T 0441/04 () of 7.5.2008

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2008:T044104.20080507
Datum der Entscheidung: 07 Mai 2008
Aktenzeichen: T 0441/04
Anmeldenummer: 94110621.3
IPC-Klasse: B65B 9/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zum Umhüllen von Stückgut
Name des Anmelders: Bernhard Beumer Maschinenfabrik KG
Name des Einsprechenden: Maschinenfabrik Möllers GmbH
Kurt Lachenmeier A/S
KL-Lachenmeier GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Wahl der Beweismittel, Zeugenaussagen für zweifelfreien Nachweis des Gegenstandes einer offenkundigen Vorbenutzung ausreichend; Einreichen von Zeichnungen unter diesen Umständen nicht erforderlich (Nr. 3.5, 4.7 und 4.8)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1107/12
T 0034/18

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerinnen I, II und III (Einsprechende I; II und Beitretende) haben gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 633 186 in geänderter Fassung aufrechterhalten worden ist, Beschwerde eingelegt.

Nach der angefochtenen Entscheidung bestünden ausgehend von den Zeugenaussagen und den Umständen in Zusammenhang mit der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung Zweifel darüber, was tatsächlich seitens der Beschwerdeführerin I auf der Messe INTERPACK 1990 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Es sei folglich weder bewiesen, dass in dem vorgeführten Haubenstretchautomaten die Reffrollen noch einmal zum Halten an die von den Reffingern gehaltene Folie angefahren wurden, noch, dass sie zusammen mit den Reffingern und der Folie unter die Palette bewegt worden sind.

Das patentgemäße Verfahren wurde als gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruhend erachtet.

II. In der vorliegenden Entscheidung wird hinsichtlich des Standes der Technik folgendes berücksichtigt:

a) druckschriftlicher Stand der Technik

D1 DE-U-90 01 319

D2 US-A-4 050 219 und

b) betreffend eine behauptete offenkundige Vorbenutzung

eines Haubenstretchautomaten auf der INTERPACK 1990

EB3: Aktennotiz Herr van Bladeren vom 18.05.1990

EB4: Prospekt "Haubenstretchautomaten Möllers" mit

Druckvermerk "0690/2/Fe"

EB7: Konvolut Angebote und Auftragsbestätigungen

aus dem Zeitraum 1990/1991 betreffend Hauben-

stretchautomaten seitens der Maschinenfabrik

Möllers GmbH

EB8: Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Ver-

nehmung des Zeugen Antonius Sabellek vor der Ein-

spruchsabteilung am 01.12.1998

EB9: Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Ver-

nehmung des Zeugen Dieter Urban vor dem LG Düssel-

dorf am 10.07.2001

EB10: Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Ver- nehmung des Zeugen Peter Aka vor dem LG Düsseldorf

am 10.07.2001

EB11: Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Ver-

nehmung des Zeugen Dr. Olaf Klüpfel vor der Ein-

spruchsabteilung am 20.11.2003

EB13: Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Ver-

nehmung des Zeugen Hans Josef Lauhoff vor der Ein-

spruchsabteilung am 01.12.1998

EB14: Zeitschrift Produktion vom 25.07.1991, Seite

16 "Verbesserter Hauben-Stretcher"

EB19: Handschriftliche Notiz des Herrn Elneff

EB19': Übersetzung der Notiz EB19

P12: Schriftsatz an das Landgericht Düsseldorf vom

31.07.1991

P13: Anlage gemäß Eingabe der Beschwerdegegnerin vom

25.02.2003.

III. Der der angefochtenen Entscheidung wie auch dem Beschwerdeverfahren zugrunde liegende Anspruch lautet wie folgt:

"Verfahren zum Umhüllen von ggf. auf einer Palette (10) od. dgl. abgestütztem Stückgut (1) mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie (2, 3), insbesondre von aus mehrschichtig übereinander palettierten Stückgutschichten bestehenden, würfel- bzw. quaderförmigen Stückgutstapeln (1),

bei dem der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt (2, 3) vor dem Überziehen über das Stückgut (1) mittels Reffrollen (12) auf quer bewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte (9') eines Hubrahmens 9 gerefft und von diesen quergestretcht wird;

bei dem die außerdem vertikal gedehnte Folie (2, 3) beim Überziehen über das Stückgut (1) mittels des Hubrahmens (9) vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes oder/und der Palette (10) wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie (3) in voller Höhe an das Stückgut (1) bzw. wenigstens teilweise an die Palette (10) fest angelegt hat, und

bei dem die Folie (3) während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in dem Andrückbereich nach innen bewegt wird,

dadurch gekennzeichnet, dass,

die Folie (3) von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten (9') des Hubrahmens (9) einerseits sowie von den Reffrollen (12) als Andrückeinrichtung andererseits fest gehalten und nach innen bewegt wird."

IV. In dem Ladungsbescheid zur mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2008 hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung dargelegt, nach der u.a. in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung des Beweismaßstabs des zweifelsfreien Nachweises zu prüfen sein werde, welche Merkmale das auf der INTERPACK 1990 vorgeführte Verfahren aufgewiesen hat. Davon ausgehend sei zu prüfen, inwieweit das anspruchsgemäße Verfahren neu sei bzw. auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

V. Am 7. Mai 2008 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

VI. Der vorliegenden Entscheidung liegen die folgenden Anträge zugrunde:

seitens der Beschwerdeführerinnen I, II und III:

Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des europäischen Patents.

seitens der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin):

Zurückweisung der Beschwerden.

VII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerinnen lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Das Verfahren nach dem Anspruch sei gegenüber der offenkundigen Vorbenutzung durch Vorführung eines Haubenstretchautomaten auf der Messe INTERPACK 1990, d.h. vor dem Prioritätstag des Streitpatents, nicht neu.

b) Das vorgeführte Verfahren sei unstreitig an einem Haubenstretchautomaten durchgeführt worden, der demjenigen entspreche, dessen Fotos in dem Prospekt EB4 enthalten seien. Weitere Merkmale hinsichtlich des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahrens ergäben sich aus den als Beweismittel hinsichtlich der offenkundigen Vorbenutzung vorliegenden Zeugenaussagen. Danach sei zweifelsfrei nachgewiesen, dass bei dem vorgeführten Verfahren zum Umhüllen von auf einer Palette abgestütztem Stückgut wahlweise ein Umhüllen mit oder ohne die Ausbildung eines Unterstretches erfolgen konnte. Sei ein Unterstretch ausgebildet worden, dann sei hiefür entsprechend dem Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents die infolge des Umhüllens zwangsläufig vertikal gedehnte Folie beim Überziehen über das Stückgut mittels des Hubrahmens vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randab schnittes oder/und der Palette wenigstens vorübergehend durch die bügelartigen Rahmenabschnitte des Hubrahmens einerseits sowie die Reffrollen andererseits fest gehalten und nach innen bewegt worden.

c) Das Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents unterscheide sich von demjenigen, das von der Kammer im Verlaufe der mündlichen Verhandlung als zweifelsfrei nachgewiesen erachtet worden ist, hinsichtlich der Art des Zusammenwirkens der bügelartigen Rahmenabschnitte mit den Reffrollen. Das Zusammenwirken im Sinne des im Anspruch definierten Festhaltens könne unter bestimmten Voraussetzungen, die sich bspw. aufgrund der Eigenschaften der Folie, der Länge einer Unterstretchzugabe, der Höhe der vertikalen und horizontalen Spannung der Folie ergäben, dazu führen, ein andernfalls vorzeitiges, und der Ausbildung des Unterstretches abträgliches, Loslassen des unteren Randabschnittes der Folie zu verhindern. Falls sich ein derartiges Problem stelle, sei dies für den Fachmann offensichtlich, weil unmittelbar erkennbar sei, ob der Unterstretch korrekt oder mangelhaft, bspw. infolge eines vertikalen Hochziehens des unteren Randabschnittes der Folie, ausgeführt worden sei. Der Fachmann erkenne in einer derartigen Situation neben der nachteiligen Auswirkung unmittelbar auch, wie er diese vermeiden könne. Dazu sei es nämlich lediglich erforderlich, dass ein entsprechender Druck auf den zwischen den bügelartigen Rahmenabschnitten und den Reffrollen gehaltenen unteren Randabschnitt der Folie während des für das Anliegen der Folie an den Stückgutstapel, bzw. der Palette, notwendigen nach innen Bewegens ausgeübt wird. Damit beruhe das Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents gegenüber dem Verfahren, das auf der INTERPACK 1990 vorgeführt und als zweifelsfrei nachgewiesen erachtet wurde, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

d) Dies gelte im übrigen auch, wenn der Fachmann, in Verbindung mit dem als offenkundig vorbenutzt nachgewiesenen Verfahren, das Zusammenwirken von bügelartigen Rahmenabschnitten und Reffrollen berücksichtige, wie es bspw. aus den Entgegenhaltungen D1 und D2 bekannt sei.

VIII. Das für die vorliegende Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung sei hinsichtlich des Prospekts EB4 zu berücksichtigen, dass die dort enthaltenen schematischen Darstellungen eines Verfahrens zum Umhüllen eines Stückgutstapels auf einer Palette unter Ausbildung eines Unterstretches als Nachweis hinsichtlich des tatsächlich anhand dieser Vorrichtung auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahrens nicht geeignet sei.

b) Hinsichtlich der Verfahrensschritte des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahrens sei der Beweismaßstab des zweifelsfreien Nachweises anzulegen, weil die offenkundige Vorbenutzung auf die Beschwerdeführerin I zurückgehe. Die diesbezüglichen Zeugenaussagen seien teilweise widersprüchlich, so dass bei der Würdigung der Gesamtumstände als von besonderer Bedeutung mit zu berücksichtigen sei, dass nach der Zeugenaussage EB11 des ehemaligen Konstruktionsleiters der Einsprechenden I (Dr. Klüpfel) Konstruktionszeichnungen vorhanden sein müssten, die jedoch nicht vorgelegt worden seien.

c) Dies lasse zwingend den Schluss zu, dass das als auf der INTERPACK 1990 offenkundig vorbenutzt behauptete Verfahren tatsächlich erst auf einer späteren Messe, nämlich der ACHEMA 1991 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Dafür spreche auch, dass das als offenkundig vorbenutzt behauptete Verfahren in dem zur INTERPACK 1990 herausgebrachten Prospekt nicht erwähnt sei und erst in Zusammenhang mit der späteren Messe beworben worden sei.

d) Es werde nicht unterstellt, dass die Zeugen seitens der Beschwerdeführerinnen bewusst die Unwahrheit gesagt hätten, sondern die Auffassung vertreten, dass es nach einem Zeitraum von 8 bzw. 13 Jahren durchaus möglich sei, dass die Zeugen das Verfahren, das erst auf der ACHEMA 1991 vorgeführt wurde, mit dem Verfahren verwechselt haben, das auf der INTERPCK 1990, also ein Jahr früher, vorgeführt worden ist.

e) Betreffend das in Verbindung mit der INTERPACK 1990 als offenkundig vorbenutzt behauptete Verfahren seien die Verfahrensschritte, die durch Vorführung dieses Verfahrens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, nicht zweifelsfrei nachgewiesen.

f) Selbst wenn das von der Kammer im Verlaufe der mündlichen Verhandlung als offenkundig vorbenutzt erwiesene Verfahren als Stand der Technik berücksichtigt werde, führe dies nicht dazu, dass dadurch das Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents nahegelegt werde. Dem stehe nämlich entgegen, dass der Fachmann, die Vorgehensweise nach D1 berücksichtigend, durch ein Vorurteil oder zumindest durch zu erwartende Schwierigkeiten davon abgehalten worden sei die Folie lediglich punktuell zwischen den Reffrollen und den zugeordneten Reffbügeln fest zu halten und zur Ausbildung eines Unterstretches zusammen mit den Reffbügeln und den herangefahrenen Reffrollen nach innen zu Bewegen.

Entscheidungsgründe

1. Gegenstand des Anspruchs

Gegenstand des einzigen Anspruchs des Streitpatents ist ein Verfahren zum Umhüllen von ggf. auf einer Palette oder dgl. abgestütztem Stückgut mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie.

Der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt wird vor dem Überziehen über das Stückgut mittels Reffrollen auf quer bewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte eines Hubrahmens gerefft und von diesen quergestretcht.

In der Endphase des Überziehens der außerdem vertikal gedehnten Folie über das Stückgut mittels des Hubrahmens wird die Folie vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randab schnittes oder/und der Palette wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck wird aufgehoben, wenn sich die Folie in voller Höhe an das Stückgut bzw. wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat.

Die Folie wird während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in dem Andrückbereich nach innen bewegt und von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits fest gehalten und nach innen bewegt.

Durch das Festhalten der Folie während des nach innen Bewegens wird sie daran gehindert sich aufgrund ihrer Kontraktionseigenschaften zumindest teilweise über das Stückgut bzw. die das Stückgut abstützende Palette hochzuziehen (vgl. die frühere Entscheidung T 209/99 dieser Beschwerdekammer in anderer Besetzung betreffend das zugrundeliegende Einspruchsverfahren, Gründe, Nr. 3.).

2. Gegenstand der offenkundigen Vorbenutzung

2.1 Die Kammer ist im Rahmen der Beweiswürdigung auf der Grundlage der vorliegenden Beweismittel und unter Berücksichtigung des im Falle des Nachweises offenkundiger Vorbenutzungen allgemein zu grunde zulegenden Beweismaßstabes des zweifelsfreien Nachweises zu der Überzeugung gelangt, dass auf der Messe INTERPACK 1990, die vom 7.- 13. Juni 1990 in Düsseldorf stattfand, anhand eines Haubenstretchers, wie er in EB4 anhand fotografischer Darstellungen abgebildet und beschrieben ist, ein Verfahren vorgeführt und damit öffentlich zugänglich gemacht worden ist, von dem sich dasjenige nach dem Anspruch des Streitpatents nur dadurch unterscheidet, dass "die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits während des nach innen Bewegens fest gehalten wird."

2.2 Hinsichtlich des offenkundig vorbenutzten Verfahrens hat es die Kammer somit nicht als zweifelsfrei nachgewiesen erachtet, dass, obwohl es als erwiesen erachtet wurde, dass die bügelartigen Rahmenabschnitte und die Reffrollen während des nach innen Bewegens der Folie zusammenwirken, dies zu einem Festhalten der Folie geführt hat.

