und dadurch auch die Gleichmäßigkeit der galvanischen Abscheidung.
4.6 Das Trennen der im Stand der Technik bekannten einlagigen Beschichtung in zwei unterschiedliche Metallschichten, wobei jede eine Teilfunktion optimal erfüllen kann, ist aus diesen Gründen nicht naheliegend.
4.7 Die Prüfungsabteilung hat ausgeführt, dass der beanspruchte Lotdepotträger im Hinblick auf die Zusammenlegung der Dokumente D1 und D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da der Fachmann das Edelstahl-Substrat der D1 durch das aus D2 bekannte und äquivalente Substrat aus Polyimid (Träger) und Metallbeschichtung ersetzen würde.
4.8 Die Kammer kann jedoch keine Gründe erkennen weshalb der Fachmann das Edelstahl-Substrat, das im Dokument D1 im Zusammenhang mit einer nicht benetzenden Titanbeschichtung verwendet wurde, durch einen Polyimidträger mit einer nicht benetzenden Metallbeschichtung, wie in D2 offenbart, ersetzen würde. Die sich daraus ergebende Struktur würde nämlich eine zweilagige Metallbeschichtung aufweisen, jedoch von zwei nicht benetzenden Metallen. Diese Argumentation beruht somit auf einer rückschauenden Betrachtungsweise bei der Merkmale beider Dokumente willkürlich kombiniert wurden.
Es ist ferner hervorzuheben, dass das "Substrat" gemäß D2 einzig der Polyimidträger und nicht die von der Prüfungsabteilung benannte Struktur (Polyimidträger und Beschichtung) ist. Ein jeweiliges Ersetzen der Substrate in diesen beiden Dokumenten kann deshalb nie zu einer zweilagigen Beschichtung führen sondern führt zwangsläufig zu einer Trägerstruktur mit einer einlagigen Beschichtung.
5. Nach Beurteilung der Kammer erfüllt daher der Lotdepotträger des Anspruchs 1 die Erfordernisse des EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche:
Ansprüche 1 bis 9, in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Beschreibung:
Seiten 1, 1a, 1b, 3, 3a und 3b, eingereicht mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1999
Seite 2 und 4 bis 10, in der ursprünglich eingereichten Fassung.
Figuren:
Seite 1/1, in der ursprünglich eingereichten Fassung.