T 0233/04 () of 17.11.2005

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2005:T023304.20051117
Datum der Entscheidung: 17 November 2005
Aktenzeichen: T 0233/04
Anmeldenummer: 95109165.1
IPC-Klasse: B65H 23/025
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 64 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Breitstreckwalze
Name des Anmelders: Podlesny, Michael, et al
Name des Einsprechenden: von Bronk Gummi- und Kunststofftechnik GmbH
LÜRAFLEX GmbH Gerhard Lückenotto
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 57
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 88
Schlagwörter: Priorität (nicht gültig)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführer (Patentinhaber) haben gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 703 176 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.

II. Im Einspruchsverfahren war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ angegriffen worden.

III. Die Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung.

Die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechende 01 und 02) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

IV. Im Beschwerdeverfahren wurde unter anderen auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: DE-A-26 30 335

D4: US-A-4,566,162

D6: Prospekt, "KZ 6 Profilschneider", A-Z Formen und Maschinenbau GmbH, 9/93

D7: DE-U-94 15 394.9

V. Anspruch 1 gemäß dem Antrag der Beschwerdeführer lautet wie folgt:

"Breitstreckwalze zum Ausbreiten von laufendem flexiblen Bahnmaterial, mit einem endständige Lagerzapfen (3, 4) aufweisenden starren Walzekörper (2) und mit einem auf dem Walzenkörper angeordneten mantelförmigen Belag (5) aus elastomerem Material, wobei der elastomere Belag von seiner Mantelfläche (14) ausgehende, zur Längsachse des Walzenkörpers schräg verlaufende Einschnitte (8, 9) enthält, die beidseits der radialen Mittelebene (7) der Walze (1) jeweils zu dem betreffenden Ende der Walze von innen nach außen geneigt sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die beidseits der radialen Mittelebene (7) der Walze (1) vorgesehenen Einschnitte (8, 9) in Form je einer von der Mittelebene (7) zum jeweils äußeren Ende der Walze verlaufenden unterschnittenen gleichförmigen Wendel ausgebildet sind, wobei die wendelförmigen Einschnitte (8, 9) gewölbte parallele Flanken (13, 16) aufweisen und die zur radialen Mittelebene (7) der Walze (1) weisende äußere Kante (15) jedes der zwischen den Gängen oder Windungen der unterschnittenen wendelförmigen Einschnitte (8, 9) befindlichen Stege (12) abgerundet oder abgekantet ist."

VI. Die Beschwerdeführer haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die in Anspruch genommene Priorität (Dokument D7) sei gültig.

Das Merkmal einer "gleichförmigen Wendel" sei in Dokument D7 unmittelbar und unzweideutig offenbart. Insbesondere auf Seite 4, Zeilen 22 bis 24 sei offenbart, dass bei der praktischen Ausführung die Einschnitte einer Breitstreckwalze aber durchgehend nur die gerade oder die gewölbte Form hätten.

Dies bedeute, dass die einmal gewählte Form der Einschnitte unverändert beibehalten werde. Dokument D7 (Figuren 1 bis 3) offenbare, dass die Breite der Einschnitte konstant bleibe. Wenn die Tiefe, und nicht die Breite, der Einschnitte geändert werde, verändere sich die Form der Einschnitte ebenfalls. Daher müsse auch die Tiefe der Einschnitte konstant bleiben.

Bei der Herstellung der Walze werde in praktisch allen Fällen ein aus Dokument D6 bekanntes Profilmesser angewendet. Ein solches Messer könne nur eine Wendel mit gleich bleibendem Querschnitt schneiden.

Das in Dokument D7 offenbarte Ausführungsbeispiel weise einen der beiden in Figur 3 gezeigten Einschnitte auf. Dokument D7 enthalte keine Angaben, dass die Form der Einschnitte in irgendeiner Weise variabel sei. Der Fachmann gehe daher davon aus, dass die Einschnitte gleichförmig seien.

Darüber hinaus werde in Dokument D7 offenbart, dass die Breitstreckwalze preiswert hergestellt werden soll (Seite 2, Zeile 16). Auch um die Herstellung nicht zu verteuern, würde der Fachmann deshalb die Einschnitte gleichförmig machen.

Wenn die beanspruchte Priorität nicht gültig sei, bilde die Entgegenhaltung D7 den nächstliegenden Stand der Technik. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheide sich von der Lehre der Entgegenhaltung D7 dadurch, dass die Wendeln gleichförmig seien.

Eine Kombination der Entgegenhaltungen D7 und D1 führe nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben im schriftlichen Verfahren und die Beschwerdegegnerin II in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die in Anspruch genommene Priorität sei nicht gültig. Dokument D7 enthalte keine Offenbarung, dass die Wendeln gleichförmig seien.

Der Passus auf Seite 4, Zeilen 22 bis 24 des Dokuments D7 bedeute nicht, dass die einmal gewählte Form nicht variabel sei. Dokument D4, insbesondere Figuren 3 und 4 (unterschiedliche Tiefe) oder Figur 6 (unterschiedliche Hinterschneidung), beweise, dass eine Breitstreckwalze Einschnitte aufweisen könne, die entweder eine gerade oder eine gewölbte Form aufwiesen, die aber trotzdem nicht gleichförmig seien.