2.3 Die Kammer hat im Rahmen der Beweiswürdigung die unter Punkt II. b) vorstehend genannten Beweismittel, wie auch von der Beschwerdegegnerin dargelegte Umstände, hinsichtlich des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahrens berücksichtigt.

2.4 Nach den Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdegegnerin sind uneingeschränkt sämtliche Zeugen als glaubwürdig zu erachten. Diesbezüglich hat auch die Einspruchsabteilung keine gegenteilige Auffassung vertreten. Die Kammer hat im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Aussagen von Zeugen von den diesbezüglich vorliegenden schriftlichen Unterlagen (Niederschriften über die Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahme) auszugehen. Den jeweiligen Unterlagen sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die zu einem Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugen führen könnten.

Auf die sachlichen Einwände der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen oder Erklärungen von Zeugen wird im Rahmen der Würdigung der der Kammer vorliegenden Beweismittel eingegangen.

2.4.1 Hinsichtlich des Prospektes EB4 "Haubenstretchautomaten Möllers" mit Druckvermerk "0690/2/Fe", der, wie von den Zeugen Dr. Klüpfel (vgl. EB11, Seite 5, 2. Absatz), Urban (vgl. EB9, Seite 6, 2. Absatz) und Aka (vgl. EB10, Seite 10, 2. Absatz) bezeugt, auf der INTERPACK 1990 (die vom 7. bis 13. Juni 1990 stattgefunden hat) verteilt worden ist, ist unstreitig, dass er der Öffentlichkeit vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents (15. Juni 1990) zugänglich gemacht worden ist.

2.4.2 Weiter ist hinsichtlich der Vorrichtung, anhand derer auf der INTERPACK 1990 seitens der Beschwerdeführerin I das Verfahren zum Umhüllen entsprechend der offenkundigen Vorbenutzung (vgl. obige Abschnitte 2.1 und 2.2) vorgeführt worden ist, unstreitig, dass die Fotografien des Prospektes EB4 diese Vorrichtung darstellen.

Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass lediglich die Fotografien der EB4 und die zugehörigen Beschreibungen als die auf der INTERPACK 1990 ausgestellte Vorrichtung betreffend zu berücksichtigen sind. Demgegenüber sind die schematischen Darstellungen der EB4, wie bspw. diejenigen der Seite 4, die die Phasen "A" bis "E" betreffen, wie auch die zugehörigen Beschreibungen von untergeordneter Bedeutung, weil diesbezüglich ein zweifelsfreier Nachweis dafür fehlt, dass das auf der INTERPACK 1990 vorgeführte Verfahren tatsächlich die anhand schematischer Darstellungen erläuterten Verfahrensschritte aufwies.

2.5 Es ist hinsichtlich EB4 unstreitig, dass die in unterschiedlichen Verfahrensstufen des Verfahrens zum Umhüllen in den Fotografien gezeigte Vorrichtung und die in Zusammenhang mit diesen Darstellungen in EB4 beschriebene Vorrichtung, geeignet war zur Durchführung eines mit dem Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents übereinstimmenden Verfahrens zum Umhüllen von ggf. auf einer Palette od. dgl. abgestütztem Stückgut mit einer schlauch- bzw. haubenförmigen Stretchfolie, insbesondere von aus mehrschichtig übereinander palettierten Stückgutschichten bestehenden, würfel- bzw. quaderförmigen Stückgutstapeln. Dies geht bspw. aus den in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer ausführlich erörterten Fotografien der EB4 (vgl. Seiten 2, 4 und 5) hervor.

Bezüglich des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahrens ist weiter unstreitig, dass in Übereinstimmung mit Merkmalen des anspruchsgemäßen Verfahrens der die Seitenflächenumhüllung bildende Folienabschnitt dabei vor dem Überziehen über das Stückgut mittels Reffrollen auf quer bewegliche, bügelartige Rahmenabschnitte eines Hubrahmens gerefft und von diesen quergestretcht worden ist (vgl. die Fotografien der Seiten 2 und 4).

2.6 Von der Beschwerdegegnerin wird im Hinblick auf eine wei tergehendere Überreinstimmung mit Merkmalen des anspruchsgemäßen Verfahrens bestritten, dass bei dem sich aus EB4, in Verbindung mit den Zeugenaussagen, ergebenden Verfahren

a) die Folie außerdem vertikal gedehnt ist,

b) die Folie beim Überziehen über das Stückgut mittels des Hubrahmens vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randab schnittes oder/und der Palette wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie in voller Höhe an das Stückgut bzw. wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat,

c) die Folie während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in dem Andrückbereich nach innen bewegt wird, und

d) die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits nach innen bewegt wird.

2.7 Die Kammer erachtet bezüglich des Merkmals a) die Auffassungen der Beschwerdeführerinnen als zutreffend, nach denen beim Überziehen über das Stückgut zwangsläufig die bereits quer gedehnte Folie vertikal gedehnt wird. Danach ergibt sich die vertikale Dehnung dadurch, dass die quer gedehnte Folie von den Rahmenabschnitten abgezogen wird und sich an das Stückgut anlegt und sowohl an den Rahmenabschnitten als auch dem Stückgut Reibkräfte wirken, die in Bezug auf das Abziehen der Folie im Sinne von Zugkräften auf die Folie einwirken, welche eine vertikale Dehnung zur Folge haben.

Die Kammer hat dabei den Einwand der Beschwerdegegnerin berücksichtigt, nach dem die die aufgereffte Folie aufnehmenden Rahmenabschnitte zumindest teilweise mit Teflon beschichtet sind, um das Abziehen durch eine Verminderung der Reibung zu erleichtern. Sie erachtet aber die Auffassung der Beschwerdeführerinnen für überzeugender, nach der aufgrund der verti kalen Dehnung der Folie auch dann, wenn eine derartige reibungsmindernde Beschichtung vorhanden ist, eine, für eine vertikale Dehnung der Folie während des Abziehens ausreichende, Reibung beim Abziehen der Folie auf diese einwirkt. Diese Auffassung wird auch durch die Zeugenaussagen der Herren Sabellek, Aka und Klüpfel (vgl. EB8, Seite 5, mittlerer Satz; EB10, Seite 9, 2. Absatz; EB11, vorletzter Absatz) be stätigt.

2.8 Nach den o.g. Merkmalen b) und d) wirken die Rahmenabschnitte mit den zugeordneten Reffrollen zusammen, während entsprechend dem Merkmal c) die Folie relativ zu ihrer Überziehkontur in dem Andrückbereich nach innen bewegt wird.

Bezüglich der Art des Zusammenwirkens der Rahmenabschnitte und der zugehörigen Reffrollen vor dem Loslassen des unteren Randabschnittes entsprechend den Merkmalen b) und c) erachtet die Kammer die Auffassung der Beschwerdegegnerin als zutreffend, nach der EB4 diesbezüglich keine Angabe entnommen werden kann.

Die Fotografien der Vorrichtung in EB4 zeigen die Verfahrensstufe der Ausbildung des Unterstretches nicht. In der von den Parteien übereinstimmend als sich an die Ausbildung des Unterstretches anschließend erachteten Darstellung von Seite 5, rechts unten, wirkt die Reffrolle ersichtlich nicht mit dem zugehörigen Rahmenabschnitt zusammen.

In der mündlichen Verhandlung wurde bezüglich des Verfahrensschrittes der Ausbildung des Unterstretches weiter die schematische Darstellung von Seite 4, rechte Spalte, erörtert. Nach den mit "D" und "E" bezeichneten Phasen erfolgt nach der zugehörigen Beschreibung ein "Überziehen der Haube über die Palettenladung, überlagern der Folien-Radialspannung mit der Folien-Längsspannung" und ein "Herausgleiten der Reckbögen aus der mit Unterstretchzugabe über die Palettenunterkante herabreichenden Haube". Der durch diese schematische Darstellung skizzierte Verfahrensablauf entspricht, worauf die Beschwerdegegnerin verwiesen hat, weder demjenigen nach den o.g. Merkmalen a) - d) noch denjenigen nach den Zeugenaussagen gemäß EB8 - EB12. Er stimmt allenfalls mit dem Verfahrensablauf überein, wie er von dem Zeugen Elneff auf der Vorführung des Verfahrens auf der INTERPACK 1990 wahrgenommen und skizzenhaft zu Papier gebracht worden ist (vgl. EB19, EB19').

Im vorliegenden Fall braucht nicht weiter vertieft zu werden, inwieweit sich aus EB4 ein Nachweis hinsichtlich der Vorgehensweise betreffend die Ausbildung des Unterstretches bei dem auf der INTERPACK anhand der Vorrichtung nach EB4 vorgeführten Verfahren ergibt.

2.9 Die Kammer erachtet es nämlich im Rahmen der freien Beweiswürdigung als durch die Aussagen bzw. Erklärungen der Zeugen nach EB8 - EB11 als zweifelsfrei erwiesen, dass das anhand der in EB4 fotografisch dargestellten Vorrichtung auf der INTERPACK 1990 vorgeführte Verfahren, zusätzlich zu den oben in Verbindung mit EB4 erörterten Verfahrensschritten, die Verfahrensschritte nach den o.g. Merkmalen a) - d) aufwies, d.h. mit Ausnahme des Merkmals nach dem die Folie beim nach innen Bewegen zwischen den Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung fest gehalten wird.

2.10 Die Kammer stützt sich dabei auf die folgenden Zeugenaussagen:

2.10.1 Nach der Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Anton Sabellek gemäß EB8 ergibt sich, dass der Haubenstretchautomat auf der INTERPACK 1990 im Hinblick auf das Überziehen der Folie über das Stückgut wie folgt vorgeführt worden ist.

"Die Palette kam in die Maschine rein, wurde angehoben und die alte Folie wurde beseitigt. Die Maschine wurde gestartet, dann kam der Folieneinlauf über die Reffarme, dann fuhren die Reffarme zurück, spannten die Folie ganz leicht; dann kamen die Reffrollen vor und die Folie wurde aufgerefft, je nach Haubenlänge. Im oberen Teil wurde anschließend die Folie geschweißt und abgeschnitten; dann rollten sie noch einmal kurz auf, um oben das Dach zu spannen. Die Reffarme fuhren dann zurück in den eingegebenen Wert der Palettenladung. Der ganze Rahmen fuhr dann nach unten und im oberen Bereich ist eine Lichtschranke und dann gingen die Reffrollen zurück. Dann fuhr der Rahmen weiter nach unten; im unteren Bereich fuhren die Reffrollen noch einmal weiter vor, um die Folie zu halten; fuhren dann runter bis zu dem Punkt, an dem abgebremst wurde. Im unteren Bereich gingen die Reffrollen noch einmal nach vorne; dann fuhr die Maschine bis zur Abbremsung, d.h. die Reffrollen hielten die Folie fest und sie fuhren dann unter die Palette. Dann gingen die Reffrollen zurück und der Hubrahmen fuhr noch ungefähr 100 mm nach unten zur Endabschaltung. Danach fuhren die Reffarme in die Nullstellung zurück." (EB8, Seite 2, unterster Absatz).

2.10.2 Nach der Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Dr. Olaf Klüpfel gemäß EB11 "... wurden die Reffrollen an den Reffingern vorgefahren, um die Folie in Längsrichtung zu spannen. Der Text in dem Prospekt (Anmerkung: EB4 nach der vorliegenden Bezeichnung der Beweismittel) erläutert genau das, was ich Ihnen schon vorher dargelegt habe. Aus der Darstellung in Bild D auf Seite 4 des Prospekts D3, die Reffrollen bleiben an den Reffingern, bis die Folie sich an der Palette anlegt und sich "mit der Palette verhakt". Dann ist der Unterstretch abgeschlossen, weil ich dann die feste Verbindung habe. Dann muss ich mit den Reffingern raus, dann fahre ich natürlich die Reffrollen zurück, dann fahre ich noch ein Stückchen tiefer und gehe wieder nach außen, um die Ausgangsposition für das Hochfahren zu haben. Bis der Unterstretch abgeschlossen war, waren die Reffrollen angelegt. Auch beim Nachinnenfahren der Reffinger waren die Rollen angelegt, bis der Unterstretch abgeschlossen war. Bei der Bewegung nach innen waren die Rollen nicht angetrieben und waren durch das Schneckengetriebe blockiert. Die Folie konnte bis zum Abschluss des Unterstretches nicht herausrutschen, weil sonst hätte man keinen Unterstretch gehabt." (Seite 5, Absatz 3).

2.10.3 Nach der Zeugenaussage des Herrn Dieter Urban gemäß EB9 funktionierte die auf der INTERPACK 1990 vorgeführte Haubenstretchanlage wie folgt: "Zunächst wurde eine Haube gefertigt, die über Stützen oder Finger gestretcht und über das Lagegut (richtig: Ladegut) gefahren wurde. An den Spreizfingern befanden sich Reffrollen. Mit Hilfe dieser Reffrollen wurde die Folie zu einem Paket von etwa 15 cm zusammengerefft. Nach dem Reffen wurde die Folie langsam nach unten gefahren. Etwa mittig des Ladepaketes wurden die Reffrollen zur Entspannung nach außen gefahren. Im unteren Bereich legten sich die Reffrollen dann aber wieder an die Folie an. Infolgedessen war die Folie zwischen den Spreizfingern und den Reffrollen eingeklemmt. Die Folie wurde dann weiter unter die Palette gefahren. Dann fuhren die Finger weg, damit sich die Folie unter die Palette legte." (Seite 2, letzter Absatz).

2.10.4 Nach der Zeugenaussage des Herrn Peter Aka gemäß EB10 kann über die Arbeitsschritte des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretchautomaten folgendes gesagt werden: "Zunächst wurde von oben die Folie zugeführt und die vier Reffarme fuhren in die Folie ein. Sodann wurden die Reffrollen an die Folie herangeführt und refften die Folie auf. Danach hielt die Maschine für kurze Zeit an, damit die Folie abgeschweißt und abgeschnitten werden konnte. Danach erfolgte ein Nachreffen. Alsbald fuhren die Reffarme auseinander, um den Querstretch durchzuführen. Danach fuhr der Überziehrahmen abwärts, um die Folie zu entfalten. Nach Beendigung des Reffvorgangs wurden die Rollen zurückgefahren. Infolgedessen waren die Rollen in Höhe der oberen Hälfte des Stapels nicht mit der Folie in Eingriff. Das war zumindest nicht ständig der Fall. An Einzelheiten kann ich mich insoweit nicht mehr erinnern. In der Höhe des letzten Drittels, vielleicht auch der letzten Hälfte, fuhr die Reffrolle wieder an die Folie heran, so daß diese zwischen den Reckarmen und der Reffrolle eingeklemmt war. Sodann fuhr der Überziehrahmen bis unter die untere Palettenkante. Danach fuhren Reckarme und Reffrollen mit eingeklemmter Folie nach innen unter die Palette. Danach wurde die Reffrolle zurückgefahren und die Reckarme nach unten aus der Folie heraus" (vgl. den die Seiten 8, 9 überbrückenden Absatz).

2.11 Diese Aussagen stimmen dahingehend überein, dass die Folie beim Überziehen über das Stückgut vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes oder/und der Palette entsprechend den Merkmalen b) - d) bewegt worden ist.

2.12 Den Aussagen lässt sich lediglich nicht zweifelsfrei entnehmen, dass die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits im Sinne des anspruchsgemäßen Verfahrens festgehalten wird, während sie nach innen bewegt wird (vgl. obigen Abschnitt 1.).

2.12.1 Diesbezüglich enthält die Niederschrift über die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Anton Sabellek gemäß EB8 (vgl. obigen Abschnitt 2.10.1) nämlich die Aussagen (mit hinzugefügter Hervorhebung): "Dann fuhr der Rahmen weiter nach unten; im unteren Bereich fuhren die Reffrollen noch einmal weiter vor um die Folie zu halten; fuhren dann runter bis zu dem Punkt, an dem abgebremst wurde. Im unteren Bereich gingen die Reffrollen noch einmal nach vorne; dann fuhr die Maschine bis zur Abbremsung, d.h. die Reffrollen hielten die Folie fest und sie fuhren dann unter die Palette." (EB8, Seite 2, unterster Absatz).

Es ist dieser Aussage nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Folie beim nach innen Bewegen fest gehalten worden ist. Nach Überzeugung der Kammer ist dieser Aussage nämlich nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass mit der unterschiedlichen Wortwahl dieser Aussagen auch unterschiedliche Sachverhalte, nämlich ein das Abziehen der Folie von den Reckarmen erlaubendes Halten der Folie während des Überziehens, sowie ein im wesentlichen unverschiebliches Festhalten der Folie während des nach innen Bewegens der Folie zur Ausbildung eines Unterstretches, zum Ausdruck gebracht wird.

2.12.2 Entsprechendes gilt für die Aussage des Zeugen Dr. Olaf Klüpfel gemäß EB11 (vgl. obigen Abschnitt 2.10.2), nach der bis zum Abschluss des Unterstretches, und auch beim nach innen Bewegen, die Reffrollen angelegt waren.

Auch durch diese Aussage ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass die Folie beim nach innen Bewegen, anders als beim Überziehen, fest gehalten worden ist.

2.12.3 Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussage des Herrn Dieter Urban gemäß EB9 (vgl. obigen Abschnitt 2.10.3). Danach legten sich die Reffrollen im unteren Bereich wieder an die Folie an, wodurch die Folie zwischen den Spreizfingern und der Folie eingeklemmt war und sie dann weiter unter die Palette gefahren wurde.

Zumindest betreffend das Anlegen der Reffrollen im unteren Bereich und damit noch während des Überziehens der Folie über den Stückgutstapel kann der Ausdruck "eingeklemmt" nicht als "fest gehalten" im Sinne des Anspruchs verstanden werden. Weiter ist im Zusammenhang mit dieser Zeugenaussage zu berücksichtigen, dass von dem Einklemmen der Folie zwischen den Spreizfingern und den Reffrollen als einer Folge des Anlegens der Reffrollen an die Folie im unteren Bereich, und nicht von einer unmittelbaren Wahrnehmung des Zeugen, gesprochen wird.

2.12.4 Nach der Zeugenaussage des Herrn Peter Aka gemäß EB10 (vgl. obigen Abschnitt 2.20.4) fuhr die Reffrolle in der Höhe des letzten Drittels, vielleicht auch der letzten Hälfte, wieder an die Folie heran, so daß diese zwischen den Reckarmen und der Reffrolle eingeklemmt war. Sodann fuhr der Überziehrahmen bis unter die untere Palettenkante. Danach fuhren Reckarme und Reffrollen mit eingeklemmter Folie nach innen unter die Palette.

Auch dieser Aussage ist nicht zweifelsfrei zu entnehmen, wie die Reckarme und die Reffrollen jeweils auf die Folie einwirkten. Es wird in dieser Aussage nämlich sowohl im Hinblick auf die Phase des Überziehens der Folie über das Stückgut, wie auch die Phase des nach innen Bewegens zur Ausbildung eines Unterstretches das Einwirken auf die Folie mittels des Begriffs "eingeklemmte Folie" umschrieben. Wie ausgeführt kann die Folie während des Über ziehens nicht im Sinne eines festen Haltens eingeklemmt werden, weil dies dem Abziehen der Folie von den Reckarmen entgegenstünde.

2.13 Die Kammer berücksichtigt in ihrer Beweiswürdigung diese, hinsichtlich der Art bzw. Intensität in der Reffbügel und Reffrollen auf die Folie eingewirkt haben, nicht ganz eindeutigen Aussagen in dem Sinne, dass sie es als offen bleibend erachtet, in welcher Weise die Reffrollen und Reffbügel zur Ausbildung des Unterstretches, und damit während des nach innen Bewegens der Folie, zusammengewirkt haben.

2.14 Die Kammer erachtet es aufgrund der insoweit übereinstimmenden Aussagen von vier Zeugen (vgl. die obigen Abschnitte 2.10.1 - 2.10.4) als zweifelsfrei erwiesen, dass vor dem Loslassen ihres unteren Randabschnittes die Folie entsprechend dem Merkmal b) beim Überziehen über das Stückgut mittels des Hubrahmens im Bereich des unteren Stückgut-Randabschnittes oder/und der Palette wenigstens vorübergehend seitlich an ein Widerlager angedrückt und der seitliche Andruck aufgehoben wird, wenn sich die Folie in voller Höhe an das Stückgut bzw. wenigstens teilweise an die Palette fest angelegt hat, dass entsprechend dem Merkmal c) die Folie während des Andrückens relativ zu ihrer Überziehkontur in dem Andrückbereich nach innen bewegt wird und entsprechend dem Merkmal d) die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen als Andrückeinrichtung andererseits nach innen bewegt wird.

2.15 Die Kammer hat bei ihrer Beweiswürdigung auch die folgenden Einwände der Beschwerdegegnerin berücksichtigt.

2.15.1 Die Kammer sieht im Gegensatz zu der Beschwerdegegnerin keinen Widerspruch zwischen den durch die o.g. vier Zeugenaussagen nachgewiesenen Verfahrensschritten und den sich nach der Skizze und den zugehörigen Erläuterungen nach EB19 und EB19' ergebenden Verfahrensschritten. Zum einen ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass den Notizen EB19, EB19' vier von der Kammer im Rahmen der freien Beweiswürdigung als überzeugend erachtete Zeugenaussagen gegenüberstehen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Text der EB19' (rechts oben) "Überziehung Der Rahmen wird nach unten gefahren und danach werden die Greifer ein wenig gegen die Palette gefahren Unterschrumpf", der mit den mit "Von oben gesehen" und "Von der Seite gesehen" bezeichneten Skizzen dieser Anlage, gemäß denen sich die Reffrollen in deutlichem Abstand von den Reffbügeln befinden, übereinstimmt, nicht, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet, in Widerspruch zu diesen vier Zeugenaussagen stehen muss. Die Verfahrensschritte, die zweifelsfrei EB19' entnommen werden können, schließen nach Auffassung der Kammer nämlich nicht aus, dass - zusätzlich zu den dort genannten Reffbügeln - auch die Reffrollen zur Ausbildung des Unterstretches mit auf die Folie eingewirkt haben.

2.15.2 Entsprechendes gilt nach Auffassung der Kammer auch hinsichtlich der Angebote nach EB7 bezüglich der die Beschwerdegegnerin die Auffassung vertritt, dass weitere Angaben hinsichtlich der Vorgehensweise zur Ausbildung des Unterstretches fehlen und damit bewiesen sei, dass die Ausbildung des Unterstretches mit an den Reffbügeln herangefahrenen Reffrollen, wenn schon, erst nach der INTERPACK 1990, in Haubenstretchautomaten der Fa. Möllers aufgenommen wurde. Unabhängig davon, ob derartige Angebotsschreiben üblicherweise als weitergehende technische Information enthaltend zu erachten sind, vermögen diesbezüglich fehlende Angaben nicht dazu zu führen, den Nachweis hinsichtlich des durch die Zeugenaussagen EB8 - EB11 nachgewiesenen Verfahrens in Frage zu stellen.

2.15.3 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin widersprechen sich die Zeugenaussagen gemäß EB8 - EB11, nach denen bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahren ein Unterstretch erzeugt worden ist, und die Zeugenaussage des Zeugen Hans Josef Lauhoff gemäß EB13.

Der Zeuge Lauhauff schildert in Verbindung mit dem von ihm auf der INTERPACK 1990 beobachteten Verfahren zum Umhüllen

"Nach dem ersten Reffen wurde die Folie abgeschweißt und abgetrennt, dann erfolgte ein Nachreffen. Die Reffrollen wurden beibehalten bis zum Querdehnen des Folienschlauchs auf Überziehbreite. Danach wurden die Reffeinrichtungen von den Bügeln zurückgefahren und der Hubrahmen wurde kontinuierlich nach unten abgesenkt, wobei der Prozeß Aufdehnen und Abschwenken praktisch in eines überging. Dann war der Überziehprozeß beendet. Die Spreizarme waren nur nach außen gefahren und in dieser Position nach unten gezogen worden, ohne daß sich eine weitere Veränderung ergeben hätte. Die Reffrollen blieben außer Eingriff mit den Spreizbügeln." (Seite 11, letzter Absatz).

Die Kammer erachtet diesbezüglich die Zeugenaussagen Aka (EB10, Seite 11, 3. Absatz) und Dr. Klüpfel (EB11, Seite 2, letzter Absatz), nach denen es bezüglich des Betriebs des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretchers eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich einer Umhüllung mit oder ohne Unterstretch gab, und die darauf gestützte Argumentation der Beschwerdeführerinnen als überzeugend, nach der der Zeuge Lauhoff auf der INTERPACK 1990 eine Vorführung beobachtet hat, bei der das Umhüllen ohne Ausbildung eines Unterstretches erfolgte.

Die Kammer sieht in dem von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Umstand, dass der Zeuge Sabellek (vgl. EB8), der den Haubenstretcher auf der INTERPACK 1990 vorgeführt hat, nicht von einer derartigen Wahlmöglichkeit gesprochen hat, keinen Widerspruch zu den o.g. Zeugenaussagen Aka und Dr. Klüpfel. Weiterhin sieht die Kammer im Gegensatz zu der Beschwerdegegnerin in der Aktennotiz Herr v. Bladeren gemäß EB3 keinen Nachweis dafür, dass die o.g. Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Betriebs des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretchers nicht, bzw. noch nicht, gegeben war.

Es trifft zwar zu, dass in dieser auf den 18. Mai 1990 datierten Aktennotiz unter der Überschrift "Folgende Punkte müssen noch erledigt werden:" als Punkt 15 angegeben ist "15) Über einen Wahlschalter müssen folgende Abläufe gefahren werden können: 1 - Überziehen der Folie mit Unterschrumpf 2 - Überziehen der Folie ohne Unterschrumpf - geänderte Funktionsbeschreibung folgt -". Die Kammer erachtet diesbezüglich die o.g. Zeugenaussagen Aka und Dr. Klüpfel als zweifelsfreien Nachweis dafür, dass bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretcher die angesprochene Wahlmöglichkeit bestand und im Einklang dieser Zeugenaussagen mit den weiteren Zeugenaussagen Sabellek und Urban, dass von der Wahlmöglichkeit auch Gebrauch gemacht worden ist, in dem auf der INTERPACK 1990 das Verfahren zum Umhüllen mit einer Ausbildung von Unterstretch der Öffentlichkeit vorgeführt worden ist.

2.15.4 Die Beschwerdegegnerin zweifelt die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen in der Hinsicht an, dass diese tatsächlich das auf der INTERPACK 1990 vorgeführte Verfahren betreffen. Ihrer Ansicht nach sei das Verfahren mit Unterstretch mit an den Reffbügeln herangefahrenen Reffrollen erst etwa ein Jahr später, auf der Messe ACHEMA 1991 in Düsseldorf vorgeführt worden und wahrscheinlich von den Zeugen mit dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahren verwechselt worden, was nach so vielen Jahren nach dieser Messe gar nicht unwahrscheinlich sei.

Dieser Vermutung stehen jedoch die eindeutigen Aussagen der Zeugen gemäß EB8 - EB11 entgegen. Dem in diesem Zusammenhang geäußerten Zweifel der Beschwerdegegnerin an dem Erinnerungsvermögen der Zeugen steht zur Überzeugung der Kammer, insoweit der Auffassung der Beschwerdeführerinnen folgend, entgegen, dass die Zeugen nachvollziehbar angaben, sich gerade deshalb an diese Vorgehensweise zum Umhüllen gut erinnern zu können, weil ein derartiges Verfahren mit der Ausbildung eines Unterstretches erstmals auf der INTERPACK 1990 gezeigt worden ist.

2.15.5 Außerdem hatte die Beschwerdegegnerin im vorangegangenen Einspruchsverfahren ausreichend Gelegenheit, für ihre diesbezügliche Behauptung weitere Beweismittel einzureichen, bzw. bei der Zeugenbefragung dazu weiter nachzufragen.

2.15.6 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin habe es bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahren zur Ausbildung eines Unterstretches einer nach Innen Bewegung des unteren Randabschnittes der Folie zur Ausbildung eines Unterstretches nicht bedurft, weil, wie aus P12 (Seite 2, 1. Absatz) ersichtlich, nach eigenem Bekunden der Beschwerdeführerin I ein Umhüllen mit einer biaxial gedehnten Folie nicht mit dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretcher, sondern erst mit einem auf der ACHEMA 1991 ausgestellten Haubenstretcher möglich war. Darauf, dass bei der Ausbildung eines Unterstretches bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahren aufgrund gänzlich fehlender oder nur geringer Dehnung der Folie in vertikaler Richtung die Gefahr eines vorzeitigen Abrutschens der Folie von den Reffbügeln nicht bestand oder zumindest nicht wesentlich war und es folglich keines nach Innen Bewegens der Folie zur Ausbildung eines Unterstretches bedurfte, lasse auch die in EB4 schematisch dargestellte Vorgehensweise zur Ausbildung eines Unterstretches (Seite 4, Phase "E") schließen. Danach sei nämlich eine Unterstretchzugabe für die Ausbildung des Unterstretches vorgesehen.

