T 0159/04 () of 10.8.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T015904.20040810
Datum der Entscheidung: 10 August 2004
Aktenzeichen: T 0159/04
Anmeldenummer: 98919225.7
IPC-Klasse: B08P 9/28
G01P 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Kontrolle der Innenraumbehandlung von Flaschen oder dgl.
Name des Anmelders: Krones AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Klarheit der Ansprüche (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 11. September 2003 hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung Nr. 98 919 225.7 zurückgewiesen, wobei die schriftliche Entscheidung am 23. September 2003 erging. Einziger Zurückweisungsgrund war Artikel 84 EPÜ im Hinblick auf die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 gemäß Eingabe vom 17. Oktober 2002, eingegangen am 19. Oktober 2002.

II. Gegen die Zurückweisungsentscheidung der Prüfungsabteilung hat die Anmelderin - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 26. September 2003 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 23. Januar 2004 begründet.

III. Im Bescheid vom 26. März 2004 hat die Kammer ihre vorläufige Beurteilung der Sachlage zum Ausdruck gebracht, insbesondere unter Einbeziehung des Standes der Technik

(D1): "PATENT ABSTRACTS OF JAPAN vol. 96, no. 8, 30. August 1996 -& JP 08 108160 A (S R L K.K.), 30. April 1996"

(D2): DE-A-4 427 577 und

(D3): US-A-2 970 561.

IV. Mit Eingabe vom 5. Juli 2004, eingegangen am 6. Juli 2004, hat die Beschwerdeführerin neue Ansprüche 1 bis 27 vorgelegt.

Die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 lauten wie folgt:

"1. Verfahren zur Kontrolle der mit einem Fluid erfolgenden Innenraumbehandlung von Flaschen oder dgl., wobei die Einleitung des Fluids in den Innenraum mittels einer eine Austrittsöffnung aufweisenden Düse erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhandensein des Fluidstrahls im Bereich nach der Austrittsöffnung mittels einer Kontrolleinrichtung und/oder der Fluidzulauf zur Austrittsöffnung durch einen in der Fluidzuleitung bewegbaren Drosselkörper mit einer zugeordneten Kontrolleinrichtung kontrolliert wird."

"12. Vorrichtung zur Kontrolle der mit einem Fluid erfolgenden Innenraumbehandlung von Flaschen (1) oder dgl., wobei die Einleitung des Fluids (6) in den Innenraum (3) mittels einer eine Austrittsöffnung (5) aufweisenden Düse (4) erfolgt, insbesondere zum Ausführen des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhandensein des Fluidstrahls (6) im Bereich nach der Austrittsöffnung (5) und/oder durch einen Drosselkörper (20) der Fluidzulauf zur Austrittsöffnung (5) von einer Kontrolleinrichtung (14, 22) überwacht wird."

V. Die seitens der Beschwerdeführerin insgesamt vorgetragenen Argumente im Beschwerdeverfahren lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

- zum strittigen Erfassungsort des Fluids sei zu berücksichtigen, daß die Kontrolle des Fluids da stattzufinden habe, wo etwas erfaßbar sei; allein aus den Ansprüchen sei die Frage des "wo" bezüglich der Erfassung des Fluidstrahls bzw. des Fluidzulaufs schon beantwortbar;

- zur beanstandeten Vielzahl von Varianten sei darauf zu verweisen, daß es in der Tat nur drei seien, wobei die Ansprüche die Art und Wirkungsweise der Kontrolleinrichtung offenließen, weil dies Sache des einzusetzenden Fluids sei;

- das Merkmal der "Kontrolleinrichtung" bei der Erfassung des Fluidstrahls sei ursprungsgedeckt;

- da Anspruch 1 auf die Kombination der Kontrolle der Fluidzuleitung in Verbindung mit einem Drosselkörper abgestellt sei, seien die Gegenstände von Anspruch 1 und 12 von (D1) weder vorweggenommen, noch nahegelegt;

- dies gelte auch für (D2), die eine unmittelbare Erfassung eines aus einer Düse austretenden Fluidstrahls nicht offenbare und auch für (D3), der eine Kontrolleinrichtung des Fluids fremd sei.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung des Patents mit den Ansprüchen 1 bis 27, eingegangen am 6. Juli 2004.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen, Artikel 123 (2) EPÜ

2.1. Anspruch 1 umfaßt alle Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1. Die Erfassung des Vorhandenseins des Fluidstrahls und des Fluidzulaufs mittels einer Kontrolleinrichtung ist aus der ursprünglichen Beschreibung, vgl. veröffentlichte Fassung gemäß WO 98/45 060 Seite 7, Zeilen 20 und 21, und Seite 8, Zeile 10, zweifelsfrei entnehmbar.

2.2. Anspruch 12 basiert mit Ausnahme der die "Sensoren" ersetzenden Kontrolleinrichtung auf allen Merkmalen seines Vorgängers gleicher Zählung, wobei das Zusatzmerkmal "durch einen Drosselkörper" aus dem ursprünglichen Anspruch 5 resultiert.

2.3. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 27 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen gleicher Zählung, wobei das Zusatzmerkmal von Anspruch 5, nämlich "axial" beweglicher Drosselkörper zweifelsfrei z. B. aus der ursprünglichen Figur 2 und deren Beschreibung abgedeckt ist.

2.4. Zusammenfassend ergibt sich im Hinblick auf die geltenden Ansprüche 1 bis 27 kein Einwand aus der Sicht des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Klarheit, Artikel 84 EPÜ

3.1. Die Klarheitseinwände der Prüfungsabteilung im Hinblick auf

a) den Erfassungsort des Vorhandenseins eines Fluidstrahls

b) die Alternativen ("und/oder" - Merkmal) der Meßmethoden

vermag die Kammer aus nachfolgenden Gründen nicht zu teilen:

3.2. Anspruch 1 sagt aus, vgl. Kennzeichenteil, daß nach der Austrittsöffnung (der Düse) das Vorhandensein des Fluidstrahls kontrolliert wird, womit dem Fachmann ganz klar der Ort der Kontrolleinrichtung (Sensoranordnung von "16a, 16b") mitgeteilt wird und damit nicht nachvollziehbar ist, warum dieser Ort nicht der Erfassungsort der Kontrolleinrichtung sein soll, vgl. angefochtene Entscheidung Seite 3, Absatz 1.

3.3. Das "und/oder" des Anspruchs 1 macht technisch Sinn und führt zudem nicht zu einer "Vielzahl von Alternativen die an und für sich eine Unklarheit bilden", vgl. Seite 3, Abschnitt 1.4 der Entscheidung, da insgesamt nur drei Alternativen möglich sind:

a) Kontrolle des Fluidstrahls

b) Kontrolle des Fluidzulaufs

c) Kombination der Maßnahmen a) und b).

3.4. Obige Ausführungen zusammenfassend ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, daß die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt sind und der (einzige) Zurückweisungsgrund der mangelnden Klarheit sachlich nicht gerechtfertigt ist.

3.5. Gemäß Artikel 111 (1) EPÜ wird die Kammer nachfolgend im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat und prüft die Frage der Patentfähigkeit des Beanspruchten. Bei der Nähe der Merkmale der Ansprüche 1 und 12 werden diese Ansprüche (Verfahren und Vorrichtung) gemeinsam behandelt.

4. Neuheit, Artikel 54 EPÜ

4.1. Die Neuheit der in obigem Abschnitt 3.3 herausgestellten Alternative a) der Ansprüche 1/12 ergibt sich im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß (D1) bereits daraus, daß gemäß (D1) eine eingetauchte Austrittsöffnung, vgl. Zuleitung "2b" und kein Fluidstrahl vorliegt. Die in (D1) offenbarte Vorrichtung zur Kontrolle einer Reinigungsvorrichtung basiert weiterhin auf dem Vorhanden von in Flußrichtung beabstandeten Kontakten, die den Fluidzulauf zu der eingetauchten Austrittsöffnung feststellen. Der Einsatzbereich dieser Vorrichtung ist somit auf elektrisch leitende Fluide beschränkt, womit weit verbreitete Reinigungsfluide wie z. B. Sterilluft, Sterilwasser oder Dampf nicht erfaßbar sind.

4.2. Ein Neuheitseinwand ergibt sich auch aus dem weiteren Stand der Technik nicht, da (D2), insbesondere Spalte 6, Zeile 39 bis 51, und Figur 6, auf eine Nebelerfassung und nicht auf eine direkte Erfassung eines aus einer Düse austretenden Fluidstrahls abgestellt ist und da (D3) auf eine Vorrichtung nach dem Schwebekörperprinzip - d. h. beschränkt auf ein im wesentlichen senkrechtes Rohrgehäuse - gerichtet ist und eine Kontrolleinrichtung für die Stellung des Schwebekörpers nicht offenbart ist.

4.3. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 sind im Hinblick auf (D1) bis (D3) somit neu, Artikel 54 EPÜ, so daß nachfolgend noch zu untersuchen ist, ob sie auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Wie vorstehend im Abschnitt Neuheit herausgestellt wurde, basiert (D1) nicht auf dem Prinzip der Fluidstrahlerfassung, da die Zuleitung "2b" die Reinigungsflüssigkeit ("cleaning liquid") nicht in einem Fluidstrahl austreten läßt, sondern im Flüssigkeitsbad eingetaucht ist und mithin andere Verhältnisse vorliegen als beim Gegenstand von Anspruch 1 und 12. Diese Gegebenheiten der (D1) strahlen aus auf das, was die dortigen Sensoren "20" erfassen können, nämlich einen reinen Flüssigkeitsdurchfluß und keinen Fluid/Flüssigkeitsstrahl. Aus (D1) konnte der Fachmann, der die erfindungsgemäße Aufgabe zu lösen hatte, ein zuverlässigeres und vereinfachtes Verfahren sowie eine ebensolche Vorrichtung zur Kontrolle der Innenraumbehandlung von Flaschen anzugeben, vgl. WO 98/45 060, Seite 3, Absätze 1 und 2, somit keine verwertbare Anregung ableiten, vielmehr mußte er in Abkehr von der Lehre der (D1) auf ein anderes Meßprinzip umsteigen und die Kontrolleinrichtung auf den Fluidstrahl und zwar im Bereich nach der Austrittsöffnung für das Fluid richten.

5.2. Auch der weitere Stand der Technik kann den Fachmann nicht auf die Gegenstände von Anspruch 1 und 12 hinlenken, zumal der (D2) eine unmittelbare Erfassung eines aus einer Düse austretenden Fluidstrahls fremd ist, da dort ein in den zu reinigenden Flaschen vorhandener Nebel als Nachweis einer erfolgten Innenraumbehandlung erfaßt werden soll, vgl. Spalte 6, Zeilen 39 bis 51.

(D3) ist im Hinblick auf eine Erfassung eines Fluidstrahls irrelevant; sie offenbart eine Fluidzulauferfassung, allerdings in völlig anderer Ausgestaltung als beansprucht, da zunächst dem Prinzip eines Schwebekörpers gefolgt wird - damit ist untrennbar ein im wesentlichen senkrechtes Rohrgehäuse verbunden; auch fehlt ihr eine Kontrolleinrichtung im beanspruchten Sinne ebenso wie deren Signalverarbeitung/auswertung. Wie Spalte 3, Zeilen 25 bis 29 und die Figuren 1, 2, 3 und 5 verdeutlichen, ist in (D3) lediglich eine optische Anzeige der jeweiligen Schwebekörperstellung gegeben, was nichts mit den Gegenständen von Anspruch 1 und 12 zu tun hat.

Vor diesem Hintergrund könnte damit selbst eine kombinatorische Betrachtung von (D1) bis (D3) für den Fachmann nicht zielführend sein, so daß die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 gewährbar sind, Artikel 54 und 56 EPÜ.

5.3. Dies gilt auch für die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 27, die auf vorteilhafte Ausgestaltungen des/der beanspruchten Verfahrens/Vorrichtung gerichtet sind.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 27, eingegangen am 6. Juli 2004;

- Beschreibung Seite 1 bis 12 der WO/98 45 060 mit dem Einschub, eingegangen am 6. Juli 2004, nach Seite 2, Absatz 1 der Beschreibung;

- Figuren 1 bis 3 gemäß WO 98/45 060.

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