Es ständen dem Fachmann verschiedene Ausführungsformen für Einschnitte zur Verfügung, gemäß denen die Einschnitte eine unterschiedliche Wölbung und/oder Hinterschneidung und/oder einen unterschiedlichen Nutgrund aufwiesen. Ohne entsprechende Hinweise habe der Fachmann keine Veranlassung, zwangsläufig gleichförmige Wendeln vorzusehen.

Von Dokument D7 ausgehend werde der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Entgegenhaltung D1 nahe gelegt; dieser beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Prioritätsrecht

Es wird bestritten, dass das im Anspruch 1 des Streitpatents enthaltene Merkmal "gleichförmigen Wendel" in Dokument D7, dessen Priorität beansprucht wird, offenbart ist.

Die Priorität des Dokuments D7, das heißt der früheren Anmeldung, für den Anspruch 1 gemäß Artikel 88 EPÜ ist nur dann anzuerkennen, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs, unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens, unmittelbar und eindeutig dem Dokument D7 als Ganzes gesehen entnehmen kann (vgl. G 2/98, ABl. EPA 2001, 413).

Die Form der Einschnitte wird in Dokument D7 auf Seite 4, Zeilen 1 bis 7 und 22 bis 24, sowie auf Seite 4, Zeile 37 bis Seite 5, Zeile 8 beschrieben und in den Figuren 2 und 3 gezeigt.

Nach Dokument D7, Seite 4, Zeilen 20 bis 24, ist in Fig. 3 "der Einschnitt teils mit gerade verlaufenden und teils mit gewölbt verlaufenden Flanken oder Wänden dargestellt um zu zeigen, dass beide Ausführungsformen der Einschnitte denkbar sind. Bei der praktischen Ausführung haben die Einschnitte einer Breitstreckwalze aber durchgehend nur die gerade oder die gewölbte Form." Diese Angabe bedeutet, dass die Einschnitte entweder gerade oder gewölbte Flanken, aber nicht beide, haben können. Sie bedeutet jedoch nicht, dass die Form des Querschnitts der Einschnitte entlang der Einschnitte gleich bleibt. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass die Tiefe der Einschnitte entlang den Wendeln variiert. Tatsächlich ist diese Angabe in der Beschreibung nur nötig, um darzutun, dass die Figur 3 der Zeichnungen einen Einschnitt mit teils gerade und teils gewölbt verlaufenden Flanken zeigt und demzufolge keine praktische Ausführung darstellt.

Es trifft zwar zu, dass Dokument D7 keinen Hinwies enthält, aufgrund dessen auf die Variabilität bzw. fehlende Variabilität der Einschnitte geschlossen werden kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass Dokument D7 ungleichförmige Wendeln ausschließt. Im Übrigen ist Dokument D4 zu entnehmen, dass Einschnitte mit Querschnitten, die entlang der Wendel stetig ändern, bekannt sind. Auch wenn man davon ausgeht, dass gleichförmige Wendeln in diesem Fachgebiet üblicher sind als ungleichförmige, folgt daraus keineswegs, dass Dokument D7 gleichförmige Wendeln unmittelbar und eindeutig offenbart.

Aus der Tatsache, dass es aufwendiger ist, eine Breitstreckwalze mit ungleichförmigen Wendeln herzustellen, kann ebenfalls nicht gefolgert werden, dass gleichförmige Wendeln unmittelbar und eindeutig in Dokument D7 offenbart sind. Wenn es beispielsweise eines komplizierteren Werkzeugs als des aus Dokument D6 bekannten Profilmessers bedarf, um ungleichförmige Wendeln zu schneiden, bedeutet dies noch lange nicht, dass der Fachmann ungleichförmige Wendeln nicht in Betracht ziehen würde.

Dokument D7 offenbart auf Seite 5, Zeilen 1 bis 3, dass die einzelnen Windungen der Einschnitte "parallel nebeneinander" angeordnet sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Tiefe der Einschnitte zwangsläufig immer konstant bleiben muss.

Der Fachmann entnimmt dem Dokument D7 keine Lehre hinsichtlich der Frage, ob die Tiefe der Einschnitte gleich bleiben soll oder nicht. Das Merkmal "gleichförmige Wendeln", und damit der Gegenstand des Anspruchs 1, ist demzufolge dem Dokument D7 als Ganzes gesehen nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, so dass die Priorität des Dokuments D7 für den Anspruch 1 nicht anerkannt werden kann.

2. Erfinderische Tätigkeit

Da die beanspruchte Priorität nicht gültig ist, gehört Dokument D7 zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ.

Die Entgegenhaltung D7 bildet den nächstliegenden Stand der Technik.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Offenbarung des Dokuments D7 lediglich dadurch, dass die Wendeln gleichförmig sind.

Gleichförmige Wendeln sind einfacher und daher preiswerter herzustellen. Die Aufgabe ist daher darin zu sehen, die aus Dokument D7 bekannte Breitstreckwalze preiswert herzustellen.

Breitstreckwalzen mit gleichförmigen Wendeln sind zum Beispiel aus dem Dokument D1 bekannt (siehe Figuren 1 bis 3 und Seite 4, Zeilen 6 bis 13 der Beschreibung).

Der Fachmann, der versucht, die aus dem Dokument D7 bekannte Breitstreckwalze preiswert herzustellen, würde gleichförmige Wendeln wählen.

Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation