European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2007:T049304.20070419 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 April 2007 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0493/04 | ||||||||
Anmeldenummer: | 94904181.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06K 19/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Ausweiskarte mit visuell sichtbarem Echtheitsmerkmal und Verfahren zu ihrer Herstellung | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke & Devrient GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Bundesdruckerei GmbH ORGA Kartensysteme GmbH |
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Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit geänderter Anträge (ja) Erfinderische Tätigkeit (nein, alle Anträge) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die am 12. Februar 2004 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent in geänderter Fassung gemäß einem ihr vorliegenden Hilfsantrag aufrechtzuerhalten, richten sich die am 8. April 2004 von der Patentinhaberin (Giesecke & Devrient GmbH) sowie am 6. April 2004 von der Einsprechenden I (Bundesdruckerei GmbH) und am 22. April 2004 von der Einsprechenden II (ORGA Kartensysteme GmbH) jeweils unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr eingelegten Beschwerden.
Die Beschwerdebegründung der Patentinhaberin wurde am 17. Juni 2004 eingereicht; diejenige der Einsprechenden I ging am 16. Juni 2004 und diejenige der Einsprechenden II ging am 21. Juni 2004 ein.
II. Im Hinblick auf im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen des Patents konzentrierte sich die Diskussion im Beschwerdeverfahren auf den Grund des Artikels 100 a) EPÜ und dabei konkret auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
In diesem Zusammenhang bezogen sich die Parteien u.a. auf die Dokumente:
D2: EP-A-0 420 261,
D8: EP-A-0 219 011,
D11: EP-A-0 219 012,
D15: US-A-4 032 691, und
D22: DE-C-31 51 407.
III. Die Parteien wurden auf ihren Antrag zu einer mündlichen Verhandlung geladen, die am 19. April 2007 stattfand.
IV. Die Patentinhaberin beantragte, das Patent in geänderter Fassung auf der Basis eines Satzes von Ansprüchen 1 bis 18 gemäß einem mit Eingabe vom 19. März 2007 eingereichten Hauptantrag oder mit einem alternativen Anspruchssatz gemäß einem von sieben mit derselben Eingabe eingereichten Hilfsanträgen sowie einer daran jeweils anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.
V. Die Einsprechenden I und II beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
VI. Der Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Mehrschichtiger Datenträger (1) mit allgemeinen Druckbilddaten (2, 22), mit wenigstens einer opaken Schicht (5, 13, 15, 19, 25) und mit wenigstens einer transparenten Schicht (7, 11, 12, 16, 18, 27, 39), die dadurch sensibilisiert ist, dass sie Zusatzstoffe enthält, die für einen Laserstrahl absorbierend sind, wobei in die transparente Schicht mittels eines Laserstrahls Informationen in Form von lokalen Änderungen der optischen Eigenschaften der Schicht durch Verfärbung der Schicht einbringbar sind, wobei die mit einem Laserstrahl beschreibbare Schicht eine im Vergleich zu den übrigen Schichten des Datenträgers dünne, nicht selbsttragende Schicht in Form einer Lackschicht (7, 11, 12, 16, 18) mit einer Dicke von 1 bis 50 mym ist."
Die Ansprüche 2 bis 18 dieses Antrags sind abhängige Ansprüche.
Der Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags ist um die Merkmale "welche gemeinsam mit einer dickeren Trägerschicht mit ein oder mehreren weiteren Schichten zu dem mehrschichtigen Datenträger laminiert ist oder als Ablackierung eines Datenträgergrundkörpers den mehrschichtigen Datenträger bildet" zur weiteren Konkretisierung der Lackschicht ergänzt.
Der Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 1. Hilfsantrags durch eine Beschränkung des Bereichs für die Dicke der Lackschicht auf Werte "von 5 bis 20 mym".
Der Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 2. Hilfsantrags durch die Streichung der sich auf die Ablackierung beziehenden Alternative.
Der Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags ergänzt den Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Merkmale betreffend die Lackschicht, "welche gemeinsam mit einer dickeren Trägerschicht mit ein oder mehreren weiteren Schichten zu dem mehrschichtigen Datenträger laminiert ist, wobei eine obere Deckfolie ein Linsenraster aufweist, unter dem die Lackschicht angeordnet ist, oder wobei der Schichtaufbau des Datenträgers mehrere übereinander liegende Lackschichten aufweist, von denen jede einzelne Lackschicht (30, 31, 32, 34, 36) entweder unterschiedliche Zusatzstoffe oder eine unterschiedliche Menge an Zusatzstoffen enthält. "
Der Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 4. Hilfsantrags durch die Beschränkung des Bereichs für die Dicke der Lackschicht auf Werte "von 5 bis 20 mym".
Der Anspruch 1 des 6. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 4. Hilfsantrags durch die Streichung der sich auf die Ausbildung eines Linsenrasters beziehenden Alternative.
Der Anspruch 1 des 7. Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des 6. Hilfsantrags durch die Beschränkung des Bereichs für die Dicke der Lackschicht auf Werte "von 5 bis 20 mym".
VII. Die Einsprechenden stellten die Zulässigkeit der erstmalig kurz vor der Verhandlung vorgelegten Hilfsanträge der Patentinhaberin in Frage. Insbesondere die Hilfsanträge 4 bis 7 bezögen sich auf Sachverhalte, die in dem vorausgegangenen Verfahren nicht zur Debatte gestanden hätten. Im Übrigen beanstandeten sie Klarheitsmängel (Artikel 84 EPÜ) der geänderten Patentansprüche und bezweifelten die Offenbarungsbasis einiger der vorgenommenen Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ).
Darüber hinaus seien die Gegenstände der Ansprüche 1 aller vorliegenden Anträge dem Fachmann durch den nachgewiesenen Stand der Technik nahegelegt. So ergäben sich die Gegenstände der Ansprüche 1 des Hauptantrags sowie des 1. bis 5. Hilfsantrags unmittelbar aus einer Zusammenschau der Lehren der Dokumente D11 und D15. Die Alternative, auf die sich die Ansprüche 1 des 6 und 7. Hilfsantrags beschränken, stelle eine durch Dokument D2 nahegelegte Abwandlung der aus Dokument D11 bekannten Struktur des Schichtaufbaus dar.
VIII. Nach Auffassung der Patentinhaberin seien die vorgelegten Anträge ins Verfahren zuzulassen, da sie keine neuen, überraschenden Sachverhalte beträfen. So dienten die mit dem Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags eingeführten und für die weiteren Hilfsanträge beibehaltenen Änderungen lediglich dem Zweck einer Klarstellung des Begriffes "Lackschicht" im Sinne des vorliegenden Patents. Die von den Einsprechenden besonders angegriffenen Änderungen gemäß den Hilfsanträgen 4 bis 7 beträfen entweder eine Einschränkung durch im ursprünglichen und erteilten Patentanspruch 1 enthaltenen Merkmale oder eine Bauform, wie sie ohnehin aus Dokument D11 bekannt sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei als erfinderisch anzusehen, weil der nachgewiesene Stand der Technik dem Fachmann nicht die Lehre vermittle, einen mehrschichtigen Datenträger mit allgemeinen Druckbilddaten mit einer Lackschicht in dem beanspruchten Dickenbereich als laserbeschreibbare Schicht zu versehen, um so im Vergleich zur Verwendung von laserbeschreibbarem Folienmaterial eine Beschriftung mit verbesserter Schärfe und Auflösung bei gutem Kontrast zu erzielen und gleichzeitig mehr Flexibilität für Modifikationen bei der Herstellung des Datenträgers zu gewinnen. Dokument D11 lehre demgegenüber die Verwendung von Folien erheblich größerer Dicke. Insofern das Dokument hinsichtlich eines geeigneten Materials für die laserbeschreibbare Schicht auf Dokument D15 verweise, beziehe sich seine Lehre ausschließlich auf eine Ausführung der Schicht als extrem dünne Metall- oder Farbschicht, nicht jedoch auf Lackschichten. Die Dokumente D8 und D22 bestätigten, dass am Prioritäts- bzw. Anmeldetag des vorliegenden Patents für laserbeschreibbare Schichten mehrlagiger Datenträger in der Tat nur Folien mit Dicken von 100 mym und mehr verwendet wurden. Weitere von den Einsprechenden herangezogene Dokumente, wie etwa das Dokument D2, beträfen gar keine mehrschichtigen Datenträger mit allgemeinen Druckbilddaten im Sinne des vorliegenden Patents, d.h. Ausweiskarten, Kreditkarten, Bankkarten, Barzahlungskarten und dergleichen, sondern beschäftigten sich mit auf temporären Substraten erzeugten Transferhologrammen. Soweit hierbei einzelne Schichten überhaupt als Lack auf dem temporären Substrat aufgebracht seien, verwandelten sie sich mit ihrer Ablösung von diesem Substrat und dem Transfer auf einen Datenträger in Folien und verlören damit die Eigenschaft einer Lackschicht im Sinne des Streitpatents. Die Ergänzungen zum Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags dienten der Klarstellung dieses Sachverhaltes.
Die Begründung des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit gelte umso mehr für den besonders vorteilhaften Dickenbereich von 5 bis 20 mym für die Lackschicht gemäß dem 2. Hilfsantrag. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Fachmann entgegen dem konkreten Hinweis in Dokument D11 auf die in Dokument D15 gezeigten Metall- und Farbschichten auch die in D15 noch erwähnten Harzschichten in einer Dicke von 0,1 bis 10 mym in Betracht gezogen hätte, fehlte jeglicher Hinweis, zur Erzielung der mit der Erfindung verbundenen Vorteile eine laserbeschreibbare Lackschicht mit einer Dicke gerade in dem im logarithmischen Maßstab relativ kleinen Überlappungsbereich zu D15 von 5 bis 10 mym zu wählen.
Schließlich enthielten die von den Einsprechenden herangezogenen Dokumente des Standes der Technik keinerlei Hinweis auf einen Schichtaufbau des Datenträgers mit mehreren übereinander liegenden Lackschichten, von denen jede einzelne Lackschicht entweder unterschiedliche Zusatzstoffe oder eine unterschiedliche Menge an Zusatzstoffen enthält. Lediglich Dokument D8 zeige einen gattungsgemäßen Datenträger mit übereinander liegenden laserbeschreibbaren Schichten, doch seien diese aus relativ dicken Folien gebildet und wiesen deshalb nicht die mit dem Patent erzielten Vorteile auf.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist damit zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Änderungen
Der vorliegende Anspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 6 dar. Sein Gegenstand beruht auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 7 in Verbindung mit Angaben zur Dicke der Lackschicht, wie sie auf Seite 8 in den Zeilen 23 bis 25 der veröffentlichten Anmeldung offenbart ist.
Es bestehen daher keine Bedenken hinsichtlich der Erfordernisse der Artikel 123 (2) und 123 (3) EPÜ.
2.2 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ)
2.2.1 Dokument D11 zeigt einen mehrschichtigen Datenträger, wie z.B. eine Ausweis-, Bank- oder Kreditkarte 1, mit allgemeinen Druckbilddaten 5 auf einer opaken Kernschicht 6, auf welche eine ein Linsenraster enthaltende transparente Deckschicht 7 laminiert ist (vgl. die Figuren 1 und 2 mit zugehöriger Beschreibung). Bei einer Ausführungsform weist der bekannte Datenträger zwischen der Kernschicht und der transparenten Deckschicht, in die das Linsenraster eingeprägt wird, eine zusätzliche transparente Datenempfangsschicht 16 auf, die dadurch sensibilisiert ist, dass sie Zusatzstoffe enthält, die für einen Laserstrahl absorbierend sind, wobei mittels eines Laserstrahls Informationen in Form von lokalen Änderungen der optischen Eigenschaften der Schicht durch Verfärbung der Schicht einbringbar sind (vgl. Figur 4a mit zugehöriger Beschreibung). Die lasersensibilisierte Datenempfangsschicht 16 besteht beispielhaft aus einer 100 mym dicke Folie. Gemäß einer Variante besteht die Datenempfangsschicht aus einer besonders dünn ausgebildeten, nicht selbsttragenden Teilschicht der Deckfolie (Spalte 13, Zeilen 49 bis 56), oder aus einer Beschichtung der Kernschicht im Bereich des Linsenrasters (Spalte 13, Zeilen 13 bis 15). Diesbezüglich macht Dokument D11 die folgenden Angaben: "In einer weiteren möglichen Ausführungsform wird zwischen der Kernschicht und der transparenten Deckschicht, in die das Linsenraster eingeprägt wird, eine das Laserlicht gut absorbierende, zusätzliche Datenempfangsschicht eingebracht. Die Kernschicht wird dazu z. B. im Bereich des Linsenrasters mit geeigneten Materialien, wie Metallen, Farbschichten etc. beschichtet. Für eine Laseraufzeichnung geeignete Materialien sind z. B. aus der US-PS 4,032,691 [= Dokument D15; Anmerkung der Kammer] bekannt. Weitere geeignete Stoffe auf Aluminiumbasis werden z. B. in der DE-OS 33 11 882 genannt. Diese Schichten erlauben auch unter entsprechenden Steuerung der Laserintensität die Darstellung von Motiven in unterschiedlichen Farben." (Spalte 13, Zeilen 7 bis 17).
2.2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von einem aus Dokument D11 bekannten mehrschichtigen Datenträger im Hinblick auf die mit D11 unmittelbar gegebenen technischen Informationen durch die Ausbildung der transparenten laserbeschreibbaren Schicht speziell als Lackschicht mit einer Dicke von 1 bis 50 mym.
Die Ausbildung als Lackschicht im beanspruchten Dickenbereich erlaubt eine Verbesserung der Schärfe und Auflösung der Laserbeschriftung aufgrund einer mit Folienmaterial nicht erreichbaren Reduzierung der Schichtdicke (vgl. Spalte 3, Zeilen 7 bis 27 der Patentbeschreibung). Darüber hinaus ergibt sich im Vergleich zur Verwendung von Folienmaterial der Vorteil einer erhöhten Flexibilität bei der Kartenherstellung, etwa in Bezug auf Modifikationen von Lasersensibilisierungseigenschaften losgelöst von der Lagerhaltung der Folien (vgl. Spalte 4, Zeilen 7 bis 20 der Patentbeschreibung).
2.2.3 Dokument D15, auf das in der vorstehend zitierten Textstelle des Dokuments D11 verwiesen wird, beschäftigt sich in der Tat mit laserbeschreibbaren Datenempfangsschichten und nennt als hierfür geeignete Materialien neben Metallen und Farben auch Kunstharze (vgl. den Anspruch 1; Spalte 2, Zeilen 48 bis 59; und Spalte 6, Zeilen 10 bis 14). Im Falle der Kunstharze bilden die Datenempfangsschichten in der Regel transparente Schichten. Dieser Umstand findet Bestätigung in der Angabe, dass sich die Schichten unter Lasereinwirkung z.B. verfärben, entfärben oder opak werden (Spalte 1, Zeilen 45 bis 54; Spalte 3, Zeilen 1 bis 10). Zur Herstellung laserbeschreibbarer Schichten aus Kunstharz verweist Dokument D15 u.a. auf Tauchverfahren oder die Möglichkeit des Walzlackierens ("roller coating") und damit auf deren Ausbildung als Lackschichten, für deren Dicke ein bevorzugter Bereich von 0,1 bis 10 mym angegeben ist (Spalte 3, Zeilen 14 bis 20).
2.2.4 Der Fachmann, der dem in Dokument D11 gegebenen Hinweis auf Dokument D15 bezüglich geeigneter Materialien für eine als Beschichtung ausgebildete Datenempfangsschicht nachging, stieß dort auf die Anregung, eine derartige Schicht als Lackschicht in dem beanspruchten Dickenbereich auszuführen, und gelangte somit unmittelbar zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1.
2.2.5 Die Einwände der Patentinhaberin, der genannte Hinweis in Dokument D11 auf Dokument D15 betreffe nur vom Anspruchswortlaut nicht umfasste Datenempfangsschichten aus opaken Metall- und Farbschichten, die maximal 0,3 mym dick seien und damit durch den Laser nicht verfärbt, sondern weggebrannt würden, während Dokument D11 selbst und unterstützt durch einen Verweis auf Dokument D22 in Bezug auf das Vorsehen einer laserbeschreibbaren sensibilisierten Kunststoffschicht ausschließlich die Verwendung von Folienmaterial in einer Mindestdicke von etwa 100 mym lehre, sind nicht stichhaltig. Sie übergehen nämlich, dass Dokument D15 dem Fachmann gerade auch die Option einer aus einer Kunstharzschicht gebildeten Lackschicht als eine gleichwertige Alternative zu laserbeschreibbaren Metall- und Farbschichten anbot. Hiervon Kenntnis zu nehmen, bedurfte es keiner erfinderischen Leistung. Einer Berücksichtigung dieser aus Dokument D15 bekannten Option bei dem aus Dokument D11 bekannten Datenträger steht auch nicht der Umstand entgegen, dass in einer anderen aus Dokument D11 bekannten Ausführungsform als laserbeschreibbare Schicht eine etwa 100 mym dicke Kunststofffolie Verwendung findet. Es trifft zwar zu, dass Dokument D11 nicht zuletzt auch in Verbindung mit den Hinweisen auf weiteren Stand der Technik wie demjenigen des Dokuments D22 dem Fachmann eine ganze Reihe von Anregungen für die Ausgestaltung der laserbeschreibbaren Schicht gibt, doch zählt zu den in Verbindung mit dem Hinweis auf Dokument D15 bekannten Anregungen eben auch die Ausbildung einer Lackschicht als Kunstharzbeschichtung im beanspruchten Dickenbereich. Zudem ist die Zahl der beschriebenen Varianten nicht so unübersichtlich, dass es einer erfinderischen Auswahl bedurft hätte, der Fachwelt die in Dokument D15 angesprochene dünne laserbeschreibbare Kunstharzbeschichtung für die Verwendung in einem Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Der Vollständigkeit halber weist die Kammer noch darauf hin, dass die Einspruchsabteilung die Übernahme des in Dokument D15 offenbarten Dickenbereiches für die Kunstharzschicht auf den aus Dokument D11 bekannten Datenträger deshalb als für den Fachmann nicht naheliegend ansah, weil dies eine Abkehr von der in D11 als optimal beschriebenen Dicke von 100 mym und erhebliche Veränderungen an den Parameters des Linsenrasters und des Schichtaufbaus erfordert hätte. Die Kammer ist von dieser Begründung schon deshalb nicht überzeugt, weil auch eine laserbeschreibbare Schicht mit einer Dicke in dem aus Dokument D15 bekannten Bereich in den in Dokument D11 beschriebenen Fokusbereich des Linsenrasters fällt, welcher die Einlagerung der laserbeschreibbaren Schicht in einer Kartentiefe zwischen ca. 350 und 600 mym erlaubt (Spalte 14, Zeilen 26 bis 29), so dass es der behaupteten Anpassung des Linsenrasters gar nicht bedurft hätte. Darüber hinaus ist die Dickenangabe von 100 mym in Dokument D11 nicht als "optimal" beschrieben, sondern steht lediglich beispielhaft für verfügbares Folienmaterial. Es gibt daher keinen Grund, warum der Fachmann, dem expliziten Verweis in Dokument D11 auf Dokument D15 folgend, die dortige Lehre nicht in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis genommen hätte.
2.2.6 Aus den vorstehenden Gründen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die durch den Stand der Technik angeregte Zusammenschau der Lehren der Dokumente D11 und D15 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne der Vorschrift der Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.
2.3 Der Hauptantrag der Patentinhaberin ist daher nicht gewährbar.
3. Hilfsanträge
3.1 Zulässigkeit (Artikel 10b VerfOBK)
3.1.1 Nach Artikel 10b (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern steht es "im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt."
Artikel 10b (3) VerfOBK ergänzt, dass Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen werden, "wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem bzw. den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist."
3.1.2 Im vorliegenden Fall stellen die in den Hilfsanträgen vorgenommenen Änderungen in ihrer Mehrheit entweder Versuche dar, den ohnehin diskutierten Sachverhalt weiter zu präzisieren (vgl. die Änderungen zum 1. Hilfsantrag) oder ergänzen den Gegenstand des Anspruchs 1 um Merkmale aus dem erteilten Unteranspruch 11, bzw. dem ursprünglich offenbarten Unteranspruch 12. Ausnahmen hiervon stellen die Einschränkung des im Anspruch 1 des Hauptantrags angegebenen Dickenbereiches der Lackschicht (2., 3., 5. und 7. Hilfsantrag) und die lediglich als Option beanspruchte Ausgestaltung einer oberen Deckfolie als Linsenraster (4. und 5. Hilfsantrag) dar.
Im Hinblick darauf, dass das Patent in toto angegriffen wurde und somit für die Einsprechenden und die Kammer keine neue unvorhersehbare Sachlage entstand, sowie darauf, dass sich in der Diskussion in der mündlichen Verhandlung keine Umstände ergaben, die eine Vertagung der Entscheidung erfordert hätten, hat die Kammer unter pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens entschieden, die vorgelegten Hilfsanträge ins Verfahren zuzulassen.
3.2 Erfinderische Tätigkeit
Aus den nachfolgend angegebenen Gründen beruht keiner der Gegenstände der Ansprüche 1 der vorgelegten Hilfsanträge auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass schon deswegen keiner dieser Anträge gewährbar ist.
3.2.1 1. Hilfsantrag
Nach Aussage der Patentinhaberin dienten die dem Anspruch 1 hinzugefügten Ergänzungen lediglich der Klarstellung des zwischen den Parteien umstrittenen Begriffes "Lackschicht" in Sinne des vorliegenden Patents, nicht jedoch dem Versuch, den Anspruchsgegenstand deutlicher von der Lehre der Dokumente D11 und D15 zu unterscheiden.
In der Tat enthält Dokument D11 bereits Hinweise sowohl auf die Möglichkeit, die laserbeschreibbare Schicht durch eine dickere Trägerschicht mechanisch stabilisiert, d.h. nicht selbsttragend und damit besonders dünn auszubilden sowie sie gemeinsam mit der Trägerschicht mit weiteren Schichten zu dem mehrschichtigen Datenträger zu laminieren (Spalte 13, Zeilen 41 bis 56), als auch, in Verbindung mit dem vorstehend zitierten Verweis auf Dokument D15, auf die Alternative, die laserbeschreibbare Schicht als Beschichtung in Form einer Ablackierung des Datenträgergrundkörpers auszubilden (Spalte 13, Zeilen 13 bis 17).
Damit beruht aber der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem 1. Hilfsantrag aus den vorstehend zum Hauptantrag dargelegten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.2.2 2. Hilfsantrag
Im einzigen Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem 1. Hilfsantrag ist der Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags auf einen Bereich von 5 bis 20 mym für die Dicke der laserbeschreibbaren Schicht beschränkt.
Da es für den Fachmann im Hinblick auf die Zusammenschau der Dokumente D11 und D15 nahelag, aus den zum Hauptantrag genannten Gründen einen Datenträger mit einer laserbeschreibbaren Schicht in Form einer Lackschicht mit einer Dicke im Bereich von 0,1 bis 10 mym zu versehen, ergeben sich aus dem Stand der Technik in naheliegender Weise Datenträger, die unter die Definition des Anspruchs 1 des 2. Hilfsantrags fallen.
Spekulationen der Patentinhaberin, ob und ggf. aus welchen Gründen der Fachmann tatsächlich nur einen Teil des in Dokument D15 offenbarten Dickenbereichs von 0,1 bis 10 mym ernsthaft in Betracht gezogen hätte, sind bei dieser Sachlage ohne Bedeutung.
3.2.3 3. Hilfsantrag
Der Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags ist im Vergleich zu demjenigen des 2. Hilfsantrags beschränkt auf die Variante der Laminierung der Lackschicht gemeinsam mit einer dickeren Trägerschicht zu dem mehrschichtigen Datenträger. Da, wie vorstehend zum 1. Hilfsantrag ausgeführt, Dokument D11 auch schon einen Hinweis auf einer derartige Laminatstruktur des Datenträgers gibt, kann auch eine Beschränkung darauf nicht das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit begründen.
3.2.4 4. und 5. Hilfsantrag
i) Die Patentansprüche 1 des 4. und 5. Hilfsantrags enthalten die Beschränkung des 3. Hilfsantrags auf eine Laminatstruktur und definieren als weitere Optionen das Vorsehen einer über der Lackschicht angeordneten, ein Linsenraster aufweisenden Deckfolie oder die Ausbildung mehrerer übereinander liegender Lackschichten, von denen jede einzelne entweder unterschiedliche Zusatzstoffe oder eine unterschiedliche Menge an Zusatzstoffen enthält. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich lediglich in der Angabe des Dickenbereichs für die Lackschicht, wobei der Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags den Bereich von 1 bis 50 mym und derjenige des 5. Hilfsantrags den engeren Bereich von 5 bis 20 mym beansprucht.
ii) Die erste, sich auf das Linsenraster beziehende Alternative ist ebenfalls aus Dokument D11 bekannt (vgl. z. B. die Figuren 1 und 4a) und kann daher keinen erfinderischen Unterschied des Anspruchsgegenstandes gegenüber dem einschlägigen Stand der Technik begründen.
iii) Ein Vorsehen mehrerer, unterschiedlich sensibilisierter Lackschichten gemäß der zweiten von den Ansprüchen 1 des 4. und 5. Hilfsantrags umfassten Alternative betrifft eine im Stand der Technik mit den damit verbundenen Vorteilen hinsichtlich einer Erweiterung der Individualisierungsmöglichkeiten des Datenträgers und einer Verbesserung der Qualität der Laserbeschriftung an sich bekannte Maßnahme (vgl. hierzu Dokument D2: Spalte 15, Zeilen 14 bis 22 und Spalte 19, Zeilen 54 bis 58).
Die Patentinhaberin argumentiert in diesem Zusammenhang, dass bei einer Datenträgerstruktur mit einem durch ein Linsenraster hervorgerufenen Kippbild, wie sie aus Dokument D11 bekannt sei, zusätzliche Schichten grundsätzlich unerwünscht seien, so dass der relevante Stand der Technik für Datenträger mit mehreren übereinanderliegenden, laserbeschreibbaren Schichten durch Dokument D8 gegeben sei, welches hierfür jedoch Folienmaterial in erheblich größerer Dicke verwende. Abgesehen davon, dass auch Dokument D2 weder die Verwendung von Lackschichten noch die beanspruchten Dickenbereiche lehre, habe der Fachmann dieses Dokument schon deshalb nicht zu Rate gezogen, weil es sich lediglich mit der Struktur und Herstellung von Transferhologrammen beschäftige und damit gar keinen Datenträger im Sinne des vorliegenden Patents, nämlich eine Ausweiskarte oder dgl., betreffe. Um ausgehend von der Lehre der Dokumente D11 oder D8 zu einer Mehrschichtstruktur gemäß der beanspruchten Alternative zu gelangen, seien derart vielfältige und gezielte Abwandlungen der bekannten Strukturen erforderlich, dass dies auf Grund des Fehlens konkreter Hinweise auf die erzielbaren Vorteile nur auf der Basis einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise möglich sei.
Diese Argumente können nicht überzeugen. So ist schon kein technischer Umstand erkennbar, der es nicht sinnvoll erscheinen ließe oder gar unmöglich machte, unterhalb eines in Dokument D11 gezeigten Linsenrasters mehrere laserbeschreibbare Schichten anzuordnen. Diese Maßnahme, welche den einzigen baulichen Unterschied zu der durch Dokument D11 in Verbindung mit dem Verweis auf Dokument D15 nahegelegten Struktur des Datenträgers mit einer transparenten laserbeschreibbaren Lackschicht einer Dicke von 0,1 bis 10 mym bildet, erhöht die Variationsmöglichkeiten für die Individualisierung des Datenträgers mittels Laserbeschriftung. Wie bereits dargelegt ist die beanspruchte Maßnahme aber genau für diesen Zweck aus Dokument D2 bekannt. Auch wenn dieses Dokument keinen vollständigen Datenträger im Sinne einer Ausweiskarte beschreibt, so bezieht es sich doch auf das vom Fachmann zu überschauende Fachgebiet, wobei es diesem zumindest in Bezug auf eine Teilstruktur derartiger Datenträger einen umfassenden Überblick über vor dem Anmelde- bzw. Prioritätstag des vorliegenden Patents bekannte Maßnahmen der Individualisierung sowie der damit verbundenen Vorteile gibt. Dabei ist die mit Dokument D2 gegebenen Lehre ersichtlich unabhängig von einer speziellen Dicke der transparenten laserbeschreibbaren Schicht oder der Art und Weise ihrer Herstellung, so dass sich eine Übertragung auf einen durch die Dokumente D11 und D15 nahegelegten Datenträger mit laserbeschreibbarer Lackschicht unmittelbar anbietet. Der gegenüber dieser Sichtweise erhobene Vorwurf einer rückschauenden Betrachtungsweise geht schon deswegen fehl, weil der Anwendung einer auf demselben oder einem verwandten Fachgebiet bekannten Maßnahme zum Erzielen eines bekannten Vorteils in aller Regel keiner erfinderische Bedeutung zukommt. Den vorstehenden Überlegungen steht auch nicht der Umstand entgegen, dass ein anderer Stand der Technik, wie derjenige gemäß Dokument D8, andere Datenträgerstrukturen offenbart oder nahelegt. Jedenfalls stellt Dokument D8 kein technisches Vorurteil dagegen dar, in einem Datenträger mehrere unterschiedlich sensibilisierte laserbeschreibbare Lackschichten in den in den Ansprüchen 1 des 4. und 5. Hilfsantrags beanspruchten Dickenbereichen vorzusehen.
3.2.5 6. und 7. Hilfsantrag
Die Ansprüche 1 dieser Hilfsanträge unterscheiden sich von denjenigen des 4. und 5. Hilfsantrags lediglich durch die Beschränkung auf die das Vorsehen mehrerer, unterschiedlich sensibilisierter Lackschichten betreffende Alternative, so dass auch ihre Gegenstände aus den vorstehend unter Punkt 3.2.4 iii) genannten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
4. Nachdem das Patent in keiner der beantragten geänderten Fassungen die Erfordernisse des Artikels 52 (1) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ erfüllt, ist seine Aufrechterhaltung nicht möglich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.