T 0124/04 () of 21.12.2004

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2004:T012404.20041221
Datum der Entscheidung: 21 Dezember 2004
Aktenzeichen: T 0124/04
Anmeldenummer: 98105725.0
IPC-Klasse: B60D 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anhängevorrichtung
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 98 105 725.0 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2003 zurückgewiesen.

II. Gegen die obige Entscheidung wurde am 9. September 2003 mit Schreiben vom 8. September 2003 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung aufzuheben und das Prüfungsverfahren fortzusetzen.

III. In der Beschwerdebegründung vom 19. Dezember 2003 wurde im wesentlichen ausgeführt, daß in der angefochtenen Entscheidung auf keinerlei konkreten Stand der Technik Bezug genommen worden sei. Die von der Prüfungsabteilung verwendeten Begriffe "allgemeine Betrachtungsweise", "Berücksichtigung normalen Fachwissens" und "allgemein übliche Vorgehensweise" seien nicht geeignet, den vom Gesetz definierten Begriff "in naheliegender Weise" auszulegen.

IV. Mit Bescheid vom 26. Mai 2004 äußerte die Kammer die vorläufige Meinung, wonach zur Lösung der gestellten Aufgabe keine besonderen Schwierigkeiten in technischer Hinsicht zu überwinden seien. Es sei in der Technik ganz allgemein üblich, an Einzelbauteilen dauerhafte Hinweise anzubringen, die auf Herkunft, Bestimmung und Verwendung des beschrifteten Bauteils hinweisen. Beispiele hierfür zeigten die Druckschriften DE-U-8 714 966 (D1) und FR-A-2 627 726 (D2), bei denen an Bauteilen von Anhängervorrichtungen Hinweise angebracht seien. Aus der Druckschrift "Automobile Engineer, Januar 1954, Seite 20" (D3) und der dort abgebildeten Figur sei es sogar bekannt gewesen, bei Kraftfahrzeugteilen durch das Material selbst wiedergegebene Hinweise anzubringen, offensichtlich durch Gießen oder Prägen, die sogar auf das Einsatzgebiet und die Funktion des Bauteils hinweisen. Die Verlegung des Stützlasthinweises von einer Stelle am Äußeren des Kraftfahrzeugs an das Bauteil selbst bewirke eine Vereinfachung des Montagevorgangs, die als eine im Bereich der stetigen und normalen Weiterentwicklung der Technik liegende Änderung anzusehen sei.

V. In der Erwiderung vom 26. Juli 2004 wies die Beschwerdeführerin insbesondere darauf hin, daß es sich gemäß Anspruchsgegenstand um die Anbringung einer besonderen technischen Information handle, die nicht das bekannte Bauteil selber, sondern ein komplexes System, hier ein Kraftfahrzeug, betreffe, von dem das bekannte Bauteil während seines bestimmungsgemäßen Einsatzes lediglich einen Bestandteil bilde. Weiter solle auch nicht die allgemeine Verwendung von beschrifteten Bauteilen unter Schutz gestellt werden, sondern ein ganz spezielles Bauteil.

VI. Mit Eingabe vom 16. Dezember 2004 legte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag mit Ansprüchen 1-9 vor. Der unabhängige Anspruch 1 lautet wie folgt:

Anhängevorrichtung mit einer Anhängeraufnahme, die von einem Hals gehalten ist, der mit einem Kraftfahrzeug verbindbar bzw. verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß ein Stützlasthinweis der Anhängervorrichtung am Material des Halses und/oder der Anhängeraufnahme scheuerfest angebracht ist, wobei der Stützlasthinweis durch das Material selbst widergegeben ist.

VII. Es wurde am 21. Dezember 2004 mündlich verhandelt.

VIII. In der mündlichen Verhandlung führte die Beschwerde- führerin im wesentlichen zusätzlich aus, daß es sich beim Stützlasthinweis um eine technische, fahrzeug- spezifische Information handle, welche auf technische Art und Weise an einem technischen Gegenstand angebracht werde. Das Anbringen technischer Information an Bauteilen sei an sich bekannt, jedoch gehe es bei der Erfindung um das Anbringen dieser Information an einem sehr spezifischen Bauteil und zwar in dauerhafter, scheuerfester Art und Weise.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig, weil sie den Anforderungen der Artikel 106 bis 108 EPÜ in Verbindung mit Regeln 1 (1) und 64 EPÜ entspricht.

2. Als nächstliegender Stand der Technik ist eine allgemein bekannte, gattungsgemäße Anhängevorrichtung anzusehen, die in der herkömmlichen Praxis mit der in der Beschreibungseinleitung der Patentanmeldung in Zusammenhang mit Figur 1 beschriebenen Anbringung des Stützlasthinweises für die Anhängevorrichtung, in Form eines an der Heckklappenscheibe angebrachten Klebeetiketts, in Verbindung steht.

3. Aus diesem Stand der Technik betreffend die Verwendung einer bekannten Anhängevorrichtung in Verbindung mit der Anbringung eines Stützlasthinweises ergibt sich auch unmittelbar die objektive Aufgabe, den Stützlasthinweis preiswert und dauerhaft anzubringen, wobei dieser selbstverständlich auch stets sichtbar sein soll.

4. Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von der gestellten Aufgabe, ist zunächst folgendes festzustellen. Eine dauerhafte und sichtbare Anbringung des Stützlasthinweises kann in sinnvoller Art und Weise nur dort verwirklicht werden, wo eine Person, die die Anhängevorrichtung bedient, ihn gut sehen kann. Hierbei kommen lediglich in Betracht benachbarte Stellen am Kraftfahrzeug, das die Stützlast zu tragen hat, und weiter die Anhängevorrichtung selbst. Das Anbringen des Stützlasthinweises an der Anhängevorrichtung selbst bietet sich für den Fachmann, hier ein Kraftfahrzeug- ingenieur, allein schon deswegen an, da die Anhängevorrichtung die Stützlast unmittelbar auf das Kraftfahrzeug überträgt, und somit der Stützlasthinweis, der für die Sicherheit wichtige technische Informationen beinhaltet, bei der Montage der Anhängevorrichtung an das Kraftfahrzeug nicht übersehen werden kann, dies zumindest, falls das Anbringen des Stützlasthinweises in gut sichtbarer Lage geschieht, wie z. B. am Hals oder an der Anhängeraufnahme der Anhängevorrichtung.

Im übrigen ist das Anbringen von Informationen allgemeiner Art an einer Anhängevorrichtung schon aus D1 und D2 bekannt, so daß sich hieraus für den Fachmann ein weiterer Hinweis auf die beanspruchte Lösung ergeben würde.

5. Soll nun weiterhin die gesuchte Lösung preiswert sein und zu einer dauerhaften und scheuerfesten Anbringung des Stützlasthinweises führen, so wird der Fachmann offensichtlich eine bekannte und fachübliche Maßnahme ergreifen, nämlich diesen Hinweis durch das Material selbst wiedergeben. Eine solche Maßnahme ist in vielen Bereichen der Technik bekannt und üblich, und gehört auch zu den allgemeinen Kenntnissen eines Kraftfahrzeug- ingenieurs; man brauche nur an die technischen Angaben auf Autoreifen zu denken oder an entsprechende Angaben auf dem Motorgehäuse, wie z. B. das Dokument D3 belegt. Durch diese Maßnahme wird sowohl die Verwendung von Klebeetiketten als auch deren nachträgliches Anbringen an das Bauteil vermieden, womit sich eindeutige Vorteile hinsichtlich des Preises und der Beständigkeit der Anbringung ergeben. Insgesamt würde also der Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen. Folglich kann diesem Anspruchsgegenstand keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden (Artikel 56 EPÜ).

6. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin dahingehend, daß das jahrzehntelange Hinnehmen der Nachteile des Verklebens eines Stützlasthinweis-Etiketts an z. B. die Heckklappenscheibe als sicheres Indiz für die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Lösung anzusehen ist, kann sich die Kammer nicht anschließen. Es kann in der Regel verschiedene, z. B. betriebs- bedingte oder andere kommerzielle Gründe geben, warum eine an sich naheliegende technische Option nicht aufgegriffen wird.

7. Die Frage ob und in welchem Umfang die im Stützlast- hinweis enthaltene technische Information als zur erfinderischen Tätigkeit beitragendes technisches Merkmal angesehen werden kann, braucht somit im Hinblick auf die obigen Entscheidungsgründe nicht weiter ausführlich erörtert zu werden. Hier sei lediglich noch festgestellt, daß die im Stützlasthinweis enthaltene spezifische technische Information nicht, zumindest nicht im üblichen Sinne, mit den übrigen technischen Merkmalen des Anspruchsgegenstandes in unmittelbarer, physikalischer und funktioneller Wechselwirkung zu stehen scheint. Bei diesen Umständen ist es nicht ohne weiteres ersichtlich, inwiefern der Informationsgehalt des Stützlasthinweises, im Gegensatz zur beanspruchten technischen Art seines Anbringens, als technisches Merkmal des Anspruchsgegenstandes zu werten ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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