Die Kammer erachtet diesbezüglich die von der Beschwerdeführerin I vertretene und durch Zeugenaussagen gestützte (vgl. obigen Abschnitt 2.7) Auffassung für überzeugender, nach der sich bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Verfahren zwangsläufig mit dem Überziehen der zuvor auf die Reffbügel aufgerefften und quergedehnten Folie eine Dehnung in Längsrichtung ergeben hat.

Hinsichtlich der Vorgabe einer Unterstretchzugabe erachtet es die Kammer, wie von der Beschwerdeführerin I ausgeführt, als zutreffend, dass unabhängig von einer möglichen Dehnbarkeit der Folie in Längsrichtung es abhängig von der Größe des auszubildenden Unterstretches zweckmäßig sein kann eine entsprechende Zugabe vorzusehen, bspw. um ein Überdehnen oder Reißen der Folie während der Ausbildung des Unterstretches auszuschließen.

2.16 Nach der Beschwerdegegnerin sei der Raum des einen Kettenförderers aufweisenden, auf der INTERPACK 1990 vorgeführten, Haubenstretchers, der für die Ausbildung eines Unterstretches unter Einwirken der Reffrollen und Reffbügel auf die unterhalb der Palette nach Innen bewegte Folie zumindest nicht so groß, dass ein ausreichender Unterstretch gebildet werden könne. Dies ergebe sich aus der Anlage P13, nach der bei einem später, nach der INTERPACK 1990, hergestellten Haubenstretcher über Aussparungen im Maschinenbett ein entsprechender Bewegungsraum für die Reffrollen und Reffbügel geschaffen worden sei.

Die Kammer erachtet zum einen die diesbezüglichen Zeugenaussagen als zweifelsfreien Nachweis dafür, dass bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretcher in ausreichendem Masse Raum für ein Zusammenwirken der Reffrollen und Reffbügel bei der Ausbildung des Unterstretches zur Verfügung stand. Dies ergibt sich aus der Zeugenaussage Sabllek (EB8, Seite 5, letzter Absatz; Seite 7, 4. Absatz) nach der "Die Ladeeinheit ... etwa um 350-400 mm angehoben" wurde und, "da die Kette an der Innenkante vom Außenholz der Palette geführt wird", ein Bewegen des Reffbügels unter die Palette möglich ist, wie auch der Zeugenaussage Dr. Klüpfel (EB11, Seite 6, 2. Absatz) nach der "Bei dem Verpacken mit Unterstretch ... der Hubtisch etwas angehoben werden" musste.

Die Kammer stimmt zum anderen mit der Beschwerdegegnerin und der Beschwerdeführerin I darin überein, dass eine vorteilhafte Weiterbildung des Haubenstretchers durch Schaffen der genannten Aussparungen möglicherweise erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist.

Sie vermag aber in der Argumentation der Beschwerdegegnerin keinen zweifelsfreien Nachweis dafür zu erkennen, dass, im Gegensatz zu den genannten Zeugenaussagen gemäß EB8 und EB11, bei dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretcher der zur Verfügung stehende Raum zu klein war um Reffrollen und Reffbügel zur Ausbildung eines Unterstretches in ausreichendem Maße unter die Palette zu bewegen.

In diesem Zusammenhang vermag die Kammer auch in dem Argument der Beschwerdegegnerin, nach dem nicht verständlich sei, dass einerseits anscheinend ein hoher Aufwand getrieben worden sei um ein Zusammenwirken der Reffrollen und Reffbügel zur Ausbildung des Unterstretches zu ermöglichen, andererseits eine konstruktive Maßnahme zur Vergrößerung des Bewegungsraums in Form von Aussparungen im Maschinenbett erst später umgesetzt worden ist, keinen Nachweis dafür zu erkennen, dass mit dem auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretcher die Ausbildung eines Unterstretches unter nach Innen Bewegen der Folie durch die Reffrollen und Reffbügel noch nicht möglich war. Die Kammer erachtet diesbezüglich, wie oben ausgeführt, die Zeugenaussagen EB8 - EB11 als zweifelsfreien Nachweis für das nach Innen Bewegen der Folie durch Reffrollen und Reffbügel und das darauf gestützte Argument der Beschwerdeführerin I als zutreffend, nach dem das Zusammenwirken von Reffrollen und Reffbügeln relativ einfach mittels einer entsprechenden Steuerung verwirklicht werden konnte, während die Vergrößerung des für das nach Innen Bewegen dieser Elemente zur Verfügung stehenden Raumes einer konstruktiven Veränderung des Bettes des Haubenstretchers bedurfte, die im Rahmen einer Weiterentwicklung erst später vorgenommen worden ist.

2.17 Nach einem weiteren Argument der Beschwerdegegnerin sei vorliegend, im Rahmen einer Würdigung der Gesamtumstände, als von besonderer Bedeutung zu berücksichtigen, dass keine Zeichnungen hinsichtlich der Struktur bzw. des konstruktiven Aufbaus des auf der INTERPACK 1990 vorgeführten Haubenstretchers vorgelegt worden seien, obwohl die offenkundige Vorbenutzung auf die Beschwerdeführerin I zurückgehe und nach dem damaligen Konstruktionsleiter der Einsprechenden I, Herrn Dr. Klüpfel, diesbezügliche Zeichnungen vorhanden sein müssten (vgl. EB11, Seite 4, 3. Absatz).

Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, dass die Beweisführung durch Vorlage von Dokumenten im Vergleich zu Zeugenaussagen über lange zurückliegende Vorgänge in der Regel vorzugswürdiger sein dürfte. Dies bedeutet aber nicht automatisch im Umkehrschluss, dass eine Beweisführung mittels von Zeugenaussagen in einer derartigen Fallkonstellation per se ausgeschlossen oder weniger überzeugend wäre als ein Dokumentenbeweis. Im vorliegenden Fall wird nach Auffassung der Kammer dem Umstand, dass die behauptete und, wie dargelegt, durch Zeugenaussagen bewiesene offenkundige Vorbenutzung auf die Beschwerdeführerin I zurückgeht, dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass bei der Beweiswürdigung durch die Kammer der (hohe) Beweismaßstab des zweifelsfreien Nachweises zugrunde gelegt wird. Sofern diesem Beweismaßstab, wie für den vorliegenden Fall dargelegt, durch die vorgelegten Beweismittel genüge getan wird, muss ein durch bestimmte Beweismittel, vorliegend im wesentlichen in Form der Zeugenaussagen EB8 - EB11, zweifelsfrei nachgewiesener Sachverhalt nicht erneut oder zusätzlich dazu durch weitere Beweismittel, wie bspw. die Vorlage von Zeichnungen etc., bewiesen werden.

2.18 Insofern ist die Vorgehensweise der Einspruchsabteilung, die dazu geführt hat, dass die offenkundige Vorbenutzung als Stand der Technik bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit gänzlich unberücksichtigt blieb, unzutreffend. Die von der Einspruchsabteilung in diesem Zusammenhang aufgestellte Forderung nach einer lückenlosen Beweisführung (Gründe, Nr. 7.) betrifft nämlich nicht eine Beweiskette zu einem bestimmten Beweisthema, wie vorliegend den Gegenstand der offenkundigen Vorbenutzung, sondern, darüber hinausgehend die Frage nach dem Nachweis der Offenkundigkeit einer behaupteten Vorbenutzung. Diese Frage ist vorliegend unstreitig (vgl. obige Abschnitt 2.4.1; 2.4.2).

3. Neuheit

Von dem offenkundig vorbenutzten Verfahren unterscheidet sich dasjenige nach dem aufrechterhaltenen Anspruch des Streitpatent wie ausgeführt (vgl. obigen Abschnitt 2.14) dadurch, dass die Folie entsprechend einem Teil des letzten Merkmals des Anspruchs von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits, sowie von den Reffrollen andererseits als Andrückeinrichtung fest gehalten und nach innen bewegt wird.

Auf weiteren Stand der Technik wurde im Zusammenhang mit der Neuheitsprüfung seitens der Beschwerdeführerinnen nicht Bezug genommen. Die Kammer sieht keine Veranlassung für eine davon abweichende Auffassung, so dass das Verfahren nach dem Anspruch als neu (Artikel 54 EPÜ) zu erachten ist.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Das auf der INTERPACK 1990 vorgeführte, und damit unstreitig offenkundig vorbenutzte, Verfahren weist die Merkmale des Anspruchs, mit Ausnahme des Merkmals auf, nach dem die Folie von den das Widerlager bildenden bügelartigen Rahmenabschnitten des Hubrahmens einerseits sowie von den Reffrollen andererseits als Andrückeinrichtung fest gehalten und nach innen bewegt wird.

4.2 Dieses Merkmal betrifft die Art in der, zur Ausbildung eines Unterstretches, die bügelartigen Rahmenabschnitte (im Folgenden als Reffbügel bezeichnet) und die Reffrollen auf die Folie während des nach innen Bewegens einwirken. Mit der im Anspruch mit "fest gehalten" definierten Art des Zusammenwirkens wird erreicht, dass während des nach Innen Bewegens der untere Randabschnitt der Folie sicher an das Stückgut bzw. die Palette angelegt wird und ein, für die Ausbildung eines Unterstretches ausreichender, Teil des unteren Randabschnittes der Folie unter die Palette bzw. das Stückgut bewegt wird, ohne dass die Folie von den Reffbügeln abrutschen kann.

4.3 Die ausgehend von dem offenkundig vorbenutzten Verfahren zu lösende Aufgabe kann somit, in teilweiser Übereinstimmung mit der in dem Streitpatent genannten Aufgabe (Spalte 2, Zeilen 27 - 30), darin gesehen werden, ein Verfahren anzugeben, bei dem der erstrebte Unterstretch sicher zu verwirklichen ist.

4.4 Ausgehend von dem Verfahren nach der offenkundigen Vorbenutzung hat der Fachmann in einem konkreten Anwendungsfall, im Sinne des Schließens einer Lücke in der Offenbarung, vorzugeben, welcher Art das für das offenkundig vorbenutzte Verfahren bekannte Zusammenwirken von Reffrollen und Reffbügeln während des nach Innen Bewegens der Folie zur Bildung eines Unterstretches sein soll.

Der Fachmann wird dabei die hierfür maßgeblichen Parameter berücksichtigen, zu denen vorrichtungs- bzw. verfahrensseitig die Geschwindigkeit zählt, mit der die Folie nach innen bewegt wird und folienseitig die Dehnbarkeit- bzw. Reißfestigkeit der Folie wie auch deren Vertikal- und Querdehnung zum Zeitpunkt der Ausbildung des Unterstretches. Als bestimmende Rahmenbedingungen wird es der Fachmann einerseits erachten, dass die Folie so gehalten wird, dass sie nicht vorzeitig von den Reffbügeln gleitet und somit ohne, bzw. ohne ausreichende, Ausbildung eines Unterstretches nach oben entlang der Seiten der Palette bzw. des Stückguts gleitet und andererseits, dass die Folie während der nach Innen Bewegung zur Ausbildung des Unterstretches nicht überdehnt wird bzw. reißt. In letztere Überlegung kann, wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, mit einfließen, dass es beim Übergang von der Überziehbewegung der Folie zu deren nach Innen Bewegen zur Ausbildung des Unterstretches aufgrund der dabei stattfindenden Richtungsänderung der Folienbewegung zu Beginn der Ausbildung des Unterstretches zu einer erhöhten Beanspruchung der Folie in diesem Bereich kommen kann.

Anhand der Art, in der der Unterstretch ausgebildet wird, wie auch der Beschaffenheit der Folie in diesem Bereich, ist unmittelbar ersichtlich, ob die Folie beim nach Innen Bewegen in ausreichendem Maße gehalten wird oder nicht. Es ist weiter unmittelbar ersichtlich, dass etwaige Probleme durch entsprechende Anpassung der Art, in der die Folie durch die Reffrollen und Reffbügel gehalten wird, behebbar sind.

Damit beruht das Merkmal, das das Verfahren nach dem nächstkommenden Stand der Technik von demjenigen nach der offenkundigen Vorbenutzung unterscheidet, auf einer bedarfsweise, abhängig von den Umständen eines jeweils durchzuführenden Verfahrens zu treffenden Maßnahme. Ausgehend von dem offenkundig vorbenutzten Verfahren liegt eine derartige Maßnahme im Rahmen fachmännischen Handelns, so dass das Unterscheidungsmerkmal in Kombination mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs nicht zu einem auf erfinderischer Tätigkeit beruhenden Gegenstand führen kann. Das Verfahren nach dem Anspruch des Streitpatents beruht somit gegenüber dem als offenkundig vorbenutzt nachgewiesenen Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

4.5 Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Arguments der Beschwerdegegnerin, nach dem bei der Vorrichtung nach D1 breitflächig in zwischen den Reffbügeln liegenden Seitenbereichen auf die Folie eingewirkt werde und davon ausgehend der Fachmann davon abgehalten werde, entsprechend dem anspruchsgemäßen Verfahren ausschließlich über die Reffrollen und Reffbügel auf die Folie einzuwirken.

Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, welche Schlüsse der Fachmann, in seinem Bestreben die Aufgabe zu lösen, aus der Vorgehensweise der Entgegenhaltung D1 gezogen hätte, weil, wie ausgeführt, es ausgehend von dem Verfahren nach dem nächstkommenden Stand der Technik keiner weiteren Anregung bedurfte um in naheliegender Weise zum anspruchsgemäßen Verfahren zu gelangen.

Insofern kann auch der Einwand der Beschwerdegegnerin nicht berücksichtigt werden, nach dem sich durch die in D1 zur Ausbildung eines Unterstretches offenbarte Vorgehensweise ein nicht näher nachgewiesenes Vorurteil ergebe, oder zumindest technische Schwierigkeiten zu erwarten seien, die den Fachmann von der Anwendung des offenkundig vorbenutzten Verfahrens mit dem im Anspruch des Streitpatents definierten Festhalten der Folie beim nach innen Bewegen abgehalten hätten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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